Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Hasenspringer.
spitzigen Nägeln bewehrt. Die Schnauze ist sammetartig behaart, die Ohren, welche innen mit
langen, weißen Haaren, außen mit kurzen, schwarzen und weißen bekleidet sind, laufen spitz zu.
Der übrige Pelz zeigt das so schwer zu beschreibende Farbengemisch der Hasen; die Haare der Ober-
seite sind am Grunde schwarz, sodann röthlichbraun, hierauf rostweiß und endlich schwarz gefärbt,
an Brust und Bauch sind sie grau und rostweiß. Ein dunkler Flecken steht auf dem Unterschenkel;
die Läufe sind grau gesprenkelt, die Schnauzenhaare schwarz und weiß.

Der Hasenspringer bewohnt den größten Theil des Jnneren von Australien; in der Nähe der
Küste ist er selten gesehen worden. Er erinnert auch in seiner Lebensweise vielfach an unsern ge-
meinen Hasen. Wie dieser, ist er ein Nachtthier, welches sich bei Tage in ein tief ausgegrabenes
Lager drückt und Jäger und Hunde nahe auf den Leib kommen läßt, bevor er aufspringt, in der
Hoffnung, daß sein mit dem Boden gleichgefärbtes Kleid ihn verbergen müsse. Wirklich täuscht er

[Abbildung] Der Hasenspringer (Lagorchestes loporoides).
die Hunde oft, und auch, wenn er vor ihnen flüchtet, wendet er gewisse Listen an, wie unser
Freund Lampe, indem er plötzlich Haken schlägt und so eilig als möglich rückwärts flüchtet. Eine
Beobachtung, welche Gould machte, verdient erwähnt zu werden.

"Jn einer der Ebenen Südaustraliens," erzählt er, "jagte ich ein Hasenkänguru mit zwei flinken
Hunden. Nachdem es ungefähr eine Viertelmeile laufend zurückgelegt hatte, wandte es sich plötzlich,
und kam gegen mich zurück. Die Hunde folgten ihm hart hinter den Fersen. Jch stand vollkommen
still, und so kam das Thier bis gegen zwanzig Fuß an mich heran, bevor es mich bemerkte. Zu
meinem großen Erstaunen bog es jedoch weder zur Rechten, noch zur Linken aus, sondern setzte mit
einem gewaltigen Sprunge über meinen Kopf weg. Jch war nicht im Stande, ihm einen Schuß
nachzusenden."

Nach Europa scheint das anziehende Thier lebend noch nicht gekommen zu sein; wenigstens ist
mir hierüber Nichts bekannt geworden.



4 *

Der Haſenſpringer.
ſpitzigen Nägeln bewehrt. Die Schnauze iſt ſammetartig behaart, die Ohren, welche innen mit
langen, weißen Haaren, außen mit kurzen, ſchwarzen und weißen bekleidet ſind, laufen ſpitz zu.
Der übrige Pelz zeigt das ſo ſchwer zu beſchreibende Farbengemiſch der Haſen; die Haare der Ober-
ſeite ſind am Grunde ſchwarz, ſodann röthlichbraun, hierauf roſtweiß und endlich ſchwarz gefärbt,
an Bruſt und Bauch ſind ſie grau und roſtweiß. Ein dunkler Flecken ſteht auf dem Unterſchenkel;
die Läufe ſind grau geſprenkelt, die Schnauzenhaare ſchwarz und weiß.

Der Haſenſpringer bewohnt den größten Theil des Jnneren von Auſtralien; in der Nähe der
Küſte iſt er ſelten geſehen worden. Er erinnert auch in ſeiner Lebensweiſe vielfach an unſern ge-
meinen Haſen. Wie dieſer, iſt er ein Nachtthier, welches ſich bei Tage in ein tief ausgegrabenes
Lager drückt und Jäger und Hunde nahe auf den Leib kommen läßt, bevor er aufſpringt, in der
Hoffnung, daß ſein mit dem Boden gleichgefärbtes Kleid ihn verbergen müſſe. Wirklich täuſcht er

[Abbildung] Der Haſenſpringer (Lagorchestes loporoides).
die Hunde oft, und auch, wenn er vor ihnen flüchtet, wendet er gewiſſe Liſten an, wie unſer
Freund Lampe, indem er plötzlich Haken ſchlägt und ſo eilig als möglich rückwärts flüchtet. Eine
Beobachtung, welche Gould machte, verdient erwähnt zu werden.

