Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Rinder. -- Der kafferische Büffel. Der Arni.
sich mühsam nach Haus und gab von diesem Tage das Büffelschießen für immer auf. Wie es schien,
hatte das lästige Geschöpf sich blos zurückgezogen, um seinen Feind im Walde wieder zu erwarten
und von neuem anzufallen."

"Ein berühmter Jäger in Natal Namens Kirkmann erzählte mir, daß er einstmals auf der
Büffeljagd einen Bullen verwundet hatte und eben im Begriff war, ihm den Rest zu geben, als die-
ser eine laute Wehklage ausstieß. Gewöhnlich geht der Büffel still, und selten hört man einen Ton
von ihm, selbst dann nicht, wenn er verwundet ist, dieses Klagen aber war jedenfalls ein Zeichen;
und so wurde es auch verstanden von der Herde, zu welcher der Verwundete gehört hatte. Denn
augenblicklich endete diese ihren Rückzug und kam zur Hilfe ihres Gefährten herbei. Kirkmann
warf sein Gewehr weg und eilte auf ein Paar Bäume zu, deren unterste Aeste glücklicherweise tief
herabgingen. So war er gerettet, als die wüthende Herde ankam und seinen Baum umlagerte.
Als sie sahen, daß der Gegenstand ihres Zornes in Sicherheit war, zogen sie sich zurück."

Livingstone fand in Südafrika eine Menge von Büffelherden, manche zum Theil sechszig
Stück stark. Sie hatten hier auch einen Freund aus der Klasse der Vögel, den Büffelvogel
(Textor erythrorhynchos), welcher sich stets bei ihnen aufhielt, von ihnen das Ungeziefer absuchte
und durch plötzliches Auffliegen bei Gefahr warnte. Genau so beträgt sich im Norden Afrikas ein
kleiner, blendend weißer Reiher (Ardeola Bubalcus), auf welchen ich zurückkommen werde.

Gordon Cumming sah Büffelherden von 6 bis 800 Stück und erfuhr, daß diese vor be-
waffneten Leuten zurückwichen; nur alte Bullen waren grimmig und stürzten wüthend auf die Jäger
los, mehrere Male ihn und seine Gefährten in Lebensgefahr bringend. Am Tsadsee raste ein ver-
wundeter Büffel gegen Eduard Vogels Leute, verwundete einen Mann gefährlich und tödtete
zwei Pferde. Ein zweiter traf zufällig mit einer Karavane zusammen, rannte, um durchzubrechen,
ein Kamel nieder und verwundete es so arg, daß es geschlachtet werden mußte.

Aehnliche Geschichten finden sich in den Werken aller Reisenden, welche mit diesem grimmigen
Vieh zusammenkamen.

Mein Freund Th. von Heuglin, der Vorsteher und Leiter der jetzigen wissenschaftlichen Er-
pedition nach Mittelafrika, brachte den ersten lebenden Büffel dieser Art nach Europa. Er hatte ihn
im Süden Kordofahns von den Bakharaarabern erhalten, welche vor anderen Nomaden in allen
Jagdarten wohlerfahren und äußerst muthige Leute sind. Ein Trupp junger Helden, wie sich die
Mannschaft dieses Stammes zu nennen pflegt, hatte bei der Jagd eine Herde zersprengt, die Büffel-
kuh getödtet, ihr das Kalb abgenommen, und es an ihren eigenen Kühen saugen lassen, bis es
erwachsen war. Bei dieser Behandlung hatte es alle Wildheit abgelegt, und als es nach Europa
kam, war es so gutartig, daß es nicht blos Heuglin, sondern auch andere fremde Leute, z. B.
Fitzinger und ich, ohne weiteres berühren durften. Wahrscheinlich lebt es noch im schönbrunner
Thiergarten. Einen zweiten Büffel dieser Art brachte Casanova aus den Barkaländern nach
Europa; auch er war sehr zahm.

