freut. Wenn der Wanderer zufällig oder der Jäger auf seinem vorsichtigen Schleichgange bei Tage an die Herde herankommt, findet er sie in der größten Ruhe und Gemüthlichkeit bei einander stehen. Jhre ganze Erscheinung ist geeignet, alle die Erzählungen von ihrer Boshaftigkeit, Wildheit und Rach- sucht zu widerlegen. Jm Schatten des Waldes hat sich die Herde in den verschiedenartigsten Stel- lungen gelagert oder aufgestellt. Einige brechen mit dem Rüssel Blätter und Zweige von den Bäu- men, andere fächeln sich mit Blattfächern, die sie abbrechen, und einige liegen und schlafen, während die jungen, spiellustigen unter der Herde umherlaufen, das anmuthigste Bild von Unschuld, wie die Alten das der Friedfertigkeit und des Ernstes gebend. Dabei bemerkt man, daß jeder Elefant, wie es die zahmen auch thun, in einer sonderbaren Bewegung sich befindet. Einige bewegen ihr Haupt eintönig in einem Kreise herum oder in Bogen von der rechten zur linken Hand, andere schwingen einen ihrer Füße vor- und rückwärts, andere schlagen ihre Ohren an das Haupt oder bewegen sie hin und her, andere erheben oder senken in gleichen Zeiträumen ihre Vorderfüße auf und nieder. Mehrere Reisebeschreiber haben geglaubt, daß diese sonderbaren Bewegungen, welche man alle auch an den Gefangenen beobachten kann, nur eine Folge von der langen Seereise wäre. Sie haben aber nie- mals Elefanten in der Wildniß gesehen. Sobald eine Herde von Menschen überrascht wird oder sie auch nur wittert, entflieht die ganze Gesellschaft furchtsam in die Tiefe des Waldes, gewöhnlich auf einen der von ihr gebahnten Pfade."
Für Afrika gilt hinsichtlich des Aufenthaltes Dasselbe. Jn den Bogosländern habe ich die Losung der Elefanten noch in Höhen von 5000 bis 6000 Fuß gefunden und von den Eingeborenen erfahren, daß in den benachbarten Hamaseen die Elefanten regelmäßig auf den höchsten Bergen, also bis zu 8000 bis 10,000 Fuß über dem Meere vorkommen. Von der Decken fand bei seiner Besteigung des Kilimandscharo noch in einer Höhe von fast 9000 Fuß über dem Meere Spuren unserer Dickhäuter.
Elefantenwege bemerkt man in allen dichteren Wäldern, wo die Thiere sich aufhalten. Sie lau- fen gewöhnlich von der Höhe zum Wasser herab und nur selten findet man Pfade, welche die übrigen durchkreuzen. Jn allen größeren Urwaldungen zu beiden Seiten des oberen blauen Nil kann man, wie schon einmal bemerkt, nur auf diesen Wegen in den Urwald eindringen, und dort sind die Ele- fanten geradezu als Straßenbauer anzusehen. Das leitende Mitglied einer Herde geht ruhig durch den Wald, unbekümmert um das Unterholz, welches er unter seinen breiten Füßen zusammentritt, unbekümmert auch um die Aeste, welche von stärkeren Bäumen herabhängen, denn diese werden ein- fach mit dem Rüssel abgebrochen und bis auf die stärkeren Theile verspeist. Auf freien, sandigen oder auch staubigen Flächen des Waldes scheint die Elefantenherde gewöhnlich Rast zu halten und ein Staubbad zu nehmen, wie die Hühner es thun. Jch beobachtete an solchen Orten tiefe, der Größe des Elefanten entsprechende Kessel, welche wahrscheinlich mit Hilfe der Stoßzähne ausgewühlt worden waren und deutlich zeigten, daß die gewaltigen Thiere hier sich gepaddelt hatten. Alle Elefantenwege sind von denen anderer Thiere leicht zu unterscheiden an der Losung der Elefanten selbst, welche ich, weil sie es verdient, weiter unten beschreiben werde. Jn bergigen Gegenden werden die Wege mit einer Klugheit angelegt, welche selbst menschliche Straßenbauer in Erstaunen setzen. Tennent er- fuhr von englischen Baumeistern, daß die Elefanten, wenn sie Gebirge überschreiten, stets die am günstigsten gelegenen Sättel auszuwählen und alle Regeln zur Ueberwindung bedeutender Steilungen aufs geschickteste zu benutzen verstehen. Es ist eine bemerkenswerthe Thatsache, daß solche Wege selbst über Gebirge verlaufen, in denen gewöhnliche Pferde unbesiegbare Hindernisse finden würden. Genau das Gleiche gilt für die Bogosländer. Hier haben sich die Elefanten immer die günstigsten Pässe des Gebirges, welche weit und breit zu finden sind, zu ihren Wegen ausgesucht und diese mit wunderbarer Klugheit benutzt. Jm Mensagebirg durchkreuzen die Elefantenwege nur da das Haupt- thal, wo von beiden Seiten her Querthäler einmünden. Sie steigen in den Querthälern so hoch als möglich aufwärts und dann im Zickzack vollends bis zum Kamm empor; von hier aus führt der Weg in umgekehrter Weise nach unten.
