lade. Die Hörner und Hufe sind graulichschwarz. -- Unser Bild zeigt uns den noch jungen Bock des londoner Thiergartens in seiner Sommertracht.
Markham gibt in seinen "Jagden im Himalaya" eine Beschreibung der Aufenthaltsorte dieses noch sehr wenig bekaunten Thieres. "Der gewöhnliche Wohnplatz des Tahir," sagt er, "sind die felsigen und grasreichen Abstürze der Hügel, namentlich die baumfreien. Doch bewohnt das schöne Wild auch die Wälder selbst, falls nur der Grund dort zerrissen und felsig ist. Wenn die genannten Stellen in einer Höhe von mehr als 8000 Fuß liegen, bestehen die Wälder auf dem südlichen und westlichen Abhange hauptsächlich aus Eichen. Der Grund ist trocken und gewöhnlich felsig, die Bäume stehen sehr vereinzelt, und die niedere Pflanzenwelt hat fast dasselbe Gepräge, wie die Weiden auf waldlosen Hügeln selber. Auf der Schattenseite, da, wo die Wälder viel dichter und baumreicher sind, kommt der Tahir niemals oder nur sehr selten vor." Wie weit der Verbreitungskreis sich erstreckt, ist bisjetzt noch nicht genauer ermittelt worden. Es ist gar nicht unmöglich, daß sich das Thier auch in China findet.
Ueber die Lebensart des Tahir im Freien ist bisjetzt noch soviel als Nichts bekannt, und auch über das Gefangenleben haben wir nur sehr dürftige Mittheilungen erhalten. Jung eingefangene Tahirs gewöhnen sich leicht an den Hausstand, werden bald vergnügt und zahm, zeigen großen Trieb zum Klettern, sind neckisch und lustig, wie die übrigen Ziegen und könnten nach allen Anzeichen sehr leicht zu vollständigen Hausthieren gemacht werden. Jn Jndien hat man mehrere auch in den wär- meren Gegenden gehalten und beobachtet, daß sie das ihnen eigentlich nicht zusagende Klima ohne Beschwerden ertragen. Mit dem Kleinvieh befreundet sich der Tahir sehr bald, und zumal die Böcke scheinen in den weiblichen Schafen und Ziegen des Umgangs durchaus würdige Geschöpfe zu erblicken. Sie verfolgen dieselben oft mit großer Ausgelassenheit und sind sofort geneigt, mit Ziegenböcken, welche Uebergriffe in ihre Gerechtsame nicht dulden mögen, einen ernsten Strauß auszufechten. So selten man den Tahir in Gefangenschaft hielt, das Eine hat man doch schon beobachten können, daß sich nämlich dieser Gebirgssohn ohne große Umstände mit Hausziegen und sogar mit dem Schafe paart; die Eingeborenen behaupten sogar, daß für einen echten Tahirbock unter Umständen auch ein weibliches Moschusthier Gegenstand der regsten Theilnahme sein könnte. Junige Verhältnisse dieser Art sollen aber nicht von dem seitens des Bockes erwünschten Erfolge gekrönt werden.
Aus allen Angaben geht hervor, daß unser Thier in seinem ganzen Wesen und Sein eine echte Ziege ist, eigensinnig und muthwillig, aufmerksam, klug und selbständig, beweglich, ausdauernd und vorsichtig, dem anderen Geschlechte sehr zugethan und deshalb Gleichgesinnten gegenüber händelsüchtig und rauflustig; wir können also zur Zeit noch eine ausführlichere Schilderung seines Lebens entbehren.
Jn leiblicher Hinsicht stehen die Schafe (Oves) den Ziegen außerordentlich nah, in geistiger Hinsicht haben nur die wild lebenden Arten der Familie Aehnlichkeit mit einander.
