oder, wenn man das amerikanische Mosthier als besondere Art erklärt, zwei Vertreter haben, sind gewaltige, plump gebaute, hochbeinige Geschöpfe, mit breiten, schaufelartig ausgebreiteten, finger- förmig eingeschnittenen, vielfach gezackten Geweihen, an denen die Augen- und die Mittelsprossen fehlen; sie besitzen kleine Thränengruben, Haarbüschel an der Jnnenseite der Fußwurzel und Klauen- drüsen, aber keine Eckzähne. Der Kopf ist häßlich, die obere Lippe hängt über, die Augen sind klein, die Ohren lang und breit; der Schwanz ist sehr kurz.
Schon seit alten Zeiten ist der Elch oder das Elen (Alces jubata) ein hoch berühmtes, deutsches Thier. Ueber den Ursprung des Namens ist man noch nicht im Klaren: Einige behaupten, daß er aus dem alten Worte "elend" oder "elent" gebildet sei und so viel als stark bedeute; Andere nehmen an, daß er von dem slavischen Worte "Jelen" -- Hirsch -- herstammen soll. So viel ist sicher, daß der lateinische Name Alce von dem deutschen entstanden ist.
Bereits die alten römischen Schriftsteller kennen den Elch als deutsches Thier. "Es gibt im Hercy- nischen Walde", sagt Julius Cäsar, "Alces, den Ziegen in Gestalt und Verschiedenheit der Färbung ähnliche Thiere, aber größer und ohne Hörner, die Füße ohne Gelenke. Sie legen sich auch nicht, um zu ruhen und können nicht aufstehen, wenn sie gefallen sind. Um zu schlafen, lehnen sie sich an Bäume; daher graben diese die Jäger aus und hauen sie so ab, daß sie leicht umfallen, sammt dem Thiere, wenn es sich daran lehnt." Plinius weiß noch mehr zu sagen, er gibt noch an, daß das Thier eine große Oberlippe hat und deshalb rückwärts weiden müsse. Pausanias weiß, daß blos das Männchen Hörner trägt, nicht auch das Weibchen. Unter GordonIII. zwischen den Jahren 238 bis 244 nach Christus wurden 10 Stück Elenthiere nach Rom gebracht; Aurelian ließ sich mehrere bei seinem Triumphzug voranführen. Jm Mittelalter wird das Thier oft erwähnt, nament- lich auch im Nibelungenliede, wo es unter dem Namen des "Elk" und "grimmen Schelch" vor- kommt. Wenn die Sage recht berichtet, wäre zu dieser Zeit das Elenthier durch ganz Deutschland bis zum äußersten Westen hin vorgekommen; denn gerade bei Beschreibung der Jagd Siegfrieds im Wasgau heißt es:
"Darnach schlug er wieder ein Wiesent und einen Elk, Starker Auer viere und einen grimmen Schelk."
Jn den Urkunden des Kaisers Otto des Großen vom Jahre 943 wird geboten, daß Niemand ohne Erlaubniß des Bischofs Balderich in den Forsten von Drenthe am Niederrhein Hirsche, Bären, Rehe, Eber und diejenigen wilden Thiere jagen dürfe, welche in der deutschen Sprache Elo oder Schelo heißen. Dasselbe Verbot findet sich noch in einer Urkunde Heinrichs II. vom Jahre 1006 und in einer anderen von Konrad II. vom Jahre 1025. Jn den norddeutschen Torfmooren, bei Braunschweig, in Hannover, Pommern, in alten Hünengräbern etc., findet man jetzt noch Elen- geweihe, gewöhnlich in versteinertem Zustande. -- Der oftgenannte Bischof von Upsala, Olaus Magnus, ist der Erste, welcher den Schelch näher kennzeichnete. "Wie die Hirsche," sagt er, "schwärmen diese Thiere herdenweise in den großen Wildnissen umher und werden häufig von den Jägern in ausgespannten Netzen oder in Klüften gefangen, wohinein sie durch große Hunde getrieben und mit Spießen und Pfeilen erlegt werden; auch das Hermelin springt ihnen manchmal, wenn sie auf dem Boden weiden oder auch aufrecht stehen, an die Kehle und beißt sie dermaßen, daß sie ver- bluten. Die Elenthiere kämpfen mit den Wölfen und schlagen sie oft mit den Hufen todt, beson- ders auf dem Eise, wo sie fester stehen, als die Wölfe." -- Nach einem Schreiben des Bischofs von Pomesanien an den Hochmeister stand im Jahre 1488 noch viel Elenwild in diesem Bisthum. -- "Jn Pommern", sagt Kantzow in seiner "Pomerania" (1530), "hat's auch große Heiden, daselbst flegt man elende. Das thier hat von seiner vnmacht den namen bekhomen, den es hat nichts, da- mit es sich veren khan; es hat wol breite hörner, aber es weiß sich nicht mit zu behelffen, sondern es verbirgt sich in die vnwegsamsten sümpfe und walde, das es sicher sey."