Der kafferische Büffel ist nicht der Stammvater der zahmen Büffel, welche man in Jtalien und
Ungarn recht häufig finden kann; ihn müssen wir vielmehr unter den indischen Büffeln suchen. Noch
gegenwärtig ist es nicht entschieden, von welcher Art der noch in Jndien wildlebenden Büffel der
zahme abstammt; soviel steht aber fest, daß es noch heutigen Tages mehrere wilde Büffel in Jndien
gibt. Einer von diesen, der Arni (Bubalus Arni), soll der Riese seiner ganzen Familie sein. An
den Schultern soll er 7 Fuß hoch und von der Schnauze bis zur Schwanzwurzel 9 bis 101/2 Fuß lang
werden. Ein Paar Hörner, welche man im britischen Museum aufbewahrt, stehen mit den Spitzen
6 Fuß weit aus einander. Sie sind dreikantig auf der Oberfläche, runzlig, im ersten Dritttheile
ihrer Länge gerade, nicht nach rückwärts gekrümmt, nur an den Spitzen nach innen und nach hinten
gerichtet und werden von dem Thiere so getragen, daß sie alle Zeit drohend zum Angriffe bereit

Die Rinder. — Der kafferiſche Büffel. Der Arni.
ſich mühſam nach Haus und gab von dieſem Tage das Büffelſchießen für immer auf. Wie es ſchien,
hatte das läſtige Geſchöpf ſich blos zurückgezogen, um ſeinen Feind im Walde wieder zu erwarten
und von neuem anzufallen.‟

„Ein berühmter Jäger in Natal Namens Kirkmann erzählte mir, daß er einſtmals auf der
Büffeljagd einen Bullen verwundet hatte und eben im Begriff war, ihm den Reſt zu geben, als die-
ſer eine laute Wehklage ausſtieß. Gewöhnlich geht der Büffel ſtill, und ſelten hört man einen Ton
von ihm, ſelbſt dann nicht, wenn er verwundet iſt, dieſes Klagen aber war jedenfalls ein Zeichen;
und ſo wurde es auch verſtanden von der Herde, zu welcher der Verwundete gehört hatte. Denn
augenblicklich endete dieſe ihren Rückzug und kam zur Hilfe ihres Gefährten herbei. Kirkmann
warf ſein Gewehr weg und eilte auf ein Paar Bäume zu, deren unterſte Aeſte glücklicherweiſe tief
herabgingen. So war er gerettet, als die wüthende Herde ankam und ſeinen Baum umlagerte.
Als ſie ſahen, daß der Gegenſtand ihres Zornes in Sicherheit war, zogen ſie ſich zurück.‟

Livingſtone fand in Südafrika eine Menge von Büffelherden, manche zum Theil ſechszig
Stück ſtark. Sie hatten hier auch einen Freund aus der Klaſſe der Vögel, den Büffelvogel
(Textor erythrorhynchos), welcher ſich ſtets bei ihnen aufhielt, von ihnen das Ungeziefer abſuchte
und durch plötzliches Auffliegen bei Gefahr warnte. Genau ſo beträgt ſich im Norden Afrikas ein
kleiner, blendend weißer Reiher (Ardeola Bubalcus), auf welchen ich zurückkommen werde.

Gordon Cumming ſah Büffelherden von 6 bis 800 Stück und erfuhr, daß dieſe vor be-
waffneten Leuten zurückwichen; nur alte Bullen waren grimmig und ſtürzten wüthend auf die Jäger
los, mehrere Male ihn und ſeine Gefährten in Lebensgefahr bringend. Am Tſadſee raſte ein ver-
wundeter Büffel gegen Eduard Vogels Leute, verwundete einen Mann gefährlich und tödtete
zwei Pferde. Ein zweiter traf zufällig mit einer Karavane zuſammen, rannte, um durchzubrechen,
ein Kamel nieder und verwundete es ſo arg, daß es geſchlachtet werden mußte.

Aehnliche Geſchichten finden ſich in den Werken aller Reiſenden, welche mit dieſem grimmigen
Vieh zuſammenkamen.

