Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Elefanten.

Beide Elefantenarten, die afrikanische sowohl als die indische, waren den alten Völkern wohl-
bekannt. Bereits die alten Aethiopier trieben einen lebhaften Handel mit dem Elfenbein, dessen
Namen später zu dem des Elefanten wurde. Erst Herodot meint unter dem Namen "Elephas"
wirklich das Thier. Ktesias, der Leibarzt von Artaxerxes von Nemon, war der erste Grieche, welcher einen
Elefanten nach eigener Anschanung beschrieb. Er sah einen lebenden in Babylon, wohin er wahr-
scheinlich aus Jndien gekommen war. Er war es auch, welcher zuerst das Märchen verbreitete, daß
der Elefant keine Gelenke in den Beinen habe, weder sich legen noch aufstehen könne und deshalb
stehend schlafen müsse. Darius ist geschichtlich der Erste, welcher die Elefanten in der Schlacht ver-
wendete. Er gebrauchte sie gegen Alexander den Großen. Von den durch Alexander erbeuteten
Elefanten bekam Aristoteles einige zu Gesicht und konnte nunmehr das Thier ziemlich genau be-
schreiben. Von dieser Zeit an kommen die Elefanten oft in der Geschichte vor. Fast 300 Jahre
nach einander werden sie in den endlosen Kriegen gebraucht, welche die verschiedenen Völker um die
Weltherrschaft führen, bis die Römer endlich siegreich aus den Kämpfen hervorgehen. Sogar nach
Europa werden sie übergeführt und in italienischen Feldzügen gebraucht. Neben den indischen Elefan-
ten aber wurden auch afrikanische gebraucht und namentlich die Karthager verstanden es, diese Thiere,
welche die Neuzeit für unzähmbar erklären wollte, zum Krieg abzurichten und ganz in derselben
Weise zu verwenden, wie die indischen. Die afrikanischen Elefanten leisteten den Karthagern vor-
treffliche Dienste. Sie waren gegen die Menschen außerordentlich tapfer, nur nicht gegen andere
Elefanten.

Die Römer brauchten ihre Elefanten hauptsächlich zu den Kampfspielen und schon ihnen haben
wir die Schuld zuzuschreiben, daß die Thiere im Norden des Atlas ausgerottet wurden. Wie weit
die afrikanischen Elefanten abgerichtet wurden, mag daraus hervorgehen, daß die römischen Schau-
spieler sie gelehrt hatten, Buchstaben mit einem Griffel zu zeichnen, auf einem schräg gespannten
Seile auf- und abzugehen, zu Viert auf einer Senfte einen Fünften zu tragen, welcher den Kranken
vorstellte, nach dem Takt zu tanzen, von einer prächtig besetzten Tafel aus Gold- und Silbergeschirr
mit aller Beobachtung der feinen Sitte und des Anstandes zu speisen etc.

Soviel Gelegenheit nun auch die Alten hatten, Elefanten im Leben zu beobachten, so wenig zu-
verlässig sind die Beschreibungen, welche auf uns gekommen sind. Sonderbarerweise haben sich manche
Märchen und Fabeln hartnäckig erhalten, und eigentlich kennen wir erst seit der allerneuesten Zeit die
Elefanten wirklich. Unter allen Beobachtern, welche über diese merkwürdigen und edlen Geschöpfe
geschrieben haben, müssen wir die beiden genannten Forscher als die zuverlässigsten bezeichnen, und
deshalb werde ich ihre Arbeiten meiner Beschreibung hauptsächlich zu Grunde legen. Da der indische
Elefant ohnehin weit bekannter ist, als der afrikanische, fasse ich diesen vorzugsweise ins Auge, ohne
dabei den afrikanischen zu vergessen, oder auch nur zu beeinträchtigen.

Jn den angegebenen Ländern findet man die Elefanten in jeder größeren Waldung. Je reicher
eine solche an Wasser ist und jemehr sie dadurch zum eigentlichen Urwalde wird, umsomehr Elefanten
enthält sie. Allein man würde sich irren, wenn man glauben wollte, daß nur derartige Wälder der
Aufenthaltsort unserer Thiere seien. Es ist behauptet worden, daß der Riese unter den Säuge-
thieren die Kühle und die Höhe scheue. Gewissenhafte Beobachtungen haben Dies jedoch widerlegt.
Auf Ceylon sind gerade die hügeligen und bergigen Gegenden die Lieblingsplätze der Elefanten.

