sicht die Felder durchreitet, vom Pferde herab einen Gua-zu-y im Aufspringen zu schießen. -- Außer dem Menschen hat dieses Wild blos den Cuguar zu fürchten.
Das Wildpret der jungen Thiere ist angenehm, das der alten Ricken etwas zäh, das der Hirsche, wegen der Ausdünstung, ganz ungenießbar. Die Haut benutzt man gegerbt zu Reitdecken und Bettunterlagen.
Unser anmuthiges und liebliches Reh (Capreolus vulgaris) ist der Vertreter einer Sippe von Hirschen mit kurzem Gabelgeweih und kaum bemerkbaren Thränengruben. Nur eine noch keineswegs hinlänglich bekannte asiatische Hirschart, vielleicht nur eine Abart des Rehes, wird mit zu dieser Gruppe gerechnet; andere hierher gehörige Thiere sind noch nicht bekannt worden.
Das Reh wird etwa 31/2 Fuß lang und am Kreuz 21/4 Fuß hoch; das Stumpfschwänzchen oder "die Blume", um mit den Jägern zu sprechen, ist höchstens acht Linien lang und wird nur beim Zer- legen des Thieres sichtbar. Besonders starke Böcke haben eine Länge von 4 und eine Höhe von 21/2 Fuß erreicht; sie sind aber als eine sehr seltene Ausnahme zu betrachten. Das Reh ist ein sehr zierlich gebautes Geschöpf und könnte unsere Dichter zu ähnlichen Vergleichen begeistern, wie die Gazelle die morgenländischen Sänger. Von dem Edelhirsch unterscheidet es sich durch seine ge- drungenere Gestalt, zumal durch den kurzen abgestumpften Kopf. Der Leib ist verhältnißmäßig wenig schlank, vorn etwas stärker als hinten, auf dem Rücken fast gerade, am Widerrist niederer, als am Kreuz; die Beine sind hoch und schlank, die Hufe klein, schmal und spitzig; der Hals ist mäßig lang. Das Gehör steht weit auseinander und ist mittellang, die Lichter sind groß und lebhaft, am oberen Lide lang gewimpert. Jhre Thränengruben sind sehr klein, eigentlich nur schwach ange- deutet; denn sie bilden blos etwa drei Linien lange, seichte, kahle Vertiefungen von abgerundeter, dreieckiger Gestalt. Das Gehörn zeichnet sich durch breite Rosen und durch verhältnißmäßig starke mit weit hervortretenden Perlen besetzte Stangen aus. Gewöhnlich setzt die Hauptstange nur zwei Sprossen an; allein die Entwickelung, welche das Rehgehörn erreichen kann, ist damit noch nicht beendet.
"Die jagdmäßige Zählung der Rehbocksenden," sagt Blasius, "beabsichtigt nicht einen Aus- druck für das Naturgesetz der Gehörnbildung zu geben. Will man das thierkundliche Bildungsgesetz aussprechen, so kommt es weniger auf die Zahl der Enden, als auf die Gesammtform des Gehörns an, mit deren Verbindung die Endenzahl eine Bedeutung gewinnt. Jm ersten Winter erhält der Schmalbock unzertheilte, schlanke Spieße mit schwacher Rose an der Wurzel der Stange; beim Gabel- bock ist die Stange ungefähr in der Mitte getheilt. Die Hauptstange richtet sich von der Theilung an in einem Winkel nach hinten, die Nebensprosse nach vorn. Diese knieförmige Biegung der Haupt- stange ist weit wichtiger, als die vordere Nebensprosse, und man kann den Beck dem Alter nach für einen Gabler ansprechen, wenn die Biegung vorhanden ist und die Nebensprosse fehlt. Beim Sechs- ender theilt sich die nach hinten gebogene Hauptstange zum zweiten Male und biegt sich nach der Theilung wieder nach vorn vor, während sich die zweite hohe Nebensprosse nach hinten wendet. Die zweite knieförmige Biegung kennzeichnet den Sechsender, und man kann den Bock dem Alter und Gehörn nach als Sechser ansprechen, wenn er beide knieförmige Biegungen der Hauptstange zeigt, auch wenn die Nebensprossen beliebig fehlen."
