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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Die Antilopen. -- Die nubische Mendesantilope.
sehen in ihr eines der edelsten Jagdthiere. Sie verfolgen sie theils um ihr Fleisch zu nützen, theils um
die Schnelligkeit ihrer Pferde und Windhunde zu erproben, theils auch um Junge zu erbeuten, welche
sie dann aufziehen.

An heißen Tagen rücken die Jäger mit Kamelen und Pferden auf die Jagd aus. Eine Anzahl
von Kamelen trägt das der Jagdgesellschaft nöthige Brodgetreide, Wasser und Futter für die Pferde,
die Zelte und Lagerbedürfnisse, die Frauen und die weniger bei der Jagd Betheiligten. Die Männer
reiten auf stolzen Pferden. Sobald sich diese Antilopen zeigen, werden die Pferde zunächst getränkt;
dann jagt man den schnellfüßigen Thieren nach, bis sie vor Mattigkeit nicht weiter können. Am eif-
rigsten üben die Beduinen die Jagd aus. Sie ist ihnen eine männliche Uebung, ein Spiel, eine Un-
terhaltung. Der Werth der Antilope kommt hier nicht in Betracht: es gilt vielmehr die Gewandtheit
des Mannes und die Schnelligkeit des Pferdes oder Windhundes zu zeigen. Nur die Edlen des
Landes, die eigentlichen Ritter üben diese Jagd zu Pferde aus. Jhrer Zwölf oder Fünfzehn vereinigen
sich und nehmen ihre Diener, ihre Zelte, ihre vortrefflichen Windhunde und ihre abgerichteten Falken
mit sich hinaus. Sobald man einen Haufen dieser Antilopen oder anderer Arten, welche dieselben
Ländereien bewohnen, sieht, sucht man sich so weit als möglich ungesehen dem Trupp zu nähern.
Wenn man in große Nähe gekommen ist, springen die Diener von den Kamelen oder Pferden und
halten den Windhunden, die sie bisher an langen Stricken hielten, die Schnauzen zu, um sie am
Bellen zu verhindern. Dann machen sie die klugen Thiere auf das noch fernstehende Wild aufmerk-
sam und lassen sie endlich mit einem Male los. So wie Dies geschehen, fliegen die edlen Geschöpfe
wie Pfeile über die Ebene dahin, und der ganze Reiterzug sauft hinter ihnen drein, mit allerlei Lieb-
kosungen und Befehlen die Hunde anfeuernd und aufstachelnd. "O! mein Bruder, mein Freund,
mein Herr, eile, Du Schnellfüßiger, Du von einem Vogel Geborner, Du Falkengleicher, eile! Dort
sind sie, eile, mein Liebling, laufe, Du Unübertrefflicher!" So heißt es, und Schmeichelei folgt auf
Drohung, Lob wechselt mit Tadel, je nachdem der Hund die Antilope oder diese ihn überbietet. Die
besten Windhunde erreichen das Wild nach einer Jagd von 11/2 bis 2 Meilen, die schlechteren müssen vier
und zuweilen sechs Meilen weit den flüchtigen Antilopen nachjagen, ehe diese, erschöpft, sich ihnen ent-
gegenstellen.

Jn dem Augenblick, wo der erste Hund das Rudel erreicht, wird die Jagd überaus spannend
und anziehend. Der edle Windhund stürzt sich immer auf das stärkste Thier des Rudels, aber nicht
blind, sondern mit größter Vorsicht, mit unübertrefflicher Gewandtheit und wahrhaft bewunderungs-
würdiger Leichtigkeit. Die Antilope versucht dem Feinde zu entfliehen, schlägt Haken nach der Rech-
ten, nach der Linken, wirft sich über den Hund weg und springt rückwärts. Der Kluge schneidet ihr
jeden Weg ab und kommt ihr immer näher. Endlich stellt sie sich und weist das spitze Gehörn: doch
Alles hilft ihr Nichts. Jn demselben Augenblicke, in welchem sie den Kopf zur Erde beugt, um ihrem
Angreifer einen gefährlichen Stoß zu versetzen, springt dieser auf ihren Nacken und reißt sie mit we-
nigen Bissen zur Erde, entweder das Genick oder die Schlagadern durchbeißend. Wenn das Wild ge-
fallen ist, eilen die Araber mit Freudengeschrei herbei, springen von den Pferden herab und schneiden
ihrer Beute unter dem Ausrufe: "Be ism lillahi el rachmahn, el rachihm, Allahn akbar!" -- im Na-
men Gottes des Allbarmherzigen, Gott ist größer! -- die Kehle durch, damit sie sich verblute, wie das
Gesetz des Propheten es befiehlt. Fürchten sie aber, nicht zur rechten Zeit auf dem Wahlplatze einzu-
treffen, so rufen sie von weitem dem Hunde die obigen Worte zu, in dem festen Glauben, daß nur er
seinerseits das gesetzmäßige Schlachten besorgen werde. Das Gleiche thun sie auch, wenn sie ein
Thier mit der Kugel erlegen. Sie sagen, daß ihr Geschoß durch jene Worte das Gesetz vollständig
erfülle.