Die Hirſche. — Der Elch oder das Elen.
oder, wenn man das amerikaniſche Mosthier als beſondere Art erklärt, zwei Vertreter haben, ſind gewaltige, plump gebaute, hochbeinige Geſchöpfe, mit breiten, ſchaufelartig ausgebreiteten, finger- förmig eingeſchnittenen, vielfach gezackten Geweihen, an denen die Augen- und die Mittelſproſſen fehlen; ſie beſitzen kleine Thränengruben, Haarbüſchel an der Jnnenſeite der Fußwurzel und Klauen- drüſen, aber keine Eckzähne. Der Kopf iſt häßlich, die obere Lippe hängt über, die Augen ſind klein, die Ohren lang und breit; der Schwanz iſt ſehr kurz.
Schon ſeit alten Zeiten iſt der Elch oder das Elen (Alces jubata) ein hoch berühmtes, deutſches Thier. Ueber den Urſprung des Namens iſt man noch nicht im Klaren: Einige behaupten, daß er aus dem alten Worte „elend‟ oder „elent‟ gebildet ſei und ſo viel als ſtark bedeute; Andere nehmen an, daß er von dem ſlaviſchen Worte „Jelen‟ — Hirſch — herſtammen ſoll. So viel iſt ſicher, daß der lateiniſche Name Alce von dem deutſchen entſtanden iſt.
Bereits die alten römiſchen Schriftſteller kennen den Elch als deutſches Thier. „Es gibt im Hercy- niſchen Walde‟, ſagt Julius Cäſar, „Alces, den Ziegen in Geſtalt und Verſchiedenheit der Färbung ähnliche Thiere, aber größer und ohne Hörner, die Füße ohne Gelenke. Sie legen ſich auch nicht, um zu ruhen und können nicht aufſtehen, wenn ſie gefallen ſind. Um zu ſchlafen, lehnen ſie ſich an Bäume; daher graben dieſe die Jäger aus und hauen ſie ſo ab, daß ſie leicht umfallen, ſammt dem Thiere, wenn es ſich daran lehnt.‟ Plinius weiß noch mehr zu ſagen, er gibt noch an, daß das Thier eine große Oberlippe hat und deshalb rückwärts weiden müſſe. Pauſanias weiß, daß blos das Männchen Hörner trägt, nicht auch das Weibchen. Unter GordonIII. zwiſchen den Jahren 238 bis 244 nach Chriſtus wurden 10 Stück Elenthiere nach Rom gebracht; Aurelian ließ ſich mehrere bei ſeinem Triumphzug voranführen. Jm Mittelalter wird das Thier oft erwähnt, nament- lich auch im Nibelungenliede, wo es unter dem Namen des „Elk‟ und „grimmen Schelch‟ vor- kommt. Wenn die Sage recht berichtet, wäre zu dieſer Zeit das Elenthier durch ganz Deutſchland bis zum äußerſten Weſten hin vorgekommen; denn gerade bei Beſchreibung der Jagd Siegfrieds im Wasgau heißt es:
„Darnach ſchlug er wieder ein Wieſent und einen Elk, Starker Auer viere und einen grimmen Schelk.‟
