Das Merinoschaf. Das Zackelschaf. Das versische Fettsteißschaf.
Fuß messende, von der Wurzel zuerst seitlich und rückwärts gebogene und dann in doppelter Schraubenwindung nach vor- und aufwärts weiter gewundene. Die Schafe sind selten gehörnt. Der Hals des Thieres ist kurz und dick, stark gefaltet an der Haut, gewammt, an der Kehle kropfartig ausgebaucht. Der Leib ist gedrungen, der Widerrist etwas erhaben. Die Beine sind verhältnißmäßig niedrig, aber stark und kräftig, die Hufe stumpf zugespitzt. Eine äußerst dichte, kurze, weiche und feine, höchst regelmäßig gekräuselte Wolle, meist von gelblichweißer Färbung, deckt den Leib.
Die Spanier theilen ihre Merinos in Wander- und Standschafe ein. Erstere sind unbedingt die wichtigsten. Sie durchziehen weite und große Strecken der südlichen und westlichen Provinzen. Bis zum Jahre 1822 besaßen die Herdenbesitzer, der König und die höchsten Adeligen nämlich, große Vorrechte. Jhre Herden weideten im Sommer in den Gebirgen von Altkastilien und Arra- gonien und zogen sich im Winter nach den Ebenen der Mancha, Estramadura und Andalusiens hinab. Eine neunzig Schritt breite Straße, welche selbst durch die bestbebauten Ländereien führte, war ihr Weg; alle Gemeindeweiden standen ihnen offen. Manche Herden zählten mehr als tau- send Stück, und es gab Besitzer, welche siebzig- bis achtzigtausend Schafe ihr Eigenthum nannten.
Es läßt sich leicht berechnen, welche ungeheuren Nachtheile die vier bis sechs Millionen Schafe den grundbesitzenden Spaniern brachten. Der Ackerbau mußte, obgleich Spanien sich mehr und mehr entvölkerte, der Schafe wegen darniederliegen; die Schafhirten plagten und quälten die Land- wirthe auf alle Art und Weise. Jetzt ist Dies anders geworden: die Herden sind viel geringer; doch gibt es immer noch diese Schafe in großer Menge, und noch heutigen Tages bilden die Schaf- hirten einen eigenen Stand. Früher glaubte man, daß die Güte der Wolle wesentlich durch diese Wanderungen bedingt würde; jetzt ist man hiervon abgekommen, nachdem man erfahren hat, daß auch die stehenden Schafe ein gleichgutes Erzeugniß liefern. Auf unseren deutschen größeren Ritter- gütern sind die Schafe durch Kreuzungen mit echten Merinos nach und nach so veredelt worden, daß man jetzt kaum einen Unterschied zwischen ihnen und den spanischen wahrnehmen kann.
Viel auffallender erscheint uns deshalb eins der eigenthümlichsten aller Schafe, welches ebenfalls unserem Europa angehört, das Zackelschaf (Ovis strepsiceros). Unsere Abbildung überhebt mich der ausführlicheren Beschreibung; ich will blos erwähnen, daß das Vließ aus langem, ziemlich gro- ben, matt glänzenden Grannenhaar und kurzem, mäßig feinen Wollhaare besteht und deshalb nur zu den gröbsten Geweben verwendet werden kann. Aus diesem Grunde wird das Thier auch mehr des Fleisches, als der Wolle wegen gezüchtet und namentlich von den Türken geachtet, weil sie das Schaffleisch allem übrigen vorziehen.
Die Heimat dieses Thieres beschränkt sich auf die europäische Türkei und die Donautiefländer; hier findet man es, zumal in Gebirgsgegenden, in großen Herden.