Gegen Abend endet die Jagd. Einer der Reiter sprengt zu den Kamelen zurück, oder gibt deren
Führern den Sammelplatz an, auf welchem man übernachten will. Dann zieht Alles dorthin, und ein
eigenthümliches, frisches, fröhliches Waidmannsleben erwacht in den Zelten.

Die Antilopen. — Die nubiſche Mendesantilope.
ſehen in ihr eines der edelſten Jagdthiere. Sie verfolgen ſie theils um ihr Fleiſch zu nützen, theils um
die Schnelligkeit ihrer Pferde und Windhunde zu erproben, theils auch um Junge zu erbeuten, welche
ſie dann aufziehen.

An heißen Tagen rücken die Jäger mit Kamelen und Pferden auf die Jagd aus. Eine Anzahl
von Kamelen trägt das der Jagdgeſellſchaft nöthige Brodgetreide, Waſſer und Futter für die Pferde,
die Zelte und Lagerbedürfniſſe, die Frauen und die weniger bei der Jagd Betheiligten. Die Männer
reiten auf ſtolzen Pferden. Sobald ſich dieſe Antilopen zeigen, werden die Pferde zunächſt getränkt;
dann jagt man den ſchnellfüßigen Thieren nach, bis ſie vor Mattigkeit nicht weiter können. Am eif-
rigſten üben die Beduinen die Jagd aus. Sie iſt ihnen eine männliche Uebung, ein Spiel, eine Un-
terhaltung. Der Werth der Antilope kommt hier nicht in Betracht: es gilt vielmehr die Gewandtheit
des Mannes und die Schnelligkeit des Pferdes oder Windhundes zu zeigen. Nur die Edlen des
Landes, die eigentlichen Ritter üben dieſe Jagd zu Pferde aus. Jhrer Zwölf oder Fünfzehn vereinigen
ſich und nehmen ihre Diener, ihre Zelte, ihre vortrefflichen Windhunde und ihre abgerichteten Falken
mit ſich hinaus. Sobald man einen Haufen dieſer Antilopen oder anderer Arten, welche dieſelben
Ländereien bewohnen, ſieht, ſucht man ſich ſo weit als möglich ungeſehen dem Trupp zu nähern.
Wenn man in große Nähe gekommen iſt, ſpringen die Diener von den Kamelen oder Pferden und
halten den Windhunden, die ſie bisher an langen Stricken hielten, die Schnauzen zu, um ſie am
Bellen zu verhindern. Dann machen ſie die klugen Thiere auf das noch fernſtehende Wild aufmerk-
ſam und laſſen ſie endlich mit einem Male los. So wie Dies geſchehen, fliegen die edlen Geſchöpfe
wie Pfeile über die Ebene dahin, und der ganze Reiterzug ſauft hinter ihnen drein, mit allerlei Lieb-
koſungen und Befehlen die Hunde anfeuernd und aufſtachelnd. „O! mein Bruder, mein Freund,
mein Herr, eile, Du Schnellfüßiger, Du von einem Vogel Geborner, Du Falkengleicher, eile! Dort
ſind ſie, eile, mein Liebling, laufe, Du Unübertrefflicher!‟ So heißt es, und Schmeichelei folgt auf
Drohung, Lob wechſelt mit Tadel, je nachdem der Hund die Antilope oder dieſe ihn überbietet. Die
beſten Windhunde erreichen das Wild nach einer Jagd von 1½ bis 2 Meilen, die ſchlechteren müſſen vier
und zuweilen ſechs Meilen weit den flüchtigen Antilopen nachjagen, ehe dieſe, erſchöpft, ſich ihnen ent-
gegenſtellen.

