Den Grinden nahe verwandt sind die Schwertfische (Orcinus). Jhren Namen erhielten sie wegen ihrer mehr als fußhohen, unten breiten, oben verschmälerten und gegen den Schwanz zurückgebogenen Rückenflosse, welche von weitem einem Schwerte oder besser einem Säbel ähnelt.
Eine Art von ihnen, der gemeine Schwertfisch oder Butskopf (Orcinus Orca), ist schon seit den ältesten Zeiten bekannt und seiner Bösartigkeit halber berüchtigt, und sonderbarer Weise stimmen alle neueren Beobachter mit den Forschern des Alterthums in diesem letzten Punkte überein.
Der Schwertfisch ist ein kräftiger, gedrungen gebauter Delfin mit kleinem Kopfe, hohem Rücken und langen Seitenflossen und breiter, starker, Sförmig gerandeter Schwanzfinne, ausgerüstet mit 11 bis 13 starken, raubthierartigen Zähnen, oben glänzend schwarz gefärbt, unten porzellanweiß mit gelblichem Schimmer. Ueber und hinter dem Auge steht ein länglicher, weißer Fleck, welcher dem Thier bei den Alten den Namen Widderdelfin verschafft hat. Die dunkle Farbe der Oberseite grenzt sich scharf, aber nicht regelmäßig von der unteren weißen ab. Letztere umgibt den After, läuft als ziemlich breiter Streifen nach vorn, sendet zwei breite, weiße Bänder nach der hintersten Seite des Rumpfes ab und setzt sich dann ziemlich breit bis zur Brustfinne fort, steigt in einer bogenförmi- gen Linie gegen den Mundwinkel auf und umgibt als schmaler, weißer Saum noch den Rand des Oberkiefers. Ein schmuzig bläulicher oder purpurfarbener Streifen steigt hinter der Wurzel der Rückenflosse nach vorn herab. Jn der Größe ähnelt der Schwertfisch dem Grinde. Man hat schon einzelne von 31 Fuß Länge getroffen. Bei einem über 16 Fuß langen Butskopf war der Körper am vorderen Rande der Rückenflosse 3 Fuß 9 Zoll hoch, die Länge der Brustfinne 2 Fuß, die größte Breite 41/2 Fuß, die Höhe der Rückenfinne 1 Fuß 11 Zoll, die Breite der Schwanzsinne 4 Fuß 7 Zoll.
Es scheint, daß der Schwertfisch in früheren Zeiten weit verbreiteter war, als gegenwärtig. Die alten römischen Naturforscher kennen ihn sehr wohl und geben auch das Mittelmeer als seine Heimat an. Unter Tiberius, erzählt Plinius, strandeten einmal gegen 300 Wale, Elefantenwale und Widderwale, bei denen jedoch die weißen Flecken wie Hörner aussahen. Dem fügt Aeliau hinzu, daß der Widderwal die Stirn mit einer weißen Binde geziert habe, welche aussehe, wie der Diadem eines macedonischen Königs. Bei Korsika und Sardinien gäbe es viele dergleichen Thiere.
