Der Nilgau. Die vierhörnige Antilore oder Schikara.
niederfallen, unter tiefem Brüllen einige Schritte vorwärts rutschen und dann blitzschnell gegen den Feind anspringen und versuchen, ihm durch schnelles Emporschleudern des Hauptes und der Hörner gefährliche Verletzungen beizubringen. Ganz in derselben Weise kämpfen die Böcke in Sachen der Liebe mit einander, und mancher edle Kämpe unterliegt einem gut gezielten Hornstoße. Auch nach langer Gefangenschaft verliert der Nilgau seine Böswilligkeit nicht ganz, und seine Tücke wird von allen Wärtern gefürchtet. Er zeigt sich zwar bald zahm und sanft; doch ist ihm, zumal während der Brunstzeit, nie zu trauen. Jn England stürzte einmal ein Nilgau, als ein Mensch seiner Umzäu- nung sich näherte, mit solcher Gewalt gegen die Balken seines Geheges, daß er sich ein Horn abbrach und dadurch seinen Tod herbeiführte.
Die Bewegungen des Nilgau haben viel Eigenthümliches wegen der sonderbaren Stellungen, welche das Thier annimmt. Gewöhnlich ist der Schritt allerdings ganz so, wie bei anderen Anti- lopen auch; sobald der Nilgau aber erregt wird, krümmt er den Rücken, zieht den Hals ein und schleicht dann langsam dahin, finstere Blicke um sich werfend und schielend. Der Wedel wird dabei zwischen den Schenkeln eingekniffen. Jn voller Flucht dagegen trägt sich der Nilgau stolz, würde- voll, und gewährt namentlich dann, wenn er den Wedel senkrecht emporhebt, einen wunder- vollen Anblick.
Nach den Angaben der indischen Reisenden liegt der Nilgau während des Tages im Walde ver- borgen. Nach Sonnenuntergang und in den ersten Morgenstunden geht er auf Aeßung, und in den bebauten Gegenden wird er der Verwüstung wegen, die er anrichtet, bitter gehaßt. Er soll Alles, was er genießt, vorher beschnoppern, die Pflanzen sorgfältig sich auswählen und gerade deshalb sehr lästig werden.
Das Thier geht acht Monate hochbeschlagen und setzt das erste Mal ein Kalb, dann aber jedes Mal deren zwei. Jn Jndien soll der Dezember die Satzzeit sein, und die Brunstzeit mit Ende März beginnen. Jn den Thiergärten Europas wurden die Kälber in den Sommermonaten geboren; das erste Junge des Paares im hamburger Thiergarten kam am 8. August zur Welt. Jn ihrer Fär- bung ähneln sowohl die Hirschkälber wie die Thierkälber der Mutter; denn erst gegen Ende des zweiten Lebensjahres färbt sich der Bock.
Die Jagd des Nilgau wird von den Jndiern mit großer Leidenschaft betrieben, und die Herr- scher des Landes bieten, wie es dort gewöhnlich ist, große Heere auf, welche ganze Länderstrecken durchstreifen müssen, damit die hohen Herren, just wie die unsrigen, mit möglichster Bequemlichkeit Heldenthaten verrichten können, welche dann Hofdichter und Schranzen besingen und rühmen dürfen. Schon seit alten Zeiten machen sich die Untergebenen indischer Fürsten ein Vergnügen daraus, ihren Herren und Gebietern gerade diese Antilope gefangen zuzuführen, und man sieht sie hier bei den Großen des Reichs hier und da in Parks. Erst im Jahre 1767 kam ein Paar nach England, schon am Ende des Jahrhunderts gelangten andere nach Frankreich, Holland und Deutschland. Jetzt sieht man den Nilgau in allen Thiergärten und hat ihn schon oft zur Fortpflanzung gebracht. Die Er- ziehung der Jungen ist so leicht, daß wir in kurzer Zeit wahrscheinlich gar keine Nilgaus mehr von Jndien einzuführen brauchen, sondern sie aus den Thiergärten erhalten können. Man hat auch daran gedacht, dieses Thier bei uns vollkommen einzubürgern, d. h. es im Walde frei zu lassen; solange jedoch die Land- und Forstwirthe deshalb noch befragt werden müssen, dürfte dieser fromme Wunsch der Thierkundigen, abgesehen von anderen Hindernissen, wohl kaum zur Erfüllung kommen.