Die Vielhufer oder Dickhäuter. — Die Elefanten.
freut. Wenn der Wanderer zufällig oder der Jäger auf ſeinem vorſichtigen Schleichgange bei Tage an die Herde herankommt, findet er ſie in der größten Ruhe und Gemüthlichkeit bei einander ſtehen. Jhre ganze Erſcheinung iſt geeignet, alle die Erzählungen von ihrer Boshaftigkeit, Wildheit und Rach- ſucht zu widerlegen. Jm Schatten des Waldes hat ſich die Herde in den verſchiedenartigſten Stel- lungen gelagert oder aufgeſtellt. Einige brechen mit dem Rüſſel Blätter und Zweige von den Bäu- men, andere fächeln ſich mit Blattfächern, die ſie abbrechen, und einige liegen und ſchlafen, während die jungen, ſpielluſtigen unter der Herde umherlaufen, das anmuthigſte Bild von Unſchuld, wie die Alten das der Friedfertigkeit und des Ernſtes gebend. Dabei bemerkt man, daß jeder Elefant, wie es die zahmen auch thun, in einer ſonderbaren Bewegung ſich befindet. Einige bewegen ihr Haupt eintönig in einem Kreiſe herum oder in Bogen von der rechten zur linken Hand, andere ſchwingen einen ihrer Füße vor- und rückwärts, andere ſchlagen ihre Ohren an das Haupt oder bewegen ſie hin und her, andere erheben oder ſenken in gleichen Zeiträumen ihre Vorderfüße auf und nieder. Mehrere Reiſebeſchreiber haben geglaubt, daß dieſe ſonderbaren Bewegungen, welche man alle auch an den Gefangenen beobachten kann, nur eine Folge von der langen Seereiſe wäre. Sie haben aber nie- mals Elefanten in der Wildniß geſehen. Sobald eine Herde von Menſchen überraſcht wird oder ſie auch nur wittert, entflieht die ganze Geſellſchaft furchtſam in die Tiefe des Waldes, gewöhnlich auf einen der von ihr gebahnten Pfade.‟
Für Afrika gilt hinſichtlich des Aufenthaltes Daſſelbe. Jn den Bogosländern habe ich die Loſung der Elefanten noch in Höhen von 5000 bis 6000 Fuß gefunden und von den Eingeborenen erfahren, daß in den benachbarten Hamaſeen die Elefanten regelmäßig auf den höchſten Bergen, alſo bis zu 8000 bis 10,000 Fuß über dem Meere vorkommen. Von der Decken fand bei ſeiner Beſteigung des Kilimandſcharo noch in einer Höhe von faſt 9000 Fuß über dem Meere Spuren unſerer Dickhäuter.