Jn der Neuzeit hat man von seinem Vorkommen im Mittelmeere Nichts mehr vernommen. Er bewohnt das nördliche atlantische, das Eismeer und das nördliche stille Meer, von wo aus er bis an die Küsten Frankreichs und in das japanische Meer herabgeht. Nach Tilesius sieht man ihn im Nordmeere gewöhnlich zu fünf und fünf wie einen Trupp Soldaten, Kopf und Schwanz nach unten gekrümmt, die Rückenflosse wie ein Säbel aus dem Meere hervorstehend, äußerst schnell dahin- schwimmen und wachsamen Auges das ganze Meer absuchen. Seine Jagd gilt nicht blos kleineren Fischen, sondern auch den Riesen des Meeres; denn der Schwertfisch ist nicht nur der größte, son- dern auch der muthigste, raubsüchtigste, blutdürstigste und deshalb gefürchtetste aller Delfine. Schon der alte Plinius sagt: "Der Widderwal wüthet wie ein Räuber; bald versteckt er sich in dem Schatten großer Schiffe, welche vor Anker liegen, und lauert, bis Jemandem die Lust ankommt, zu baden, bald steckt er den Kopf aus dem Wasser und sieht sich nach Fischerkähnen um, dann schwimmt er heimlich hinzu und wirft diese um." Die neueren Beobachter strafen, wie schon bemerkt, die Alten nicht Lügen, sondern vervollständigen nur deren Berichte. Rondelet sagt, daß der Schwert- fisch die Walfische verfolge und sie beiße, bis "sie schreien, wie ein gehetzter Ochse". Deshalb bitten die Fischer, welche nach der neuen Welt segeln, die dortigen Barbaren, daß sie den Orken Nichts thun mögen, weil sie mit ihrer Hilfe die Walfische, Robben und andere Ungeheuer leichter fangen können; "denn die Orken oder Schwertfische zwingen die genannten Thiere, die Tiefe zu verlassen und an den Strand zu ziehen, wo dann die Fischer es leicht haben, sie mit Pfeil und Wurfspießen umzubringen." Anderson berichtet, daß diese Thiere in Neuengland Walfischmörder genannt würden. Die Grön- landsfahrer sehen sie oft bei Spitzbergen und in der Davisstraße, ja man bemerkt sie zuweilen sogar bei Helgoland vor der Elbe. Jhrer großen Geschwindigkeit halber kann man sie nicht fangen; höch- stens könnte man sie mit Büchsen erschießen. Mehrere von ihnen fallen den Walfisch mit den Zähnen
Der gemeine Schwertfiſch oder Butskopf.
Den Grinden nahe verwandt ſind die Schwertfiſche (Orcinus). Jhren Namen erhielten ſie wegen ihrer mehr als fußhohen, unten breiten, oben verſchmälerten und gegen den Schwanz zurückgebogenen Rückenfloſſe, welche von weitem einem Schwerte oder beſſer einem Säbel ähnelt.
Eine Art von ihnen, der gemeine Schwertfiſch oder Butskopf (Orcinus Orca), iſt ſchon ſeit den älteſten Zeiten bekannt und ſeiner Bösartigkeit halber berüchtigt, und ſonderbarer Weiſe ſtimmen alle neueren Beobachter mit den Forſchern des Alterthums in dieſem letzten Punkte überein.
Der Schwertfiſch iſt ein kräftiger, gedrungen gebauter Delfin mit kleinem Kopfe, hohem Rücken und langen Seitenfloſſen und breiter, ſtarker, Sförmig gerandeter Schwanzfinne, ausgerüſtet mit 11 bis 13 ſtarken, raubthierartigen Zähnen, oben glänzend ſchwarz gefärbt, unten porzellanweiß mit gelblichem Schimmer. Ueber und hinter dem Auge ſteht ein länglicher, weißer Fleck, welcher dem Thier bei den Alten den Namen Widderdelfin verſchafft hat. Die dunkle Farbe der Oberſeite grenzt ſich ſcharf, aber nicht regelmäßig von der unteren weißen ab. Letztere umgibt den After, läuft als ziemlich breiter Streifen nach vorn, ſendet zwei breite, weiße Bänder nach der hinterſten Seite des Rumpfes ab und ſetzt ſich dann ziemlich breit bis zur Bruſtfinne fort, ſteigt in einer bogenförmi- gen Linie gegen den Mundwinkel auf und umgibt als ſchmaler, weißer Saum noch den Rand des Oberkiefers. Ein ſchmuzig bläulicher oder purpurfarbener Streifen ſteigt hinter der Wurzel der Rückenfloſſe nach vorn herab. Jn der Größe ähnelt der Schwertfiſch dem Grinde. Man hat ſchon einzelne von 31 Fuß Länge getroffen. Bei einem über 16 Fuß langen Butskopf war der Körper am vorderen Rande der Rückenfloſſe 3 Fuß 9 Zoll hoch, die Länge der Bruſtfinne 2 Fuß, die größte Breite 4½ Fuß, die Höhe der Rückenfinne 1 Fuß 11 Zoll, die Breite der Schwanzſinne 4 Fuß 7 Zoll.