"Jn Uvah," sagt Tennent, "wo die Hochebenen oft mit Reif überzogen sind, finden sich die
Elefanten noch in Höhen von mehr als 8000 Fuß über dem Meere in Herden, während der Jäger in
den Dschungeln der Tiefe vergeblich nach ihnen suchen wird. Keine Höhe scheint ihnen zu luftig oder
zu frostig, vorausgesetzt nur, daß sie Wasser im Ueberflusse enthalte. Der gewöhnlichen Meinung
entgegen meidet der Elefant das Sonnenlicht so viel als möglich und bringt deshalb den Tag in den
dichtesten Gegenden des Waldes zu, während er gerade die kühle, dunkele Nacht zu seinen Ausflügen
erwählt. Er ist, wie alle Dickhäuter, mehr Nacht- als Tagethier und wenn er auch bei Tag ab
und zu weidet, ist doch die stille, ruhige Nacht die eigentliche Zeit, in welcher er sich seines Lebens

Brehm, Thierleben. II. 44
Die Elefanten.

Beide Elefantenarten, die afrikaniſche ſowohl als die indiſche, waren den alten Völkern wohl-
bekannt. Bereits die alten Aethiopier trieben einen lebhaften Handel mit dem Elfenbein, deſſen
Namen ſpäter zu dem des Elefanten wurde. Erſt Herodot meint unter dem Namen „Elephas‟
wirklich das Thier. Kteſias, der Leibarzt von Artaxerxes von Nemon, war der erſte Grieche, welcher einen
Elefanten nach eigener Anſchanung beſchrieb. Er ſah einen lebenden in Babylon, wohin er wahr-
ſcheinlich aus Jndien gekommen war. Er war es auch, welcher zuerſt das Märchen verbreitete, daß
der Elefant keine Gelenke in den Beinen habe, weder ſich legen noch aufſtehen könne und deshalb
ſtehend ſchlafen müſſe. Darius iſt geſchichtlich der Erſte, welcher die Elefanten in der Schlacht ver-
wendete. Er gebrauchte ſie gegen Alexander den Großen. Von den durch Alexander erbeuteten
Elefanten bekam Ariſtoteles einige zu Geſicht und konnte nunmehr das Thier ziemlich genau be-
ſchreiben. Von dieſer Zeit an kommen die Elefanten oft in der Geſchichte vor. Faſt 300 Jahre
nach einander werden ſie in den endloſen Kriegen gebraucht, welche die verſchiedenen Völker um die
Weltherrſchaft führen, bis die Römer endlich ſiegreich aus den Kämpfen hervorgehen. Sogar nach
Europa werden ſie übergeführt und in italieniſchen Feldzügen gebraucht. Neben den indiſchen Elefan-
ten aber wurden auch afrikaniſche gebraucht und namentlich die Karthager verſtanden es, dieſe Thiere,
welche die Neuzeit für unzähmbar erklären wollte, zum Krieg abzurichten und ganz in derſelben
Weiſe zu verwenden, wie die indiſchen. Die afrikaniſchen Elefanten leiſteten den Karthagern vor-
treffliche Dienſte. Sie waren gegen die Menſchen außerordentlich tapfer, nur nicht gegen andere
Elefanten.

Die Römer brauchten ihre Elefanten hauptſächlich zu den Kampfſpielen und ſchon ihnen haben
wir die Schuld zuzuſchreiben, daß die Thiere im Norden des Atlas ausgerottet wurden. Wie weit
die afrikaniſchen Elefanten abgerichtet wurden, mag daraus hervorgehen, daß die römiſchen Schau-
ſpieler ſie gelehrt hatten, Buchſtaben mit einem Griffel zu zeichnen, auf einem ſchräg geſpannten
Seile auf- und abzugehen, zu Viert auf einer Senfte einen Fünften zu tragen, welcher den Kranken
vorſtellte, nach dem Takt zu tanzen, von einer prächtig beſetzten Tafel aus Gold- und Silbergeſchirr
mit aller Beobachtung der feinen Sitte und des Anſtandes zu ſpeiſen ꝛc.

