Flossensüßer. -- Der Seeelefant oder die große Rüsselrobbe.
ihm diese oder jene Gegend zu heiß macht. Kranke und schwache müssen zurückbleiben; die ge- sunden reisen sämmtlich. Jn Patagonien kommen sie im September und Oktober, oft schon im Juni, scharenweise an, Ende Dezembers reisen sie wieder südlich. Jm Sommer streifen sie im Meere umher, gegen Winter betreten sie das trockene Land. Hier bevorzugen sie schlammige und sumpfige Strecken oder treiben sich im süßen Wasser umher. Unter der großen Masse sondern sich Familien aus, welche aus 2 bis 5 Gliedern bestehen. Sie trifft man stets dicht neben ein- andergedrängt, gewöhnlich im Schlamme oder im Schilfe schlafend an. Bei großer Hitze kühlen sie sich durch feuchten Sand, welchen sie auf den Obertheil ihres Körpers werfen, und manchmal ähneln sie mehr Erdhaufen, als lebenden Thieren: sie erinnern überhaupt in vieler Hinsicht an
[Abbildung]
Der Seeelefant oder die große Rüsselrobbe (Macrorhinus elephantinus).
die Dickhäuter. Wie diese lieben sie das süße Wasser außerordentlich, wie diese wälzen sie sich mit Wollust im Schlamme, wie diese verweilen sie gern auf ein und derselben Stelle.
Jhre Bewegungen auf dem Lande sind sehr unbeholfen. Das Gehen wird dem ungeschlachteten Thiere ungemein schwer. Jm allgemeinen ähneln sie auch hierin den Seehunden. Wie diese krümmen und strecken sie sich wechselseitig und werfen sich bald vorn, bald hinten auf. Wenn sie recht fett sind, schlottert bei jeder ruckweisen Bewegung der Leib wie eine mit Gallerte angefüllte große Blase. Nach einem Wege von zwanzig bis dreißig Schritten sind sie sehr ermüdet und müssen ein wenig ausruhen; dennoch klettern sie über 15 bis 20 Fuß hohe Sandhügel hinweg: Beharr- lichkeit und Geduld ersetzen ihnen die fehlende Behendigkeit. Jm Wasser zeigen sie sich ganz an- ders. Sie schwimmen und tauchen vortrefflich, machen rasche Wendungen, legen sich zum Schla-
Floſſenſüßer. — Der Seeelefant oder die große Rüſſelrobbe.
ihm dieſe oder jene Gegend zu heiß macht. Kranke und ſchwache müſſen zurückbleiben; die ge- ſunden reiſen ſämmtlich. Jn Patagonien kommen ſie im September und Oktober, oft ſchon im Juni, ſcharenweiſe an, Ende Dezembers reiſen ſie wieder ſüdlich. Jm Sommer ſtreifen ſie im Meere umher, gegen Winter betreten ſie das trockene Land. Hier bevorzugen ſie ſchlammige und ſumpfige Strecken oder treiben ſich im ſüßen Waſſer umher. Unter der großen Maſſe ſondern ſich Familien aus, welche aus 2 bis 5 Gliedern beſtehen. Sie trifft man ſtets dicht neben ein- andergedrängt, gewöhnlich im Schlamme oder im Schilfe ſchlafend an. Bei großer Hitze kühlen ſie ſich durch feuchten Sand, welchen ſie auf den Obertheil ihres Körpers werfen, und manchmal ähneln ſie mehr Erdhaufen, als lebenden Thieren: ſie erinnern überhaupt in vieler Hinſicht an
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Der Seeelefant oder die große Rüſſelrobbe (Macrorhinus elephantinus).
die Dickhäuter. Wie dieſe lieben ſie das ſüße Waſſer außerordentlich, wie dieſe wälzen ſie ſich mit Wolluſt im Schlamme, wie dieſe verweilen ſie gern auf ein und derſelben Stelle.
Jhre Bewegungen auf dem Lande ſind ſehr unbeholfen. Das Gehen wird dem ungeſchlachteten Thiere ungemein ſchwer. Jm allgemeinen ähneln ſie auch hierin den Seehunden. Wie dieſe krümmen und ſtrecken ſie ſich wechſelſeitig und werfen ſich bald vorn, bald hinten auf. Wenn ſie recht fett ſind, ſchlottert bei jeder ruckweiſen Bewegung der Leib wie eine mit Gallerte angefüllte große Blaſe. Nach einem Wege von zwanzig bis dreißig Schritten ſind ſie ſehr ermüdet und müſſen ein wenig ausruhen; dennoch klettern ſie über 15 bis 20 Fuß hohe Sandhügel hinweg: Beharr- lichkeit und Geduld erſetzen ihnen die fehlende Behendigkeit. Jm Waſſer zeigen ſie ſich ganz an- ders. Sie ſchwimmen und tauchen vortrefflich, machen raſche Wendungen, legen ſich zum Schla-
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Floſſenſüßer. — Der Seeelefant oder die große Rüſſelrobbe.
ihm dieſe oder jene Gegend zu heiß macht. Kranke und ſchwache müſſen zurückbleiben; die ge-
ſunden reiſen ſämmtlich. Jn Patagonien kommen ſie im September und Oktober, oft ſchon im
Juni, ſcharenweiſe an, Ende Dezembers reiſen ſie wieder ſüdlich. Jm Sommer ſtreifen ſie im
Meere umher, gegen Winter betreten ſie das trockene Land. Hier bevorzugen ſie ſchlammige und
ſumpfige Strecken oder treiben ſich im ſüßen Waſſer umher. Unter der großen Maſſe ſondern
ſich Familien aus, welche aus 2 bis 5 Gliedern beſtehen. Sie trifft man ſtets dicht neben ein-
andergedrängt, gewöhnlich im Schlamme oder im Schilfe ſchlafend an. Bei großer Hitze kühlen
ſie ſich durch feuchten Sand, welchen ſie auf den Obertheil ihres Körpers werfen, und manchmal
ähneln ſie mehr Erdhaufen, als lebenden Thieren: ſie erinnern überhaupt in vieler Hinſicht an
[Abbildung Der Seeelefant oder die große Rüſſelrobbe (Macrorhinus elephantinus).]
die Dickhäuter. Wie dieſe lieben ſie das ſüße Waſſer außerordentlich, wie dieſe wälzen ſie ſich
mit Wolluſt im Schlamme, wie dieſe verweilen ſie gern auf ein und derſelben Stelle.
Jhre Bewegungen auf dem Lande ſind ſehr unbeholfen. Das Gehen wird dem ungeſchlachteten
Thiere ungemein ſchwer. Jm allgemeinen ähneln ſie auch hierin den Seehunden. Wie dieſe krümmen
und ſtrecken ſie ſich wechſelſeitig und werfen ſich bald vorn, bald hinten auf. Wenn ſie recht
fett ſind, ſchlottert bei jeder ruckweiſen Bewegung der Leib wie eine mit Gallerte angefüllte große
Blaſe. Nach einem Wege von zwanzig bis dreißig Schritten ſind ſie ſehr ermüdet und müſſen
ein wenig ausruhen; dennoch klettern ſie über 15 bis 20 Fuß hohe Sandhügel hinweg: Beharr-
lichkeit und Geduld erſetzen ihnen die fehlende Behendigkeit. Jm Waſſer zeigen ſie ſich ganz an-
ders. Sie ſchwimmen und tauchen vortrefflich, machen raſche Wendungen, legen ſich zum Schla-
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 804. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/852>, abgerufen am 23.11.2024.
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