bekommt gehörig zu fressen und zu trinken; dafür aber muthet man ihm beinahe Unmögliches zu, und bestraft es hart mit Prügeln, Steinwürfen, auch wohl mit Messerstichen, wenn es den Wünschen des Herrn nicht augenblicklich nachkommt. Eine Reise mit dem spanischen Eilwagen ist eine wahre Höllenfahrt. Fünf Paar Maulthiere werden hinter einander gespannt; auf dem vordersten Sattel- thier sitzt der Vorreiter, hinten auf dem Bock der Kutscher mit einer fürchterlichen Peitsche, und neben ihm noch ein besonderer Maulthiertreiber, welcher einen tüchtigen Knüttel führt. Jedes Maulthier hat seinen besonderen Namen erhalten, und der Teufel ist ihm bei seiner "Taufe" so gründlich ausgetrieben worden, daß auch dem eifrigsten Pfaffen Nichts mehr zu wünschen übrig bleiben dürfte. Das zum Postdienst bestimmte Thier wird fest an einen Pfahl gebunden, und außerdem noch durch einen starken Mann gehalten. Ein zweiter Sachverständiger führt eine un- geheure Peitsche in der Hand und prügelt nun plötzlich auf das arme, unschuldige Geschöpf los, ihm dabei aus voller Kehle den bestimmten Namen ins Ohr schreiend. Nach etwa einer Viertelstunde führt man den "Täufling" ab und gibt ihm gut zu fressen; die nächsten Tage aber beginnt die Lehre von neuem, und gewöhnlich hat erst am achten oder zehnten Tage das Maulthier dem Teufel und all seinem Wesen und Wirken entsagt d. h. sich der Absicht seiner Peiniger gefügt. Wenn es fortan seinen Namen hört, gedenkt es der greulichen Prügel, legt die Ohren zurück und beginnt zu laufen.
Die Namen, welche man den Maulthieren verleiht, stehen in keinem Kalender und sind je nach den Provinzen verschieden: Frances (Franzose), Jngles (Engländer), Generala (Gene- ralin), Coronela (Oberstin), Valerosa (Muthige), Platera (Silberne), scheinen sehr beliebt zu sein.
Noch in der neuesten Zeit ist wiederholt behauptet worden, daß Maulthier oder Maulesel unfruchtbar seien. Dies ist jedoch nicht immer der Fall. Schon seit den ältesten Zeiten sind Bei- spiele bekannt, daß die Blendlinge zwischen Esel und Pferd wiederum Junge erzeugten; weil man aber solch eine ungewöhnliche Sache als ein Hexenwerk oder ein unheildrohendes Ereigniß betrachtete, sind solche Fälle oft verschwiegen worden. Bekanntlich wird die Maulthierzucht gerade da am eif- rigsten betrieben, wo die Herren Pfaffen noch die meiste Macht ausüben, oder was Dasselbe sagen will, wo sie noch mit vollem Eifer der Bildung und Gesittung entgegenwirken können. Aus diesen Ländern erfährt man, wie leicht erklärlich, sehr wenig Naturwissenschaftliches, und deshalb können wir bisjetzt auch nur von einigen Beispielen reden, welche die Fruchtbarkeit solcher Bastarde bestätigen. Der erste bekannte Fall ereignete sich in Rom im Jahre 1527; später erfuhr man von zwei Fällen in St. Domingo. Jn Valencia in Spanien wurde im Jahr 1762 eine schöne braune Maulthierstute mit einem prächtigen grauen Andalusier gekreuzt und warf nach der üblichen Tragzeit im folgenden Jahre ein sehr schönes, fuchsrothes Fohlen mit schwarzer Mähne, welches alle Eigenschaften der guten, reinen Pferderasse zeigte, außerordentlich lebhaft und bereits im Alter von 21/2 Jahren zum Reiten geeignet war. Dieselbe Stute warf je zwei Jahre später ein zweites, drittes, viertes und fünftes Fohlen, welche sämmtlich von demselben Hengst erzeugt wurden und alle von gleicher Schönheit, als das erste waren. Auch in Oettingen warf eine Maulthierstute im Jahre 1759 ein männliches, von einem Pferdehengste erzeugtes Fohlen, welches sich nur durch die etwas langen Ohren auszeichnete, sonst aber einem jungen Pferde vollkommen glich. Ein anderes, von Pferd und Maulthierstute erzeugtes Fohlen wurde in Schottland geworfen, aber von den bie- deren Landleuten, welche das Thier für ein Ungeheuer erklärten, sofort getödtet. Aus der neueren Zeit liegen ebenfalls mehrere Beobachtungen vor, welche die Fortpflanzungsfähigkeit des Maul- thieres außer allen Zweifel stellen.
