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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Der Jak oder grunzende Ochs.
bei der Kuh halbmondförmig nach außen und aufwärts und mit der Spitze nach ein- und rückwärts
gerichtet. Von der Wamme, welche bei den übrigen Rindern so deutlich ist, sieht man keine Spur.
Der Rücken ist fast gerade, der Widerrist erhaben. Die Beine erscheinen kurz und sind dick und stark,
breithusig; sie haben ansehnliche Afterklauen. Die Behaarung ist fast überall lang, reichlich und dick;
nur das Gesicht, die Untersüße und eine kleine Stelle an der Brust machen davon eine Ausnahme.
Am Scheitel sind sie grob, zottig und verworren, auf der Stirnleiste bilden sie einen förmlichen Wulst,
über den Schultern und auf dem Widerrist einen ähnlichen, welcher sich mähnenartig längs der Firste
des Nackens fortsetzt. Die Leibesseiten, die Schenkel und die Oberarme sind mit langen, straffen,
zottigen Haaren bedeckt, welche zuweilen fast bis auf den Boden herabreichen. Am Unterhalse bilden
sie die Fortsetzung der Mähne, am Schwanze werden sie 2 bis 3 Fuß lang und sind dabei ausneh-
mend fein und fast seidenartig. Schwarz ist die Hauptfärbung des Thieres; zuweilen sind aber der
Haarwulst und der Schwanz, manchmal auch Stirn und Scheitel weiß; selten zeigen sich auch an an-
deren Körpertheilen weiße Haare.

Jn allen Ländern, wo der Jak wild vorkommt, findet man ihn auch gezähmt als nützliches und
wichtiges Hausthier. Der zahme Jak unterscheidet sich gewöhnlich hinsichtlich seiner Gestalt und
seines Haarwuchses nicht von dem wilden, wohl aber hinsichtlich der Färbung. Rein schwarze
Jaks sind sehr selten; gewöhnlich zeigen auch Die, welche den wilden am meisten ähneln, weiße
Stellen, und außerdem trifft man braune, rothe und gescheckte an. Mehrere Rassen sind bereits
gezogen worden, vielleicht durch Vermischung mit anderen Rinderarten. Hier und da sind die
zahmen Jaks auch wieder verwildert, und dann haben sie ganz die Urfärbung wieder angenommen.
Jn der Gegend des heiligen Berges Bogdo am Altai setzten die Kalmücken ganze Herden aus,
an denen sich außer den Geistlichen Niemand vergreifen durfte. Diese sind vollständig wild gewor-
den und bewohnen jetzt das ganze Altaigebirge. Radde traf im südlichen Theile des Apfelge-
birges halbverwilderte Herden an, welche auch in schneereichen Wintern nicht gefüttert wurden,
sondern sich ihr Futter selbst durch Wegscharren der Schneedecke gewinnen mußten. Eine Stallung
wird den gezähmten überhaupt nie zu Theil.

Ladak, Tibet, der nördliche Theil von China, die Mongolei, Songorei und
Tartarei sind die Länder, in denen man den Jak am häusigsten hält. Auch die zahmen Her-
den gedeihen nur in kalten, hochgelegenen Gebirgsgegenden und gehen in großer Wärme zu Grunde.
Sie ertragen die Kälte mit der größten Gleichgiltigkeit. "An Tagen, deren Wärme nur wenige
Grad über den Gefrierpunkt kam," sagt Schlagintweit, "kam es vor, daß unsere Jaks, so-
bald sie abgeladen waren, im nächsten Bache untertauchten, ohne davon zu leiden." Als der
Engländer Moorcroft den Nitipaß erstieg und seine beladenen Jaks bei der drückenden Hitze
viel gelitten hatten, rannten sie, weil sie ein Gebirgswasser in der Tiefe rauschen hörten, unauf-
haltsam mit solchem Ungestüm dem Flusse zu, daß zwei von ihnen auf den schroffen Abhängen
stürzten und sich in der Tiefe zerschellten. Schon geringe Sonnenwärme ist dem Thiere lästig, und
wenn es kein Wasser hat, in dem es sich stundenlang kühlen kann, sucht es eifrig den Schatten
auf, um der unangenehmen Wärme zu entgehen. "Die Jaks," sagt Radde, "lagern alle auf
dem Schnee, auch die Kälber, selbst die Frühgeburten vom März bedürfen keiner Fürsorge seitens der
Menschen."