Mein Freund Th. von Heuglin, der Vorſteher und Leiter der jetzigen wiſſenſchaftlichen Er-
pedition nach Mittelafrika, brachte den erſten lebenden Büffel dieſer Art nach Europa. Er hatte ihn
im Süden Kordofahns von den Bakharaarabern erhalten, welche vor anderen Nomaden in allen
Jagdarten wohlerfahren und äußerſt muthige Leute ſind. Ein Trupp junger Helden, wie ſich die
Mannſchaft dieſes Stammes zu nennen pflegt, hatte bei der Jagd eine Herde zerſprengt, die Büffel-
kuh getödtet, ihr das Kalb abgenommen, und es an ihren eigenen Kühen ſaugen laſſen, bis es
erwachſen war. Bei dieſer Behandlung hatte es alle Wildheit abgelegt, und als es nach Europa
kam, war es ſo gutartig, daß es nicht blos Heuglin, ſondern auch andere fremde Leute, z. B.
Fitzinger und ich, ohne weiteres berühren durften. Wahrſcheinlich lebt es noch im ſchönbrunner
Thiergarten. Einen zweiten Büffel dieſer Art brachte Caſanova aus den Barkaländern nach
Europa; auch er war ſehr zahm.

Der kafferiſche Büffel iſt nicht der Stammvater der zahmen Büffel, welche man in Jtalien und
Ungarn recht häufig finden kann; ihn müſſen wir vielmehr unter den indiſchen Büffeln ſuchen. Noch
gegenwärtig iſt es nicht entſchieden, von welcher Art der noch in Jndien wildlebenden Büffel der
zahme abſtammt; ſoviel ſteht aber feſt, daß es noch heutigen Tages mehrere wilde Büffel in Jndien
gibt. Einer von dieſen, der Arni (Bubalus Arni), ſoll der Rieſe ſeiner ganzen Familie ſein. An
den Schultern ſoll er 7 Fuß hoch und von der Schnauze bis zur Schwanzwurzel 9 bis 10½ Fuß lang
werden. Ein Paar Hörner, welche man im britiſchen Muſeum aufbewahrt, ſtehen mit den Spitzen
6 Fuß weit aus einander. Sie ſind dreikantig auf der Oberfläche, runzlig, im erſten Dritttheile
ihrer Länge gerade, nicht nach rückwärts gekrümmt, nur an den Spitzen nach innen und nach hinten
gerichtet und werden von dem Thiere ſo getragen, daß ſie alle Zeit drohend zum Angriffe bereit

