bald, welcher zu Anfang des achtzehnten Jahrhunderts Sicilien und Jtalien durchwanderte, kannte den zahmen Büffel noch nicht und staunte, als er ihn später am Jordan antraf. Gegenwärtig findet er sich außer Hindostan durch ganz Afghanistan, Persien, Armenien, Syrien, Palästina bis zum kaspischen und schwarzen Meere hin, in der Türkei, Griechenland und den Donantiefländern, in Jtalien und sehr häufig auch in Egypten, nicht aber in Nubien.
Heiße, sumpfige oder wasserreiche Gegenden sagen diesem merkwürdigen Zwittergeschöpf zwischen Dickhäutern und Rindern am meisten zu. Das Nildelta ist für ihn ein Paradies, und in den gift- hauchenden pontinischen Sümpfen, sowie in den Sumpfgegenden Kalabriens, Apuliens, in der Ma- remma von Toskana, in den unteren Donauländern befindet er sich wohl. Jn den italienischen Sümpfen ist er fast das einzige Hausthier, weil alle übrigen der ungesunden Gegend erliegen, und deshalb eignet er sich ganz vortrefflich zum Reisbau. Jn Unteregypten ist er überall gemein; er ist dort, nächst der Ziege, eigentlich das einzige Hausthier, von welchem man Milch und Butter ge- winnt. Jedes Dorf im Delta und auch die meisten Oberegyptens haben mitten in ihrem Schoße eine große Lache, welche einzig und allein dazu dient, den Büffeln einen bequemen Badeplatz zu ge- währen; denn weit öfter, als auf der Weide, sieht man die Büffel im Wasser, wenn sie es haben können, so tief versenkt, daß nur der Kopf und ein kleines Stückchen des Rückens über den Wasser- spiegel hervorragen. Zur Zeit der Nilüberschwemmung beginnt für sie eine Zeit des Genusses. Sie treiben sich dann schwimmend weit auf den überflutheten Feldern umher, fressen das Gras an den Rainen und das harte Riedgras der noch unbebauten Flächen ab, vereinigen sich zu großen Herden, spielen im Wasser mit einander und kommen nur dann nach Hause, wenn die Kühe von der Milch gedrückt werden und gemolken sein wollen, wobei sie dann die Stiere mit sich nehmen. Sehr hübsch sieht es aus, wenn eine Büffelherde über den fast eine Viertelmeile breiten Strom setzt. Mehrere ihrer Hirten, meistens Kinder von 8 bis 12 Jahren, sitzen auf dem Rücken und lassen sich sorglos von den treuen Thieren über die furchtbare Tiefe und durch die hochgehenden Wogen schleppen.
Man kann die Meisterschaft im Schwimmen, welche die Büffel zeigen, nicht genug bewun- dern. Sie thun, als ob das Wasser ihr eigentliches Element wäre, sie spielen mit einander, während sie schwimmen, tauchen unter, legen sich auf die Seite, halb auf den Rücken, lassen sich von der Strömung treiben, ganz gemächlich, ohne ein Glied zu rühren, und schwimmen auch wieder in schnurgerader Richtung, blos durch die Strömung abwärts getrieben, quer über den Strom. Mindestens 6 bis 8 Stunden täglich bringen sie im Wasser zu. Sie besorgen hier, behaglich ausge- streckt, das Wiederkäuen, und erscheinen mindestens ebenso selbstzufrieden, als ihre im gleichen Ge- schäft dahingestreckten Herren Vettern auf dem Lande. Jeder Büffel wird sehr unruhig und sogar bösartig, wenn er geraume Zeit das Wasser entbehren mußte. Mit Schlamm erfüllte Lachen be- hagen ihm weit weniger, als die tiefen Fluthen eines gut angelegten Büffelteiches oder die kühlen Wellen des Stroms; deshalb sieht man während der trockenen Zeit in Egypten die satten Büffel oft im plumpen Galopp, zu dem sie sich sonst nur in der höchsten Wuth versteigen, herbeigesetzt kommen und sich, wie unsinnig, kopfüber in die Fluthen des Stromes stürzen. Jn Jndien und auch in Jtalien sind durch diese Wasserlust des Thieres schon mehrmals Menschen um das Leben ge- kommen. Die an Wagen angeschirrten Büffel rannten, wie besessen, mitsammt ihrer Last dem Strome zu und begruben sich und ihr Fahrzeug in den Wellen.