Elefantenwege bemerkt man in allen dichteren Wäldern, wo die Thiere ſich aufhalten. Sie lau- fen gewöhnlich von der Höhe zum Waſſer herab und nur ſelten findet man Pfade, welche die übrigen durchkreuzen. Jn allen größeren Urwaldungen zu beiden Seiten des oberen blauen Nil kann man, wie ſchon einmal bemerkt, nur auf dieſen Wegen in den Urwald eindringen, und dort ſind die Ele- fanten geradezu als Straßenbauer anzuſehen. Das leitende Mitglied einer Herde geht ruhig durch den Wald, unbekümmert um das Unterholz, welches er unter ſeinen breiten Füßen zuſammentritt, unbekümmert auch um die Aeſte, welche von ſtärkeren Bäumen herabhängen, denn dieſe werden ein- fach mit dem Rüſſel abgebrochen und bis auf die ſtärkeren Theile verſpeiſt. Auf freien, ſandigen oder auch ſtaubigen Flächen des Waldes ſcheint die Elefantenherde gewöhnlich Raſt zu halten und ein Staubbad zu nehmen, wie die Hühner es thun. Jch beobachtete an ſolchen Orten tiefe, der Größe des Elefanten entſprechende Keſſel, welche wahrſcheinlich mit Hilfe der Stoßzähne ausgewühlt worden waren und deutlich zeigten, daß die gewaltigen Thiere hier ſich gepaddelt hatten. Alle Elefantenwege ſind von denen anderer Thiere leicht zu unterſcheiden an der Loſung der Elefanten ſelbſt, welche ich, weil ſie es verdient, weiter unten beſchreiben werde. Jn bergigen Gegenden werden die Wege mit einer Klugheit angelegt, welche ſelbſt menſchliche Straßenbauer in Erſtaunen ſetzen. Tennent er- fuhr von engliſchen Baumeiſtern, daß die Elefanten, wenn ſie Gebirge überſchreiten, ſtets die am günſtigſten gelegenen Sättel auszuwählen und alle Regeln zur Ueberwindung bedeutender Steilungen aufs geſchickteſte zu benutzen verſtehen. Es iſt eine bemerkenswerthe Thatſache, daß ſolche Wege ſelbſt über Gebirge verlaufen, in denen gewöhnliche Pferde unbeſiegbare Hinderniſſe finden würden. Genau das Gleiche gilt für die Bogosländer. Hier haben ſich die Elefanten immer die günſtigſten Päſſe des Gebirges, welche weit und breit zu finden ſind, zu ihren Wegen ausgeſucht und dieſe mit wunderbarer Klugheit benutzt. Jm Menſagebirg durchkreuzen die Elefantenwege nur da das Haupt- thal, wo von beiden Seiten her Querthäler einmünden. Sie ſteigen in den Querthälern ſo hoch als möglich aufwärts und dann im Zickzack vollends bis zum Kamm empor; von hier aus führt der Weg in umgekehrter Weiſe nach unten.
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Die Vielhufer oder Dickhäuter. — Die Elefanten.
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an die Herde herankommt, findet er ſie in der größten Ruhe und Gemüthlichkeit bei einander ſtehen.
Jhre ganze Erſcheinung iſt geeignet, alle die Erzählungen von ihrer Boshaftigkeit, Wildheit und Rach-
ſucht zu widerlegen. Jm Schatten des Waldes hat ſich die Herde in den verſchiedenartigſten Stel-
lungen gelagert oder aufgeſtellt. Einige brechen mit dem Rüſſel Blätter und Zweige von den Bäu-
men, andere fächeln ſich mit Blattfächern, die ſie abbrechen, und einige liegen und ſchlafen, während
die jungen, ſpielluſtigen unter der Herde umherlaufen, das anmuthigſte Bild von Unſchuld, wie die
Alten das der Friedfertigkeit und des Ernſtes gebend. Dabei bemerkt man, daß jeder Elefant, wie
es die zahmen auch thun, in einer ſonderbaren Bewegung ſich befindet. Einige bewegen ihr Haupt
eintönig in einem Kreiſe herum oder in Bogen von der rechten zur linken Hand, andere ſchwingen
einen ihrer Füße vor- und rückwärts, andere ſchlagen ihre Ohren an das Haupt oder bewegen ſie hin
und her, andere erheben oder ſenken in gleichen Zeiträumen ihre Vorderfüße auf und nieder. Mehrere
Reiſebeſchreiber haben geglaubt, daß dieſe ſonderbaren Bewegungen, welche man alle auch an den
Gefangenen beobachten kann, nur eine Folge von der langen Seereiſe wäre. Sie haben aber nie-
mals Elefanten in der Wildniß geſehen. Sobald eine Herde von Menſchen überraſcht wird oder ſie
auch nur wittert, entflieht die ganze Geſellſchaft furchtſam in die Tiefe des Waldes, gewöhnlich auf
einen der von ihr gebahnten Pfade.‟
Für Afrika gilt hinſichtlich des Aufenthaltes Daſſelbe. Jn den Bogosländern habe ich die
Loſung der Elefanten noch in Höhen von 5000 bis 6000 Fuß gefunden und von den Eingeborenen
erfahren, daß in den benachbarten Hamaſeen die Elefanten regelmäßig auf den höchſten Bergen,
alſo bis zu 8000 bis 10,000 Fuß über dem Meere vorkommen. Von der Decken fand bei ſeiner
Beſteigung des Kilimandſcharo noch in einer Höhe von faſt 9000 Fuß über dem Meere Spuren
unſerer Dickhäuter.