Die Schafe unterscheiden sich von den Ziegen durch die großen Thränengruben, die flache Stirn, die kantigen, etwa dreiseitigen, querrunzeligen, schneckenförmig gedrehten Hörner und den Mangel eines Bartes. Jm allgemeinen sind sie schlankgebaute Thiere mit schmächtigem Leibe, dün- nen, hohen Beinen und kurzem Schwanz, vorn stark verschmälertem Kopfe, mit mäßig großen Augen und Ohren und doppelter, zottiger oder wolliger Behaarung. Jm Geripp macht sich zwischen ihnen einerseits und den Ziegen, Antilopen und Hirschen anderseits kein großer Unterschied bemerk- lich. 13 Wirbel tragen Rippen, 6 sind rippenlos, 3 bis 22 bilden den Schwanz. Der innere Leibes- bau bietet keine besonderen Eigenthümlichkeiten.
Alle wildlebenden Schafe bewohnen die Gebirgsgegenden der nördlichen Erdhälfte. Jhr Ver- breitungskreis reicht über Europa, Mittel- und Nordasien, Afrika und den nördlichen Theil von
38 *
Der Thar oder Tahir. — Die Schafe.
lade. Die Hörner und Hufe ſind graulichſchwarz. — Unſer Bild zeigt uns den noch jungen Bock des londoner Thiergartens in ſeiner Sommertracht.
Markham gibt in ſeinen „Jagden im Himalaya‟ eine Beſchreibung der Aufenthaltsorte dieſes noch ſehr wenig bekaunten Thieres. „Der gewöhnliche Wohnplatz des Tahir,‟ ſagt er, „ſind die felſigen und grasreichen Abſtürze der Hügel, namentlich die baumfreien. Doch bewohnt das ſchöne Wild auch die Wälder ſelbſt, falls nur der Grund dort zerriſſen und felſig iſt. Wenn die genannten Stellen in einer Höhe von mehr als 8000 Fuß liegen, beſtehen die Wälder auf dem ſüdlichen und weſtlichen Abhange hauptſächlich aus Eichen. Der Grund iſt trocken und gewöhnlich felſig, die Bäume ſtehen ſehr vereinzelt, und die niedere Pflanzenwelt hat faſt daſſelbe Gepräge, wie die Weiden auf waldloſen Hügeln ſelber. Auf der Schattenſeite, da, wo die Wälder viel dichter und baumreicher ſind, kommt der Tahir niemals oder nur ſehr ſelten vor.‟ Wie weit der Verbreitungskreis ſich erſtreckt, iſt bisjetzt noch nicht genauer ermittelt worden. Es iſt gar nicht unmöglich, daß ſich das Thier auch in China findet.
Ueber die Lebensart des Tahir im Freien iſt bisjetzt noch ſoviel als Nichts bekannt, und auch über das Gefangenleben haben wir nur ſehr dürftige Mittheilungen erhalten. Jung eingefangene Tahirs gewöhnen ſich leicht an den Hausſtand, werden bald vergnügt und zahm, zeigen großen Trieb zum Klettern, ſind neckiſch und luſtig, wie die übrigen Ziegen und könnten nach allen Anzeichen ſehr leicht zu vollſtändigen Hausthieren gemacht werden. Jn Jndien hat man mehrere auch in den wär- meren Gegenden gehalten und beobachtet, daß ſie das ihnen eigentlich nicht zuſagende Klima ohne Beſchwerden ertragen. Mit dem Kleinvieh befreundet ſich der Tahir ſehr bald, und zumal die Böcke ſcheinen in den weiblichen Schafen und Ziegen des Umgangs durchaus würdige Geſchöpfe zu erblicken. Sie verfolgen dieſelben oft mit großer Ausgelaſſenheit und ſind ſofort geneigt, mit Ziegenböcken, welche Uebergriffe in ihre Gerechtſame nicht dulden mögen, einen ernſten Strauß auszufechten. So ſelten man den Tahir in Gefangenſchaft hielt, das Eine hat man doch ſchon beobachten können, daß ſich nämlich dieſer Gebirgsſohn ohne große Umſtände mit Hausziegen und ſogar mit dem Schafe paart; die Eingeborenen behaupten ſogar, daß für einen echten Tahirbock unter Umſtänden auch ein weibliches Moſchusthier Gegenſtand der regſten Theilnahme ſein könnte. Junige Verhältniſſe dieſer Art ſollen aber nicht von dem ſeitens des Bockes erwünſchten Erfolge gekrönt werden.
