Die Jagd ist ziemlich einfach. Man nähert sich in einem Kahne dem Weideplatze der Manaten und wartet, bis einer derselben zum Athmen emporkommt. Auf ihn schießt man etweder Pfeile ab, an denen Stricke und leichte Holzblöcke befestigt sind, welche später den Weg des Thieres angeben, oder man harpunirt, bindet und schlachtet ihn dann in dem kleinen Bote, welches man zu den Reisen auf südamerikanischen Flüssen benutzt. Letzteres geschieht oft mitten auf dem Flusse, und zwar so, daß man das Bot zu zwei Dritttheilen mit Wasser füllt, es unter den Lamantin schiebt und dann mit einer Kürbisflasche wieder ausschöpft. Am leichtesten fängt man das Thier am Ende der großen Ueberschwemmung, wenn es aus den Strömen in die umliegenden großen Seen und Sümpfe gerathen ist und hier das Wasser schnell fällt. Zur Zeit, als die Jesuiten den Missionen am unteren Orinoko vorstanden, kamen sie alle Jahre unterhalb des Apure zusammen, um mit den Jndianern aus ihren Kirchspielen eine große Seekuhjagd anzustellen. Das Fett des erbeuteten Thieres wird in den Kirchenlampen gebrannt oder auch zum Kochen benutzt. Es hat nicht den widrigen Geruch des Walfischthranes oder des Fettes anderer Seesäugethiere mit Spritzlöchern. Die Haut, welche anderthalb Zoll dick ist, wird in Streifen geschnitten, und diese dienen in den Step- pen, wie die Streifen von Ochsenhaut, als Stricke. Jm Wasser sind sie unbrauchbar, weil sie faulen. Jn den spanischen Ansiedlungen macht man Peitschen daraus, und diese sind ein schreckliches Werkzeug zur Züchtigung der unglücklichen Sklaven und bezüglich der Jndianer in den Missionen, welche zwar nach den Gesetzen als freie Menschen gehalten werden sollten, aber dennoch den Sklaven gleich geachtet werden.
Jn zwei alten Schriften wird übereinstimmend die merkwürdige Nachricht gegeben, daß der Manati sich auch zähmen lasse. Martyr, ein Reisender, welcher im ersten Viertel des 16. Jahr- hunderts starb, erzählt, daß ein Kazike auf der Jnsel St. Domingo einen jungen, noch kleinen Fisch, welcher Manato heißt und im Meer gefangen wurde, in einen See setzen und ihm täglich Brod von welschem Korn geben ließ. "Er wurde allmählich so zahm, daß er jedes Mal kam, wenn man ihn rief, das Brod aus der Hand fraß und sich überall streicheln ließ, auch einige Male Leute, die sich auf ihn setzten, herumtrug, wohin sie wollten, von einem Ufer zum anderen. Die- ser freundliche und zahme Fisch wurde lange im See gehalten, zum großen Vergnügen eines Jeden. Aus allen Seiten der Jnsel kamen welche herbei, die sehen wollten, wie er auf den Ruf herbeikam und Leute, die sich auf seinen Rücken setzten, von einem Ufer zum anderen trug. Als aber einmal ein starkes Gewitter kam und viel Wasser von den Bergen in den See strömte, so trat dieser aus und führte den Manato wieder ins Meer, wo er nicht mehr gesehen wurde." Gomara, welcher un- zweifelhaft dieselbe Geschichte erzählt, fügt noch hinzu, daß der Manato sechsundzwanzig Jahre in dem See Guaynabo gelebt habe und so groß geworden sei, wie ein Delfin. Er kam auf den Ruf "Mato" herbei, kroch aufs Trockene bis zum Hause, um seine Speise zu bekommen, und dann wieder in den Teich zurück, begleitet von vielen Knaben, deren Gesang ihn erfreute. Ein- mal nahm er ihrer zehn zugleich auf seinen Rücken und trug sie von einem Ufer zum anderen, ohne zu tauchen. Als aber ein Spanier, der versuchen wollte, ob seine Haut so hart sei, wie man sagte, ihn herbeigerufen und mit einem Spieße geworfen hatte, ärgerte Dies ihn, obgleich er nicht verwundet wurde, so, daß er nicht mehr kam, wenn gleichgekleidete Leute ihn riefen. Der "freund- liche und zahme Fisch" wird so genau beschrieben, daß man nicht wohl zweifeln kann, von einem Manato erzählen zu hören. Jnwieweit aber die hübsche Geschichte wahr ist, lassen wir gern auf sich beruhen.
Der Name Manato soll soviel als Handthier bedeuten. Die Jndianer nennen unsere Sirene Apcia oder Apia, die Portugiesen Pexe-Buey oder Ochsenfisch.
Der ſchmalſchnauzige Lamantin.