Elefantenwege bemerkt man in allen dichteren Wäldern, wo die Thiere ſich aufhalten. Sie lau-
fen gewöhnlich von der Höhe zum Waſſer herab und nur ſelten findet man Pfade, welche die übrigen
durchkreuzen. Jn allen größeren Urwaldungen zu beiden Seiten des oberen blauen Nil kann man,
wie ſchon einmal bemerkt, nur auf dieſen Wegen in den Urwald eindringen, und dort ſind die Ele-
fanten geradezu als Straßenbauer anzuſehen. Das leitende Mitglied einer Herde geht ruhig durch
den Wald, unbekümmert um das Unterholz, welches er unter ſeinen breiten Füßen zuſammentritt,
unbekümmert auch um die Aeſte, welche von ſtärkeren Bäumen herabhängen, denn dieſe werden ein-
fach mit dem Rüſſel abgebrochen und bis auf die ſtärkeren Theile verſpeiſt. Auf freien, ſandigen
oder auch ſtaubigen Flächen des Waldes ſcheint die Elefantenherde gewöhnlich Raſt zu halten und ein
Staubbad zu nehmen, wie die Hühner es thun. Jch beobachtete an ſolchen Orten tiefe, der Größe
des Elefanten entſprechende Keſſel, welche wahrſcheinlich mit Hilfe der Stoßzähne ausgewühlt worden
waren und deutlich zeigten, daß die gewaltigen Thiere hier ſich gepaddelt hatten. Alle Elefantenwege
ſind von denen anderer Thiere leicht zu unterſcheiden an der Loſung der Elefanten ſelbſt, welche ich,
weil ſie es verdient, weiter unten beſchreiben werde. Jn bergigen Gegenden werden die Wege mit
einer Klugheit angelegt, welche ſelbſt menſchliche Straßenbauer in Erſtaunen ſetzen. Tennent er-
fuhr von engliſchen Baumeiſtern, daß die Elefanten, wenn ſie Gebirge überſchreiten, ſtets die am
günſtigſten gelegenen Sättel auszuwählen und alle Regeln zur Ueberwindung bedeutender Steilungen
aufs geſchickteſte zu benutzen verſtehen. Es iſt eine bemerkenswerthe Thatſache, daß ſolche Wege
ſelbſt über Gebirge verlaufen, in denen gewöhnliche Pferde unbeſiegbare Hinderniſſe finden würden.
Genau das Gleiche gilt für die Bogosländer. Hier haben ſich die Elefanten immer die günſtigſten
Päſſe des Gebirges, welche weit und breit zu finden ſind, zu ihren Wegen ausgeſucht und dieſe mit
wunderbarer Klugheit benutzt. Jm Menſagebirg durchkreuzen die Elefantenwege nur da das Haupt-
thal, wo von beiden Seiten her Querthäler einmünden. Sie ſteigen in den Querthälern ſo hoch als
möglich aufwärts und dann im Zickzack vollends bis zum Kamm empor; von hier aus führt der
Weg in umgekehrter Weiſe nach unten.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 690. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/726>, abgerufen am 19.07.2024.
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