"Die Kühe zeigen eine große Anhänglichkeit zu den Kälbern, verlassen dieselben, wenn sie
zur Weide gehen, am Morgen viel später, als die Hauskühe ihre Jungen, und kehren abends
schon mehrere Stunden vor Sonnenuntergang zum Kalbe zurück, waschen es zärtlich und grunzen
dabei behaglich."

Dem Tibetaner ist der Jak eins der wichtigsten Hausthiere. Er benutzt ihn als Last- und
als Reitthier, obwohl der Jak nicht eben lenksam und überhaupt schwer zu behandeln ist. Gegen
seine Bekannten benimmt er sich ziemlich freundschaftlich. Er läßt sich von denselben berühren
und reinigen und vermittelst eines durch seine Nase gezogenen Ringes, an welchem ein Strick be-

Der Jak oder grunzende Ochs.
bei der Kuh halbmondförmig nach außen und aufwärts und mit der Spitze nach ein- und rückwärts
gerichtet. Von der Wamme, welche bei den übrigen Rindern ſo deutlich iſt, ſieht man keine Spur.
Der Rücken iſt faſt gerade, der Widerriſt erhaben. Die Beine erſcheinen kurz und ſind dick und ſtark,
breithuſig; ſie haben anſehnliche Afterklauen. Die Behaarung iſt faſt überall lang, reichlich und dick;
nur das Geſicht, die Unterſüße und eine kleine Stelle an der Bruſt machen davon eine Ausnahme.
Am Scheitel ſind ſie grob, zottig und verworren, auf der Stirnleiſte bilden ſie einen förmlichen Wulſt,
über den Schultern und auf dem Widerriſt einen ähnlichen, welcher ſich mähnenartig längs der Firſte
des Nackens fortſetzt. Die Leibesſeiten, die Schenkel und die Oberarme ſind mit langen, ſtraffen,
zottigen Haaren bedeckt, welche zuweilen faſt bis auf den Boden herabreichen. Am Unterhalſe bilden
ſie die Fortſetzung der Mähne, am Schwanze werden ſie 2 bis 3 Fuß lang und ſind dabei ausneh-
mend fein und faſt ſeidenartig. Schwarz iſt die Hauptfärbung des Thieres; zuweilen ſind aber der
Haarwulſt und der Schwanz, manchmal auch Stirn und Scheitel weiß; ſelten zeigen ſich auch an an-
deren Körpertheilen weiße Haare.

Jn allen Ländern, wo der Jak wild vorkommt, findet man ihn auch gezähmt als nützliches und
wichtiges Hausthier. Der zahme Jak unterſcheidet ſich gewöhnlich hinſichtlich ſeiner Geſtalt und
ſeines Haarwuchſes nicht von dem wilden, wohl aber hinſichtlich der Färbung. Rein ſchwarze
Jaks ſind ſehr ſelten; gewöhnlich zeigen auch Die, welche den wilden am meiſten ähneln, weiße
Stellen, und außerdem trifft man braune, rothe und geſcheckte an. Mehrere Raſſen ſind bereits
gezogen worden, vielleicht durch Vermiſchung mit anderen Rinderarten. Hier und da ſind die
zahmen Jaks auch wieder verwildert, und dann haben ſie ganz die Urfärbung wieder angenommen.
Jn der Gegend des heiligen Berges Bogdo am Altai ſetzten die Kalmücken ganze Herden aus,
an denen ſich außer den Geiſtlichen Niemand vergreifen durfte. Dieſe ſind vollſtändig wild gewor-
den und bewohnen jetzt das ganze Altaigebirge. Radde traf im ſüdlichen Theile des Apfelge-
birges halbverwilderte Herden an, welche auch in ſchneereichen Wintern nicht gefüttert wurden,
ſondern ſich ihr Futter ſelbſt durch Wegſcharren der Schneedecke gewinnen mußten. Eine Stallung
wird den gezähmten überhaupt nie zu Theil.

