mehr nach Art der Springmäuse, d. h. indem sie einen der Hinterfüße nach dem andern, nicht aber beide zu gleicher Zeit bewegt. Dieses Trippeln, wie man es wohl nennen kann, geschieht aber unge- mein rasch und gestattet zugleich dem Thiere eine viel größere Gewandtheit, als die satzweis sprin- genden Kängurus sie an den Tag legen. Die Kängururatte ist schnell, lebendig und sehr behend, sie gleitet und huscht wie ein Schatten über den Boden dahin. Ein geübter Hund fängt sie ohne beson- dere Mühe, der ungeübte Jäger bedroht sie vergeblich, wenn sie einmal ihr Lager verlassen hat. Jn diesem wird sie auch von den Menschen leicht gefangen, da sie ziemlich fest schläft oder ihren ärgsten Feind sehr nahe an sich herankommen läßt, ehe sie aufspringt. Hinsichtlich der Nahrung unterscheidet sich die Kängururatte von den bisher Genannten. Sie gräbt hauptsächlich nach Knollen, Gewächsen und Wurzeln und richtet deshalb in den Feldern manchmal bedeutenden Schaden an.
Das Weibchen bringt bis zwei Junge zur Welt und trägt diese lange Zeit mit sich im Beutel herum, bewacht auch die bereits selbständig gewordenen noch mit großer Zärtlichkeit.
Seit dem Bestehen der Thiergärten kommt die Kängururatte häufig nach Europa. Sie hält sich vortrefflich bei sehr einfacher Nahrung und bedarf durchaus keines besonderen Schutzes. Eine mit Heu ausgepolsterte Kiste oder ein kleines Crdhäuschen genügt ihr vollkommen; gibt man ihr keine
[Abbildung]
Die eigentliche Kängururatte (Hypsiprymnus murinus).
Behausung, so gräbt sie sich selbst ein Lager und füttert dieses, wie in ihrer Heimat, sorgfältig mit Blättern und Heu aus. Das Lager ist fast kugelrund, oben enger, als in der Mitte, sehr glatt ausgekleidet und oben so geschickt bedeckt, daß man unter dem Bündel trockenen Grases schwer- lich eine Thierwohnung vermuthen würde. Erst wenn man die obere Decke weghebt, sieht man die Kängururatte in sich zusammengerollt oder mit anderen ihrer Art verschlungen liegen, doch nur einen Augenblick lang, denn sobald das eindringende Licht die Thiere erweckt, stürmen sie mit einem Satze ins Freie und eilen dann so schnell als möglich davon.
Die Gefangenen unseres Thiergartens erscheinen in den Sommermonaten 11/2 oder 2 Stunden vor Sonnenuntergang und huschen und springen dann äußerst lustig in ihrem Gehege umher. So unwillig sie bei Tage über jede Störung sind, so neugierig kommen sie abends herbei, um Den zu betrachten, welcher an das Gitter ihres Wohnplatzes herantritt. Sie lassen sich dann gern berühren, während sie bei Tage jede derartige Freundschaftsbezeugung durch ein unwilliges Knurren, plötzliches Entgegenspringen und im Nothfall durch Bisse zurückweisen. Die englischen Berichterstatter, welche die Kängururatten in Australien beobachteten, behaupten, daß sie sehr furchtsam wären, ich kann nach meinen Beobachtungen Dies nicht bestätigen, sondern finde eher, daß sie muthiger sind, als die
Die Kängurus, Springbeuller oder Beutelhaſen.
mehr nach Art der Springmäuſe, d. h. indem ſie einen der Hinterfüße nach dem andern, nicht aber beide zu gleicher Zeit bewegt. Dieſes Trippeln, wie man es wohl nennen kann, geſchieht aber unge- mein raſch und geſtattet zugleich dem Thiere eine viel größere Gewandtheit, als die ſatzweis ſprin- genden Kängurus ſie an den Tag legen. Die Kängururatte iſt ſchnell, lebendig und ſehr behend, ſie gleitet und huſcht wie ein Schatten über den Boden dahin. Ein geübter Hund fängt ſie ohne beſon- dere Mühe, der ungeübte Jäger bedroht ſie vergeblich, wenn ſie einmal ihr Lager verlaſſen hat. Jn dieſem wird ſie auch von den Menſchen leicht gefangen, da ſie ziemlich feſt ſchläft oder ihren ärgſten Feind ſehr nahe an ſich herankommen läßt, ehe ſie aufſpringt. Hinſichtlich der Nahrung unterſcheidet ſich die Kängururatte von den bisher Genannten. Sie gräbt hauptſächlich nach Knollen, Gewächſen und Wurzeln und richtet deshalb in den Feldern manchmal bedeutenden Schaden an.
Das Weibchen bringt bis zwei Junge zur Welt und trägt dieſe lange Zeit mit ſich im Beutel herum, bewacht auch die bereits ſelbſtändig gewordenen noch mit großer Zärtlichkeit.
Seit dem Beſtehen der Thiergärten kommt die Kängururatte häufig nach Europa. Sie hält ſich vortrefflich bei ſehr einfacher Nahrung und bedarf durchaus keines beſonderen Schutzes. Eine mit Heu ausgepolſterte Kiſte oder ein kleines Crdhäuschen genügt ihr vollkommen; gibt man ihr keine
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Die eigentliche Kängururatte (Hypsiprymnus murinus).