Es ſcheint, daß der Schwertfiſch in früheren Zeiten weit verbreiteter war, als gegenwärtig. Die alten römiſchen Naturforſcher kennen ihn ſehr wohl und geben auch das Mittelmeer als ſeine Heimat an. Unter Tiberius, erzählt Plinius, ſtrandeten einmal gegen 300 Wale, Elefantenwale und Widderwale, bei denen jedoch die weißen Flecken wie Hörner ausſahen. Dem fügt Aeliau hinzu, daß der Widderwal die Stirn mit einer weißen Binde geziert habe, welche ausſehe, wie der Diadem eines macedoniſchen Königs. Bei Korſika und Sardinien gäbe es viele dergleichen Thiere.
Jn der Neuzeit hat man von ſeinem Vorkommen im Mittelmeere Nichts mehr vernommen. Er bewohnt das nördliche atlantiſche, das Eismeer und das nördliche ſtille Meer, von wo aus er bis an die Küſten Frankreichs und in das japaniſche Meer herabgeht. Nach Tileſius ſieht man ihn im Nordmeere gewöhnlich zu fünf und fünf wie einen Trupp Soldaten, Kopf und Schwanz nach unten gekrümmt, die Rückenfloſſe wie ein Säbel aus dem Meere hervorſtehend, äußerſt ſchnell dahin- ſchwimmen und wachſamen Auges das ganze Meer abſuchen. Seine Jagd gilt nicht blos kleineren Fiſchen, ſondern auch den Rieſen des Meeres; denn der Schwertfiſch iſt nicht nur der größte, ſon- dern auch der muthigſte, raubſüchtigſte, blutdürſtigſte und deshalb gefürchtetſte aller Delfine. Schon der alte Plinius ſagt: „Der Widderwal wüthet wie ein Räuber; bald verſteckt er ſich in dem Schatten großer Schiffe, welche vor Anker liegen, und lauert, bis Jemandem die Luſt ankommt, zu baden, bald ſteckt er den Kopf aus dem Waſſer und ſieht ſich nach Fiſcherkähnen um, dann ſchwimmt er heimlich hinzu und wirft dieſe um.‟ Die neueren Beobachter ſtrafen, wie ſchon bemerkt, die Alten nicht Lügen, ſondern vervollſtändigen nur deren Berichte. Rondelet ſagt, daß der Schwert- fiſch die Walfiſche verfolge und ſie beiße, bis „ſie ſchreien, wie ein gehetzter Ochſe‟. Deshalb bitten die Fiſcher, welche nach der neuen Welt ſegeln, die dortigen Barbaren, daß ſie den Orken Nichts thun mögen, weil ſie mit ihrer Hilfe die Walfiſche, Robben und andere Ungeheuer leichter fangen können; „denn die Orken oder Schwertfiſche zwingen die genannten Thiere, die Tiefe zu verlaſſen und an den Strand zu ziehen, wo dann die Fiſcher es leicht haben, ſie mit Pfeil und Wurfſpießen umzubringen.‟ Anderſon berichtet, daß dieſe Thiere in Neuengland Walfiſchmörder genannt würden. Die Grön- landsfahrer ſehen ſie oft bei Spitzbergen und in der Davisſtraße, ja man bemerkt ſie zuweilen ſogar bei Helgoland vor der Elbe. Jhrer großen Geſchwindigkeit halber kann man ſie nicht fangen; höch- ſtens könnte man ſie mit Büchſen erſchießen. Mehrere von ihnen fallen den Walfiſch mit den Zähnen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0891"n="843"/><fwplace="top"type="header">Der gemeine Schwertfiſch oder Butskopf.</fw><lb/><p>Den Grinden nahe verwandt ſind die <hirendition="#g">Schwertfiſche</hi> (<hirendition="#aq">Orcinus</hi>). Jhren Namen erhielten<lb/>ſie wegen ihrer mehr als fußhohen, unten breiten, oben verſchmälerten und gegen den Schwanz<lb/>