"Mit dem Sechsender schließt gewöhnlich die Gesammtentwickelung ab, indem der Rehbock bei ferneren Aufsätzen in der Regel dieselbe Zahl von Enden wieder erhält. Die regelrechte Entwickelung kann jedoch weiter fortschreiten. Beim Achter theilt sich die über der zweiten Gabel oder Kniebiegung und die nach oben oder nach hinten gerichtete Spitze aufs neue und setzt eine Nebensprosse ab. Der Zehnender ist die höchste regelmäßige Entwickelung des Rehgehörns, welche ich kenne. Er entsteht, wenn die beiden oberen Spitzen des Sechsenders sich gabelig zertheilen; das Gehörn besteht dann aus einer vorderen Mittelsprosse, einer oberen Endgabel und einer hinteren Nebengabel. Gehörne dieser Form kenne ich nur aus Syrmien und Kroatien."
Die Hirſche. — Unſer Reh.
ſicht die Felder durchreitet, vom Pferde herab einen Gua-zu-y im Aufſpringen zu ſchießen. — Außer dem Menſchen hat dieſes Wild blos den Cuguar zu fürchten.
Das Wildpret der jungen Thiere iſt angenehm, das der alten Ricken etwas zäh, das der Hirſche, wegen der Ausdünſtung, ganz ungenießbar. Die Haut benutzt man gegerbt zu Reitdecken und Bettunterlagen.
Unſer anmuthiges und liebliches Reh (Capreolus vulgaris) iſt der Vertreter einer Sippe von Hirſchen mit kurzem Gabelgeweih und kaum bemerkbaren Thränengruben. Nur eine noch keineswegs hinlänglich bekannte aſiatiſche Hirſchart, vielleicht nur eine Abart des Rehes, wird mit zu dieſer Gruppe gerechnet; andere hierher gehörige Thiere ſind noch nicht bekannt worden.
Das Reh wird etwa 3½ Fuß lang und am Kreuz 2¼ Fuß hoch; das Stumpfſchwänzchen oder „die Blume‟, um mit den Jägern zu ſprechen, iſt höchſtens acht Linien lang und wird nur beim Zer- legen des Thieres ſichtbar. Beſonders ſtarke Böcke haben eine Länge von 4 und eine Höhe von 2½ Fuß erreicht; ſie ſind aber als eine ſehr ſeltene Ausnahme zu betrachten. Das Reh iſt ein ſehr zierlich gebautes Geſchöpf und könnte unſere Dichter zu ähnlichen Vergleichen begeiſtern, wie die Gazelle die morgenländiſchen Sänger. Von dem Edelhirſch unterſcheidet es ſich durch ſeine ge- drungenere Geſtalt, zumal durch den kurzen abgeſtumpften Kopf. Der Leib iſt verhältnißmäßig wenig ſchlank, vorn etwas ſtärker als hinten, auf dem Rücken faſt gerade, am Widerriſt niederer, als am Kreuz; die Beine ſind hoch und ſchlank, die Hufe klein, ſchmal und ſpitzig; der Hals iſt mäßig lang. Das Gehör ſteht weit auseinander und iſt mittellang, die Lichter ſind groß und lebhaft, am oberen Lide lang gewimpert. Jhre Thränengruben ſind ſehr klein, eigentlich nur ſchwach ange- deutet; denn ſie bilden blos etwa drei Linien lange, ſeichte, kahle Vertiefungen von abgerundeter, dreieckiger Geſtalt. Das Gehörn zeichnet ſich durch breite Roſen und durch verhältnißmäßig ſtarke mit weit hervortretenden Perlen beſetzte Stangen aus. Gewöhnlich ſetzt die Hauptſtange nur zwei Sproſſen an; allein die Entwickelung, welche das Rehgehörn erreichen kann, iſt damit noch nicht beendet.