Soviel Gelegenheit nun auch die Alten hatten, Elefanten im Leben zu beobachten, ſo wenig zu-
verläſſig ſind die Beſchreibungen, welche auf uns gekommen ſind. Sonderbarerweiſe haben ſich manche
Märchen und Fabeln hartnäckig erhalten, und eigentlich kennen wir erſt ſeit der allerneueſten Zeit die
Elefanten wirklich. Unter allen Beobachtern, welche über dieſe merkwürdigen und edlen Geſchöpfe
geſchrieben haben, müſſen wir die beiden genannten Forſcher als die zuverläſſigſten bezeichnen, und
deshalb werde ich ihre Arbeiten meiner Beſchreibung hauptſächlich zu Grunde legen. Da der indiſche
Elefant ohnehin weit bekannter iſt, als der afrikaniſche, faſſe ich dieſen vorzugsweiſe ins Auge, ohne
dabei den afrikaniſchen zu vergeſſen, oder auch nur zu beeinträchtigen.

Jn den angegebenen Ländern findet man die Elefanten in jeder größeren Waldung. Je reicher
eine ſolche an Waſſer iſt und jemehr ſie dadurch zum eigentlichen Urwalde wird, umſomehr Elefanten
enthält ſie. Allein man würde ſich irren, wenn man glauben wollte, daß nur derartige Wälder der
Aufenthaltsort unſerer Thiere ſeien. Es iſt behauptet worden, daß der Rieſe unter den Säuge-
thieren die Kühle und die Höhe ſcheue. Gewiſſenhafte Beobachtungen haben Dies jedoch widerlegt.
Auf Ceylon ſind gerade die hügeligen und bergigen Gegenden die Lieblingsplätze der Elefanten.

„Jn Uvah,‟ ſagt Tennent, „wo die Hochebenen oft mit Reif überzogen ſind, finden ſich die
Elefanten noch in Höhen von mehr als 8000 Fuß über dem Meere in Herden, während der Jäger in
den Dſchungeln der Tiefe vergeblich nach ihnen ſuchen wird. Keine Höhe ſcheint ihnen zu luftig oder
zu froſtig, vorausgeſetzt nur, daß ſie Waſſer im Ueberfluſſe enthalte. Der gewöhnlichen Meinung
entgegen meidet der Elefant das Sonnenlicht ſo viel als möglich und bringt deshalb den Tag in den
dichteſten Gegenden des Waldes zu, während er gerade die kühle, dunkele Nacht zu ſeinen Ausflügen
erwählt. Er iſt, wie alle Dickhäuter, mehr Nacht- als Tagethier und wenn er auch bei Tag ab
und zu weidet, iſt doch die ſtille, ruhige Nacht die eigentliche Zeit, in welcher er ſich ſeines Lebens

