hatte, durfte sich Niemand hinzuwagen, um ihn in der Nähe zu schauen, theils weil man besorgen mußte, er möchte Einem entweder Arme und Beine abbeißen oder sie mit seinem starken Schwanz in Stücke schlagen, theils aber weil der damalige geizige Statthalter denselben todt schießen lassen wollte, was auch wirklich geschehen ist, indem drei Flinten aus einer Schaluppe auf ihn losgebrannt wurden. Er machte jedoch ziemlich Possen, ehe er sich zu Tode geblutet, und machte das Bot eine Zeit lang weichen."
"Dieser Meerlöwe sah zwar einem Löwen ziemlich gleich, außer daß er keine Haare hatte; an den übrigen Theilen aber wollte sich die Gleichheit gar nicht finden, denn obwohl seine Haut etwas dunkelgelb sich zeigte, war sie doch von Haaren, ja selbst von allen Schuppen entblößt. Seine Füße, deren er nur zwei hatte, waren sehr kurz und dabei so ungelenk, daß sie ihm freilich besser zum Schwimmen als zum Gehen dienten. Es waren keine Klauen oder Finger daran, sondern sie endigten breit, als eine Schaufel, oder besser, wie ein Entenfuß. Anstatt der Hinterfüße hatte er breite und dicke Flossen. Sein Rücken war erhaben, wie ein Buckel, was aber von seiner Lage auf dem dicken und fetten Bauche möchte verursacht sein. Er lief hinten vollkommen spitzig zu, wie andere Fische, und hatte daselbst einen ganz breiten Schwanz, der beinahe wie ein Halbmond gebildet war. Er war über 15 Schuh lang und hatte reichlich so viel im Umfang. Aus seinem Speck wurden etliche Tonnen Thran gebrannt. Seine Zunge bestand aus lauter Fett und hatte über 50 Pfund gewogen."
Diese Beschreibung könnte höchstens noch auf den wirklichen Seelöwen gedeutet werden; allein die haarlose Haut und der halbmondförmig ausgeschnittene Schwanz sprechen weniger für ihn, als für unsere Sirene.
Nach Kolbe erzählt Barchewitz, daß man vor seinem Hause auf den Philippinen oft Meerkühe sah, welche grünes Mos am Strande fraßen. Ein auf seine Anordnung getödtetes Weibchen führte auch das Verderben des Männchens herbei, welches kam, um jenes zu suchen, und gleichfalls getödtet wurde. Jeder dieser "Fische" war über sechs Ellen lang.
Erst den Naturforschern unseres Jahrhunderts war es vorbehalten, Genaueres festzustellen. Die Franzosen Diard und Duvaucel waren die ersten, welche einen Dujong zerlegten; Quoy und Gaimard lieferten die erste gute Abbildung, und Rüppell, welcher dieselbe Sirene im rothen Meer auffand, theilt Einiges über ihre Lebensweise mit. So sind wir jetzt im Stande, eine, wenn auch immer noch sehr unvollkommene, Beschreibung unseres Thieres zu geben.
Wenn man feststellt, daß die Schwanzflosse des Dujong wagrecht gestellt und halbmondförmig tief ausgerundet ist, wird man ihn nie mit seinen einzigen Verwandten, den Lamantinen oder Ma- naten, verwechseln können. Um Genaueres anzugeben, füge ich dieser übrigens vollkommen aus- reichenden Beschreibung hinzu, daß die Seemaid bis auf den Kopf, welcher an den eines Nilpferdes oder Rindes erinnert, fischähnlich gestaltet ist, 10 bis 15 Fuß lang wird und oben bräunlich, bläulich oder weißgrau, unten aber weißlich aussieht. Der kurze und dicke Hals ist deutlich vom Kopfe geschieden, geht aber unmittelbar in den Leib über, welcher gleichmäßig gerundet ist, von der Hals- gegend an bis zur Mitte allmählich dicker wird und sich dann bis zum Schwanze hin verdünnt. Die Brustfinnen stehen nicht weit hinter den Ohröffnungen im unteren Drittel der Körperhöhe; sie sind nicht besonders groß, aber breit, am vorderen Rande gerundet, hinten zugeschärft. Jhre Zehen lassen sich nur durch das Gefühl erkennen; von Krallen ist keine Spur vorhanden. Die Schwanzfinne besteht in einer plattgedrückten, flachen Flosse. An der kurzen und dicken Schnauze tritt die sehr große, starke, an der Vorderseite herzförmig ausgeschnittene, warzige, be- wegliche Oberlippe deutlich hervor, die Unterlippe wird durch eine starke Hautfalte gegen den Hals zu abgegrenzt. Die Nasenlöcher, welche auf der Oberseite der Schnauze liegen, stehen nahe bei einander und bilden zwei halbmondförmige Spalten; die Augen, welche klein, eirund, aber stark gewölbt und hervorstehend sind, werden an ihrem oberen Rande von einem Halbkreis von Wimpern umgeben, haben keine Lider, aber eine besondere Nickhaut und können durch Zusammen- ziehung der Haut geschlossen werden; die Ohren sind nur durch kleine, rundliche Oeffnungen
Die Sirenen. — Der Dujong.