Ladak, Tibet, der nördliche Theil von China, die Mongolei, Songorei und
Tartarei ſind die Länder, in denen man den Jak am häuſigſten hält. Auch die zahmen Her-
den gedeihen nur in kalten, hochgelegenen Gebirgsgegenden und gehen in großer Wärme zu Grunde.
Sie ertragen die Kälte mit der größten Gleichgiltigkeit. „An Tagen, deren Wärme nur wenige
Grad über den Gefrierpunkt kam,‟ ſagt Schlagintweit, „kam es vor, daß unſere Jaks, ſo-
bald ſie abgeladen waren, im nächſten Bache untertauchten, ohne davon zu leiden.‟ Als der
Engländer Moorcroft den Nitipaß erſtieg und ſeine beladenen Jaks bei der drückenden Hitze
viel gelitten hatten, rannten ſie, weil ſie ein Gebirgswaſſer in der Tiefe rauſchen hörten, unauf-
haltſam mit ſolchem Ungeſtüm dem Fluſſe zu, daß zwei von ihnen auf den ſchroffen Abhängen
ſtürzten und ſich in der Tiefe zerſchellten. Schon geringe Sonnenwärme iſt dem Thiere läſtig, und
wenn es kein Waſſer hat, in dem es ſich ſtundenlang kühlen kann, ſucht es eifrig den Schatten
auf, um der unangenehmen Wärme zu entgehen. „Die Jaks,‟ ſagt Radde, „lagern alle auf
dem Schnee, auch die Kälber, ſelbſt die Frühgeburten vom März bedürfen keiner Fürſorge ſeitens der
Menſchen.‟

„Die Kühe zeigen eine große Anhänglichkeit zu den Kälbern, verlaſſen dieſelben, wenn ſie
zur Weide gehen, am Morgen viel ſpäter, als die Hauskühe ihre Jungen, und kehren abends
ſchon mehrere Stunden vor Sonnenuntergang zum Kalbe zurück, waſchen es zärtlich und grunzen
dabei behaglich.‟

Dem Tibetaner iſt der Jak eins der wichtigſten Hausthiere. Er benutzt ihn als Laſt- und
als Reitthier, obwohl der Jak nicht eben lenkſam und überhaupt ſchwer zu behandeln iſt. Gegen
ſeine Bekannten benimmt er ſich ziemlich freundſchaftlich. Er läßt ſich von denſelben berühren
und reinigen und vermittelſt eines durch ſeine Naſe gezogenen Ringes, an welchem ein Strick be-