Brehm, Thierleben. II. 44
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0725" n="689"/>
              <fw place="top" type="header">Die Elefanten.</fw><lb/>
              <p>Beide Elefantenarten, die afrikani&#x017F;che &#x017F;owohl als die indi&#x017F;che, waren den alten Völkern wohl-<lb/>
bekannt. Bereits die alten Aethiopier trieben einen lebhaften Handel mit dem Elfenbein, de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Namen &#x017F;päter zu dem des Elefanten wurde. Er&#x017F;t <hi rendition="#g">Herodot</hi> meint unter dem Namen <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">&#x201E;Elephas&#x201F;</hi></hi><lb/>
wirklich das Thier. <hi rendition="#g">Kte&#x017F;ias,</hi> der Leibarzt von Artaxerxes von Nemon, war der er&#x017F;te Grieche, welcher einen<lb/>
Elefanten nach eigener An&#x017F;chanung be&#x017F;chrieb. Er &#x017F;ah einen lebenden in Babylon, wohin er wahr-<lb/>
&#x017F;cheinlich aus Jndien gekommen war. Er war es auch, welcher zuer&#x017F;t das Märchen verbreitete, daß<lb/>
der Elefant keine Gelenke in den Beinen habe, weder &#x017F;ich legen noch auf&#x017F;tehen könne und deshalb<lb/>
&#x017F;tehend &#x017F;chlafen mü&#x017F;&#x017F;e. <hi rendition="#g">Darius</hi> i&#x017F;t ge&#x017F;chichtlich der Er&#x017F;te, welcher die Elefanten in der Schlacht ver-<lb/>
wendete. Er gebrauchte &#x017F;ie gegen <hi rendition="#g">Alexander</hi> den Großen. Von den durch Alexander erbeuteten<lb/>
Elefanten bekam <hi rendition="#g">Ari&#x017F;toteles</hi> einige zu Ge&#x017F;icht und konnte nunmehr das Thier ziemlich genau be-<lb/>
&#x017F;chreiben. Von die&#x017F;er Zeit an kommen die Elefanten oft in der Ge&#x017F;chichte vor. Fa&#x017F;t 300 Jahre<lb/>
nach einander werden &#x017F;ie in den endlo&#x017F;en Kriegen gebraucht, welche die ver&#x017F;chiedenen Völker um die<lb/>
Weltherr&#x017F;chaft führen, bis die Römer endlich &#x017F;iegreich aus den Kämpfen hervorgehen. Sogar nach<lb/>
Europa werden &#x017F;ie übergeführt und in italieni&#x017F;chen Feldzügen gebraucht. Neben den indi&#x017F;chen Elefan-<lb/>
ten aber wurden auch afrikani&#x017F;che gebraucht und namentlich die Karthager ver&#x017F;tanden es, die&#x017F;e Thiere,<lb/>
welche die Neuzeit für unzähmbar erklären wollte, zum Krieg abzurichten und ganz in der&#x017F;elben<lb/>
Wei&#x017F;e zu verwenden, wie die indi&#x017F;chen. Die afrikani&#x017F;chen Elefanten lei&#x017F;teten den Karthagern vor-<lb/>
treffliche Dien&#x017F;te. Sie waren gegen die Men&#x017F;chen außerordentlich tapfer, nur nicht gegen andere<lb/>
Elefanten.</p><lb/>
              <p>Die Römer brauchten ihre Elefanten haupt&#x017F;ächlich zu den Kampf&#x017F;pielen und &#x017F;chon ihnen haben<lb/>
wir die Schuld zuzu&#x017F;chreiben, daß die Thiere im Norden des Atlas ausgerottet wurden. Wie weit<lb/>
die afrikani&#x017F;chen Elefanten abgerichtet wurden, mag daraus hervorgehen, daß die römi&#x017F;chen Schau-<lb/>
&#x017F;pieler &#x017F;ie gelehrt hatten, Buch&#x017F;taben mit einem Griffel zu zeichnen, auf einem &#x017F;chräg ge&#x017F;pannten<lb/>
Seile auf- und abzugehen, zu Viert auf einer Senfte einen Fünften zu tragen, welcher den Kranken<lb/>
vor&#x017F;tellte, nach dem Takt zu tanzen, von einer prächtig be&#x017F;etzten Tafel aus Gold- und Silberge&#x017F;chirr<lb/>
mit aller Beobachtung der feinen Sitte und des An&#x017F;tandes zu &#x017F;pei&#x017F;en &#xA75B;c.</p><lb/>
              <p>Soviel Gelegenheit nun auch die Alten hatten, Elefanten im Leben zu beobachten, &#x017F;o wenig zu-<lb/>
verlä&#x017F;&#x017F;ig &#x017F;ind die Be&#x017F;chreibungen, welche auf uns gekommen &#x017F;ind. Sonderbarerwei&#x017F;e haben &#x017F;ich manche<lb/>