Aus allen Angaben geht hervor, daß unſer Thier in ſeinem ganzen Weſen und Sein eine echte Ziege iſt, eigenſinnig und muthwillig, aufmerkſam, klug und ſelbſtändig, beweglich, ausdauernd und vorſichtig, dem anderen Geſchlechte ſehr zugethan und deshalb Gleichgeſinnten gegenüber händelſüchtig und raufluſtig; wir können alſo zur Zeit noch eine ausführlichere Schilderung ſeines Lebens entbehren.
Jn leiblicher Hinſicht ſtehen die Schafe (Oves) den Ziegen außerordentlich nah, in geiſtiger Hinſicht haben nur die wild lebenden Arten der Familie Aehnlichkeit mit einander.
Die Schafe unterſcheiden ſich von den Ziegen durch die großen Thränengruben, die flache Stirn, die kantigen, etwa dreiſeitigen, querrunzeligen, ſchneckenförmig gedrehten Hörner und den Mangel eines Bartes. Jm allgemeinen ſind ſie ſchlankgebaute Thiere mit ſchmächtigem Leibe, dün- nen, hohen Beinen und kurzem Schwanz, vorn ſtark verſchmälertem Kopfe, mit mäßig großen Augen und Ohren und doppelter, zottiger oder wolliger Behaarung. Jm Geripp macht ſich zwiſchen ihnen einerſeits und den Ziegen, Antilopen und Hirſchen anderſeits kein großer Unterſchied bemerk- lich. 13 Wirbel tragen Rippen, 6 ſind rippenlos, 3 bis 22 bilden den Schwanz. Der innere Leibes- bau bietet keine beſonderen Eigenthümlichkeiten.
Alle wildlebenden Schafe bewohnen die Gebirgsgegenden der nördlichen Erdhälfte. Jhr Ver- breitungskreis reicht über Europa, Mittel- und Nordaſien, Afrika und den nördlichen Theil von
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Der Thar oder Tahir. — Die Schafe.
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londoner Thiergartens in ſeiner Sommertracht.
Markham gibt in ſeinen „Jagden im Himalaya‟ eine Beſchreibung der Aufenthaltsorte dieſes
noch ſehr wenig bekaunten Thieres. „Der gewöhnliche Wohnplatz des Tahir,‟ ſagt er, „ſind die
felſigen und grasreichen Abſtürze der Hügel, namentlich die baumfreien. Doch bewohnt das ſchöne
Wild auch die Wälder ſelbſt, falls nur der Grund dort zerriſſen und felſig iſt. Wenn die genannten
Stellen in einer Höhe von mehr als 8000 Fuß liegen, beſtehen die Wälder auf dem ſüdlichen und
weſtlichen Abhange hauptſächlich aus Eichen. Der Grund iſt trocken und gewöhnlich felſig, die
Bäume ſtehen ſehr vereinzelt, und die niedere Pflanzenwelt hat faſt daſſelbe Gepräge, wie die Weiden
auf waldloſen Hügeln ſelber. Auf der Schattenſeite, da, wo die Wälder viel dichter und baumreicher
ſind, kommt der Tahir niemals oder nur ſehr ſelten vor.‟ Wie weit der Verbreitungskreis ſich erſtreckt,
iſt bisjetzt noch nicht genauer ermittelt worden. Es iſt gar nicht unmöglich, daß ſich das Thier auch
in China findet.