Endlich gedenken wir noch der Fettsteißschafe (Ovis steatopyga). Jn ganz Mittelafrika findet sich eine Art dieser Thiere in ungeheurer Anzahl; alle Nomaden der nördlichen und inneren Länder ebensowohl als die freien Neger züchten sie. Das afrikanische Fettsteißschaf ist ein ziem- lich großes Thier und vor den meisten übrigen zahmen Arten durch sein vollständig haariges Vließ unterschieden. Es liefert keine Wolle, welche gesponnen und gewebt werden könnte. Sein Kleid ähnelt, der gleichmäßigen Kürze und Dicke der Haare wegen, dem der eigentlichen Wildschafe und hat mit einem echten Wollvließe gar keine Aehnlichkeit mehr. Die Hörner sind klein und kurz. Die Lämmer tragen ein überaus feines Wollfell.
Unsere Abbildung stellt das wegen seines regelmäßigen Baues und der auffallenden Färbung besonders ausgezeichnete persische Fettsteißschaf (Ovis steatopyga persica) dar. Das Thier ist mittelgroß, kleinhörnig und trägt ein Haarkleid, welches am Leibe weißlich, am Kopfe und Ober- halse aber scharf abgesetzt dunkelschwarz gefärbt ist. Hirt und Herde sind von unserem Künstler an
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Das Merinoſchaf. Das Zackelſchaf. Das verſiſche Fettſteißſchaf.
Fuß meſſende, von der Wurzel zuerſt ſeitlich und rückwärts gebogene und dann in doppelter Schraubenwindung nach vor- und aufwärts weiter gewundene. Die Schafe ſind ſelten gehörnt. Der Hals des Thieres iſt kurz und dick, ſtark gefaltet an der Haut, gewammt, an der Kehle kropfartig ausgebaucht. Der Leib iſt gedrungen, der Widerriſt etwas erhaben. Die Beine ſind verhältnißmäßig niedrig, aber ſtark und kräftig, die Hufe ſtumpf zugeſpitzt. Eine äußerſt dichte, kurze, weiche und feine, höchſt regelmäßig gekräuſelte Wolle, meiſt von gelblichweißer Färbung, deckt den Leib.
Die Spanier theilen ihre Merinos in Wander- und Standſchafe ein. Erſtere ſind unbedingt die wichtigſten. Sie durchziehen weite und große Strecken der ſüdlichen und weſtlichen Provinzen. Bis zum Jahre 1822 beſaßen die Herdenbeſitzer, der König und die höchſten Adeligen nämlich, große Vorrechte. Jhre Herden weideten im Sommer in den Gebirgen von Altkaſtilien und Arra- gonien und zogen ſich im Winter nach den Ebenen der Mancha, Eſtramadura und Andaluſiens hinab. Eine neunzig Schritt breite Straße, welche ſelbſt durch die beſtbebauten Ländereien führte, war ihr Weg; alle Gemeindeweiden ſtanden ihnen offen. Manche Herden zählten mehr als tau- ſend Stück, und es gab Beſitzer, welche ſiebzig- bis achtzigtauſend Schafe ihr Eigenthum nannten.
Es läßt ſich leicht berechnen, welche ungeheuren Nachtheile die vier bis ſechs Millionen Schafe den grundbeſitzenden Spaniern brachten. Der Ackerbau mußte, obgleich Spanien ſich mehr und mehr entvölkerte, der Schafe wegen darniederliegen; die Schafhirten plagten und quälten die Land- wirthe auf alle Art und Weiſe. Jetzt iſt Dies anders geworden: die Herden ſind viel geringer; doch gibt es immer noch dieſe Schafe in großer Menge, und noch heutigen Tages bilden die Schaf- hirten einen eigenen Stand. Früher glaubte man, daß die Güte der Wolle weſentlich durch dieſe Wanderungen bedingt würde; jetzt iſt man hiervon abgekommen, nachdem man erfahren hat, daß auch die ſtehenden Schafe ein gleichgutes Erzeugniß liefern. Auf unſeren deutſchen größeren Ritter- gütern ſind die Schafe durch Kreuzungen mit echten Merinos nach und nach ſo veredelt worden, daß man jetzt kaum einen Unterſchied zwiſchen ihnen und den ſpaniſchen wahrnehmen kann.