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0660" n="628"/><fw place="top" type="header">Die Rinder. &#x2014; Der kafferi&#x017F;che Büffel. Der Arni.</fw><lb/>
&#x017F;ich müh&#x017F;am nach Haus und gab von die&#x017F;em Tage das Büffel&#x017F;chießen für immer auf. Wie es &#x017F;chien,<lb/>
hatte das lä&#x017F;tige Ge&#x017F;chöpf &#x017F;ich blos zurückgezogen, um &#x017F;einen Feind im Walde wieder zu erwarten<lb/>
und von neuem anzufallen.&#x201F;</p><lb/>
              <p>&#x201E;Ein berühmter Jäger in Natal Namens <hi rendition="#g">Kirkmann</hi> erzählte mir, daß er ein&#x017F;tmals auf der<lb/>
Büffeljagd einen Bullen verwundet hatte und eben im Begriff war, ihm den Re&#x017F;t zu geben, als die-<lb/>
&#x017F;er eine laute Wehklage aus&#x017F;tieß. Gewöhnlich geht der Büffel &#x017F;till, und &#x017F;elten hört man einen Ton<lb/>
von ihm, &#x017F;elb&#x017F;t dann nicht, wenn er verwundet i&#x017F;t, die&#x017F;es Klagen aber war jedenfalls ein Zeichen;<lb/>
und &#x017F;o wurde es auch ver&#x017F;tanden von der Herde, zu welcher der Verwundete gehört hatte. Denn<lb/>
augenblicklich endete die&#x017F;e ihren Rückzug und kam zur Hilfe ihres Gefährten herbei. <hi rendition="#g">Kirkmann</hi><lb/>
warf &#x017F;ein Gewehr weg und eilte auf ein Paar Bäume zu, deren unter&#x017F;te Ae&#x017F;te glücklicherwei&#x017F;e tief<lb/>
herabgingen. So war er gerettet, als die wüthende Herde ankam und &#x017F;einen Baum umlagerte.<lb/>
Als &#x017F;ie &#x017F;ahen, daß der Gegen&#x017F;tand ihres Zornes in Sicherheit war, zogen &#x017F;ie &#x017F;ich zurück.&#x201F;</p><lb/>
              <p><hi rendition="#g">Living&#x017F;tone</hi> fand in Südafrika eine Menge von Büffelherden, manche zum Theil &#x017F;echszig<lb/>
Stück &#x017F;tark. Sie hatten hier auch einen Freund aus der Kla&#x017F;&#x017F;e der Vögel, den <hi rendition="#g">Büffelvogel</hi><lb/>
(<hi rendition="#aq">Textor erythrorhynchos</hi>), welcher &#x017F;ich &#x017F;tets bei ihnen aufhielt, von ihnen das Ungeziefer ab&#x017F;uchte<lb/>
und durch plötzliches Auffliegen bei Gefahr warnte. Genau &#x017F;o beträgt &#x017F;ich im Norden Afrikas ein<lb/>
kleiner, blendend weißer Reiher (<hi rendition="#aq">Ardeola Bubalcus</hi>), auf welchen ich zurückkommen werde.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#g">Gordon Cumming</hi> &#x017F;ah Büffelherden von 6 bis 800 Stück und erfuhr, daß die&#x017F;e vor be-<lb/>
waffneten Leuten zurückwichen; nur alte Bullen waren grimmig und &#x017F;türzten wüthend auf die Jäger<lb/>
los, mehrere Male ihn und &#x017F;eine Gefährten in Lebensgefahr bringend. Am T&#x017F;ad&#x017F;ee ra&#x017F;te ein ver-<lb/>
wundeter Büffel gegen <hi rendition="#g">Eduard Vogels</hi> Leute, verwundete einen Mann gefährlich und tödtete<lb/>
zwei Pferde. Ein zweiter traf zufällig mit einer Karavane zu&#x017F;ammen, rannte, um durchzubrechen,<lb/>
ein Kamel nieder und verwundete es &#x017F;o arg, daß es ge&#x017F;chlachtet werden mußte.</p><lb/>
              <p>Aehnliche Ge&#x017F;chichten finden &#x017F;ich in den Werken aller Rei&#x017F;enden, welche mit die&#x017F;em grimmigen<lb/>
Vieh zu&#x017F;ammenkamen.</p><lb/>
              <p>Mein Freund <hi rendition="#g">Th. von Heuglin,</hi> der Vor&#x017F;teher und Leiter der jetzigen wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftlichen Er-<lb/>