hatte, durfte ſich Niemand hinzuwagen, um ihn in der Nähe zu ſchauen, theils weil man beſorgen mußte, er möchte Einem entweder Arme und Beine abbeißen oder ſie mit ſeinem ſtarken Schwanz in Stücke ſchlagen, theils aber weil der damalige geizige Statthalter denſelben todt ſchießen laſſen wollte, was auch wirklich geſchehen iſt, indem drei Flinten aus einer Schaluppe auf ihn losgebrannt wurden. Er machte jedoch ziemlich Poſſen, ehe er ſich zu Tode geblutet, und machte das Bot eine Zeit lang weichen.‟
„Dieſer Meerlöwe ſah zwar einem Löwen ziemlich gleich, außer daß er keine Haare hatte; an den übrigen Theilen aber wollte ſich die Gleichheit gar nicht finden, denn obwohl ſeine Haut etwas dunkelgelb ſich zeigte, war ſie doch von Haaren, ja ſelbſt von allen Schuppen entblößt. Seine Füße, deren er nur zwei hatte, waren ſehr kurz und dabei ſo ungelenk, daß ſie ihm freilich beſſer zum Schwimmen als zum Gehen dienten. Es waren keine Klauen oder Finger daran, ſondern ſie endigten breit, als eine Schaufel, oder beſſer, wie ein Entenfuß. Anſtatt der Hinterfüße hatte er breite und dicke Floſſen. Sein Rücken war erhaben, wie ein Buckel, was aber von ſeiner Lage auf dem dicken und fetten Bauche möchte verurſacht ſein. Er lief hinten vollkommen ſpitzig zu, wie andere Fiſche, und hatte daſelbſt einen ganz breiten Schwanz, der beinahe wie ein Halbmond gebildet war. Er war über 15 Schuh lang und hatte reichlich ſo viel im Umfang. Aus ſeinem Speck wurden etliche Tonnen Thran gebrannt. Seine Zunge beſtand aus lauter Fett und hatte über 50 Pfund gewogen.‟
Dieſe Beſchreibung könnte höchſtens noch auf den wirklichen Seelöwen gedeutet werden; allein die haarloſe Haut und der halbmondförmig ausgeſchnittene Schwanz ſprechen weniger für ihn, als für unſere Sirene.
Nach Kolbe erzählt Barchewitz, daß man vor ſeinem Hauſe auf den Philippinen oft Meerkühe ſah, welche grünes Mos am Strande fraßen. Ein auf ſeine Anordnung getödtetes Weibchen führte auch das Verderben des Männchens herbei, welches kam, um jenes zu ſuchen, und gleichfalls getödtet wurde. Jeder dieſer „Fiſche‟ war über ſechs Ellen lang.
Erſt den Naturforſchern unſeres Jahrhunderts war es vorbehalten, Genaueres feſtzuſtellen. Die Franzoſen Diard und Duvaucel waren die erſten, welche einen Dujong zerlegten; Quoy und Gaimard lieferten die erſte gute Abbildung, und Rüppell, welcher dieſelbe Sirene im rothen Meer auffand, theilt Einiges über ihre Lebensweiſe mit. So ſind wir jetzt im Stande, eine, wenn auch immer noch ſehr unvollkommene, Beſchreibung unſeres Thieres zu geben.