Ein alter lateinischer Schriftsteller erzählt, daß Caracalla im Jahre 211 unserer Zeit- rechnung in Rom neben Tiger, Elefant und Nashorn auch einen Hippotigris auftreten
Das Maulthier. Der Mauleſel.
bekommt gehörig zu freſſen und zu trinken; dafür aber muthet man ihm beinahe Unmögliches zu, und beſtraft es hart mit Prügeln, Steinwürfen, auch wohl mit Meſſerſtichen, wenn es den Wünſchen des Herrn nicht augenblicklich nachkommt. Eine Reiſe mit dem ſpaniſchen Eilwagen iſt eine wahre Höllenfahrt. Fünf Paar Maulthiere werden hinter einander geſpannt; auf dem vorderſten Sattel- thier ſitzt der Vorreiter, hinten auf dem Bock der Kutſcher mit einer fürchterlichen Peitſche, und neben ihm noch ein beſonderer Maulthiertreiber, welcher einen tüchtigen Knüttel führt. Jedes Maulthier hat ſeinen beſonderen Namen erhalten, und der Teufel iſt ihm bei ſeiner „Taufe‟ ſo gründlich ausgetrieben worden, daß auch dem eifrigſten Pfaffen Nichts mehr zu wünſchen übrig bleiben dürfte. Das zum Poſtdienſt beſtimmte Thier wird feſt an einen Pfahl gebunden, und außerdem noch durch einen ſtarken Mann gehalten. Ein zweiter Sachverſtändiger führt eine un- geheure Peitſche in der Hand und prügelt nun plötzlich auf das arme, unſchuldige Geſchöpf los, ihm dabei aus voller Kehle den beſtimmten Namen ins Ohr ſchreiend. Nach etwa einer Viertelſtunde führt man den „Täufling‟ ab und gibt ihm gut zu freſſen; die nächſten Tage aber beginnt die Lehre von neuem, und gewöhnlich hat erſt am achten oder zehnten Tage das Maulthier dem Teufel und all ſeinem Weſen und Wirken entſagt d. h. ſich der Abſicht ſeiner Peiniger gefügt. Wenn es fortan ſeinen Namen hört, gedenkt es der greulichen Prügel, legt die Ohren zurück und beginnt zu laufen.
Die Namen, welche man den Maulthieren verleiht, ſtehen in keinem Kalender und ſind je nach den Provinzen verſchieden: Francés (Franzoſe), Jngles (Engländer), Generala (Gene- ralin), Coronela (Oberſtin), Valeroſa (Muthige), Platera (Silberne), ſcheinen ſehr beliebt zu ſein.
Noch in der neueſten Zeit iſt wiederholt behauptet worden, daß Maulthier oder Mauleſel unfruchtbar ſeien. Dies iſt jedoch nicht immer der Fall. Schon ſeit den älteſten Zeiten ſind Bei- ſpiele bekannt, daß die Blendlinge zwiſchen Eſel und Pferd wiederum Junge erzeugten; weil man aber ſolch eine ungewöhnliche Sache als ein Hexenwerk oder ein unheildrohendes Ereigniß betrachtete, ſind ſolche Fälle oft verſchwiegen worden. Bekanntlich wird die Maulthierzucht gerade da am eif- rigſten betrieben, wo die Herren Pfaffen noch die meiſte Macht ausüben, oder was Daſſelbe ſagen will, wo ſie noch mit vollem Eifer der Bildung und Geſittung entgegenwirken können. Aus dieſen Ländern erfährt man, wie leicht erklärlich, ſehr wenig Naturwiſſenſchaftliches, und deshalb können wir bisjetzt auch nur von einigen Beiſpielen reden, welche die Fruchtbarkeit ſolcher Baſtarde beſtätigen. Der erſte bekannte Fall ereignete ſich in Rom im Jahre 1527; ſpäter erfuhr man von zwei Fällen in St. Domingo. Jn Valencia in Spanien wurde im Jahr 1762 eine ſchöne braune Maulthierſtute mit einem prächtigen grauen Andaluſier gekreuzt und warf nach der üblichen Tragzeit im folgenden Jahre ein ſehr ſchönes, fuchsrothes Fohlen mit ſchwarzer Mähne, welches alle Eigenſchaften der guten, reinen Pferderaſſe zeigte, außerordentlich lebhaft und bereits im Alter von 2½ Jahren zum Reiten geeignet war. Dieſelbe Stute warf je zwei Jahre ſpäter ein zweites, drittes, viertes und fünftes Fohlen, welche ſämmtlich von demſelben Hengſt erzeugt wurden und alle von gleicher Schönheit, als das erſte waren. Auch in Oettingen warf eine Maulthierſtute im Jahre 1759 ein männliches, von einem Pferdehengſte erzeugtes Fohlen, welches ſich nur durch die etwas langen Ohren auszeichnete, ſonſt aber einem jungen Pferde vollkommen glich. Ein anderes, von Pferd und Maulthierſtute erzeugtes Fohlen wurde in Schottland geworfen, aber von den bie- deren Landleuten, welche das Thier für ein Ungeheuer erklärten, ſofort getödtet. Aus der neueren Zeit liegen ebenfalls mehrere Beobachtungen vor, welche die Fortpflanzungsfähigkeit des Maul- thieres außer allen Zweifel ſtellen.