Die Jagd iſt ziemlich einfach. Man nähert ſich in einem Kahne dem Weideplatze der Manaten und wartet, bis einer derſelben zum Athmen emporkommt. Auf ihn ſchießt man etweder Pfeile ab, an denen Stricke und leichte Holzblöcke befeſtigt ſind, welche ſpäter den Weg des Thieres angeben, oder man harpunirt, bindet und ſchlachtet ihn dann in dem kleinen Bote, welches man zu den Reiſen auf ſüdamerikaniſchen Flüſſen benutzt. Letzteres geſchieht oft mitten auf dem Fluſſe, und zwar ſo, daß man das Bot zu zwei Dritttheilen mit Waſſer füllt, es unter den Lamantin ſchiebt und dann mit einer Kürbisflaſche wieder ausſchöpft. Am leichteſten fängt man das Thier am Ende der großen Ueberſchwemmung, wenn es aus den Strömen in die umliegenden großen Seen und Sümpfe gerathen iſt und hier das Waſſer ſchnell fällt. Zur Zeit, als die Jeſuiten den Miſſionen am unteren Orinoko vorſtanden, kamen ſie alle Jahre unterhalb des Apure zuſammen, um mit den Jndianern aus ihren Kirchſpielen eine große Seekuhjagd anzuſtellen. Das Fett des erbeuteten Thieres wird in den Kirchenlampen gebrannt oder auch zum Kochen benutzt. Es hat nicht den widrigen Geruch des Walfiſchthranes oder des Fettes anderer Seeſäugethiere mit Spritzlöchern. Die Haut, welche anderthalb Zoll dick iſt, wird in Streifen geſchnitten, und dieſe dienen in den Step- pen, wie die Streifen von Ochſenhaut, als Stricke. Jm Waſſer ſind ſie unbrauchbar, weil ſie faulen. Jn den ſpaniſchen Anſiedlungen macht man Peitſchen daraus, und dieſe ſind ein ſchreckliches Werkzeug zur Züchtigung der unglücklichen Sklaven und bezüglich der Jndianer in den Miſſionen, welche zwar nach den Geſetzen als freie Menſchen gehalten werden ſollten, aber dennoch den Sklaven gleich geachtet werden.
Jn zwei alten Schriften wird übereinſtimmend die merkwürdige Nachricht gegeben, daß der Manati ſich auch zähmen laſſe. Martyr, ein Reiſender, welcher im erſten Viertel des 16. Jahr- hunderts ſtarb, erzählt, daß ein Kazike auf der Jnſel St. Domingo einen jungen, noch kleinen Fiſch, welcher Manato heißt und im Meer gefangen wurde, in einen See ſetzen und ihm täglich Brod von welſchem Korn geben ließ. „Er wurde allmählich ſo zahm, daß er jedes Mal kam, wenn man ihn rief, das Brod aus der Hand fraß und ſich überall ſtreicheln ließ, auch einige Male Leute, die ſich auf ihn ſetzten, herumtrug, wohin ſie wollten, von einem Ufer zum anderen. Die- ſer freundliche und zahme Fiſch wurde lange im See gehalten, zum großen Vergnügen eines Jeden. Aus allen Seiten der Jnſel kamen welche herbei, die ſehen wollten, wie er auf den Ruf herbeikam und Leute, die ſich auf ſeinen Rücken ſetzten, von einem Ufer zum anderen trug. Als aber einmal ein ſtarkes Gewitter kam und viel Waſſer von den Bergen in den See ſtrömte, ſo trat dieſer aus und führte den Manato wieder ins Meer, wo er nicht mehr geſehen wurde.‟ Gomara, welcher un- zweifelhaft dieſelbe Geſchichte erzählt, fügt noch hinzu, daß der Manato ſechsundzwanzig Jahre in dem See Guaynabo gelebt habe und ſo groß geworden ſei, wie ein Delfin. Er kam auf den Ruf „Mato‟ herbei, kroch aufs Trockene bis zum Hauſe, um ſeine Speiſe zu bekommen, und dann wieder in den Teich zurück, begleitet von vielen Knaben, deren Geſang ihn erfreute. Ein- mal nahm er ihrer zehn zugleich auf ſeinen Rücken und trug ſie von einem Ufer zum anderen, ohne zu tauchen. Als aber ein Spanier, der verſuchen wollte, ob ſeine Haut ſo hart ſei, wie man ſagte, ihn herbeigerufen und mit einem Spieße geworfen hatte, ärgerte Dies ihn, obgleich er nicht verwundet wurde, ſo, daß er nicht mehr kam, wenn gleichgekleidete Leute ihn riefen. Der „freund- liche und zahme Fiſch‟ wird ſo genau beſchrieben, daß man nicht wohl zweifeln kann, von einem Manato erzählen zu hören. Jnwieweit aber die hübſche Geſchichte wahr iſt, laſſen wir gern auf ſich beruhen.
Der Name Manato ſoll ſoviel als Handthier bedeuten. Die Jndianer nennen unſere Sirene Apcia oder Apia, die Portugieſen Pexe-Buey oder Ochſenfiſch.
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Der ſchmalſchnauzige Lamantin.
