Angriff auf die Einfriedigung trabten sie beide der Herde nach. Standen die anderen ruhig, so liefen sie den älteren zwischen den Beinen umher. Als die Mutter des jüngsten gefangen wurde, hielt sich das kleine Geschöpf neben ihr, bis sie dicht an den verhängnißvollen Baum gezogen war. Anfangs waren die Männer von seinem Aerger mehr belustigt; bald aber fanden sie, daß es durch- aus nicht zugab, seiner Mutter die zweite Schlinge anzulegen. Es lief dazwischen hinein, griff nach dem Seile, stieß und schlug sie mit seinem Rüssel, und sie mußten es endlich zur Herde zurück- treiben. Langsam zog es sich zurück, fortwährend brüllend und sich bei jedem Schritte umsehend: dann machte es sich an das größte Weibchen, das noch unter der Herde war, stellte sich zwischen dessen Vorderfüße, während dieses es mit seinem Rüssel liebkoste und ihm zuzureden schien. Hier blieb es stöhnend und wehklagend, bis die Fänger seine gefesselte Mutter sich selbst überlassen hatten. Dann kehrte es augenblicklich zu dieser zurück. Da es aber wieder störend wurde und jeden Vorbei- gehenden angriff, so wurde es endlich nebst dem anderen Jungen an einen nahen Baum gebunden. Letzteres hatte sich übrigens beim Fange seiner Alten ganz ebenso benommen. Die beiden Jungen waren die Lustigsten der ganzen Gesellschaft. Jhr Geschrei nahm kein Ende und Jeden, der in ihre Nähe kam, suchten sie zu packen. Jhre Wendungen erregten ganz besonders Erstaunen, da ihr Körper noch sehr geschmeidig war. Das Belustigendste war, daß die kleinen Burschen mitten in all ihrer Noth und Betrübniß doch alles Eßbare, was ihnen zugeworfen wurde, schleunigst ergriffen und dann gleichzeitig brüllten und fraßen."
"Unter den letzten, welche eingefangen wurden, befand sich auch der Landstreicher. Obgleich er viel wilder war, als die anderen, verband er sich doch nicht mit ihnen zum Angriff gegen die Ein- friedigung, da sie ihn einmüthig von sich trieben und ihn nicht in ihren Kreis aufnahmen. Als er neben einem seiner Unglücksgefährten vorbeigeschleppt wurde, stürzte er auf ihn zu und suchte ihn mit seinen Zähnen zu durchbohren. Dies war auch das einzige Beispiel von Böswilligkeit, welches sich während dieses Vorfalls im Corral zeigte. Als er überwältigt war, zeigte er sich erst lärmend und ungestüm, legte sich aber bald friedlich nieder, -- ein Zeichen, wie die Jäger sagten, daß sein Ende nahe war. Etwa zwölf Stunden lang deckte er sich noch ununterbrochen mit Staub, wie die anderen, und befeuchtete diesen mit Wasser aus seinem Rüssel; endlich aber lag er erschöpft da und starb so ruhig, daß der Eintritt seines Todes nur durch das Heer von schwarzen Fliegen bemerklich wurde, von welchem sein Körper fast augenblicklich bedeckt wurde, obschon wenige Minuten vorher nicht eine sichtbar gewesen. Der Leichnam wurde losgebunden und zwei zahme Elefanten zogen ihn hinaus."
"Als endlich sämmtliche Elefanten gefesselt waren, vernahm man aus der Entfernung die Töne einer Flöte. Sie wirkten auf mehr als Einen ganz wundersam. Die Thiere wandten den Kopf nach der Richtung, wo die Musik herkam, und spannten ihre breiten Ohren: der klägliche Laut besänf- tigte sie offenbar. Nur die Jungen brüllten noch nach Freiheit, stampften mit den Füßen, bliesen Staubwolken über ihre Schultern, schwangen ihre kleinen Rüssel hoch empor und griffen Jeden an, den sie erreichen konnten."
"Anfangs verschmähten die älteren Thiere jedes angebotene Futter, traten es unter die Füße und wandten sich verächtlich ab. Einige konnten, als sie ruhiger wurden, der Versuchung eines saftigen Bäumchens nicht mehr widerstehen, sondern rollten ihn unter den Füßen, bis sie die zarten Zweige abgelöst hatten, hoben sie dann wieder mit ihrem Rüssel auf und kauten sie sorglos."