„Jn einer der Ebenen Südauſtraliens,‟ erzählt er, „jagte ich ein Haſenkänguru mit zwei flinken
Hunden. Nachdem es ungefähr eine Viertelmeile laufend zurückgelegt hatte, wandte es ſich plötzlich,
und kam gegen mich zurück. Die Hunde folgten ihm hart hinter den Ferſen. Jch ſtand vollkommen
ſtill, und ſo kam das Thier bis gegen zwanzig Fuß an mich heran, bevor es mich bemerkte. Zu
meinem großen Erſtaunen bog es jedoch weder zur Rechten, noch zur Linken aus, ſondern ſetzte mit
einem gewaltigen Sprunge über meinen Kopf weg. Jch war nicht im Stande, ihm einen Schuß
nachzuſenden.‟

Nach Europa ſcheint das anziehende Thier lebend noch nicht gekommen zu ſein; wenigſtens iſt
mir hierüber Nichts bekannt geworden.



4 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0065" n="51"/><fw place="top" type="header">Der Ha&#x017F;en&#x017F;pringer.</fw><lb/>
&#x017F;pitzigen Nägeln bewehrt. Die Schnauze i&#x017F;t &#x017F;ammetartig behaart, die Ohren, welche innen mit<lb/>
langen, weißen Haaren, außen mit kurzen, &#x017F;chwarzen und weißen bekleidet &#x017F;ind, laufen &#x017F;pitz zu.<lb/>
Der übrige Pelz zeigt das &#x017F;o &#x017F;chwer zu be&#x017F;chreibende Farbengemi&#x017F;ch der Ha&#x017F;en; die Haare der Ober-<lb/>
&#x017F;eite &#x017F;ind am Grunde &#x017F;chwarz, &#x017F;odann röthlichbraun, hierauf ro&#x017F;tweiß und endlich &#x017F;chwarz gefärbt,<lb/>
an Bru&#x017F;t und Bauch &#x017F;ind &#x017F;ie grau und ro&#x017F;tweiß. Ein dunkler Flecken &#x017F;teht auf dem Unter&#x017F;chenkel;<lb/>
die Läufe &#x017F;ind grau ge&#x017F;prenkelt, die Schnauzenhaare &#x017F;chwarz und weiß.</p><lb/>
              <p>Der Ha&#x017F;en&#x017F;pringer bewohnt den größten Theil des Jnneren von Au&#x017F;tralien; in der Nähe der<lb/>&#x017F;te i&#x017F;t er &#x017F;elten ge&#x017F;ehen worden. Er erinnert auch in &#x017F;einer Lebenswei&#x017F;e vielfach an un&#x017F;ern ge-<lb/>
meinen Ha&#x017F;en. Wie die&#x017F;er, i&#x017F;t er ein Nachtthier, welches &#x017F;ich bei Tage in ein tief ausgegrabenes<lb/>
Lager drückt und Jäger und Hunde nahe auf den Leib kommen läßt, bevor er auf&#x017F;pringt, in der<lb/>
Hoffnung, daß &#x017F;ein mit dem Boden gleichgefärbtes Kleid ihn verbergen mü&#x017F;&#x017F;e. Wirklich täu&#x017F;cht er<lb/><figure><head><hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Der Ha&#x017F;en&#x017F;pringer</hi> (<hi rendition="#aq">Lagorchestes loporoides</hi>).</hi></head></figure><lb/>
die Hunde oft, und auch, wenn er vor ihnen flüchtet, wendet er gewi&#x017F;&#x017F;e Li&#x017F;ten an, wie un&#x017F;er<lb/>
Freund Lampe, indem er plötzlich Haken &#x017F;chlägt und &#x017F;o eilig als möglich rückwärts flüchtet. Eine<lb/>
Beobachtung, welche <hi rendition="#g">Gould</hi> machte, verdient erwähnt zu werden.</p><lb/>
              <p>&#x201E;Jn einer der Ebenen Südau&#x017F;traliens,&#x201F; erzählt er, &#x201E;jagte ich ein Ha&#x017F;enkänguru mit zwei flinken<lb/>
Hunden. Nachdem es ungefähr eine Viertelmeile laufend zurückgelegt hatte, wandte es &#x017F;ich plötzlich,<lb/>
