Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Antilopen. -- Der Goral.

Der Goral (Nemorhoedus Goral) hat die Größe einer Ziege. Seine Länge beträgt gegen
4 Fuß, die des Schwanzes 4, mit dem Haarpinsel 8 Zoll, die Höhe am Widerrist aber 21/4 Fuß. Das
Gehörn des Bockes ist etwa 4 Zoll lang, kurz, dünn, gerundet; an der Wurzel stehen beide Stan-
gen sehr nahe zusammen, gegen das Ende hin biegen sie sich von einander ab. Die Zahl der
Wachsthumsringe schwankt zwischen 20 und 40. Als Artkennzeichen mögen gelten: Ein gedrungener
Leib mit geradem, nicht abschüssigen Rücken, mittellange und schmächtige Beine, mittellanger Hals
und kurzer, nach vorn zu verschmälerter Kopf mit eiförmigen, großen Augen und langen, schmalen
Ohren, sowie ein kurzes, dichtes, etwas abstehendes, zumal an Leib und Hals lockeres Haarkleid
von grauer oder röthlichbrauner Farbe, oben an den Seiten und auch unten, mit Ausnahme eines
schmalen gelben Längsstreifens am Unterleibe, schwarz und röthlich gesprenkelt, an Kinn und Kehle
sowie einem vonhieraus hinter den Wangen nach dem Ohr zu verlaufenden Streifen weiß, auf
dem längs des Rückens verlaufenden Haarkamme aber schwarz.

[Abbildung] Der Goral (Nemorhoedus Goral).

Nur ein ziemlich kleiner Theil Asiens, namentlich Nepal, scheint den Goral zu beherbergen
Hier lebt er auf allen Gebirgen des noch so unbekannten Landes, mehr in der Höhe, als in der Tiefe.
Auf wilden Gehängen, welche hier und da steil abfallen, soll er häufig sein. Er schlägt sich in
starke Rudel und Herden, äßt sich von den verschiedenartigsten Gräsern und Kräutern des Gebirges
und dem Gelaube der Bäume, zieht morgens von den Wäldern aus auf Klüfte und zu den Quellen,
und steigt während des Tages mehr und mehr im Gebirge empor, auf demselben Wege abends wieder
nach dem Walde zurückkehrend.

Alle Bewegungen des Goral stehen denen des Klippspringers kaum oder nicht nach: die Ein-
wohner von Nepal sehen in ihm das schnellste aller Geschöpfe. Aeußerst furchtsam, scheu und
flüchtig, mit vortrefflichen Sinnen begabt, klug und listig, läßt er sich schwer beschleichen und noch
weniger verfolgen. Deshalb lebt er auch in größter Sicherheit und Ruhe, ja fast unbehelligt auf
jenen Gebirgen.

Die Antilopen. — Der Goral.

Der Goral (Nemorhoedus Goral) hat die Größe einer Ziege. Seine Länge beträgt gegen
4 Fuß, die des Schwanzes 4, mit dem Haarpinſel 8 Zoll, die Höhe am Widerriſt aber 2¼ Fuß. Das
Gehörn des Bockes iſt etwa 4 Zoll lang, kurz, dünn, gerundet; an der Wurzel ſtehen beide Stan-
gen ſehr nahe zuſammen, gegen das Ende hin biegen ſie ſich von einander ab. Die Zahl der
Wachsthumsringe ſchwankt zwiſchen 20 und 40. Als Artkennzeichen mögen gelten: Ein gedrungener
Leib mit geradem, nicht abſchüſſigen Rücken, mittellange und ſchmächtige Beine, mittellanger Hals
und kurzer, nach vorn zu verſchmälerter Kopf mit eiförmigen, großen Augen und langen, ſchmalen
Ohren, ſowie ein kurzes, dichtes, etwas abſtehendes, zumal an Leib und Hals lockeres Haarkleid
von grauer oder röthlichbrauner Farbe, oben an den Seiten und auch unten, mit Ausnahme eines
ſchmalen gelben Längsſtreifens am Unterleibe, ſchwarz und röthlich geſprenkelt, an Kinn und Kehle
ſowie einem vonhieraus hinter den Wangen nach dem Ohr zu verlaufenden Streifen weiß, auf
dem längs des Rückens verlaufenden Haarkamme aber ſchwarz.