Ehe wir von Jndien wieder nach dem eigentlichen Vaterlande der Antilopen zurückkehren, ge- denken wir noch einer der merkwürdigsten Arten der ganzen Familie, ja aller Wiederkäuer, der An- tilope mit vier Hörnern (Tetracerus quadricornis). Unter den gezähmten Wiederkäuern kom- men einzelne vor, welche vier, ja sogar acht Hörner tragen; sie begründen aber niemals eine eigene
Der Nilgau. Die vierhörnige Antilore oder Schikara.
niederfallen, unter tiefem Brüllen einige Schritte vorwärts rutſchen und dann blitzſchnell gegen den Feind anſpringen und verſuchen, ihm durch ſchnelles Emporſchleudern des Hauptes und der Hörner gefährliche Verletzungen beizubringen. Ganz in derſelben Weiſe kämpfen die Böcke in Sachen der Liebe mit einander, und mancher edle Kämpe unterliegt einem gut gezielten Hornſtoße. Auch nach langer Gefangenſchaft verliert der Nilgau ſeine Böswilligkeit nicht ganz, und ſeine Tücke wird von allen Wärtern gefürchtet. Er zeigt ſich zwar bald zahm und ſanft; doch iſt ihm, zumal während der Brunſtzeit, nie zu trauen. Jn England ſtürzte einmal ein Nilgau, als ein Menſch ſeiner Umzäu- nung ſich näherte, mit ſolcher Gewalt gegen die Balken ſeines Geheges, daß er ſich ein Horn abbrach und dadurch ſeinen Tod herbeiführte.
Die Bewegungen des Nilgau haben viel Eigenthümliches wegen der ſonderbaren Stellungen, welche das Thier annimmt. Gewöhnlich iſt der Schritt allerdings ganz ſo, wie bei anderen Anti- lopen auch; ſobald der Nilgau aber erregt wird, krümmt er den Rücken, zieht den Hals ein und ſchleicht dann langſam dahin, finſtere Blicke um ſich werfend und ſchielend. Der Wedel wird dabei zwiſchen den Schenkeln eingekniffen. Jn voller Flucht dagegen trägt ſich der Nilgau ſtolz, würde- voll, und gewährt namentlich dann, wenn er den Wedel ſenkrecht emporhebt, einen wunder- vollen Anblick.
Nach den Angaben der indiſchen Reiſenden liegt der Nilgau während des Tages im Walde ver- borgen. Nach Sonnenuntergang und in den erſten Morgenſtunden geht er auf Aeßung, und in den bebauten Gegenden wird er der Verwüſtung wegen, die er anrichtet, bitter gehaßt. Er ſoll Alles, was er genießt, vorher beſchnoppern, die Pflanzen ſorgfältig ſich auswählen und gerade deshalb ſehr läſtig werden.
Das Thier geht acht Monate hochbeſchlagen und ſetzt das erſte Mal ein Kalb, dann aber jedes Mal deren zwei. Jn Jndien ſoll der Dezember die Satzzeit ſein, und die Brunſtzeit mit Ende März beginnen. Jn den Thiergärten Europas wurden die Kälber in den Sommermonaten geboren; das erſte Junge des Paares im hamburger Thiergarten kam am 8. Auguſt zur Welt. Jn ihrer Fär- bung ähneln ſowohl die Hirſchkälber wie die Thierkälber der Mutter; denn erſt gegen Ende des zweiten Lebensjahres färbt ſich der Bock.
Die Jagd des Nilgau wird von den Jndiern mit großer Leidenſchaft betrieben, und die Herr- ſcher des Landes bieten, wie es dort gewöhnlich iſt, große Heere auf, welche ganze Länderſtrecken durchſtreifen müſſen, damit die hohen Herren, juſt wie die unſrigen, mit möglichſter Bequemlichkeit Heldenthaten verrichten können, welche dann Hofdichter und Schranzen beſingen und rühmen dürfen. Schon ſeit alten Zeiten machen ſich die Untergebenen indiſcher Fürſten ein Vergnügen daraus, ihren Herren und Gebietern gerade dieſe Antilope gefangen zuzuführen, und man ſieht ſie hier bei den Großen des Reichs hier und da in Parks. Erſt im Jahre 1767 kam ein Paar nach England, ſchon am Ende des Jahrhunderts gelangten andere nach Frankreich, Holland und Deutſchland. Jetzt ſieht man den Nilgau in allen Thiergärten und hat ihn ſchon oft zur Fortpflanzung gebracht. Die Er- ziehung der Jungen iſt ſo leicht, daß wir in kurzer Zeit wahrſcheinlich gar keine Nilgaus mehr von Jndien einzuführen brauchen, ſondern ſie aus den Thiergärten erhalten können. Man hat auch daran gedacht, dieſes Thier bei uns vollkommen einzubürgern, d. h. es im Walde frei zu laſſen; ſolange jedoch die Land- und Forſtwirthe deshalb noch befragt werden müſſen, dürfte dieſer fromme Wunſch der Thierkundigen, abgeſehen von anderen Hinderniſſen, wohl kaum zur Erfüllung kommen.
Ehe wir von Jndien wieder nach dem eigentlichen Vaterlande der Antilopen zurückkehren, ge- denken wir noch einer der merkwürdigſten Arten der ganzen Familie, ja aller Wiederkäuer, der An- tilope mit vier Hörnern (Tetracerus quadricornis). Unter den gezähmten Wiederkäuern kom- men einzelne vor, welche vier, ja ſogar acht Hörner tragen; ſie begründen aber niemals eine eigene
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Der Nilgau. Die vierhörnige Antilore oder Schikara.