pedition nach Mittelafrika, brachte den er&#x017F;ten lebenden Büffel die&#x017F;er Art nach Europa. Er hatte ihn<lb/>
im Süden Kordofahns von den Bakharaarabern erhalten, welche vor anderen Nomaden in allen<lb/>
Jagdarten wohlerfahren und äußer&#x017F;t muthige Leute &#x017F;ind. Ein Trupp junger Helden, wie &#x017F;ich die<lb/>
Mann&#x017F;chaft die&#x017F;es Stammes zu nennen pflegt, hatte bei der Jagd eine Herde zer&#x017F;prengt, die Büffel-<lb/>
kuh getödtet, ihr das Kalb abgenommen, und es an ihren eigenen Kühen &#x017F;augen la&#x017F;&#x017F;en, bis es<lb/>
erwach&#x017F;en war. Bei die&#x017F;er Behandlung hatte es alle Wildheit abgelegt, und als es nach Europa<lb/>
kam, war es &#x017F;o gutartig, daß es nicht blos <hi rendition="#g">Heuglin,</hi> &#x017F;ondern auch andere fremde Leute, z. B.<lb/><hi rendition="#g">Fitzinger</hi> und ich, ohne weiteres berühren durften. Wahr&#x017F;cheinlich lebt es noch im &#x017F;chönbrunner<lb/>
Thiergarten. Einen zweiten Büffel die&#x017F;er Art brachte <hi rendition="#g">Ca&#x017F;anova</hi> aus den Barkaländern nach<lb/>
Europa; auch er war &#x017F;ehr zahm.</p><lb/>
              <p>Der kafferi&#x017F;che Büffel i&#x017F;t nicht der Stammvater der zahmen Büffel, welche man in Jtalien und<lb/>
Ungarn recht häufig finden kann; ihn mü&#x017F;&#x017F;en wir vielmehr unter den indi&#x017F;chen Büffeln &#x017F;uchen. Noch<lb/>
gegenwärtig i&#x017F;t es nicht ent&#x017F;chieden, von welcher Art der noch in Jndien wildlebenden Büffel der<lb/>
zahme ab&#x017F;tammt; &#x017F;oviel &#x017F;teht aber fe&#x017F;t, daß es noch heutigen Tages mehrere wilde Büffel in Jndien<lb/>
gibt. Einer von die&#x017F;en, der <hi rendition="#g">Arni</hi> (<hi rendition="#aq">Bubalus Arni</hi>), &#x017F;oll der Rie&#x017F;e &#x017F;einer ganzen Familie &#x017F;ein. An<lb/>
den Schultern &#x017F;oll er 7 Fuß hoch und von der Schnauze bis zur Schwanzwurzel 9 bis 10½ Fuß lang<lb/>
werden. Ein Paar Hörner, welche man im briti&#x017F;chen Mu&#x017F;eum aufbewahrt, &#x017F;tehen mit den Spitzen<lb/>
6 Fuß weit aus einander. Sie &#x017F;ind dreikantig auf der Oberfläche, runzlig, im er&#x017F;ten Dritttheile<lb/>
ihrer Länge gerade, nicht nach rückwärts gekrümmt, nur an den Spitzen nach innen und nach hinten<lb/>
gerichtet und werden von dem Thiere &#x017F;o getragen, daß &#x017F;ie alle Zeit drohend zum Angriffe bereit<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[628/0660] Die Rinder. — Der kafferiſche Büffel. Der Arni. ſich mühſam nach Haus und gab von dieſem Tage das Büffelſchießen für immer auf. Wie es ſchien, hatte das läſtige Geſchöpf ſich blos zurückgezogen, um ſeinen Feind im Walde wieder zu erwarten und von neuem anzufallen.‟ „Ein berühmter Jäger in Natal Namens Kirkmann erzählte mir, daß er einſtmals auf der Büffeljagd einen Bullen verwundet hatte und eben im Begriff war, ihm den Reſt zu geben, als die- ſer eine laute Wehklage ausſtieß. Gewöhnlich geht der Büffel ſtill, und ſelten hört man einen Ton von ihm, ſelbſt dann nicht, wenn er verwundet iſt, dieſes Klagen aber war jedenfalls ein Zeichen; und ſo wurde es auch verſtanden von der Herde, zu welcher der Verwundete gehört hatte. Denn augenblicklich endete dieſe ihren Rückzug und kam zur Hilfe ihres Gefährten herbei. Kirkmann warf ſein Gewehr weg und eilte auf ein Paar Bäume zu, deren unterſte Aeſte glücklicherweiſe tief herabgingen. So war er gerettet, als die wüthende Herde ankam und ſeinen Baum umlagerte. Als ſie ſahen, daß der Gegenſtand ihres Zornes in Sicherheit war, zogen ſie ſich zurück.