zurückgebogenen Rückenfloſſe, welche von weitem einem Schwerte oder beſſer einem Säbel ähnelt.</p><lb/><p>Eine Art von ihnen, der <hirendition="#g">gemeine Schwertfiſch</hi> oder <hirendition="#g">Butskopf</hi> (<hirendition="#aq">Orcinus Orca</hi>), iſt ſchon<lb/>ſeit den älteſten Zeiten bekannt und ſeiner Bösartigkeit halber berüchtigt, und ſonderbarer Weiſe<lb/>ſtimmen alle neueren Beobachter mit den Forſchern des Alterthums in dieſem letzten Punkte überein.</p><lb/><p>Der Schwertfiſch iſt ein kräftiger, gedrungen gebauter Delfin mit kleinem Kopfe, hohem Rücken<lb/>
und langen Seitenfloſſen und breiter, ſtarker, <hirendition="#aq">S</hi>förmig gerandeter Schwanzfinne, ausgerüſtet mit<lb/>
11 bis 13 ſtarken, raubthierartigen Zähnen, oben glänzend ſchwarz gefärbt, unten porzellanweiß<lb/>
mit gelblichem Schimmer. Ueber und hinter dem Auge ſteht ein länglicher, weißer Fleck, welcher dem<lb/>
Thier bei den Alten den Namen Widderdelfin verſchafft hat. Die dunkle Farbe der Oberſeite grenzt<lb/>ſich ſcharf, aber nicht regelmäßig von der unteren weißen ab. Letztere umgibt den After, läuft<lb/>
als ziemlich breiter Streifen nach vorn, ſendet zwei breite, weiße Bänder nach der hinterſten Seite<lb/>
des Rumpfes ab und ſetzt ſich dann ziemlich breit bis zur Bruſtfinne fort, ſteigt in einer bogenförmi-<lb/>
gen Linie gegen den Mundwinkel auf und umgibt als ſchmaler, weißer Saum noch den Rand des<lb/>
Oberkiefers. Ein ſchmuzig bläulicher oder purpurfarbener Streifen ſteigt hinter der Wurzel der<lb/>
Rückenfloſſe nach vorn herab. Jn der Größe ähnelt der Schwertfiſch dem Grinde. Man hat ſchon<lb/>
einzelne von 31 Fuß Länge getroffen. Bei einem über 16 Fuß langen Butskopf war der Körper am<lb/>
vorderen Rande der Rückenfloſſe 3 Fuß 9 Zoll hoch, die Länge der Bruſtfinne 2 Fuß, die größte<lb/>
Breite 4½ Fuß, die Höhe der Rückenfinne 1 Fuß 11 Zoll, die Breite der Schwanzſinne 4 Fuß 7 Zoll.</p><lb/><p>Es ſcheint, daß der Schwertfiſch in früheren Zeiten weit verbreiteter war, als gegenwärtig. Die<lb/>
alten römiſchen Naturforſcher kennen ihn ſehr wohl und geben auch das Mittelmeer als ſeine Heimat<lb/>
an. Unter <hirendition="#g">Tiberius,</hi> erzählt <hirendition="#g">Plinius,</hi>ſtrandeten einmal gegen 300 Wale, Elefantenwale<lb/>
und Widderwale, bei denen jedoch die weißen Flecken wie Hörner ausſahen. Dem fügt <hirendition="#g">Aeliau</hi><lb/>
hinzu, daß der Widderwal die Stirn mit einer weißen Binde geziert habe, welche ausſehe, wie der<lb/>
Diadem eines macedoniſchen Königs. Bei Korſika und Sardinien gäbe es viele dergleichen Thiere.</p><lb/><p>Jn der Neuzeit hat man von ſeinem Vorkommen im Mittelmeere Nichts mehr vernommen. Er<lb/>
bewohnt das nördliche atlantiſche, das Eismeer und das nördliche ſtille Meer, von wo aus er bis an<lb/>
die Küſten Frankreichs und in das japaniſche Meer herabgeht. Nach <hirendition="#g">Tileſius</hi>ſieht man ihn im<lb/>
Nordmeere gewöhnlich zu fünf und fünf wie einen Trupp Soldaten, Kopf und Schwanz nach unten<lb/>
gekrümmt, die Rückenfloſſe wie ein Säbel aus dem Meere hervorſtehend, äußerſt ſchnell dahin-<lb/>ſchwimmen und wachſamen Auges das ganze Meer abſuchen. Seine Jagd gilt nicht blos kleineren<lb/>
Fiſchen, ſondern auch den Rieſen des Meeres; denn der Schwertfiſch iſt nicht nur der größte, ſon-<lb/>
dern auch der muthigſte, raubſüchtigſte, blutdürſtigſte und deshalb gefürchtetſte aller Delfine. Schon<lb/>
der alte <hirendition="#g">Plinius</hi>ſagt: „Der Widderwal wüthet wie ein Räuber; bald verſteckt er ſich in dem<lb/>
Schatten großer Schiffe, welche vor Anker liegen, und lauert, bis Jemandem die Luſt ankommt, zu<lb/>