[Abbildung] Der Goral (Nemorhoedus Goral).

Nur ein ziemlich kleiner Theil Aſiens, namentlich Nepal, ſcheint den Goral zu beherbergen
Hier lebt er auf allen Gebirgen des noch ſo unbekannten Landes, mehr in der Höhe, als in der Tiefe.
Auf wilden Gehängen, welche hier und da ſteil abfallen, ſoll er häufig ſein. Er ſchlägt ſich in
ſtarke Rudel und Herden, äßt ſich von den verſchiedenartigſten Gräſern und Kräutern des Gebirges
und dem Gelaube der Bäume, zieht morgens von den Wäldern aus auf Klüfte und zu den Quellen,
und ſteigt während des Tages mehr und mehr im Gebirge empor, auf demſelben Wege abends wieder
nach dem Walde zurückkehrend.

Alle Bewegungen des Goral ſtehen denen des Klippſpringers kaum oder nicht nach: die Ein-
wohner von Nepal ſehen in ihm das ſchnellſte aller Geſchöpfe. Aeußerſt furchtſam, ſcheu und
flüchtig, mit vortrefflichen Sinnen begabt, klug und liſtig, läßt er ſich ſchwer beſchleichen und noch
weniger verfolgen. Deshalb lebt er auch in größter Sicherheit und Ruhe, ja faſt unbehelligt auf
jenen Gebirgen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0556" n="526"/>
              <fw place="top" type="header">Die Antilopen. &#x2014; Der Goral.</fw><lb/>
              <p>Der <hi rendition="#g">Goral</hi> (<hi rendition="#aq">Nemorhoedus Goral</hi>) hat die Größe einer Ziege. Seine Länge beträgt gegen<lb/>
4 Fuß, die des Schwanzes 4, mit dem Haarpin&#x017F;el 8 Zoll, die Höhe am Widerri&#x017F;t aber 2¼ Fuß. Das<lb/>
Gehörn des Bockes i&#x017F;t etwa 4 Zoll lang, kurz, dünn, gerundet; an der Wurzel &#x017F;tehen beide Stan-<lb/>
gen &#x017F;ehr nahe zu&#x017F;ammen, gegen das Ende hin biegen &#x017F;ie &#x017F;ich von einander ab. Die Zahl der<lb/>
Wachsthumsringe &#x017F;chwankt zwi&#x017F;chen 20 und 40. Als Artkennzeichen mögen gelten: Ein gedrungener<lb/>
Leib mit geradem, nicht ab&#x017F;chü&#x017F;&#x017F;igen Rücken, mittellange und &#x017F;chmächtige Beine, mittellanger Hals<lb/>
und kurzer, nach vorn zu ver&#x017F;chmälerter Kopf mit eiförmigen, großen Augen und langen, &#x017F;chmalen<lb/>
Ohren, &#x017F;owie ein kurzes, dichtes, etwas ab&#x017F;tehendes, zumal an Leib und Hals lockeres Haarkleid<lb/>
von grauer oder röthlichbrauner Farbe, oben an den Seiten und auch unten, mit Ausnahme eines<lb/>
&#x017F;chmalen gelben Längs&#x017F;treifens am Unterleibe, &#x017F;chwarz und röthlich ge&#x017F;prenkelt, an Kinn und Kehle<lb/>
&#x017F;owie einem vonhieraus hinter den Wangen nach dem Ohr zu verlaufenden Streifen weiß, auf<lb/>
dem längs des Rückens verlaufenden Haarkamme aber &#x017F;chwarz.</p><lb/>
              <figure>
                <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Der Goral</hi> (<hi rendition="#aq">Nemorhoedus Goral</hi>).</hi> </head>
              </figure><lb/>
              <p>Nur ein ziemlich kleiner Theil A&#x017F;iens, namentlich Nepal, &#x017F;cheint den Goral zu beherbergen<lb/>
Hier lebt er auf allen Gebirgen des noch &#x017F;o unbekannten Landes, mehr in der Höhe, als in der Tiefe.<lb/>
Auf wilden Gehängen, welche hier und da &#x017F;teil abfallen, &#x017F;oll er häufig &#x017F;ein. Er &#x017F;chlägt &#x017F;ich in<lb/>
&#x017F;tarke Rudel und Herden, äßt &#x017F;ich von den ver&#x017F;chiedenartig&#x017F;ten Grä&#x017F;ern und Kräutern des Gebirges<lb/>