Ueber die Lebensart des Tahir im Freien iſt bisjetzt noch ſoviel als Nichts bekannt, und auch
über das Gefangenleben haben wir nur ſehr dürftige Mittheilungen erhalten. Jung eingefangene
Tahirs gewöhnen ſich leicht an den Hausſtand, werden bald vergnügt und zahm, zeigen großen Trieb
zum Klettern, ſind neckiſch und luſtig, wie die übrigen Ziegen und könnten nach allen Anzeichen ſehr
leicht zu vollſtändigen Hausthieren gemacht werden. Jn Jndien hat man mehrere auch in den wär-
meren Gegenden gehalten und beobachtet, daß ſie das ihnen eigentlich nicht zuſagende Klima ohne
Beſchwerden ertragen. Mit dem Kleinvieh befreundet ſich der Tahir ſehr bald, und zumal die Böcke
ſcheinen in den weiblichen Schafen und Ziegen des Umgangs durchaus würdige Geſchöpfe zu erblicken.
Sie verfolgen dieſelben oft mit großer Ausgelaſſenheit und ſind ſofort geneigt, mit Ziegenböcken,
welche Uebergriffe in ihre Gerechtſame nicht dulden mögen, einen ernſten Strauß auszufechten. So
ſelten man den Tahir in Gefangenſchaft hielt, das Eine hat man doch ſchon beobachten können, daß
ſich nämlich dieſer Gebirgsſohn ohne große Umſtände mit Hausziegen und ſogar mit dem Schafe
paart; die Eingeborenen behaupten ſogar, daß für einen echten Tahirbock unter Umſtänden auch ein
weibliches Moſchusthier Gegenſtand der regſten Theilnahme ſein könnte. Junige Verhältniſſe dieſer
Art ſollen aber nicht von dem ſeitens des Bockes erwünſchten Erfolge gekrönt werden.
Aus allen Angaben geht hervor, daß unſer Thier in ſeinem ganzen Weſen und Sein eine echte
Ziege iſt, eigenſinnig und muthwillig, aufmerkſam, klug und ſelbſtändig, beweglich, ausdauernd und
vorſichtig, dem anderen Geſchlechte ſehr zugethan und deshalb Gleichgeſinnten gegenüber händelſüchtig
und raufluſtig; wir können alſo zur Zeit noch eine ausführlichere Schilderung ſeines Lebens
entbehren.
Jn leiblicher Hinſicht ſtehen die Schafe (Oves) den Ziegen außerordentlich nah, in geiſtiger
Hinſicht haben nur die wild lebenden Arten der Familie Aehnlichkeit mit einander.
Die Schafe unterſcheiden ſich von den Ziegen durch die großen Thränengruben, die flache
Stirn, die kantigen, etwa dreiſeitigen, querrunzeligen, ſchneckenförmig gedrehten Hörner und den
Mangel eines Bartes. Jm allgemeinen ſind ſie ſchlankgebaute Thiere mit ſchmächtigem Leibe, dün-
nen, hohen Beinen und kurzem Schwanz, vorn ſtark verſchmälertem Kopfe, mit mäßig großen Augen
und Ohren und doppelter, zottiger oder wolliger Behaarung. Jm Geripp macht ſich zwiſchen ihnen
einerſeits und den Ziegen, Antilopen und Hirſchen anderſeits kein großer Unterſchied bemerk-
lich. 13 Wirbel tragen Rippen, 6 ſind rippenlos, 3 bis 22 bilden den Schwanz. Der innere Leibes-
bau bietet keine beſonderen Eigenthümlichkeiten.
Alle wildlebenden Schafe bewohnen die Gebirgsgegenden der nördlichen Erdhälfte. Jhr Ver-
breitungskreis reicht über Europa, Mittel- und Nordaſien, Afrika und den nördlichen Theil von
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 595. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/625>, abgerufen am 23.11.2024.
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