baden, bald ſteckt er den Kopf aus dem Waſſer und ſieht ſich nach Fiſcherkähnen um, dann ſchwimmt<lb/>
er heimlich hinzu und wirft dieſe um.‟ Die neueren Beobachter ſtrafen, wie ſchon bemerkt, die<lb/>
Alten nicht Lügen, ſondern vervollſtändigen nur deren Berichte. <hirendition="#g">Rondelet</hi>ſagt, daß der Schwert-<lb/>
fiſch die Walfiſche verfolge und ſie beiße, bis „ſie ſchreien, wie ein gehetzter Ochſe‟. Deshalb bitten die<lb/>
Fiſcher, welche nach der neuen Welt ſegeln, die dortigen Barbaren, daß ſie den Orken Nichts thun<lb/>
mögen, weil ſie mit ihrer Hilfe die Walfiſche, Robben und andere Ungeheuer leichter fangen können;<lb/>„denn die Orken oder Schwertfiſche zwingen die genannten Thiere, die Tiefe zu verlaſſen und an den<lb/>
Strand zu ziehen, wo dann die Fiſcher es leicht haben, ſie mit Pfeil und Wurfſpießen umzubringen.‟<lb/><hirendition="#g">Anderſon</hi> berichtet, daß dieſe Thiere in Neuengland Walfiſchmörder genannt würden. Die Grön-<lb/>
landsfahrer ſehen ſie oft bei Spitzbergen und in der Davisſtraße, ja man bemerkt ſie zuweilen ſogar<lb/>
bei Helgoland vor der Elbe. Jhrer großen Geſchwindigkeit halber kann man ſie nicht fangen; höch-<lb/>ſtens könnte man ſie mit Büchſen erſchießen. Mehrere von ihnen fallen den Walfiſch mit den Zähnen<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[843/0891]
Der gemeine Schwertfiſch oder Butskopf.
Den Grinden nahe verwandt ſind die Schwertfiſche (Orcinus). Jhren Namen erhielten
ſie wegen ihrer mehr als fußhohen, unten breiten, oben verſchmälerten und gegen den Schwanz
zurückgebogenen Rückenfloſſe, welche von weitem einem Schwerte oder beſſer einem Säbel ähnelt.
Eine Art von ihnen, der gemeine Schwertfiſch oder Butskopf (Orcinus Orca), iſt ſchon
ſeit den älteſten Zeiten bekannt und ſeiner Bösartigkeit halber berüchtigt, und ſonderbarer Weiſe
ſtimmen alle neueren Beobachter mit den Forſchern des Alterthums in dieſem letzten Punkte überein.
Der Schwertfiſch iſt ein kräftiger, gedrungen gebauter Delfin mit kleinem Kopfe, hohem Rücken
und langen Seitenfloſſen und breiter, ſtarker, Sförmig gerandeter Schwanzfinne, ausgerüſtet mit
11 bis 13 ſtarken, raubthierartigen Zähnen, oben glänzend ſchwarz gefärbt, unten porzellanweiß
mit gelblichem Schimmer. Ueber und hinter dem Auge ſteht ein länglicher, weißer Fleck, welcher dem
Thier bei den Alten den Namen Widderdelfin verſchafft hat. Die dunkle Farbe der Oberſeite grenzt
ſich ſcharf, aber nicht regelmäßig von der unteren weißen ab. Letztere umgibt den After, läuft
als ziemlich breiter Streifen nach vorn, ſendet zwei breite, weiße Bänder nach der hinterſten Seite
des Rumpfes ab und ſetzt ſich dann ziemlich breit bis zur Bruſtfinne fort, ſteigt in einer bogenförmi-
gen Linie gegen den Mundwinkel auf und umgibt als ſchmaler, weißer Saum noch den Rand des
Oberkiefers. Ein ſchmuzig bläulicher oder purpurfarbener Streifen ſteigt hinter der Wurzel der
Rückenfloſſe nach vorn herab. Jn der Größe ähnelt der Schwertfiſch dem Grinde. Man hat ſchon
einzelne von 31 Fuß Länge getroffen. Bei einem über 16 Fuß langen Butskopf war der Körper am
vorderen Rande der Rückenfloſſe 3 Fuß 9 Zoll hoch, die Länge der Bruſtfinne 2 Fuß, die größte
Breite 4½ Fuß, die Höhe der Rückenfinne 1 Fuß 11 Zoll, die Breite der Schwanzſinne 4 Fuß 7 Zoll.