"Wenn die Klugheit, die Ruhe und die Gelehrigkeit der Lockthiere lebhaftes Erstaunen erregte, so mußte man andererseits auch das würdige Benehmen der Gefangenen bewundern. Jhr ganzes Betragen stand im Widerspruch mit den Schilderungen, welche manche Jäger geben, die sie als falsch, wild und rachsüchtig darstellen. Wenn die Thiere freilich von den Gewehren ihrer Verfolger gequält werden, so wenden sie natürlicherweise ihre Stärke und ihre Klugheit dazu an, daß sie zu entkommen oder zu vergelten suchen. Hier im Corral aber zeigte jede ihrer Bewegungen von Un- schuld und Schüchternheit. Nach einem Kampfe, in welchem sie keine Neigung zur Gewaltthätigkeit
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Die Elefanten.
Angriff auf die Einfriedigung trabten ſie beide der Herde nach. Standen die anderen ruhig, ſo liefen ſie den älteren zwiſchen den Beinen umher. Als die Mutter des jüngſten gefangen wurde, hielt ſich das kleine Geſchöpf neben ihr, bis ſie dicht an den verhängnißvollen Baum gezogen war. Anfangs waren die Männer von ſeinem Aerger mehr beluſtigt; bald aber fanden ſie, daß es durch- aus nicht zugab, ſeiner Mutter die zweite Schlinge anzulegen. Es lief dazwiſchen hinein, griff nach dem Seile, ſtieß und ſchlug ſie mit ſeinem Rüſſel, und ſie mußten es endlich zur Herde zurück- treiben. Langſam zog es ſich zurück, fortwährend brüllend und ſich bei jedem Schritte umſehend: dann machte es ſich an das größte Weibchen, das noch unter der Herde war, ſtellte ſich zwiſchen deſſen Vorderfüße, während dieſes es mit ſeinem Rüſſel liebkoſte und ihm zuzureden ſchien. Hier blieb es ſtöhnend und wehklagend, bis die Fänger ſeine gefeſſelte Mutter ſich ſelbſt überlaſſen hatten. Dann kehrte es augenblicklich zu dieſer zurück. Da es aber wieder ſtörend wurde und jeden Vorbei- gehenden angriff, ſo wurde es endlich nebſt dem anderen Jungen an einen nahen Baum gebunden. Letzteres hatte ſich übrigens beim Fange ſeiner Alten ganz ebenſo benommen. Die beiden Jungen waren die Luſtigſten der ganzen Geſellſchaft. Jhr Geſchrei nahm kein Ende und Jeden, der in ihre Nähe kam, ſuchten ſie zu packen. Jhre Wendungen erregten ganz beſonders Erſtaunen, da ihr Körper noch ſehr geſchmeidig war. Das Beluſtigendſte war, daß die kleinen Burſchen mitten in all ihrer Noth und Betrübniß doch alles Eßbare, was ihnen zugeworfen wurde, ſchleunigſt ergriffen und dann gleichzeitig brüllten und fraßen.‟
„Unter den letzten, welche eingefangen wurden, befand ſich auch der Landſtreicher. Obgleich er viel wilder war, als die anderen, verband er ſich doch nicht mit ihnen zum Angriff gegen die Ein- friedigung, da ſie ihn einmüthig von ſich trieben und ihn nicht in ihren Kreis aufnahmen. Als er neben einem ſeiner Unglücksgefährten vorbeigeſchleppt wurde, ſtürzte er auf ihn zu und ſuchte ihn mit ſeinen Zähnen zu durchbohren. Dies war auch das einzige Beiſpiel von Böswilligkeit, welches ſich während dieſes Vorfalls im Corral zeigte. Als er überwältigt war, zeigte er ſich erſt lärmend und ungeſtüm, legte ſich aber bald friedlich nieder, — ein Zeichen, wie die Jäger ſagten, daß ſein Ende nahe war. Etwa zwölf Stunden lang deckte er ſich noch ununterbrochen mit Staub, wie die anderen, und befeuchtete dieſen mit Waſſer aus ſeinem Rüſſel; endlich aber lag er erſchöpft da und ſtarb ſo ruhig, daß der Eintritt ſeines Todes nur durch das Heer von ſchwarzen Fliegen bemerklich wurde, von welchem ſein Körper faſt augenblicklich bedeckt wurde, obſchon wenige Minuten vorher nicht eine ſichtbar geweſen. Der Leichnam wurde losgebunden und zwei zahme Elefanten zogen ihn hinaus.‟