Märchen und Fabeln hartnäckig erhalten, und eigentlich kennen wir er&#x017F;t &#x017F;eit der allerneue&#x017F;ten Zeit die<lb/>
Elefanten wirklich. Unter allen Beobachtern, welche über die&#x017F;e merkwürdigen und edlen Ge&#x017F;chöpfe<lb/>
ge&#x017F;chrieben haben, mü&#x017F;&#x017F;en wir die beiden genannten For&#x017F;cher als die zuverlä&#x017F;&#x017F;ig&#x017F;ten bezeichnen, und<lb/>
deshalb werde ich ihre Arbeiten meiner Be&#x017F;chreibung haupt&#x017F;ächlich zu Grunde legen. Da der indi&#x017F;che<lb/>
Elefant ohnehin weit bekannter i&#x017F;t, als der afrikani&#x017F;che, fa&#x017F;&#x017F;e ich die&#x017F;en vorzugswei&#x017F;e ins Auge, ohne<lb/>
dabei den afrikani&#x017F;chen zu verge&#x017F;&#x017F;en, oder auch nur zu beeinträchtigen.</p><lb/>
              <p>Jn den angegebenen Ländern findet man die Elefanten in jeder größeren Waldung. Je reicher<lb/>
eine &#x017F;olche an Wa&#x017F;&#x017F;er i&#x017F;t und jemehr &#x017F;ie dadurch zum eigentlichen Urwalde wird, um&#x017F;omehr Elefanten<lb/>
enthält &#x017F;ie. Allein man würde &#x017F;ich irren, wenn man glauben wollte, daß nur derartige Wälder der<lb/>
Aufenthaltsort un&#x017F;erer Thiere &#x017F;eien. Es i&#x017F;t behauptet worden, daß der Rie&#x017F;e unter den Säuge-<lb/>
thieren die Kühle und die Höhe &#x017F;cheue. Gewi&#x017F;&#x017F;enhafte Beobachtungen haben Dies jedoch widerlegt.<lb/>
Auf Ceylon &#x017F;ind gerade die hügeligen und bergigen Gegenden die Lieblingsplätze der Elefanten.</p><lb/>
              <p>&#x201E;Jn Uvah,&#x201F; &#x017F;agt <hi rendition="#g">Tennent,</hi> &#x201E;wo die Hochebenen oft mit Reif überzogen &#x017F;ind, finden &#x017F;ich die<lb/>
Elefanten noch in Höhen von mehr als 8000 Fuß über dem Meere in Herden, während der Jäger in<lb/>
den D&#x017F;chungeln der Tiefe vergeblich nach ihnen &#x017F;uchen wird. Keine Höhe &#x017F;cheint ihnen zu luftig oder<lb/>
zu fro&#x017F;tig, vorausge&#x017F;etzt nur, daß &#x017F;ie Wa&#x017F;&#x017F;er im Ueberflu&#x017F;&#x017F;e enthalte. Der gewöhnlichen Meinung<lb/>
entgegen meidet der Elefant das Sonnenlicht &#x017F;o viel als möglich und bringt deshalb den Tag in den<lb/>
dichte&#x017F;ten Gegenden des Waldes zu, während er gerade die kühle, dunkele Nacht zu &#x017F;einen Ausflügen<lb/>
erwählt. Er i&#x017F;t, wie alle Dickhäuter, mehr Nacht- als Tagethier und wenn er auch bei Tag ab<lb/>
und zu weidet, i&#x017F;t doch die &#x017F;tille, ruhige Nacht die eigentliche Zeit, in welcher er &#x017F;ich &#x017F;eines Lebens<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Brehm,</hi> Thierleben. <hi rendition="#aq">II.</hi> 44</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[689/0725] Die Elefanten. Beide Elefantenarten, die afrikaniſche ſowohl als die indiſche, waren den alten Völkern wohl- bekannt. Bereits die alten Aethiopier trieben einen lebhaften Handel mit dem Elfenbein, deſſen Namen ſpäter zu dem des Elefanten wurde. Erſt Herodot meint unter dem Namen „Elephas‟ wirklich das Thier. Kteſias, der Leibarzt von Artaxerxes von Nemon, war der erſte Grieche, welcher einen Elefanten nach eigener Anſchanung beſchrieb. Er ſah einen lebenden in Babylon, wohin er wahr- ſcheinlich aus Jndien gekommen war. Er war es auch, welcher zuerſt das Märchen verbreitete, daß der Elefant keine Gelenke in den Beinen habe, weder ſich legen noch aufſtehen könne und deshalb ſtehend ſchlafen müſſe. Darius iſt geſchichtlich der Erſte, welcher die Elefanten in der Schlacht ver- wendete. Er gebrauchte ſie gegen Alexander den Großen. Von den durch Alexander erbeuteten Elefanten bekam Ariſtoteles einige zu Geſicht und konnte nunmehr das Thier ziemlich genau be- ſchreiben. Von dieſer Zeit an kommen die Elefanten oft in der