„Die jagdmäßige Zählung der Rehbocksenden,‟ ſagt Blaſius, „beabſichtigt nicht einen Aus- druck für das Naturgeſetz der Gehörnbildung zu geben. Will man das thierkundliche Bildungsgeſetz ausſprechen, ſo kommt es weniger auf die Zahl der Enden, als auf die Geſammtform des Gehörns an, mit deren Verbindung die Endenzahl eine Bedeutung gewinnt. Jm erſten Winter erhält der Schmalbock unzertheilte, ſchlanke Spieße mit ſchwacher Roſe an der Wurzel der Stange; beim Gabel- bock iſt die Stange ungefähr in der Mitte getheilt. Die Hauptſtange richtet ſich von der Theilung an in einem Winkel nach hinten, die Nebenſproſſe nach vorn. Dieſe knieförmige Biegung der Haupt- ſtange iſt weit wichtiger, als die vordere Nebenſproſſe, und man kann den Beck dem Alter nach für einen Gabler anſprechen, wenn die Biegung vorhanden iſt und die Nebenſproſſe fehlt. Beim Sechs- ender theilt ſich die nach hinten gebogene Hauptſtange zum zweiten Male und biegt ſich nach der Theilung wieder nach vorn vor, während ſich die zweite hohe Nebenſproſſe nach hinten wendet. Die zweite knieförmige Biegung kennzeichnet den Sechsender, und man kann den Bock dem Alter und Gehörn nach als Sechſer anſprechen, wenn er beide knieförmige Biegungen der Hauptſtange zeigt, auch wenn die Nebenſproſſen beliebig fehlen.‟
„Mit dem Sechsender ſchließt gewöhnlich die Geſammtentwickelung ab, indem der Rehbock bei ferneren Aufſätzen in der Regel dieſelbe Zahl von Enden wieder erhält. Die regelrechte Entwickelung kann jedoch weiter fortſchreiten. Beim Achter theilt ſich die über der zweiten Gabel oder Kniebiegung und die nach oben oder nach hinten gerichtete Spitze aufs neue und ſetzt eine Nebenſproſſe ab. Der Zehnender iſt die höchſte regelmäßige Entwickelung des Rehgehörns, welche ich kenne. Er entſteht, wenn die beiden oberen Spitzen des Sechsenders ſich gabelig zertheilen; das Gehörn beſteht dann aus einer vorderen Mittelſproſſe, einer oberen Endgabel und einer hinteren Nebengabel. Gehörne dieſer Form kenne ich nur aus Syrmien und Kroatien.‟
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[478/0504]
Die Hirſche. — Unſer Reh.
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dem Menſchen hat dieſes Wild blos den Cuguar zu fürchten.
Das Wildpret der jungen Thiere iſt angenehm, das der alten Ricken etwas zäh, das der
Hirſche, wegen der Ausdünſtung, ganz ungenießbar. Die Haut benutzt man gegerbt zu Reitdecken
und Bettunterlagen.
Unſer anmuthiges und liebliches Reh (Capreolus vulgaris) iſt der Vertreter einer Sippe von
Hirſchen mit kurzem Gabelgeweih und kaum bemerkbaren Thränengruben. Nur eine noch keineswegs
hinlänglich bekannte aſiatiſche Hirſchart, vielleicht nur eine Abart des Rehes, wird mit zu dieſer
Gruppe gerechnet; andere hierher gehörige Thiere ſind noch nicht bekannt worden.