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[623/0655] Der Jak oder grunzende Ochs. bei der Kuh halbmondförmig nach außen und aufwärts und mit der Spitze nach ein- und rückwärts gerichtet. Von der Wamme, welche bei den übrigen Rindern ſo deutlich iſt, ſieht man keine Spur. Der Rücken iſt faſt gerade, der Widerriſt erhaben. Die Beine erſcheinen kurz und ſind dick und ſtark, breithuſig; ſie haben anſehnliche Afterklauen. Die Behaarung iſt faſt überall lang, reichlich und dick; nur das Geſicht, die Unterſüße und eine kleine Stelle an der Bruſt machen davon eine Ausnahme. Am Scheitel ſind ſie grob, zottig und verworren, auf der Stirnleiſte bilden ſie einen förmlichen Wulſt, über den Schultern und auf dem Widerriſt einen ähnlichen, welcher ſich mähnenartig längs der Firſte des Nackens fortſetzt. Die Leibesſeiten, die Schenkel und die Oberarme ſind mit langen, ſtraffen, zottigen Haaren bedeckt, welche zuweilen faſt bis auf den Boden herabreichen. Am Unterhalſe bilden ſie die Fortſetzung der Mähne, am Schwanze werden ſie 2 bis 3 Fuß lang und ſind dabei ausneh- mend fein und faſt ſeidenartig. Schwarz iſt die Hauptfärbung des Thieres; zuweilen ſind aber der Haarwulſt und der Schwanz, manchmal auch Stirn und Scheitel weiß; ſelten zeigen ſich auch an an- deren Körpertheilen weiße Haare. Jn allen Ländern, wo der Jak wild vorkommt, findet man ihn auch gezähmt als nützliches und wichtiges Hausthier. Der zahme Jak unterſcheidet ſich gewöhnlich hinſichtlich ſeiner Geſtalt und ſeines Haarwuchſes nicht von dem wilden, wohl aber hinſichtlich der Färbung. Rein ſchwarze Jaks ſind ſehr ſelten; gewöhnlich zeigen auch Die, welche den wilden am meiſten ähneln, weiße Stellen, und außerdem trifft man braune, rothe und geſcheckte an. Mehrere Raſſen ſind bereits gezogen worden, vielleicht durch Vermiſchung mit anderen Rinderarten. Hier und da ſind die zahmen Jaks auch wieder verwildert, und dann haben ſie ganz die Urfärbung wieder angenommen. Jn der Gegend des heiligen Berges Bogdo am Altai ſetzten die Kalmücken ganze Herden aus, an denen ſich außer den Geiſtlichen Niemand vergreifen durfte. Dieſe ſind vollſtändig wild gewor- den und bewohnen jetzt das ganze Altaigebirge. Radde traf im ſüdlichen Theile des Apfelge- birges halbverwilderte Herden an, welche auch in ſchneereichen Wintern nicht gefüttert wurden, ſondern ſich ihr Futter ſelbſt durch Wegſcharren der Schneedecke gewinnen mußten. Eine Stallung wird den gezähmten überhaupt nie zu Theil. Ladak, Tibet, der nördliche Theil von China, die Mongolei, Songorei und Tartarei ſind die Länder, in denen man den Jak am häuſigſten hält. Auch die zahmen Her- den gedeihen nur in kalten, hochgelegenen Gebirgsgegenden und gehen in großer Wärme zu Grunde. Sie ertragen die Kälte mit der größten Gleichgiltigkeit. „An Tagen, deren Wärme nur wenige Grad über den Gefrierpunkt kam,‟ ſagt Schlagintweit, „kam es vor, daß unſere Jaks, ſo- bald ſie abgeladen waren, im nächſten Bache untertauchten, ohne davon zu leiden.‟ Als der Engländer Moorcroft den Nitipaß erſtieg und ſeine beladenen Jaks bei der drückenden Hitze viel gelitten hatten, rannten ſie, weil ſie ein Gebirgswaſſer in der Tiefe rauſchen hörten, unauf- haltſam mit ſolchem Ungeſtüm dem Fluſſe zu, daß zwei von ihnen auf den ſchroffen Abhängen ſtürzten und ſich in der Tiefe zerſchellten. Schon geringe Sonnenwärme iſt dem Thiere läſtig, und wenn es kein Waſſer hat, in dem es ſich ſtundenlang kühlen kann, ſucht es eifrig den Schatten auf, um der unangenehmen Wärme zu entgehen. „Die Jaks,‟ ſagt Radde, „lagern alle auf dem Schnee, auch die Kälber, ſelbſt die Frühgeburten vom März bedürfen keiner Fürſorge ſeitens der Menſchen.‟ „Die Kühe zeigen eine große Anhänglichkeit zu den Kälbern, verlaſſen dieſelben, wenn ſie zur Weide gehen, am Morgen viel ſpäter, als die Hauskühe ihre Jungen, und kehren abends ſchon mehrere Stunden vor Sonnenuntergang zum Kalbe zurück, waſchen es zärtlich und grunzen dabei behaglich.‟ Dem Tibetaner iſt der Jak eins der wichtigſten Hausthiere. Er benutzt ihn als Laſt- und als Reitthier, obwohl der Jak nicht eben lenkſam und überhaupt ſchwer zu behandeln iſt. Gegen ſeine Bekannten benimmt er ſich ziemlich freundſchaftlich. Er läßt ſich von denſelben berühren und reinigen und vermittelſt eines durch ſeine Naſe gezogenen Ringes, an welchem ein Strick be-

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 623. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/655>, abgerufen am 23.11.2024.