Geſchichte vor. Faſt 300 Jahre nach einander werden ſie in den endloſen Kriegen gebraucht, welche die verſchiedenen Völker um die Weltherrſchaft führen, bis die Römer endlich ſiegreich aus den Kämpfen hervorgehen. Sogar nach Europa werden ſie übergeführt und in italieniſchen Feldzügen gebraucht. Neben den indiſchen Elefan- ten aber wurden auch afrikaniſche gebraucht und namentlich die Karthager verſtanden es, dieſe Thiere, welche die Neuzeit für unzähmbar erklären wollte, zum Krieg abzurichten und ganz in derſelben Weiſe zu verwenden, wie die indiſchen. Die afrikaniſchen Elefanten leiſteten den Karthagern vor- treffliche Dienſte. Sie waren gegen die Menſchen außerordentlich tapfer, nur nicht gegen andere Elefanten. Die Römer brauchten ihre Elefanten hauptſächlich zu den Kampfſpielen und ſchon ihnen haben wir die Schuld zuzuſchreiben, daß die Thiere im Norden des Atlas ausgerottet wurden. Wie weit die afrikaniſchen Elefanten abgerichtet wurden, mag daraus hervorgehen, daß die römiſchen Schau- ſpieler ſie gelehrt hatten, Buchſtaben mit einem Griffel zu zeichnen, auf einem ſchräg geſpannten Seile auf- und abzugehen, zu Viert auf einer Senfte einen Fünften zu tragen, welcher den Kranken vorſtellte, nach dem Takt zu tanzen, von einer prächtig beſetzten Tafel aus Gold- und Silbergeſchirr mit aller Beobachtung der feinen Sitte und des Anſtandes zu ſpeiſen ꝛc. Soviel Gelegenheit nun auch die Alten hatten, Elefanten im Leben zu beobachten, ſo wenig zu- verläſſig ſind die Beſchreibungen, welche auf uns gekommen ſind. Sonderbarerweiſe haben ſich manche Märchen und Fabeln hartnäckig erhalten, und eigentlich kennen wir erſt ſeit der allerneueſten Zeit die Elefanten wirklich. Unter allen Beobachtern, welche über dieſe merkwürdigen und edlen Geſchöpfe geſchrieben haben, müſſen wir die beiden genannten Forſcher als die zuverläſſigſten bezeichnen, und deshalb werde ich ihre Arbeiten meiner Beſchreibung hauptſächlich zu Grunde legen. Da der indiſche Elefant ohnehin weit bekannter iſt, als der afrikaniſche, faſſe ich dieſen vorzugsweiſe ins Auge, ohne dabei den afrikaniſchen zu vergeſſen, oder auch nur zu beeinträchtigen. Jn den angegebenen Ländern findet man die Elefanten in jeder größeren Waldung. Je reicher eine ſolche an Waſſer iſt und jemehr ſie dadurch zum eigentlichen Urwalde wird, umſomehr Elefanten enthält ſie. Allein man würde ſich irren, wenn man glauben wollte, daß nur derartige Wälder der Aufenthaltsort unſerer Thiere ſeien. Es iſt behauptet worden, daß der Rieſe unter den Säuge- thieren die Kühle und die Höhe ſcheue. Gewiſſenhafte Beobachtungen haben Dies jedoch widerlegt. Auf Ceylon ſind gerade die hügeligen und bergigen Gegenden die Lieblingsplätze der Elefanten. „Jn Uvah,‟ ſagt Tennent, „wo die Hochebenen oft mit Reif überzogen ſind, finden ſich die Elefanten noch in Höhen von mehr als 8000 Fuß über dem Meere in Herden, während der Jäger in den Dſchungeln der Tiefe vergeblich nach ihnen ſuchen wird. Keine Höhe ſcheint ihnen zu luftig oder zu froſtig, vorausgeſetzt nur, daß ſie Waſſer im Ueberfluſſe enthalte. Der gewöhnlichen Meinung entgegen meidet der Elefant das Sonnenlicht ſo viel als möglich und bringt deshalb den Tag in den dichteſten Gegenden des Waldes zu, während er gerade die kühle, dunkele Nacht zu ſeinen Ausflügen erwählt. Er iſt, wie alle Dickhäuter, mehr Nacht- als Tagethier und wenn er auch bei Tag ab und zu weidet, iſt doch die ſtille, ruhige Nacht die eigentliche Zeit, in welcher er ſich ſeines Lebens Brehm, Thierleben. II. 44

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/725
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 689. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/725>, abgerufen am 23.11.2024.