Viel auffallender erſcheint uns deshalb eins der eigenthümlichſten aller Schafe, welches ebenfalls unſerem Europa angehört, das Zackelſchaf (Ovis strepsiceros). Unſere Abbildung überhebt mich der ausführlicheren Beſchreibung; ich will blos erwähnen, daß das Vließ aus langem, ziemlich gro- ben, matt glänzenden Grannenhaar und kurzem, mäßig feinen Wollhaare beſteht und deshalb nur zu den gröbſten Geweben verwendet werden kann. Aus dieſem Grunde wird das Thier auch mehr des Fleiſches, als der Wolle wegen gezüchtet und namentlich von den Türken geachtet, weil ſie das Schaffleiſch allem übrigen vorziehen.
Die Heimat dieſes Thieres beſchränkt ſich auf die europäiſche Türkei und die Donautiefländer; hier findet man es, zumal in Gebirgsgegenden, in großen Herden.
Endlich gedenken wir noch der Fettſteißſchafe (Ovis steatopyga). Jn ganz Mittelafrika findet ſich eine Art dieſer Thiere in ungeheurer Anzahl; alle Nomaden der nördlichen und inneren Länder ebenſowohl als die freien Neger züchten ſie. Das afrikaniſche Fettſteißſchaf iſt ein ziem- lich großes Thier und vor den meiſten übrigen zahmen Arten durch ſein vollſtändig haariges Vließ unterſchieden. Es liefert keine Wolle, welche geſponnen und gewebt werden könnte. Sein Kleid ähnelt, der gleichmäßigen Kürze und Dicke der Haare wegen, dem der eigentlichen Wildſchafe und hat mit einem echten Wollvließe gar keine Aehnlichkeit mehr. Die Hörner ſind klein und kurz. Die Lämmer tragen ein überaus feines Wollfell.
Unſere Abbildung ſtellt das wegen ſeines regelmäßigen Baues und der auffallenden Färbung beſonders ausgezeichnete perſiſche Fettſteißſchaf (Ovis steatopyga persica) dar. Das Thier iſt mittelgroß, kleinhörnig und trägt ein Haarkleid, welches am Leibe weißlich, am Kopfe und Ober- halſe aber ſcharf abgeſetzt dunkelſchwarz gefärbt iſt. Hirt und Herde ſind von unſerem Künſtler an
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Fuß meſſende, von der Wurzel zuerſt ſeitlich und rückwärts gebogene und dann in doppelter
Schraubenwindung nach vor- und aufwärts weiter gewundene. Die Schafe ſind ſelten gehörnt.
Der Hals des Thieres iſt kurz und dick, ſtark gefaltet an der Haut, gewammt, an der Kehle
kropfartig ausgebaucht. Der Leib iſt gedrungen, der Widerriſt etwas erhaben. Die Beine ſind
verhältnißmäßig niedrig, aber ſtark und kräftig, die Hufe ſtumpf zugeſpitzt. Eine äußerſt dichte,
kurze, weiche und feine, höchſt regelmäßig gekräuſelte Wolle, meiſt von gelblichweißer Färbung,
deckt den Leib.
Die Spanier theilen ihre Merinos in Wander- und Standſchafe ein. Erſtere ſind unbedingt
die wichtigſten. Sie durchziehen weite und große Strecken der ſüdlichen und weſtlichen Provinzen.
Bis zum Jahre 1822 beſaßen die Herdenbeſitzer, der König und die höchſten Adeligen nämlich,
große Vorrechte. Jhre Herden weideten im Sommer in den Gebirgen von Altkaſtilien und Arra-
gonien und zogen ſich im Winter nach den Ebenen der Mancha, Eſtramadura und Andaluſiens
hinab. Eine neunzig Schritt breite Straße, welche ſelbſt durch die beſtbebauten Ländereien führte,
war ihr Weg; alle Gemeindeweiden ſtanden ihnen offen. Manche Herden zählten mehr als tau-
ſend Stück, und es gab Beſitzer, welche ſiebzig- bis achtzigtauſend Schafe ihr Eigenthum nannten.