Die Jagd iſt ziemlich einfach. Man nähert ſich in einem Kahne dem Weideplatze der Manaten
und wartet, bis einer derſelben zum Athmen emporkommt. Auf ihn ſchießt man etweder Pfeile ab,
an denen Stricke und leichte Holzblöcke befeſtigt ſind, welche ſpäter den Weg des Thieres angeben,
oder man harpunirt, bindet und ſchlachtet ihn dann in dem kleinen Bote, welches man zu den
Reiſen auf ſüdamerikaniſchen Flüſſen benutzt. Letzteres geſchieht oft mitten auf dem Fluſſe, und
zwar ſo, daß man das Bot zu zwei Dritttheilen mit Waſſer füllt, es unter den Lamantin ſchiebt
und dann mit einer Kürbisflaſche wieder ausſchöpft. Am leichteſten fängt man das Thier am Ende
der großen Ueberſchwemmung, wenn es aus den Strömen in die umliegenden großen Seen und
Sümpfe gerathen iſt und hier das Waſſer ſchnell fällt. Zur Zeit, als die Jeſuiten den Miſſionen
am unteren Orinoko vorſtanden, kamen ſie alle Jahre unterhalb des Apure zuſammen, um mit
den Jndianern aus ihren Kirchſpielen eine große Seekuhjagd anzuſtellen. Das Fett des erbeuteten
Thieres wird in den Kirchenlampen gebrannt oder auch zum Kochen benutzt. Es hat nicht den
widrigen Geruch des Walfiſchthranes oder des Fettes anderer Seeſäugethiere mit Spritzlöchern. Die
Haut, welche anderthalb Zoll dick iſt, wird in Streifen geſchnitten, und dieſe dienen in den Step-
pen, wie die Streifen von Ochſenhaut, als Stricke. Jm Waſſer ſind ſie unbrauchbar, weil ſie
faulen. Jn den ſpaniſchen Anſiedlungen macht man Peitſchen daraus, und dieſe ſind ein ſchreckliches
Werkzeug zur Züchtigung der unglücklichen Sklaven und bezüglich der Jndianer in den Miſſionen,
welche zwar nach den Geſetzen als freie Menſchen gehalten werden ſollten, aber dennoch den Sklaven
gleich geachtet werden.
Jn zwei alten Schriften wird übereinſtimmend die merkwürdige Nachricht gegeben, daß der
Manati ſich auch zähmen laſſe. Martyr, ein Reiſender, welcher im erſten Viertel des 16. Jahr-
hunderts ſtarb, erzählt, daß ein Kazike auf der Jnſel St. Domingo einen jungen, noch kleinen
Fiſch, welcher Manato heißt und im Meer gefangen wurde, in einen See ſetzen und ihm täglich
Brod von welſchem Korn geben ließ. „Er wurde allmählich ſo zahm, daß er jedes Mal kam,
wenn man ihn rief, das Brod aus der Hand fraß und ſich überall ſtreicheln ließ, auch einige Male
Leute, die ſich auf ihn ſetzten, herumtrug, wohin ſie wollten, von einem Ufer zum anderen. Die-
ſer freundliche und zahme Fiſch wurde lange im See gehalten, zum großen Vergnügen eines Jeden.
Aus allen Seiten der Jnſel kamen welche herbei, die ſehen wollten, wie er auf den Ruf herbeikam und
Leute, die ſich auf ſeinen Rücken ſetzten, von einem Ufer zum anderen trug. Als aber einmal ein
ſtarkes Gewitter kam und viel Waſſer von den Bergen in den See ſtrömte, ſo trat dieſer aus und
führte den Manato wieder ins Meer, wo er nicht mehr geſehen wurde.‟ Gomara, welcher un-
zweifelhaft dieſelbe Geſchichte erzählt, fügt noch hinzu, daß der Manato ſechsundzwanzig Jahre in
dem See Guaynabo gelebt habe und ſo groß geworden ſei, wie ein Delfin. Er kam auf den
Ruf „Mato‟ herbei, kroch aufs Trockene bis zum Hauſe, um ſeine Speiſe zu bekommen, und
dann wieder in den Teich zurück, begleitet von vielen Knaben, deren Geſang ihn erfreute. Ein-
mal nahm er ihrer zehn zugleich auf ſeinen Rücken und trug ſie von einem Ufer zum anderen,
ohne zu tauchen. Als aber ein Spanier, der verſuchen wollte, ob ſeine Haut ſo hart ſei, wie man
ſagte, ihn herbeigerufen und mit einem Spieße geworfen hatte, ärgerte Dies ihn, obgleich er nicht
verwundet wurde, ſo, daß er nicht mehr kam, wenn gleichgekleidete Leute ihn riefen. Der „freund-
liche und zahme Fiſch‟ wird ſo genau beſchrieben, daß man nicht wohl zweifeln kann, von einem
Manato erzählen zu hören. Jnwieweit aber die hübſche Geſchichte wahr iſt, laſſen wir gern auf
ſich beruhen.
Der Name Manato ſoll ſoviel als Handthier bedeuten. Die Jndianer nennen unſere Sirene
Apcia oder Apia, die Portugieſen Pexe-Buey oder Ochſenfiſch.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 821. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/869>, abgerufen am 23.11.2024.
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