‟ Livingſtone fand in Südafrika eine Menge von Büffelherden, manche zum Theil ſechszig Stück ſtark. Sie hatten hier auch einen Freund aus der Klaſſe der Vögel, den Büffelvogel (Textor erythrorhynchos), welcher ſich ſtets bei ihnen aufhielt, von ihnen das Ungeziefer abſuchte und durch plötzliches Auffliegen bei Gefahr warnte. Genau ſo beträgt ſich im Norden Afrikas ein kleiner, blendend weißer Reiher (Ardeola Bubalcus), auf welchen ich zurückkommen werde. Gordon Cumming ſah Büffelherden von 6 bis 800 Stück und erfuhr, daß dieſe vor be- waffneten Leuten zurückwichen; nur alte Bullen waren grimmig und ſtürzten wüthend auf die Jäger los, mehrere Male ihn und ſeine Gefährten in Lebensgefahr bringend. Am Tſadſee raſte ein ver- wundeter Büffel gegen Eduard Vogels Leute, verwundete einen Mann gefährlich und tödtete zwei Pferde. Ein zweiter traf zufällig mit einer Karavane zuſammen, rannte, um durchzubrechen, ein Kamel nieder und verwundete es ſo arg, daß es geſchlachtet werden mußte. Aehnliche Geſchichten finden ſich in den Werken aller Reiſenden, welche mit dieſem grimmigen Vieh zuſammenkamen. Mein Freund Th. von Heuglin, der Vorſteher und Leiter der jetzigen wiſſenſchaftlichen Er- pedition nach Mittelafrika, brachte den erſten lebenden Büffel dieſer Art nach Europa. Er hatte ihn im Süden Kordofahns von den Bakharaarabern erhalten, welche vor anderen Nomaden in allen Jagdarten wohlerfahren und äußerſt muthige Leute ſind. Ein Trupp junger Helden, wie ſich die Mannſchaft dieſes Stammes zu nennen pflegt, hatte bei der Jagd eine Herde zerſprengt, die Büffel- kuh getödtet, ihr das Kalb abgenommen, und es an ihren eigenen Kühen ſaugen laſſen, bis es erwachſen war. Bei dieſer Behandlung hatte es alle Wildheit abgelegt, und als es nach Europa kam, war es ſo gutartig, daß es nicht blos Heuglin, ſondern auch andere fremde Leute, z. B. Fitzinger und ich, ohne weiteres berühren durften. Wahrſcheinlich lebt es noch im ſchönbrunner Thiergarten. Einen zweiten Büffel dieſer Art brachte Caſanova aus den Barkaländern nach Europa; auch er war ſehr zahm. Der kafferiſche Büffel iſt nicht der Stammvater der zahmen Büffel, welche man in Jtalien und Ungarn recht häufig finden kann; ihn müſſen wir vielmehr unter den indiſchen Büffeln ſuchen. Noch gegenwärtig iſt es nicht entſchieden, von welcher Art der noch in Jndien wildlebenden Büffel der zahme abſtammt; ſoviel ſteht aber feſt, daß es noch heutigen Tages mehrere wilde Büffel in Jndien gibt. Einer von dieſen, der Arni (Bubalus Arni), ſoll der Rieſe ſeiner ganzen Familie ſein. An den Schultern ſoll er 7 Fuß hoch und von der Schnauze bis zur Schwanzwurzel 9 bis 10½ Fuß lang werden. Ein Paar Hörner, welche man im britiſchen Muſeum aufbewahrt, ſtehen mit den Spitzen 6 Fuß weit aus einander. Sie ſind dreikantig auf der Oberfläche, runzlig, im erſten Dritttheile ihrer Länge gerade, nicht nach rückwärts gekrümmt, nur an den Spitzen nach innen und nach hinten gerichtet und werden von dem Thiere ſo getragen, daß ſie alle Zeit drohend zum Angriffe bereit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/660
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 628. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/660>, abgerufen am 23.11.2024.