Flossenfüßer. -- Die Seehunde. Der grönländische Seehund.
und steifen Schnurrborsten auf der Oberlippe ist er noch ziemlich leicht von anderen Arten zu unter- scheiden. Er bewohnt die nördlichsten Meere zwischen Europa, Asien und Amerika, hauptsächlich das Eismeer und nördliche stille Weltmeer, meidet das Land und hält sich mehr auf schwimmenden Eisschollen auf.
Der grönländische Seehund oder die Sattelrobbe (Pagophilus groenlandieus) ist wegen des längeren und schmäleren Kopfes mit der flachen Stirn, der kürzeren Schnauze, des gestreckteren Leibes und des verschiedenen Handbaues als eigene Sippe von den anderen Seehunden abgetrennt worden. Während bei diesem die erste Zehe an den Vordersüßen die längste ist, überragt bei den grönländischen Sattelrobben die zweite Zehe alle übrigen. Außerdem fehlen dem Thiere das Wollhaar und die nackten Sohlen. Die Bartborsten sind wellenförmig eingebuchtet. Nach Alter und Geschlecht ist
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Der grönländische Seehund (Pagophilus groenlandieus).
die Färbung ziemlich verschieden. Der neugeborene, junge Seehund trägt einen weichen, glänzenden, schneeweißen Pelz, dessen Haare schon nach den ersten Wochen abgeworfen werden. Während des ersten Jahres ist die Färbung des Haarkleides gleichmäßig blaßgrau, wenn auch oben etwas dunkler, als unten. Jm zweiten Jahre erhält der Oberkörper Flecken, im dritten und vierten nehmen sie mehr und mehr überhand. Der Kopf wird schwarz, der übrige Leib weiß oder gelblichweiß, und da- von hebt sich ein großer, breiter, langgezogener, halbmondförmig gekrümmter und nach innen aus- geschweifter Flecken von dunkelschwarzer Farbe lebhaft ab, welcher sich von beiden Seiten des Leibes vom Widerrist angefangen bis gegen den Schwanz herabzieht, gewöhnlich getheilt, auf jeder Seite manchmal aber auch in einander verlaufend. Bei anderen sind blos Schwanz und Stirn schwarz, und einzelne haben eine durchaus schwarze Färbung. Ueberhaupt ist bei den Seehunden auf Färbung des Pelzes nicht Viel zu geben; sie schwankt außerordentlich, und die Haare verblassen, wenn sie länger getragen worden sind, so bedeutend, daß man Seehunde nach der Haarung nicht mehr als Das
Floſſenfüßer. — Die Seehunde. Der grönländiſche Seehund.
und ſteifen Schnurrborſten auf der Oberlippe iſt er noch ziemlich leicht von anderen Arten zu unter- ſcheiden. Er bewohnt die nördlichſten Meere zwiſchen Europa, Aſien und Amerika, hauptſächlich das Eismeer und nördliche ſtille Weltmeer, meidet das Land und hält ſich mehr auf ſchwimmenden Eisſchollen auf.
Der grönländiſche Seehund oder die Sattelrobbe (Pagophilus groenlandieus) iſt wegen des längeren und ſchmäleren Kopfes mit der flachen Stirn, der kürzeren Schnauze, des geſtreckteren Leibes und des verſchiedenen Handbaues als eigene Sippe von den anderen Seehunden abgetrennt worden. Während bei dieſem die erſte Zehe an den Vorderſüßen die längſte iſt, überragt bei den grönländiſchen Sattelrobben die zweite Zehe alle übrigen. Außerdem fehlen dem Thiere das Wollhaar und die nackten Sohlen. Die Bartborſten ſind wellenförmig eingebuchtet. Nach Alter und Geſchlecht iſt
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Der grönländiſche Seehund (Pagophilus groenlandieus).