Jn dem Augenblick, wo der erſte Hund das Rudel erreicht, wird die Jagd überaus ſpannend
und anziehend. Der edle Windhund ſtürzt ſich immer auf das ſtärkſte Thier des Rudels, aber nicht
blind, ſondern mit größter Vorſicht, mit unübertrefflicher Gewandtheit und wahrhaft bewunderungs-
würdiger Leichtigkeit. Die Antilope verſucht dem Feinde zu entfliehen, ſchlägt Haken nach der Rech-
ten, nach der Linken, wirft ſich über den Hund weg und ſpringt rückwärts. Der Kluge ſchneidet ihr
jeden Weg ab und kommt ihr immer näher. Endlich ſtellt ſie ſich und weiſt das ſpitze Gehörn: doch
Alles hilft ihr Nichts. Jn demſelben Augenblicke, in welchem ſie den Kopf zur Erde beugt, um ihrem
Angreifer einen gefährlichen Stoß zu verſetzen, ſpringt dieſer auf ihren Nacken und reißt ſie mit we-
nigen Biſſen zur Erde, entweder das Genick oder die Schlagadern durchbeißend. Wenn das Wild ge-
fallen iſt, eilen die Araber mit Freudengeſchrei herbei, ſpringen von den Pferden herab und ſchneiden
ihrer Beute unter dem Ausrufe: „Be ism lillahi el rachmahn, el rachihm, Allahn akbar!‟ — im Na-
men Gottes des Allbarmherzigen, Gott iſt größer! — die Kehle durch, damit ſie ſich verblute, wie das
Geſetz des Propheten es befiehlt. Fürchten ſie aber, nicht zur rechten Zeit auf dem Wahlplatze einzu-
treffen, ſo rufen ſie von weitem dem Hunde die obigen Worte zu, in dem feſten Glauben, daß nur er
ſeinerſeits das geſetzmäßige Schlachten beſorgen werde. Das Gleiche thun ſie auch, wenn ſie ein
Thier mit der Kugel erlegen. Sie ſagen, daß ihr Geſchoß durch jene Worte das Geſetz vollſtändig
erfülle.

Gegen Abend endet die Jagd. Einer der Reiter ſprengt zu den Kamelen zurück, oder gibt deren
Führern den Sammelplatz an, auf welchem man übernachten will. Dann zieht Alles dorthin, und ein
eigenthümliches, friſches, fröhliches Waidmannsleben erwacht in den Zelten.