und dem Gelaube der Bäume, zieht morgens von den Wäldern aus auf Klüfte und zu den Quellen,<lb/>
und &#x017F;teigt während des Tages mehr und mehr im Gebirge empor, auf dem&#x017F;elben Wege abends wieder<lb/>
nach dem Walde zurückkehrend.</p><lb/>
              <p>Alle Bewegungen des Goral &#x017F;tehen denen des Klipp&#x017F;pringers kaum oder nicht nach: die Ein-<lb/>
wohner von Nepal &#x017F;ehen in ihm das &#x017F;chnell&#x017F;te aller Ge&#x017F;chöpfe. Aeußer&#x017F;t furcht&#x017F;am, &#x017F;cheu und<lb/>
flüchtig, mit vortrefflichen Sinnen begabt, klug und li&#x017F;tig, läßt er &#x017F;ich &#x017F;chwer be&#x017F;chleichen und noch<lb/>
weniger verfolgen. Deshalb lebt er auch in größter Sicherheit und Ruhe, ja fa&#x017F;t unbehelligt auf<lb/>
jenen Gebirgen.</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[526/0556] Die Antilopen. — Der Goral. Der Goral (Nemorhoedus Goral) hat die Größe einer Ziege. Seine Länge beträgt gegen 4 Fuß, die des Schwanzes 4, mit dem Haarpinſel 8 Zoll, die Höhe am Widerriſt aber 2¼ Fuß. Das Gehörn des Bockes iſt etwa 4 Zoll lang, kurz, dünn, gerundet; an der Wurzel ſtehen beide Stan- gen ſehr nahe zuſammen, gegen das Ende hin biegen ſie ſich von einander ab. Die Zahl der Wachsthumsringe ſchwankt zwiſchen 20 und 40. Als Artkennzeichen mögen gelten: Ein gedrungener Leib mit geradem, nicht abſchüſſigen Rücken, mittellange und ſchmächtige Beine, mittellanger Hals und kurzer, nach vorn zu verſchmälerter Kopf mit eiförmigen, großen Augen und langen, ſchmalen Ohren, ſowie ein kurzes, dichtes, etwas abſtehendes, zumal an Leib und Hals lockeres Haarkleid von grauer oder röthlichbrauner Farbe, oben an den Seiten und auch unten, mit Ausnahme eines ſchmalen gelben Längsſtreifens am Unterleibe, ſchwarz und röthlich geſprenkelt, an Kinn und Kehle ſowie einem vonhieraus hinter den Wangen nach dem Ohr zu verlaufenden Streifen weiß, auf dem längs des Rückens verlaufenden Haarkamme aber ſchwarz. [Abbildung Der Goral (Nemorhoedus Goral).] Nur ein ziemlich kleiner Theil Aſiens, namentlich Nepal, ſcheint den Goral zu beherbergen Hier lebt er auf allen Gebirgen des noch ſo unbekannten Landes, mehr in der Höhe, als in der Tiefe. Auf wilden Gehängen, welche hier und da ſteil abfallen, ſoll er häufig ſein. Er ſchlägt ſich in ſtarke Rudel und Herden, äßt ſich von den verſchiedenartigſten Gräſern und Kräutern des Gebirges und dem Gelaube der Bäume, zieht morgens von den Wäldern aus auf Klüfte und zu den Quellen, und ſteigt während des Tages mehr und mehr im Gebirge empor, auf demſelben Wege abends wieder nach dem Walde zurückkehrend. Alle Bewegungen des Goral ſtehen denen des Klippſpringers kaum oder nicht nach: die Ein- wohner von Nepal ſehen in ihm das ſchnellſte aller Geſchöpfe. Aeußerſt furchtſam, ſcheu und flüchtig, mit vortrefflichen Sinnen begabt, klug und liſtig, läßt er ſich ſchwer beſchleichen und noch weniger verfolgen. Deshalb lebt er auch in größter Sicherheit und Ruhe, ja faſt unbehelligt auf jenen Gebirgen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/556
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 526. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/556>, abgerufen am 23.11.2024.