Es ſcheint, daß der Schwertfiſch in früheren Zeiten weit verbreiteter war, als gegenwärtig. Die
alten römiſchen Naturforſcher kennen ihn ſehr wohl und geben auch das Mittelmeer als ſeine Heimat
an. Unter Tiberius, erzählt Plinius, ſtrandeten einmal gegen 300 Wale, Elefantenwale
und Widderwale, bei denen jedoch die weißen Flecken wie Hörner ausſahen. Dem fügt Aeliau
hinzu, daß der Widderwal die Stirn mit einer weißen Binde geziert habe, welche ausſehe, wie der
Diadem eines macedoniſchen Königs. Bei Korſika und Sardinien gäbe es viele dergleichen Thiere.
Jn der Neuzeit hat man von ſeinem Vorkommen im Mittelmeere Nichts mehr vernommen. Er
bewohnt das nördliche atlantiſche, das Eismeer und das nördliche ſtille Meer, von wo aus er bis an
die Küſten Frankreichs und in das japaniſche Meer herabgeht. Nach Tileſius ſieht man ihn im
Nordmeere gewöhnlich zu fünf und fünf wie einen Trupp Soldaten, Kopf und Schwanz nach unten
gekrümmt, die Rückenfloſſe wie ein Säbel aus dem Meere hervorſtehend, äußerſt ſchnell dahin-
ſchwimmen und wachſamen Auges das ganze Meer abſuchen. Seine Jagd gilt nicht blos kleineren
Fiſchen, ſondern auch den Rieſen des Meeres; denn der Schwertfiſch iſt nicht nur der größte, ſon-
dern auch der muthigſte, raubſüchtigſte, blutdürſtigſte und deshalb gefürchtetſte aller Delfine. Schon
der alte Plinius ſagt: „Der Widderwal wüthet wie ein Räuber; bald verſteckt er ſich in dem
Schatten großer Schiffe, welche vor Anker liegen, und lauert, bis Jemandem die Luſt ankommt, zu
baden, bald ſteckt er den Kopf aus dem Waſſer und ſieht ſich nach Fiſcherkähnen um, dann ſchwimmt
er heimlich hinzu und wirft dieſe um.‟ Die neueren Beobachter ſtrafen, wie ſchon bemerkt, die
Alten nicht Lügen, ſondern vervollſtändigen nur deren Berichte. Rondelet ſagt, daß der Schwert-
fiſch die Walfiſche verfolge und ſie beiße, bis „ſie ſchreien, wie ein gehetzter Ochſe‟. Deshalb bitten die
Fiſcher, welche nach der neuen Welt ſegeln, die dortigen Barbaren, daß ſie den Orken Nichts thun
mögen, weil ſie mit ihrer Hilfe die Walfiſche, Robben und andere Ungeheuer leichter fangen können;
„denn die Orken oder Schwertfiſche zwingen die genannten Thiere, die Tiefe zu verlaſſen und an den
Strand zu ziehen, wo dann die Fiſcher es leicht haben, ſie mit Pfeil und Wurfſpießen umzubringen.‟
Anderſon berichtet, daß dieſe Thiere in Neuengland Walfiſchmörder genannt würden. Die Grön-
landsfahrer ſehen ſie oft bei Spitzbergen und in der Davisſtraße, ja man bemerkt ſie zuweilen ſogar
bei Helgoland vor der Elbe. Jhrer großen Geſchwindigkeit halber kann man ſie nicht fangen; höch-
ſtens könnte man ſie mit Büchſen erſchießen. Mehrere von ihnen fallen den Walfiſch mit den Zähnen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 843. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/891>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.