Herde von zweihundert, 1805 eine von dreihundert Stücken auf den Shetlandsinseln; im Jahre 1809 und 10 wurden elfhundert Stück in einer nach den Grinden Walfjord genannten Bucht auf Jsland aus Ufer geworfen. Am 7. Januar 1812 strandete ein Trupp von 70 Stück an der Nord- küste der Bretagne, anderer Fälle nicht zu gedenken. Ueber die letzte Strandung erhielt Cuvier den Bericht eines wohlunterrichteten Mannes.
Zwölf Fischer, welche in sechs Boten ihrem Gewerbe oblagen, bemerkten eine Stunde vom Lande eine Menge Wale. Sie holten Hilfe und Waffen, hetzten die Thiere und trieben endlich ein Junges auf den Strand, dessen Geschrei oder Geplärr die anderen eiligst herbeizog, so daß zuletzt die ganze Herde am Strande liegen blieb. Die Gelegenheit, so große und seltene Thiere zu sehen,
[Abbildung]
Der Grind- oder schwarze Delfin (Globicephalus globiceps).
zog eine Menge Menschen herbei und darunter auch unseren Berichterstatter, welcher nun das Betra- gen der jetzt so hilflosen Geschöpfe genau beobachten konnte. Die Herde bestand aus 7 Männchen und 12 Jungen, alle übrigen waren alte Weibchen, von denen mehrere Junge haben mußten, weil ihre Euter so milchreich waren, daß diese in Zwischenräumen und selbst noch im Tode aus ihnen herausspritzte. Bei denen, welche nicht mehr säugten, lagen die Zitzen in einer Grube des Euters verborgen. Die gestrandeten Thiere blieben einige Zeit am Leben, wurden aber immer schwächer und schwächer, stießen klägliche Töne aus und versuchten vergeblich, sich wieder zu befreien und erwar- teten endlich den Tod, wie es schien, mit vollkommener Ergebung. Ein altes Männchen hielt fünf Tage aus, ehe es endlich dem Verderben erlag.
Jn den Magen der Thiere fand man Ueberbleibsel vom Kabeljau und von verschiedenen Tinten- schnecken. Bei anderen wurde beobachtet, daß sie auch Dorsche, Barben, Häringe und Weichthiere
Der Grind oder ſchwarze Delfin.
Herde von zweihundert, 1805 eine von dreihundert Stücken auf den Shetlandsinſeln; im Jahre 1809 und 10 wurden elfhundert Stück in einer nach den Grinden Walfjord genannten Bucht auf Jsland aus Ufer geworfen. Am 7. Januar 1812 ſtrandete ein Trupp von 70 Stück an der Nord- küſte der Bretagne, anderer Fälle nicht zu gedenken. Ueber die letzte Strandung erhielt Cuvier den Bericht eines wohlunterrichteten Mannes.
Zwölf Fiſcher, welche in ſechs Boten ihrem Gewerbe oblagen, bemerkten eine Stunde vom Lande eine Menge Wale. Sie holten Hilfe und Waffen, hetzten die Thiere und trieben endlich ein Junges auf den Strand, deſſen Geſchrei oder Geplärr die anderen eiligſt herbeizog, ſo daß zuletzt die ganze Herde am Strande liegen blieb. Die Gelegenheit, ſo große und ſeltene Thiere zu ſehen,
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Der Grind- oder ſchwarze Delfin (Globicephalus globiceps).
zog eine Menge Menſchen herbei und darunter auch unſeren Berichterſtatter, welcher nun das Betra- gen der jetzt ſo hilfloſen Geſchöpfe genau beobachten konnte. Die Herde beſtand aus 7 Männchen und 12 Jungen, alle übrigen waren alte Weibchen, von denen mehrere Junge haben mußten, weil ihre Euter ſo milchreich waren, daß dieſe in Zwiſchenräumen und ſelbſt noch im Tode aus ihnen herausſpritzte. Bei denen, welche nicht mehr ſäugten, lagen die Zitzen in einer Grube des Euters verborgen. Die geſtrandeten Thiere blieben einige Zeit am Leben, wurden aber immer ſchwächer und ſchwächer, ſtießen klägliche Töne aus und verſuchten vergeblich, ſich wieder zu befreien und erwar- teten endlich den Tod, wie es ſchien, mit vollkommener Ergebung. Ein altes Männchen hielt fünf Tage aus, ehe es endlich dem Verderben erlag.
Jn den Magen der Thiere fand man Ueberbleibſel vom Kabeljau und von verſchiedenen Tinten- ſchnecken. Bei anderen wurde beobachtet, daß ſie auch Dorſche, Barben, Häringe und Weichthiere
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Der Grind oder ſchwarze Delfin.
Herde von zweihundert, 1805 eine von dreihundert Stücken auf den Shetlandsinſeln; im Jahre
1809 und 10 wurden elfhundert Stück in einer nach den Grinden Walfjord genannten Bucht auf
Jsland aus Ufer geworfen. Am 7. Januar 1812 ſtrandete ein Trupp von 70 Stück an der Nord-
küſte der Bretagne, anderer Fälle nicht zu gedenken. Ueber die letzte Strandung erhielt Cuvier den
Bericht eines wohlunterrichteten Mannes.
Zwölf Fiſcher, welche in ſechs Boten ihrem Gewerbe oblagen, bemerkten eine Stunde vom
Lande eine Menge Wale. Sie holten Hilfe und Waffen, hetzten die Thiere und trieben endlich ein
Junges auf den Strand, deſſen Geſchrei oder Geplärr die anderen eiligſt herbeizog, ſo daß zuletzt
die ganze Herde am Strande liegen blieb. Die Gelegenheit, ſo große und ſeltene Thiere zu ſehen,
[Abbildung Der Grind- oder ſchwarze Delfin (Globicephalus globiceps).]
zog eine Menge Menſchen herbei und darunter auch unſeren Berichterſtatter, welcher nun das Betra-
gen der jetzt ſo hilfloſen Geſchöpfe genau beobachten konnte. Die Herde beſtand aus 7 Männchen
und 12 Jungen, alle übrigen waren alte Weibchen, von denen mehrere Junge haben mußten, weil
ihre Euter ſo milchreich waren, daß dieſe in Zwiſchenräumen und ſelbſt noch im Tode aus ihnen
herausſpritzte. Bei denen, welche nicht mehr ſäugten, lagen die Zitzen in einer Grube des Euters
verborgen. Die geſtrandeten Thiere blieben einige Zeit am Leben, wurden aber immer ſchwächer
und ſchwächer, ſtießen klägliche Töne aus und verſuchten vergeblich, ſich wieder zu befreien und erwar-
teten endlich den Tod, wie es ſchien, mit vollkommener Ergebung. Ein altes Männchen hielt fünf
Tage aus, ehe es endlich dem Verderben erlag.
Jn den Magen der Thiere fand man Ueberbleibſel vom Kabeljau und von verſchiedenen Tinten-
ſchnecken. Bei anderen wurde beobachtet, daß ſie auch Dorſche, Barben, Häringe und Weichthiere
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 839. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/887>, abgerufen am 23.11.2024.
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