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Feind anſpringen und verſuchen, ihm durch ſchnelles Emporſchleudern des Hauptes und der Hörner
gefährliche Verletzungen beizubringen. Ganz in derſelben Weiſe kämpfen die Böcke in Sachen der
Liebe mit einander, und mancher edle Kämpe unterliegt einem gut gezielten Hornſtoße. Auch nach
langer Gefangenſchaft verliert der Nilgau ſeine Böswilligkeit nicht ganz, und ſeine Tücke wird von
allen Wärtern gefürchtet. Er zeigt ſich zwar bald zahm und ſanft; doch iſt ihm, zumal während der
Brunſtzeit, nie zu trauen. Jn England ſtürzte einmal ein Nilgau, als ein Menſch ſeiner Umzäu-
nung ſich näherte, mit ſolcher Gewalt gegen die Balken ſeines Geheges, daß er ſich ein Horn abbrach
und dadurch ſeinen Tod herbeiführte.
Die Bewegungen des Nilgau haben viel Eigenthümliches wegen der ſonderbaren Stellungen,
welche das Thier annimmt. Gewöhnlich iſt der Schritt allerdings ganz ſo, wie bei anderen Anti-
lopen auch; ſobald der Nilgau aber erregt wird, krümmt er den Rücken, zieht den Hals ein und
ſchleicht dann langſam dahin, finſtere Blicke um ſich werfend und ſchielend. Der Wedel wird dabei
zwiſchen den Schenkeln eingekniffen. Jn voller Flucht dagegen trägt ſich der Nilgau ſtolz, würde-
voll, und gewährt namentlich dann, wenn er den Wedel ſenkrecht emporhebt, einen wunder-
vollen Anblick.
Nach den Angaben der indiſchen Reiſenden liegt der Nilgau während des Tages im Walde ver-
borgen. Nach Sonnenuntergang und in den erſten Morgenſtunden geht er auf Aeßung, und in den
bebauten Gegenden wird er der Verwüſtung wegen, die er anrichtet, bitter gehaßt. Er ſoll Alles,
was er genießt, vorher beſchnoppern, die Pflanzen ſorgfältig ſich auswählen und gerade deshalb ſehr
läſtig werden.
Das Thier geht acht Monate hochbeſchlagen und ſetzt das erſte Mal ein Kalb, dann aber jedes
Mal deren zwei. Jn Jndien ſoll der Dezember die Satzzeit ſein, und die Brunſtzeit mit Ende
März beginnen. Jn den Thiergärten Europas wurden die Kälber in den Sommermonaten geboren;
das erſte Junge des Paares im hamburger Thiergarten kam am 8. Auguſt zur Welt. Jn ihrer Fär-
bung ähneln ſowohl die Hirſchkälber wie die Thierkälber der Mutter; denn erſt gegen Ende des zweiten
Lebensjahres färbt ſich der Bock.
Die Jagd des Nilgau wird von den Jndiern mit großer Leidenſchaft betrieben, und die Herr-
ſcher des Landes bieten, wie es dort gewöhnlich iſt, große Heere auf, welche ganze Länderſtrecken
durchſtreifen müſſen, damit die hohen Herren, juſt wie die unſrigen, mit möglichſter Bequemlichkeit
Heldenthaten verrichten können, welche dann Hofdichter und Schranzen beſingen und rühmen dürfen.
Schon ſeit alten Zeiten machen ſich die Untergebenen indiſcher Fürſten ein Vergnügen daraus, ihren
Herren und Gebietern gerade dieſe Antilope gefangen zuzuführen, und man ſieht ſie hier bei den
Großen des Reichs hier und da in Parks. Erſt im Jahre 1767 kam ein Paar nach England, ſchon
am Ende des Jahrhunderts gelangten andere nach Frankreich, Holland und Deutſchland. Jetzt ſieht
man den Nilgau in allen Thiergärten und hat ihn ſchon oft zur Fortpflanzung gebracht. Die Er-
ziehung der Jungen iſt ſo leicht, daß wir in kurzer Zeit wahrſcheinlich gar keine Nilgaus mehr von
Jndien einzuführen brauchen, ſondern ſie aus den Thiergärten erhalten können. Man hat auch daran
gedacht, dieſes Thier bei uns vollkommen einzubürgern, d. h. es im Walde frei zu laſſen; ſolange
jedoch die Land- und Forſtwirthe deshalb noch befragt werden müſſen, dürfte dieſer fromme Wunſch der
Thierkundigen, abgeſehen von anderen Hinderniſſen, wohl kaum zur Erfüllung kommen.
Ehe wir von Jndien wieder nach dem eigentlichen Vaterlande der Antilopen zurückkehren, ge-
denken wir noch einer der merkwürdigſten Arten der ganzen Familie, ja aller Wiederkäuer, der An-
tilope mit vier Hörnern (Tetracerus quadricornis). Unter den gezähmten Wiederkäuern kom-
men einzelne vor, welche vier, ja ſogar acht Hörner tragen; ſie begründen aber niemals eine eigene
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 559. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/589>, abgerufen am 23.11.2024.
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