Auf dem festen Lande ist der Büffel entschieden weit unbeholfener, als im Wasser. Sein Gang ist schwerfällig und der Lauf, obgleich ziemlich fördernd, doch nur ein mühseliges Sichfortbewegen. Bei großer Wuth oder, wie bemerkt, bei lebhaster Wassersehnsucht fällt das schwerfällige Thier zuweilen auch in einen Galopp, wenn man die Reihenfolge plumper und ungeschickter Sätze mit diesem Aus- druck bezeichnen darf. Weiter als hundert oder zweihundert Schritte legt er in dieser Gangart aber sicher nicht zurück; er beginnt dann wieder zu traben und schließlich in seiner gewöhnlichen ruhigen Weise fortzulaufen.
Der gemeine Büffel.
bald, welcher zu Anfang des achtzehnten Jahrhunderts Sicilien und Jtalien durchwanderte, kannte den zahmen Büffel noch nicht und ſtaunte, als er ihn ſpäter am Jordan antraf. Gegenwärtig findet er ſich außer Hindoſtan durch ganz Afghaniſtan, Perſien, Armenien, Syrien, Paläſtina bis zum kaſpiſchen und ſchwarzen Meere hin, in der Türkei, Griechenland und den Donantiefländern, in Jtalien und ſehr häufig auch in Egypten, nicht aber in Nubien.
Heiße, ſumpfige oder waſſerreiche Gegenden ſagen dieſem merkwürdigen Zwittergeſchöpf zwiſchen Dickhäutern und Rindern am meiſten zu. Das Nildelta iſt für ihn ein Paradies, und in den gift- hauchenden pontiniſchen Sümpfen, ſowie in den Sumpfgegenden Kalabriens, Apuliens, in der Ma- remma von Toskana, in den unteren Donauländern befindet er ſich wohl. Jn den italieniſchen Sümpfen iſt er faſt das einzige Hausthier, weil alle übrigen der ungeſunden Gegend erliegen, und deshalb eignet er ſich ganz vortrefflich zum Reisbau. Jn Unteregypten iſt er überall gemein; er iſt dort, nächſt der Ziege, eigentlich das einzige Hausthier, von welchem man Milch und Butter ge- winnt. Jedes Dorf im Delta und auch die meiſten Oberegyptens haben mitten in ihrem Schoße eine große Lache, welche einzig und allein dazu dient, den Büffeln einen bequemen Badeplatz zu ge- währen; denn weit öfter, als auf der Weide, ſieht man die Büffel im Waſſer, wenn ſie es haben können, ſo tief verſenkt, daß nur der Kopf und ein kleines Stückchen des Rückens über den Waſſer- ſpiegel hervorragen. Zur Zeit der Nilüberſchwemmung beginnt für ſie eine Zeit des Genuſſes. Sie treiben ſich dann ſchwimmend weit auf den überflutheten Feldern umher, freſſen das Gras an den Rainen und das harte Riedgras der noch unbebauten Flächen ab, vereinigen ſich zu großen Herden, ſpielen im Waſſer mit einander und kommen nur dann nach Hauſe, wenn die Kühe von der Milch gedrückt werden und gemolken ſein wollen, wobei ſie dann die Stiere mit ſich nehmen. Sehr hübſch ſieht es aus, wenn eine Büffelherde über den faſt eine Viertelmeile breiten Strom ſetzt. Mehrere ihrer Hirten, meiſtens Kinder von 8 bis 12 Jahren, ſitzen auf dem Rücken und laſſen ſich ſorglos von den treuen Thieren über die furchtbare Tiefe und durch die hochgehenden Wogen ſchleppen.