Wenn man feſtſtellt, daß die Schwanzfloſſe des Dujong wagrecht geſtellt und halbmondförmig tief ausgerundet iſt, wird man ihn nie mit ſeinen einzigen Verwandten, den Lamantinen oder Ma- naten, verwechſeln können. Um Genaueres anzugeben, füge ich dieſer übrigens vollkommen aus- reichenden Beſchreibung hinzu, daß die Seemaid bis auf den Kopf, welcher an den eines Nilpferdes oder Rindes erinnert, fiſchähnlich geſtaltet iſt, 10 bis 15 Fuß lang wird und oben bräunlich, bläulich oder weißgrau, unten aber weißlich ausſieht. Der kurze und dicke Hals iſt deutlich vom Kopfe geſchieden, geht aber unmittelbar in den Leib über, welcher gleichmäßig gerundet iſt, von der Hals- gegend an bis zur Mitte allmählich dicker wird und ſich dann bis zum Schwanze hin verdünnt. Die Bruſtfinnen ſtehen nicht weit hinter den Ohröffnungen im unteren Drittel der Körperhöhe; ſie ſind nicht beſonders groß, aber breit, am vorderen Rande gerundet, hinten zugeſchärft. Jhre Zehen laſſen ſich nur durch das Gefühl erkennen; von Krallen iſt keine Spur vorhanden. Die Schwanzfinne beſteht in einer plattgedrückten, flachen Floſſe. An der kurzen und dicken Schnauze tritt die ſehr große, ſtarke, an der Vorderſeite herzförmig ausgeſchnittene, warzige, be- wegliche Oberlippe deutlich hervor, die Unterlippe wird durch eine ſtarke Hautfalte gegen den Hals zu abgegrenzt. Die Naſenlöcher, welche auf der Oberſeite der Schnauze liegen, ſtehen nahe bei einander und bilden zwei halbmondförmige Spalten; die Augen, welche klein, eirund, aber ſtark gewölbt und hervorſtehend ſind, werden an ihrem oberen Rande von einem Halbkreis von Wimpern umgeben, haben keine Lider, aber eine beſondere Nickhaut und können durch Zuſammen- ziehung der Haut geſchloſſen werden; die Ohren ſind nur durch kleine, rundliche Oeffnungen
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Die Sirenen. — Der Dujong.
hatte, durfte ſich Niemand hinzuwagen, um ihn in der Nähe zu ſchauen, theils weil man beſorgen
mußte, er möchte Einem entweder Arme und Beine abbeißen oder ſie mit ſeinem ſtarken Schwanz in
Stücke ſchlagen, theils aber weil der damalige geizige Statthalter denſelben todt ſchießen laſſen wollte,
was auch wirklich geſchehen iſt, indem drei Flinten aus einer Schaluppe auf ihn losgebrannt wurden.
Er machte jedoch ziemlich Poſſen, ehe er ſich zu Tode geblutet, und machte das Bot eine Zeit
lang weichen.‟
„Dieſer Meerlöwe ſah zwar einem Löwen ziemlich gleich, außer daß er keine Haare hatte; an
den übrigen Theilen aber wollte ſich die Gleichheit gar nicht finden, denn obwohl ſeine Haut etwas
dunkelgelb ſich zeigte, war ſie doch von Haaren, ja ſelbſt von allen Schuppen entblößt. Seine
Füße, deren er nur zwei hatte, waren ſehr kurz und dabei ſo ungelenk, daß ſie ihm freilich beſſer zum
Schwimmen als zum Gehen dienten. Es waren keine Klauen oder Finger daran, ſondern ſie endigten
breit, als eine Schaufel, oder beſſer, wie ein Entenfuß. Anſtatt der Hinterfüße hatte er breite und
dicke Floſſen. Sein Rücken war erhaben, wie ein Buckel, was aber von ſeiner Lage auf dem dicken
und fetten Bauche möchte verurſacht ſein. Er lief hinten vollkommen ſpitzig zu, wie andere Fiſche,
und hatte daſelbſt einen ganz breiten Schwanz, der beinahe wie ein Halbmond gebildet war. Er war
über 15 Schuh lang und hatte reichlich ſo viel im Umfang. Aus ſeinem Speck wurden etliche Tonnen
Thran gebrannt. Seine Zunge beſtand aus lauter Fett und hatte über 50 Pfund gewogen.‟
Dieſe Beſchreibung könnte höchſtens noch auf den wirklichen Seelöwen gedeutet werden;
allein die haarloſe Haut und der halbmondförmig ausgeſchnittene Schwanz ſprechen weniger für ihn,
als für unſere Sirene.
