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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Die Nager.
frei im Hauſe umherlaufen laſſen kann. Seine Gleichmüthigkeit läßt ihn die Gefangenſchaft vergeſſen
und macht ihn mit ſeinem Looſe bald zufrieden, wenigſtens kommt er nie auf den Gedanken, zu ent-
fliehen. Auf Vandiemensland ſoll er der gewöhnliche Genoſſe der Fiſcher ſein und an den Hütten
umherlaufen, frei wie ein Hund. Doch darf man deshalb nicht glauben, daß er ſich jemals mit
ſeinem Pfleger befreunde. Der Menſch iſt ihm vielmehr eben ſo gleichgiltig, als die ganze übrige
Welt. Wenn er zu freſſen hat, kümmert er ſich um Nichts, was um ihn her vorgeht; jeder Ort iſt
ihm dann recht und jede Gegend genehm.

Bei uns zu Lande ernährt man den ſtummen, geiſtig theilnahmloſen Geſellen mit grünem
Futter, Möhren, Rüben, Früchten, Körnern und Getreide ohne Mühe, und wenn man ihm etwas
Milch geben will, verſchafft man ihm noch einen beſonderen Genuß. Zu viel von dieſer, den meiſten
Thieren höchſt angenehmen Flüſſigkeit darf man ihm freilich nicht vorſetzen, denn ſonſt kommt er, wie
engliſche Naturforſcher erfahren mußten, einmal auch wohl auf den Gedanken, gleich in den Milch-
napf ſich zu legen und hier ein Bad zu nehmen. Jn England hat man die Thiere bereits zur Fort-
pflanzung gebracht und dabei beobachten können, daß das Weibchen drei bis vier Junge wirft und
ſie, wenigſtens ſolange ſie noch im Beutel ſich befinden, mit großer Sorgfalt und Liebe pflegt und
erzieht. Ob dieſe Verſuche berechtigen, den Wombat auf die Liſte der bei uns einzubürgernden
Thiere zu ſetzen, wie die Franzoſen es gethan haben, überlaſſe ich dem Urtheil meiner Leſer. Jn
Auſtralien hält man allerdings das Fleiſch des Wombat für wohlſchmeckend und benutzt auch ſein Fell,
bei uns zu Lande dürfte aber weder das Eine noch das Andere gerade als beſonders werthvoll
betrachtet werden.



Siebente Ordnung.
Die Rager (Rodentia).

Jn der dritten großen Gruppe der Krallenthiere ſehen wir wieder ein durchaus in ſich abge-
ſchloſſenes Ganze vor uns. Die Nager tragen ihren Namen faſt noch mit größerem Rechte, als die
Raubthiere den ihrigen; denn man braucht ihnen blos in den Mund zu ſehen, um ſie ſofort und
unzweifelhaft als Das zu erkennen, was ſie ſind. Zwei große Nagezähne in beiden Kiefern, welche
nicht blos die Schneidezähne vertreten, ſondern auch die Eck-, und oft ſogar die Lückzähne zu erſetzen
ſcheinen, ſind das Allen gemeinſame Merkmal, und dieſe Nagezähne ſind ſo hervorragend, daß ſie
unmöglich überſehen werden können.

Ueber die äußere Leibesgeſtalt der Nager läßt ſich im allgemeinen nicht viel ſagen; denn die
Ordnung, welche ſehr zahlreich iſt an Familien und Arten, zeigt die allerverſchiedenſten Körper-
formen. Der Leib iſt bald ſchlank und geſtreckt, bald kurz und gedrungen, bald mit weichem Fell,
bald mit Stacheln bekleidet; er trägt bei Dieſen einen längeren Schwanz, bei Jenen blos einen
Schwanzſtummel; die Ohren zeigen alle Formen und Größen; die Gliedmaßen ſind entweder Gang-,
oder Flatter- oder Springbeine; es finden ſich Pinſel an den Ohren oder Haarzeilen am Schwanze:
kurz, der Unterſchiede zwiſchen den verſchiedenen Thieren gibt es gar mancherlei. Als allgemeingiltige
Kennzeichen der ganzen Ordnung kann man aber doch etwa folgende annehmen. Der Körper iſt in
den meiſten Fällen walzig und ruht auf niederen Beinen von gewöhnlich gleicher Länge, der Kopf

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/73>, abgerufen am 02.01.2025.