die Färbung ziemlich verſchieden. Der neugeborene, junge Seehund trägt einen weichen, glänzenden, ſchneeweißen Pelz, deſſen Haare ſchon nach den erſten Wochen abgeworfen werden. Während des erſten Jahres iſt die Färbung des Haarkleides gleichmäßig blaßgrau, wenn auch oben etwas dunkler, als unten. Jm zweiten Jahre erhält der Oberkörper Flecken, im dritten und vierten nehmen ſie mehr und mehr überhand. Der Kopf wird ſchwarz, der übrige Leib weiß oder gelblichweiß, und da- von hebt ſich ein großer, breiter, langgezogener, halbmondförmig gekrümmter und nach innen aus- geſchweifter Flecken von dunkelſchwarzer Farbe lebhaft ab, welcher ſich von beiden Seiten des Leibes vom Widerriſt angefangen bis gegen den Schwanz herabzieht, gewöhnlich getheilt, auf jeder Seite manchmal aber auch in einander verlaufend. Bei anderen ſind blos Schwanz und Stirn ſchwarz, und einzelne haben eine durchaus ſchwarze Färbung. Ueberhaupt iſt bei den Seehunden auf Färbung des Pelzes nicht Viel zu geben; ſie ſchwankt außerordentlich, und die Haare verblaſſen, wenn ſie länger getragen worden ſind, ſo bedeutend, daß man Seehunde nach der Haarung nicht mehr als Das
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Floſſenfüßer. — Die Seehunde. Der grönländiſche Seehund.
und ſteifen Schnurrborſten auf der Oberlippe iſt er noch ziemlich leicht von anderen Arten zu unter-
ſcheiden. Er bewohnt die nördlichſten Meere zwiſchen Europa, Aſien und Amerika, hauptſächlich
das Eismeer und nördliche ſtille Weltmeer, meidet das Land und hält ſich mehr auf ſchwimmenden
Eisſchollen auf.
Der grönländiſche Seehund oder die Sattelrobbe (Pagophilus groenlandieus) iſt wegen
des längeren und ſchmäleren Kopfes mit der flachen Stirn, der kürzeren Schnauze, des geſtreckteren
Leibes und des verſchiedenen Handbaues als eigene Sippe von den anderen Seehunden abgetrennt
worden. Während bei dieſem die erſte Zehe an den Vorderſüßen die längſte iſt, überragt bei den
grönländiſchen Sattelrobben die zweite Zehe alle übrigen. Außerdem fehlen dem Thiere das Wollhaar
und die nackten Sohlen. Die Bartborſten ſind wellenförmig eingebuchtet. Nach Alter und Geſchlecht iſt
[Abbildung Der grönländiſche Seehund (Pagophilus groenlandieus).]
die Färbung ziemlich verſchieden. Der neugeborene, junge Seehund trägt einen weichen, glänzenden,
ſchneeweißen Pelz, deſſen Haare ſchon nach den erſten Wochen abgeworfen werden. Während des
erſten Jahres iſt die Färbung des Haarkleides gleichmäßig blaßgrau, wenn auch oben etwas dunkler,
als unten. Jm zweiten Jahre erhält der Oberkörper Flecken, im dritten und vierten nehmen ſie
mehr und mehr überhand. Der Kopf wird ſchwarz, der übrige Leib weiß oder gelblichweiß, und da-
von hebt ſich ein großer, breiter, langgezogener, halbmondförmig gekrümmter und nach innen aus-
geſchweifter Flecken von dunkelſchwarzer Farbe lebhaft ab, welcher ſich von beiden Seiten des Leibes
vom Widerriſt angefangen bis gegen den Schwanz herabzieht, gewöhnlich getheilt, auf jeder Seite
manchmal aber auch in einander verlaufend. Bei anderen ſind blos Schwanz und Stirn ſchwarz, und
einzelne haben eine durchaus ſchwarze Färbung. Ueberhaupt iſt bei den Seehunden auf Färbung des
Pelzes nicht Viel zu geben; ſie ſchwankt außerordentlich, und die Haare verblaſſen, wenn ſie länger
getragen worden ſind, ſo bedeutend, daß man Seehunde nach der Haarung nicht mehr als Das
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 790. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/838>, abgerufen am 23.11.2024.
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