Jn den Urkunden des Kaiſers Otto des Großen vom Jahre 943 wird geboten, daß Niemand ohne Erlaubniß des Biſchofs Balderich in den Forſten von Drenthe am Niederrhein Hirſche, Bären, Rehe, Eber und diejenigen wilden Thiere jagen dürfe, welche in der deutſchen Sprache Elo oder Schelo heißen. Daſſelbe Verbot findet ſich noch in einer Urkunde Heinrichs II. vom Jahre 1006 und in einer anderen von Konrad II. vom Jahre 1025. Jn den norddeutſchen Torfmooren, bei Braunſchweig, in Hannover, Pommern, in alten Hünengräbern ꝛc., findet man jetzt noch Elen- geweihe, gewöhnlich in verſteinertem Zuſtande. — Der oftgenannte Biſchof von Upſala, Olaus Magnus, iſt der Erſte, welcher den Schelch näher kennzeichnete. „Wie die Hirſche,‟ ſagt er, „ſchwärmen dieſe Thiere herdenweiſe in den großen Wildniſſen umher und werden häufig von den Jägern in ausgeſpannten Netzen oder in Klüften gefangen, wohinein ſie durch große Hunde getrieben und mit Spießen und Pfeilen erlegt werden; auch das Hermelin ſpringt ihnen manchmal, wenn ſie auf dem Boden weiden oder auch aufrecht ſtehen, an die Kehle und beißt ſie dermaßen, daß ſie ver- bluten. Die Elenthiere kämpfen mit den Wölfen und ſchlagen ſie oft mit den Hufen todt, beſon- ders auf dem Eiſe, wo ſie feſter ſtehen, als die Wölfe.‟ — Nach einem Schreiben des Biſchofs von Pomeſanien an den Hochmeiſter ſtand im Jahre 1488 noch viel Elenwild in dieſem Bisthum. — „Jn Pommern‟, ſagt Kantzow in ſeiner „Pomerania‟ (1530), „hat’s auch große Heiden, daſelbſt flegt man elende. Das thier hat von ſeiner vnmacht den namen bekhomen, den es hat nichts, da- mit es ſich veren khan; es hat wol breite hörner, aber es weiß ſich nicht mit zu behelffen, ſondern es verbirgt ſich in die vnwegſamſten ſümpfe und walde, das es ſicher ſey.‟
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Die Hirſche. — Der Elch oder das Elen.
oder, wenn man das amerikaniſche Mosthier als beſondere Art erklärt, zwei Vertreter haben,
ſind gewaltige, plump gebaute, hochbeinige Geſchöpfe, mit breiten, ſchaufelartig ausgebreiteten, finger-
förmig eingeſchnittenen, vielfach gezackten Geweihen, an denen die Augen- und die Mittelſproſſen
fehlen; ſie beſitzen kleine Thränengruben, Haarbüſchel an der Jnnenſeite der Fußwurzel und Klauen-
drüſen, aber keine Eckzähne. Der Kopf iſt häßlich, die obere Lippe hängt über, die Augen ſind
klein, die Ohren lang und breit; der Schwanz iſt ſehr kurz.
Schon ſeit alten Zeiten iſt der Elch oder das Elen (Alces jubata) ein hoch berühmtes,
deutſches Thier. Ueber den Urſprung des Namens iſt man noch nicht im Klaren: Einige behaupten,
daß er aus dem alten Worte „elend‟ oder „elent‟ gebildet ſei und ſo viel als ſtark bedeute; Andere
nehmen an, daß er von dem ſlaviſchen Worte „Jelen‟ — Hirſch — herſtammen ſoll. So viel iſt
ſicher, daß der lateiniſche Name Alce von dem deutſchen entſtanden iſt.