Nach Kolbe erzählt Barchewitz, daß man vor ſeinem Hauſe auf den Philippinen oft
Meerkühe ſah, welche grünes Mos am Strande fraßen. Ein auf ſeine Anordnung getödtetes
Weibchen führte auch das Verderben des Männchens herbei, welches kam, um jenes zu ſuchen, und
gleichfalls getödtet wurde. Jeder dieſer „Fiſche‟ war über ſechs Ellen lang.
Erſt den Naturforſchern unſeres Jahrhunderts war es vorbehalten, Genaueres feſtzuſtellen. Die
Franzoſen Diard und Duvaucel waren die erſten, welche einen Dujong zerlegten; Quoy
und Gaimard lieferten die erſte gute Abbildung, und Rüppell, welcher dieſelbe Sirene im rothen
Meer auffand, theilt Einiges über ihre Lebensweiſe mit. So ſind wir jetzt im Stande, eine, wenn
auch immer noch ſehr unvollkommene, Beſchreibung unſeres Thieres zu geben.
Wenn man feſtſtellt, daß die Schwanzfloſſe des Dujong wagrecht geſtellt und halbmondförmig
tief ausgerundet iſt, wird man ihn nie mit ſeinen einzigen Verwandten, den Lamantinen oder Ma-
naten, verwechſeln können. Um Genaueres anzugeben, füge ich dieſer übrigens vollkommen aus-
reichenden Beſchreibung hinzu, daß die Seemaid bis auf den Kopf, welcher an den eines Nilpferdes
oder Rindes erinnert, fiſchähnlich geſtaltet iſt, 10 bis 15 Fuß lang wird und oben bräunlich, bläulich
oder weißgrau, unten aber weißlich ausſieht. Der kurze und dicke Hals iſt deutlich vom Kopfe
geſchieden, geht aber unmittelbar in den Leib über, welcher gleichmäßig gerundet iſt, von der Hals-
gegend an bis zur Mitte allmählich dicker wird und ſich dann bis zum Schwanze hin verdünnt.
Die Bruſtfinnen ſtehen nicht weit hinter den Ohröffnungen im unteren Drittel der Körperhöhe;
ſie ſind nicht beſonders groß, aber breit, am vorderen Rande gerundet, hinten zugeſchärft.
Jhre Zehen laſſen ſich nur durch das Gefühl erkennen; von Krallen iſt keine Spur vorhanden.
Die Schwanzfinne beſteht in einer plattgedrückten, flachen Floſſe. An der kurzen und dicken
Schnauze tritt die ſehr große, ſtarke, an der Vorderſeite herzförmig ausgeſchnittene, warzige, be-
wegliche Oberlippe deutlich hervor, die Unterlippe wird durch eine ſtarke Hautfalte gegen den
Hals zu abgegrenzt. Die Naſenlöcher, welche auf der Oberſeite der Schnauze liegen, ſtehen nahe
bei einander und bilden zwei halbmondförmige Spalten; die Augen, welche klein, eirund, aber
ſtark gewölbt und hervorſtehend ſind, werden an ihrem oberen Rande von einem Halbkreis von
Wimpern umgeben, haben keine Lider, aber eine beſondere Nickhaut und können durch Zuſammen-
ziehung der Haut geſchloſſen werden; die Ohren ſind nur durch kleine, rundliche Oeffnungen
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 816. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/864>, abgerufen am 23.11.2024.
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