Das Reh wird etwa 3½ Fuß lang und am Kreuz 2¼ Fuß hoch; das Stumpfſchwänzchen oder
„die Blume‟, um mit den Jägern zu ſprechen, iſt höchſtens acht Linien lang und wird nur beim Zer-
legen des Thieres ſichtbar. Beſonders ſtarke Böcke haben eine Länge von 4 und eine Höhe von
2½ Fuß erreicht; ſie ſind aber als eine ſehr ſeltene Ausnahme zu betrachten. Das Reh iſt ein ſehr
zierlich gebautes Geſchöpf und könnte unſere Dichter zu ähnlichen Vergleichen begeiſtern, wie die
Gazelle die morgenländiſchen Sänger. Von dem Edelhirſch unterſcheidet es ſich durch ſeine ge-
drungenere Geſtalt, zumal durch den kurzen abgeſtumpften Kopf. Der Leib iſt verhältnißmäßig
wenig ſchlank, vorn etwas ſtärker als hinten, auf dem Rücken faſt gerade, am Widerriſt niederer,
als am Kreuz; die Beine ſind hoch und ſchlank, die Hufe klein, ſchmal und ſpitzig; der Hals iſt
mäßig lang. Das Gehör ſteht weit auseinander und iſt mittellang, die Lichter ſind groß und lebhaft,
am oberen Lide lang gewimpert. Jhre Thränengruben ſind ſehr klein, eigentlich nur ſchwach ange-
deutet; denn ſie bilden blos etwa drei Linien lange, ſeichte, kahle Vertiefungen von abgerundeter,
dreieckiger Geſtalt. Das Gehörn zeichnet ſich durch breite Roſen und durch verhältnißmäßig ſtarke
mit weit hervortretenden Perlen beſetzte Stangen aus. Gewöhnlich ſetzt die Hauptſtange nur zwei
Sproſſen an; allein die Entwickelung, welche das Rehgehörn erreichen kann, iſt damit noch nicht
beendet.
„Die jagdmäßige Zählung der Rehbocksenden,‟ ſagt Blaſius, „beabſichtigt nicht einen Aus-
druck für das Naturgeſetz der Gehörnbildung zu geben. Will man das thierkundliche Bildungsgeſetz
ausſprechen, ſo kommt es weniger auf die Zahl der Enden, als auf die Geſammtform des Gehörns
an, mit deren Verbindung die Endenzahl eine Bedeutung gewinnt. Jm erſten Winter erhält der
Schmalbock unzertheilte, ſchlanke Spieße mit ſchwacher Roſe an der Wurzel der Stange; beim Gabel-
bock iſt die Stange ungefähr in der Mitte getheilt. Die Hauptſtange richtet ſich von der Theilung an
in einem Winkel nach hinten, die Nebenſproſſe nach vorn. Dieſe knieförmige Biegung der Haupt-
ſtange iſt weit wichtiger, als die vordere Nebenſproſſe, und man kann den Beck dem Alter nach für
einen Gabler anſprechen, wenn die Biegung vorhanden iſt und die Nebenſproſſe fehlt. Beim Sechs-
ender theilt ſich die nach hinten gebogene Hauptſtange zum zweiten Male und biegt ſich nach der
Theilung wieder nach vorn vor, während ſich die zweite hohe Nebenſproſſe nach hinten wendet. Die
zweite knieförmige Biegung kennzeichnet den Sechsender, und man kann den Bock dem Alter und
Gehörn nach als Sechſer anſprechen, wenn er beide knieförmige Biegungen der Hauptſtange zeigt,
auch wenn die Nebenſproſſen beliebig fehlen.‟
„Mit dem Sechsender ſchließt gewöhnlich die Geſammtentwickelung ab, indem der Rehbock bei
ferneren Aufſätzen in der Regel dieſelbe Zahl von Enden wieder erhält. Die regelrechte Entwickelung
kann jedoch weiter fortſchreiten. Beim Achter theilt ſich die über der zweiten Gabel oder Kniebiegung
und die nach oben oder nach hinten gerichtete Spitze aufs neue und ſetzt eine Nebenſproſſe ab. Der
Zehnender iſt die höchſte regelmäßige Entwickelung des Rehgehörns, welche ich kenne. Er entſteht,
wenn die beiden oberen Spitzen des Sechsenders ſich gabelig zertheilen; das Gehörn beſteht dann aus
einer vorderen Mittelſproſſe, einer oberen Endgabel und einer hinteren Nebengabel. Gehörne dieſer
Form kenne ich nur aus Syrmien und Kroatien.‟
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 478. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/504>, abgerufen am 23.11.2024.
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