Behauſung, ſo gräbt ſie ſich ſelbſt ein Lager und füttert dieſes, wie in ihrer Heimat, ſorgfältig mit Blättern und Heu aus. Das Lager iſt faſt kugelrund, oben enger, als in der Mitte, ſehr glatt ausgekleidet und oben ſo geſchickt bedeckt, daß man unter dem Bündel trockenen Graſes ſchwer- lich eine Thierwohnung vermuthen würde. Erſt wenn man die obere Decke weghebt, ſieht man die Kängururatte in ſich zuſammengerollt oder mit anderen ihrer Art verſchlungen liegen, doch nur einen Augenblick lang, denn ſobald das eindringende Licht die Thiere erweckt, ſtürmen ſie mit einem Satze ins Freie und eilen dann ſo ſchnell als möglich davon.
Die Gefangenen unſeres Thiergartens erſcheinen in den Sommermonaten 1½ oder 2 Stunden vor Sonnenuntergang und huſchen und ſpringen dann äußerſt luſtig in ihrem Gehege umher. So unwillig ſie bei Tage über jede Störung ſind, ſo neugierig kommen ſie abends herbei, um Den zu betrachten, welcher an das Gitter ihres Wohnplatzes herantritt. Sie laſſen ſich dann gern berühren, während ſie bei Tage jede derartige Freundſchaftsbezeugung durch ein unwilliges Knurren, plötzliches Entgegenſpringen und im Nothfall durch Biſſe zurückweiſen. Die engliſchen Berichterſtatter, welche die Kängururatten in Auſtralien beobachteten, behaupten, daß ſie ſehr furchtſam wären, ich kann nach meinen Beobachtungen Dies nicht beſtätigen, ſondern finde eher, daß ſie muthiger ſind, als die
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Die Kängurus, Springbeuller oder Beutelhaſen.
mehr nach Art der Springmäuſe, d. h. indem ſie einen der Hinterfüße nach dem andern, nicht aber
beide zu gleicher Zeit bewegt. Dieſes Trippeln, wie man es wohl nennen kann, geſchieht aber unge-
mein raſch und geſtattet zugleich dem Thiere eine viel größere Gewandtheit, als die ſatzweis ſprin-
genden Kängurus ſie an den Tag legen. Die Kängururatte iſt ſchnell, lebendig und ſehr behend, ſie
gleitet und huſcht wie ein Schatten über den Boden dahin. Ein geübter Hund fängt ſie ohne beſon-
dere Mühe, der ungeübte Jäger bedroht ſie vergeblich, wenn ſie einmal ihr Lager verlaſſen hat. Jn
dieſem wird ſie auch von den Menſchen leicht gefangen, da ſie ziemlich feſt ſchläft oder ihren ärgſten
Feind ſehr nahe an ſich herankommen läßt, ehe ſie aufſpringt. Hinſichtlich der Nahrung unterſcheidet
ſich die Kängururatte von den bisher Genannten. Sie gräbt hauptſächlich nach Knollen, Gewächſen
und Wurzeln und richtet deshalb in den Feldern manchmal bedeutenden Schaden an.
Das Weibchen bringt bis zwei Junge zur Welt und trägt dieſe lange Zeit mit ſich im Beutel
herum, bewacht auch die bereits ſelbſtändig gewordenen noch mit großer Zärtlichkeit.
Seit dem Beſtehen der Thiergärten kommt die Kängururatte häufig nach Europa. Sie hält ſich
vortrefflich bei ſehr einfacher Nahrung und bedarf durchaus keines beſonderen Schutzes. Eine mit
Heu ausgepolſterte Kiſte oder ein kleines Crdhäuschen genügt ihr vollkommen; gibt man ihr keine
[Abbildung Die eigentliche Kängururatte (Hypsiprymnus murinus).]
Behauſung, ſo gräbt ſie ſich ſelbſt ein Lager und füttert dieſes, wie in ihrer Heimat, ſorgfältig mit
Blättern und Heu aus. Das Lager iſt faſt kugelrund, oben enger, als in der Mitte, ſehr glatt
ausgekleidet und oben ſo geſchickt bedeckt, daß man unter dem Bündel trockenen Graſes ſchwer-
lich eine Thierwohnung vermuthen würde. Erſt wenn man die obere Decke weghebt, ſieht man die
Kängururatte in ſich zuſammengerollt oder mit anderen ihrer Art verſchlungen liegen, doch nur einen
Augenblick lang, denn ſobald das eindringende Licht die Thiere erweckt, ſtürmen ſie mit einem Satze
ins Freie und eilen dann ſo ſchnell als möglich davon.
Die Gefangenen unſeres Thiergartens erſcheinen in den Sommermonaten 1½ oder 2 Stunden
vor Sonnenuntergang und huſchen und ſpringen dann äußerſt luſtig in ihrem Gehege umher. So
unwillig ſie bei Tage über jede Störung ſind, ſo neugierig kommen ſie abends herbei, um Den zu
betrachten, welcher an das Gitter ihres Wohnplatzes herantritt. Sie laſſen ſich dann gern berühren,
während ſie bei Tage jede derartige Freundſchaftsbezeugung durch ein unwilliges Knurren, plötzliches
Entgegenſpringen und im Nothfall durch Biſſe zurückweiſen. Die engliſchen Berichterſtatter, welche
die Kängururatten in Auſtralien beobachteten, behaupten, daß ſie ſehr furchtſam wären, ich kann
nach meinen Beobachtungen Dies nicht beſtätigen, ſondern finde eher, daß ſie muthiger ſind, als die
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/70>, abgerufen am 17.02.2025.
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