Bereits die alten römiſchen Schriftſteller kennen den Elch als deutſches Thier. „Es gibt im Hercy-
niſchen Walde‟, ſagt Julius Cäſar, „Alces, den Ziegen in Geſtalt und Verſchiedenheit der Färbung
ähnliche Thiere, aber größer und ohne Hörner, die Füße ohne Gelenke. Sie legen ſich auch nicht,
um zu ruhen und können nicht aufſtehen, wenn ſie gefallen ſind. Um zu ſchlafen, lehnen ſie ſich an
Bäume; daher graben dieſe die Jäger aus und hauen ſie ſo ab, daß ſie leicht umfallen, ſammt dem
Thiere, wenn es ſich daran lehnt.‟ Plinius weiß noch mehr zu ſagen, er gibt noch an, daß das
Thier eine große Oberlippe hat und deshalb rückwärts weiden müſſe. Pauſanias weiß, daß blos
das Männchen Hörner trägt, nicht auch das Weibchen. Unter Gordon III. zwiſchen den Jahren
238 bis 244 nach Chriſtus wurden 10 Stück Elenthiere nach Rom gebracht; Aurelian ließ ſich
mehrere bei ſeinem Triumphzug voranführen. Jm Mittelalter wird das Thier oft erwähnt, nament-
lich auch im Nibelungenliede, wo es unter dem Namen des „Elk‟ und „grimmen Schelch‟ vor-
kommt. Wenn die Sage recht berichtet, wäre zu dieſer Zeit das Elenthier durch ganz Deutſchland
bis zum äußerſten Weſten hin vorgekommen; denn gerade bei Beſchreibung der Jagd Siegfrieds im
Wasgau heißt es:
„Darnach ſchlug er wieder ein Wieſent und einen Elk,
Starker Auer viere und einen grimmen Schelk.‟
Jn den Urkunden des Kaiſers Otto des Großen vom Jahre 943 wird geboten, daß Niemand ohne
Erlaubniß des Biſchofs Balderich in den Forſten von Drenthe am Niederrhein Hirſche, Bären,
Rehe, Eber und diejenigen wilden Thiere jagen dürfe, welche in der deutſchen Sprache Elo oder
Schelo heißen. Daſſelbe Verbot findet ſich noch in einer Urkunde Heinrichs II. vom Jahre 1006
und in einer anderen von Konrad II. vom Jahre 1025. Jn den norddeutſchen Torfmooren, bei
Braunſchweig, in Hannover, Pommern, in alten Hünengräbern ꝛc., findet man jetzt noch Elen-
geweihe, gewöhnlich in verſteinertem Zuſtande. — Der oftgenannte Biſchof von Upſala, Olaus
Magnus, iſt der Erſte, welcher den Schelch näher kennzeichnete. „Wie die Hirſche,‟ ſagt er,
„ſchwärmen dieſe Thiere herdenweiſe in den großen Wildniſſen umher und werden häufig von den
Jägern in ausgeſpannten Netzen oder in Klüften gefangen, wohinein ſie durch große Hunde getrieben
und mit Spießen und Pfeilen erlegt werden; auch das Hermelin ſpringt ihnen manchmal, wenn ſie
auf dem Boden weiden oder auch aufrecht ſtehen, an die Kehle und beißt ſie dermaßen, daß ſie ver-
bluten. Die Elenthiere kämpfen mit den Wölfen und ſchlagen ſie oft mit den Hufen todt, beſon-
ders auf dem Eiſe, wo ſie feſter ſtehen, als die Wölfe.‟ — Nach einem Schreiben des Biſchofs von
Pomeſanien an den Hochmeiſter ſtand im Jahre 1488 noch viel Elenwild in dieſem Bisthum. —
„Jn Pommern‟, ſagt Kantzow in ſeiner „Pomerania‟ (1530), „hat’s auch große Heiden, daſelbſt
flegt man elende. Das thier hat von ſeiner vnmacht den namen bekhomen, den es hat nichts, da-
mit es ſich veren khan; es hat wol breite hörner, aber es weiß ſich nicht mit zu behelffen, ſondern
es verbirgt ſich in die vnwegſamſten ſümpfe und walde, das es ſicher ſey.‟
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/448>, abgerufen am 23.11.2024.
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