Es läßt ſich leicht berechnen, welche ungeheuren Nachtheile die vier bis ſechs Millionen Schafe
den grundbeſitzenden Spaniern brachten. Der Ackerbau mußte, obgleich Spanien ſich mehr und
mehr entvölkerte, der Schafe wegen darniederliegen; die Schafhirten plagten und quälten die Land-
wirthe auf alle Art und Weiſe. Jetzt iſt Dies anders geworden: die Herden ſind viel geringer;
doch gibt es immer noch dieſe Schafe in großer Menge, und noch heutigen Tages bilden die Schaf-
hirten einen eigenen Stand. Früher glaubte man, daß die Güte der Wolle weſentlich durch dieſe
Wanderungen bedingt würde; jetzt iſt man hiervon abgekommen, nachdem man erfahren hat, daß
auch die ſtehenden Schafe ein gleichgutes Erzeugniß liefern. Auf unſeren deutſchen größeren Ritter-
gütern ſind die Schafe durch Kreuzungen mit echten Merinos nach und nach ſo veredelt worden, daß
man jetzt kaum einen Unterſchied zwiſchen ihnen und den ſpaniſchen wahrnehmen kann.
Viel auffallender erſcheint uns deshalb eins der eigenthümlichſten aller Schafe, welches ebenfalls
unſerem Europa angehört, das Zackelſchaf (Ovis strepsiceros). Unſere Abbildung überhebt mich
der ausführlicheren Beſchreibung; ich will blos erwähnen, daß das Vließ aus langem, ziemlich gro-
ben, matt glänzenden Grannenhaar und kurzem, mäßig feinen Wollhaare beſteht und deshalb nur
zu den gröbſten Geweben verwendet werden kann. Aus dieſem Grunde wird das Thier auch mehr
des Fleiſches, als der Wolle wegen gezüchtet und namentlich von den Türken geachtet, weil ſie das
Schaffleiſch allem übrigen vorziehen.
Die Heimat dieſes Thieres beſchränkt ſich auf die europäiſche Türkei und die Donautiefländer;
hier findet man es, zumal in Gebirgsgegenden, in großen Herden.
Endlich gedenken wir noch der Fettſteißſchafe (Ovis steatopyga). Jn ganz Mittelafrika
findet ſich eine Art dieſer Thiere in ungeheurer Anzahl; alle Nomaden der nördlichen und inneren
Länder ebenſowohl als die freien Neger züchten ſie. Das afrikaniſche Fettſteißſchaf iſt ein ziem-
lich großes Thier und vor den meiſten übrigen zahmen Arten durch ſein vollſtändig haariges Vließ
unterſchieden. Es liefert keine Wolle, welche geſponnen und gewebt werden könnte. Sein Kleid
ähnelt, der gleichmäßigen Kürze und Dicke der Haare wegen, dem der eigentlichen Wildſchafe und
hat mit einem echten Wollvließe gar keine Aehnlichkeit mehr. Die Hörner ſind klein und kurz. Die
Lämmer tragen ein überaus feines Wollfell.
Unſere Abbildung ſtellt das wegen ſeines regelmäßigen Baues und der auffallenden Färbung
beſonders ausgezeichnete perſiſche Fettſteißſchaf (Ovis steatopyga persica) dar. Das Thier
iſt mittelgroß, kleinhörnig und trägt ein Haarkleid, welches am Leibe weißlich, am Kopfe und Ober-
halſe aber ſcharf abgeſetzt dunkelſchwarz gefärbt iſt. Hirt und Herde ſind von unſerem Künſtler an
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 611. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/643>, abgerufen am 23.11.2024.
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