„Als endlich ſämmtliche Elefanten gefeſſelt waren, vernahm man aus der Entfernung die Töne einer Flöte. Sie wirkten auf mehr als Einen ganz wunderſam. Die Thiere wandten den Kopf nach der Richtung, wo die Muſik herkam, und ſpannten ihre breiten Ohren: der klägliche Laut beſänf- tigte ſie offenbar. Nur die Jungen brüllten noch nach Freiheit, ſtampften mit den Füßen, blieſen Staubwolken über ihre Schultern, ſchwangen ihre kleinen Rüſſel hoch empor und griffen Jeden an, den ſie erreichen konnten.‟
„Anfangs verſchmähten die älteren Thiere jedes angebotene Futter, traten es unter die Füße und wandten ſich verächtlich ab. Einige konnten, als ſie ruhiger wurden, der Verſuchung eines ſaftigen Bäumchens nicht mehr widerſtehen, ſondern rollten ihn unter den Füßen, bis ſie die zarten Zweige abgelöſt hatten, hoben ſie dann wieder mit ihrem Rüſſel auf und kauten ſie ſorglos.‟
„Wenn die Klugheit, die Ruhe und die Gelehrigkeit der Lockthiere lebhaftes Erſtaunen erregte, ſo mußte man andererſeits auch das würdige Benehmen der Gefangenen bewundern. Jhr ganzes Betragen ſtand im Widerſpruch mit den Schilderungen, welche manche Jäger geben, die ſie als falſch, wild und rachſüchtig darſtellen. Wenn die Thiere freilich von den Gewehren ihrer Verfolger gequält werden, ſo wenden ſie natürlicherweiſe ihre Stärke und ihre Klugheit dazu an, daß ſie zu entkommen oder zu vergelten ſuchen. Hier im Corral aber zeigte jede ihrer Bewegungen von Un- ſchuld und Schüchternheit. Nach einem Kampfe, in welchem ſie keine Neigung zur Gewaltthätigkeit
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Die Elefanten.
Angriff auf die Einfriedigung trabten ſie beide der Herde nach. Standen die anderen ruhig, ſo
liefen ſie den älteren zwiſchen den Beinen umher. Als die Mutter des jüngſten gefangen wurde,
hielt ſich das kleine Geſchöpf neben ihr, bis ſie dicht an den verhängnißvollen Baum gezogen war.
Anfangs waren die Männer von ſeinem Aerger mehr beluſtigt; bald aber fanden ſie, daß es durch-
aus nicht zugab, ſeiner Mutter die zweite Schlinge anzulegen. Es lief dazwiſchen hinein, griff nach
dem Seile, ſtieß und ſchlug ſie mit ſeinem Rüſſel, und ſie mußten es endlich zur Herde zurück-
treiben. Langſam zog es ſich zurück, fortwährend brüllend und ſich bei jedem Schritte umſehend:
dann machte es ſich an das größte Weibchen, das noch unter der Herde war, ſtellte ſich zwiſchen
deſſen Vorderfüße, während dieſes es mit ſeinem Rüſſel liebkoſte und ihm zuzureden ſchien. Hier
blieb es ſtöhnend und wehklagend, bis die Fänger ſeine gefeſſelte Mutter ſich ſelbſt überlaſſen hatten.
Dann kehrte es augenblicklich zu dieſer zurück. Da es aber wieder ſtörend wurde und jeden Vorbei-
gehenden angriff, ſo wurde es endlich nebſt dem anderen Jungen an einen nahen Baum gebunden.