Man kann die Meiſterſchaft im Schwimmen, welche die Büffel zeigen, nicht genug bewun- dern. Sie thun, als ob das Waſſer ihr eigentliches Element wäre, ſie ſpielen mit einander, während ſie ſchwimmen, tauchen unter, legen ſich auf die Seite, halb auf den Rücken, laſſen ſich von der Strömung treiben, ganz gemächlich, ohne ein Glied zu rühren, und ſchwimmen auch wieder in ſchnurgerader Richtung, blos durch die Strömung abwärts getrieben, quer über den Strom. Mindeſtens 6 bis 8 Stunden täglich bringen ſie im Waſſer zu. Sie beſorgen hier, behaglich ausge- ſtreckt, das Wiederkäuen, und erſcheinen mindeſtens ebenſo ſelbſtzufrieden, als ihre im gleichen Ge- ſchäft dahingeſtreckten Herren Vettern auf dem Lande. Jeder Büffel wird ſehr unruhig und ſogar bösartig, wenn er geraume Zeit das Waſſer entbehren mußte. Mit Schlamm erfüllte Lachen be- hagen ihm weit weniger, als die tiefen Fluthen eines gut angelegten Büffelteiches oder die kühlen Wellen des Stroms; deshalb ſieht man während der trockenen Zeit in Egypten die ſatten Büffel oft im plumpen Galopp, zu dem ſie ſich ſonſt nur in der höchſten Wuth verſteigen, herbeigeſetzt kommen und ſich, wie unſinnig, kopfüber in die Fluthen des Stromes ſtürzen. Jn Jndien und auch in Jtalien ſind durch dieſe Waſſerluſt des Thieres ſchon mehrmals Menſchen um das Leben ge- kommen. Die an Wagen angeſchirrten Büffel rannten, wie beſeſſen, mitſammt ihrer Laſt dem Strome zu und begruben ſich und ihr Fahrzeug in den Wellen.
Auf dem feſten Lande iſt der Büffel entſchieden weit unbeholfener, als im Waſſer. Sein Gang iſt ſchwerfällig und der Lauf, obgleich ziemlich fördernd, doch nur ein mühſeliges Sichfortbewegen. Bei großer Wuth oder, wie bemerkt, bei lebhaſter Waſſerſehnſucht fällt das ſchwerfällige Thier zuweilen auch in einen Galopp, wenn man die Reihenfolge plumper und ungeſchickter Sätze mit dieſem Aus- druck bezeichnen darf. Weiter als hundert oder zweihundert Schritte legt er in dieſer Gangart aber ſicher nicht zurück; er beginnt dann wieder zu traben und ſchließlich in ſeiner gewöhnlichen ruhigen Weiſe fortzulaufen.
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[631/0663]
Der gemeine Büffel.
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den zahmen Büffel noch nicht und ſtaunte, als er ihn ſpäter am Jordan antraf. Gegenwärtig
findet er ſich außer Hindoſtan durch ganz Afghaniſtan, Perſien, Armenien, Syrien, Paläſtina bis
zum kaſpiſchen und ſchwarzen Meere hin, in der Türkei, Griechenland und den Donantiefländern,
in Jtalien und ſehr häufig auch in Egypten, nicht aber in Nubien.
Heiße, ſumpfige oder waſſerreiche Gegenden ſagen dieſem merkwürdigen Zwittergeſchöpf zwiſchen
Dickhäutern und Rindern am meiſten zu. Das Nildelta iſt für ihn ein Paradies, und in den gift-
hauchenden pontiniſchen Sümpfen, ſowie in den Sumpfgegenden Kalabriens, Apuliens, in der Ma-
remma von Toskana, in den unteren Donauländern befindet er ſich wohl. Jn den italieniſchen
Sümpfen iſt er faſt das einzige Hausthier, weil alle übrigen der ungeſunden Gegend erliegen, und
deshalb eignet er ſich ganz vortrefflich zum Reisbau. Jn Unteregypten iſt er überall gemein; er
iſt dort, nächſt der Ziege, eigentlich das einzige Hausthier, von welchem man Milch und Butter ge-
winnt. Jedes Dorf im Delta und auch die meiſten Oberegyptens haben mitten in ihrem Schoße
eine große Lache, welche einzig und allein dazu dient, den Büffeln einen bequemen Badeplatz zu ge-
währen; denn weit öfter, als auf der Weide, ſieht man die Büffel im Waſſer, wenn ſie es haben
können, ſo tief verſenkt, daß nur der Kopf und ein kleines Stückchen des Rückens über den Waſſer-
ſpiegel hervorragen. Zur Zeit der Nilüberſchwemmung beginnt für ſie eine Zeit des Genuſſes. Sie
treiben ſich dann ſchwimmend weit auf den überflutheten Feldern umher, freſſen das Gras an den
Rainen und das harte Riedgras der noch unbebauten Flächen ab, vereinigen ſich zu großen Herden,
ſpielen im Waſſer mit einander und kommen nur dann nach Hauſe, wenn die Kühe von der Milch
gedrückt werden und gemolken ſein wollen, wobei ſie dann die Stiere mit ſich nehmen. Sehr
hübſch ſieht es aus, wenn eine Büffelherde über den faſt eine Viertelmeile breiten Strom ſetzt.