und kam gegen mich zurück. Die Hunde folgten ihm hart hinter den Fer&#x017F;en. Jch &#x017F;tand vollkommen<lb/>
&#x017F;till, und &#x017F;o kam das Thier bis gegen zwanzig Fuß an mich heran, bevor es mich bemerkte. Zu<lb/>
meinem großen Er&#x017F;taunen bog es jedoch weder zur Rechten, noch zur Linken aus, &#x017F;ondern &#x017F;etzte mit<lb/>
einem gewaltigen Sprunge über meinen Kopf weg. Jch war nicht im Stande, ihm einen Schuß<lb/>
nachzu&#x017F;enden.&#x201F;</p><lb/>
              <p>Nach Europa &#x017F;cheint das anziehende Thier lebend noch nicht gekommen zu &#x017F;ein; wenig&#x017F;tens i&#x017F;t<lb/>
mir hierüber Nichts bekannt geworden.</p><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">4 *</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[51/0065] Der Haſenſpringer. ſpitzigen Nägeln bewehrt. Die Schnauze iſt ſammetartig behaart, die Ohren, welche innen mit langen, weißen Haaren, außen mit kurzen, ſchwarzen und weißen bekleidet ſind, laufen ſpitz zu. Der übrige Pelz zeigt das ſo ſchwer zu beſchreibende Farbengemiſch der Haſen; die Haare der Ober- ſeite ſind am Grunde ſchwarz, ſodann röthlichbraun, hierauf roſtweiß und endlich ſchwarz gefärbt, an Bruſt und Bauch ſind ſie grau und roſtweiß. Ein dunkler Flecken ſteht auf dem Unterſchenkel; die Läufe ſind grau geſprenkelt, die Schnauzenhaare ſchwarz und weiß. Der Haſenſpringer bewohnt den größten Theil des Jnneren von Auſtralien; in der Nähe der Küſte iſt er ſelten geſehen worden. Er erinnert auch in ſeiner Lebensweiſe vielfach an unſern ge- meinen Haſen. Wie dieſer, iſt er ein Nachtthier, welches ſich bei Tage in ein tief ausgegrabenes Lager drückt und Jäger und Hunde nahe auf den Leib kommen läßt, bevor er aufſpringt, in der Hoffnung, daß ſein mit dem Boden gleichgefärbtes Kleid ihn verbergen müſſe. Wirklich täuſcht er [Abbildung Der Haſenſpringer (Lagorchestes loporoides).] die Hunde oft, und auch, wenn er vor ihnen flüchtet, wendet er gewiſſe Liſten an, wie unſer Freund Lampe, indem er plötzlich Haken ſchlägt und ſo eilig als möglich rückwärts flüchtet. Eine Beobachtung, welche Gould machte, verdient erwähnt zu werden. „Jn einer der Ebenen Südauſtraliens,‟ erzählt er, „jagte ich ein Haſenkänguru mit zwei flinken Hunden. Nachdem es ungefähr eine Viertelmeile laufend zurückgelegt hatte, wandte es ſich plötzlich, und kam gegen mich zurück. Die Hunde folgten ihm hart hinter den Ferſen. Jch ſtand vollkommen ſtill, und ſo kam das Thier bis gegen zwanzig Fuß an mich heran, bevor es mich bemerkte. Zu meinem großen Erſtaunen bog es jedoch weder zur Rechten, noch zur Linken aus, ſondern ſetzte mit einem gewaltigen Sprunge über meinen Kopf weg. Jch war nicht im Stande, ihm einen Schuß nachzuſenden.‟ Nach Europa ſcheint das anziehende Thier lebend noch nicht gekommen zu ſein; wenigſtens iſt mir hierüber Nichts bekannt geworden. 4 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/65
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/65>, abgerufen am 27.11.2024.