Letzteres hatte ſich übrigens beim Fange ſeiner Alten ganz ebenſo benommen. Die beiden Jungen
waren die Luſtigſten der ganzen Geſellſchaft. Jhr Geſchrei nahm kein Ende und Jeden, der in ihre
Nähe kam, ſuchten ſie zu packen. Jhre Wendungen erregten ganz beſonders Erſtaunen, da ihr
Körper noch ſehr geſchmeidig war. Das Beluſtigendſte war, daß die kleinen Burſchen mitten in all
ihrer Noth und Betrübniß doch alles Eßbare, was ihnen zugeworfen wurde, ſchleunigſt ergriffen
und dann gleichzeitig brüllten und fraßen.‟
„Unter den letzten, welche eingefangen wurden, befand ſich auch der Landſtreicher. Obgleich er
viel wilder war, als die anderen, verband er ſich doch nicht mit ihnen zum Angriff gegen die Ein-
friedigung, da ſie ihn einmüthig von ſich trieben und ihn nicht in ihren Kreis aufnahmen. Als er
neben einem ſeiner Unglücksgefährten vorbeigeſchleppt wurde, ſtürzte er auf ihn zu und ſuchte ihn
mit ſeinen Zähnen zu durchbohren. Dies war auch das einzige Beiſpiel von Böswilligkeit, welches
ſich während dieſes Vorfalls im Corral zeigte. Als er überwältigt war, zeigte er ſich erſt lärmend
und ungeſtüm, legte ſich aber bald friedlich nieder, — ein Zeichen, wie die Jäger ſagten, daß ſein
Ende nahe war. Etwa zwölf Stunden lang deckte er ſich noch ununterbrochen mit Staub, wie die
anderen, und befeuchtete dieſen mit Waſſer aus ſeinem Rüſſel; endlich aber lag er erſchöpft da und
ſtarb ſo ruhig, daß der Eintritt ſeines Todes nur durch das Heer von ſchwarzen Fliegen bemerklich
wurde, von welchem ſein Körper faſt augenblicklich bedeckt wurde, obſchon wenige Minuten vorher
nicht eine ſichtbar geweſen. Der Leichnam wurde losgebunden und zwei zahme Elefanten zogen ihn
hinaus.‟
„Als endlich ſämmtliche Elefanten gefeſſelt waren, vernahm man aus der Entfernung die Töne
einer Flöte. Sie wirkten auf mehr als Einen ganz wunderſam. Die Thiere wandten den Kopf nach
der Richtung, wo die Muſik herkam, und ſpannten ihre breiten Ohren: der klägliche Laut beſänf-
tigte ſie offenbar. Nur die Jungen brüllten noch nach Freiheit, ſtampften mit den Füßen, blieſen
Staubwolken über ihre Schultern, ſchwangen ihre kleinen Rüſſel hoch empor und griffen Jeden an,
den ſie erreichen konnten.‟
„Anfangs verſchmähten die älteren Thiere jedes angebotene Futter, traten es unter die Füße
und wandten ſich verächtlich ab. Einige konnten, als ſie ruhiger wurden, der Verſuchung eines
ſaftigen Bäumchens nicht mehr widerſtehen, ſondern rollten ihn unter den Füßen, bis ſie die zarten
Zweige abgelöſt hatten, hoben ſie dann wieder mit ihrem Rüſſel auf und kauten ſie ſorglos.‟
„Wenn die Klugheit, die Ruhe und die Gelehrigkeit der Lockthiere lebhaftes Erſtaunen erregte,
ſo mußte man andererſeits auch das würdige Benehmen der Gefangenen bewundern. Jhr ganzes
Betragen ſtand im Widerſpruch mit den Schilderungen, welche manche Jäger geben, die ſie als
falſch, wild und rachſüchtig darſtellen. Wenn die Thiere freilich von den Gewehren ihrer Verfolger
gequält werden, ſo wenden ſie natürlicherweiſe ihre Stärke und ihre Klugheit dazu an, daß ſie zu
entkommen oder zu vergelten ſuchen. Hier im Corral aber zeigte jede ihrer Bewegungen von Un-
ſchuld und Schüchternheit. Nach einem Kampfe, in welchem ſie keine Neigung zur Gewaltthätigkeit
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 707. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/745>, abgerufen am 20.07.2024.
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