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[554/0584] Die Antilopen. — Die nubiſche Mendesantilope. ſehen in ihr eines der edelſten Jagdthiere. Sie verfolgen ſie theils um ihr Fleiſch zu nützen, theils um die Schnelligkeit ihrer Pferde und Windhunde zu erproben, theils auch um Junge zu erbeuten, welche ſie dann aufziehen. An heißen Tagen rücken die Jäger mit Kamelen und Pferden auf die Jagd aus. Eine Anzahl von Kamelen trägt das der Jagdgeſellſchaft nöthige Brodgetreide, Waſſer und Futter für die Pferde, die Zelte und Lagerbedürfniſſe, die Frauen und die weniger bei der Jagd Betheiligten. Die Männer reiten auf ſtolzen Pferden. Sobald ſich dieſe Antilopen zeigen, werden die Pferde zunächſt getränkt; dann jagt man den ſchnellfüßigen Thieren nach, bis ſie vor Mattigkeit nicht weiter können. Am eif- rigſten üben die Beduinen die Jagd aus. Sie iſt ihnen eine männliche Uebung, ein Spiel, eine Un- terhaltung. Der Werth der Antilope kommt hier nicht in Betracht: es gilt vielmehr die Gewandtheit des Mannes und die Schnelligkeit des Pferdes oder Windhundes zu zeigen. Nur die Edlen des Landes, die eigentlichen Ritter üben dieſe Jagd zu Pferde aus. Jhrer Zwölf oder Fünfzehn vereinigen ſich und nehmen ihre Diener, ihre Zelte, ihre vortrefflichen Windhunde und ihre abgerichteten Falken mit ſich hinaus. Sobald man einen Haufen dieſer Antilopen oder anderer Arten, welche dieſelben Ländereien bewohnen, ſieht, ſucht man ſich ſo weit als möglich ungeſehen dem Trupp zu nähern. Wenn man in große Nähe gekommen iſt, ſpringen die Diener von den Kamelen oder Pferden und halten den Windhunden, die ſie bisher an langen Stricken hielten, die Schnauzen zu, um ſie am Bellen zu verhindern. Dann machen ſie die klugen Thiere auf das noch fernſtehende Wild aufmerk- ſam und laſſen ſie endlich mit einem Male los. So wie Dies geſchehen, fliegen die edlen Geſchöpfe wie Pfeile über die Ebene dahin, und der ganze Reiterzug ſauft hinter ihnen drein, mit allerlei Lieb- koſungen und Befehlen die Hunde anfeuernd und aufſtachelnd. „O! mein Bruder, mein Freund, mein Herr, eile, Du Schnellfüßiger, Du von einem Vogel Geborner, Du Falkengleicher, eile! Dort ſind ſie, eile, mein Liebling, laufe, Du Unübertrefflicher!‟ So heißt es, und Schmeichelei folgt auf Drohung, Lob wechſelt mit Tadel, je nachdem der Hund die Antilope oder dieſe ihn überbietet. Die beſten Windhunde erreichen das Wild nach einer Jagd von 1½ bis 2 Meilen, die ſchlechteren müſſen vier und zuweilen ſechs Meilen weit den flüchtigen Antilopen nachjagen, ehe dieſe, erſchöpft, ſich ihnen ent- gegenſtellen. Jn dem Augenblick, wo der erſte Hund das Rudel erreicht, wird die Jagd überaus ſpannend und anziehend. Der edle Windhund ſtürzt ſich immer auf das ſtärkſte Thier des Rudels, aber nicht blind, ſondern mit größter Vorſicht, mit unübertrefflicher Gewandtheit und wahrhaft bewunderungs- würdiger Leichtigkeit. Die Antilope verſucht dem Feinde zu entfliehen, ſchlägt Haken nach der Rech- ten, nach der Linken, wirft ſich über den Hund weg und ſpringt rückwärts. Der Kluge ſchneidet ihr jeden Weg ab und kommt ihr immer näher. Endlich ſtellt ſie ſich und weiſt das ſpitze Gehörn: doch Alles hilft ihr Nichts. Jn demſelben Augenblicke, in welchem ſie den Kopf zur Erde beugt, um ihrem Angreifer einen gefährlichen Stoß zu verſetzen, ſpringt dieſer auf ihren Nacken und reißt ſie mit we- nigen Biſſen zur Erde, entweder das Genick oder die Schlagadern durchbeißend. Wenn das Wild ge- fallen iſt, eilen die Araber mit Freudengeſchrei herbei, ſpringen von den Pferden herab und ſchneiden ihrer Beute unter dem Ausrufe: „Be ism lillahi el rachmahn, el rachihm, Allahn akbar!‟ — im Na- men Gottes des Allbarmherzigen, Gott iſt größer! — die Kehle durch, damit ſie ſich verblute, wie das Geſetz des Propheten es befiehlt. Fürchten ſie aber, nicht zur rechten Zeit auf dem Wahlplatze einzu- treffen, ſo rufen ſie von weitem dem Hunde die obigen Worte zu, in dem feſten Glauben, daß nur er ſeinerſeits das geſetzmäßige Schlachten beſorgen werde. Das Gleiche thun ſie auch, wenn ſie ein Thier mit der Kugel erlegen. Sie ſagen, daß ihr Geſchoß durch jene Worte das Geſetz vollſtändig erfülle. Gegen Abend endet die Jagd. Einer der Reiter ſprengt zu den Kamelen zurück, oder gibt deren Führern den Sammelplatz an, auf welchem man übernachten will. Dann zieht Alles dorthin, und ein eigenthümliches, friſches, fröhliches Waidmannsleben erwacht in den Zelten.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 554. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/584>, abgerufen am 27.11.2024.