Mehrere ihrer Hirten, meiſtens Kinder von 8 bis 12 Jahren, ſitzen auf dem Rücken und laſſen
ſich ſorglos von den treuen Thieren über die furchtbare Tiefe und durch die hochgehenden Wogen
ſchleppen.
Man kann die Meiſterſchaft im Schwimmen, welche die Büffel zeigen, nicht genug bewun-
dern. Sie thun, als ob das Waſſer ihr eigentliches Element wäre, ſie ſpielen mit einander,
während ſie ſchwimmen, tauchen unter, legen ſich auf die Seite, halb auf den Rücken, laſſen ſich
von der Strömung treiben, ganz gemächlich, ohne ein Glied zu rühren, und ſchwimmen auch wieder
in ſchnurgerader Richtung, blos durch die Strömung abwärts getrieben, quer über den Strom.
Mindeſtens 6 bis 8 Stunden täglich bringen ſie im Waſſer zu. Sie beſorgen hier, behaglich ausge-
ſtreckt, das Wiederkäuen, und erſcheinen mindeſtens ebenſo ſelbſtzufrieden, als ihre im gleichen Ge-
ſchäft dahingeſtreckten Herren Vettern auf dem Lande. Jeder Büffel wird ſehr unruhig und ſogar
bösartig, wenn er geraume Zeit das Waſſer entbehren mußte. Mit Schlamm erfüllte Lachen be-
hagen ihm weit weniger, als die tiefen Fluthen eines gut angelegten Büffelteiches oder die kühlen
Wellen des Stroms; deshalb ſieht man während der trockenen Zeit in Egypten die ſatten Büffel
oft im plumpen Galopp, zu dem ſie ſich ſonſt nur in der höchſten Wuth verſteigen, herbeigeſetzt
kommen und ſich, wie unſinnig, kopfüber in die Fluthen des Stromes ſtürzen. Jn Jndien und
auch in Jtalien ſind durch dieſe Waſſerluſt des Thieres ſchon mehrmals Menſchen um das Leben ge-
kommen. Die an Wagen angeſchirrten Büffel rannten, wie beſeſſen, mitſammt ihrer Laſt dem Strome
zu und begruben ſich und ihr Fahrzeug in den Wellen.
Auf dem feſten Lande iſt der Büffel entſchieden weit unbeholfener, als im Waſſer. Sein Gang
iſt ſchwerfällig und der Lauf, obgleich ziemlich fördernd, doch nur ein mühſeliges Sichfortbewegen. Bei
großer Wuth oder, wie bemerkt, bei lebhaſter Waſſerſehnſucht fällt das ſchwerfällige Thier zuweilen
auch in einen Galopp, wenn man die Reihenfolge plumper und ungeſchickter Sätze mit dieſem Aus-
druck bezeichnen darf. Weiter als hundert oder zweihundert Schritte legt er in dieſer Gangart aber
ſicher nicht zurück; er beginnt dann wieder zu traben und ſchließlich in ſeiner gewöhnlichen ruhigen
Weiſe fortzulaufen.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 631. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/663>, abgerufen am 23.11.2024.
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