Ein alter lateiniſcher Schriftſteller erzählt, daß Caracalla im Jahre 211 unſerer Zeit- rechnung in Rom neben Tiger, Elefant und Nashorn auch einen Hippotigris auftreten
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[373/0395]
Das Maulthier. Der Mauleſel.
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des Herrn nicht augenblicklich nachkommt. Eine Reiſe mit dem ſpaniſchen Eilwagen iſt eine wahre
Höllenfahrt. Fünf Paar Maulthiere werden hinter einander geſpannt; auf dem vorderſten Sattel-
thier ſitzt der Vorreiter, hinten auf dem Bock der Kutſcher mit einer fürchterlichen Peitſche, und
neben ihm noch ein beſonderer Maulthiertreiber, welcher einen tüchtigen Knüttel führt. Jedes
Maulthier hat ſeinen beſonderen Namen erhalten, und der Teufel iſt ihm bei ſeiner „Taufe‟ ſo
gründlich ausgetrieben worden, daß auch dem eifrigſten Pfaffen Nichts mehr zu wünſchen übrig
bleiben dürfte. Das zum Poſtdienſt beſtimmte Thier wird feſt an einen Pfahl gebunden, und
außerdem noch durch einen ſtarken Mann gehalten. Ein zweiter Sachverſtändiger führt eine un-
geheure Peitſche in der Hand und prügelt nun plötzlich auf das arme, unſchuldige Geſchöpf los, ihm
dabei aus voller Kehle den beſtimmten Namen ins Ohr ſchreiend. Nach etwa einer Viertelſtunde
führt man den „Täufling‟ ab und gibt ihm gut zu freſſen; die nächſten Tage aber beginnt die Lehre
von neuem, und gewöhnlich hat erſt am achten oder zehnten Tage das Maulthier dem Teufel
und all ſeinem Weſen und Wirken entſagt d. h. ſich der Abſicht ſeiner Peiniger gefügt. Wenn
es fortan ſeinen Namen hört, gedenkt es der greulichen Prügel, legt die Ohren zurück und beginnt
zu laufen.
Die Namen, welche man den Maulthieren verleiht, ſtehen in keinem Kalender und ſind je
nach den Provinzen verſchieden: Francés (Franzoſe), Jngles (Engländer), Generala (Gene-
ralin), Coronela (Oberſtin), Valeroſa (Muthige), Platera (Silberne), ſcheinen ſehr beliebt
zu ſein.
Noch in der neueſten Zeit iſt wiederholt behauptet worden, daß Maulthier oder Mauleſel
unfruchtbar ſeien. Dies iſt jedoch nicht immer der Fall. Schon ſeit den älteſten Zeiten ſind Bei-
ſpiele bekannt, daß die Blendlinge zwiſchen Eſel und Pferd wiederum Junge erzeugten; weil man
aber ſolch eine ungewöhnliche Sache als ein Hexenwerk oder ein unheildrohendes Ereigniß betrachtete,
ſind ſolche Fälle oft verſchwiegen worden. Bekanntlich wird die Maulthierzucht gerade da am eif-
rigſten betrieben, wo die Herren Pfaffen noch die meiſte Macht ausüben, oder was Daſſelbe ſagen
will, wo ſie noch mit vollem Eifer der Bildung und Geſittung entgegenwirken können. Aus
dieſen Ländern erfährt man, wie leicht erklärlich, ſehr wenig Naturwiſſenſchaftliches, und deshalb
können wir bisjetzt auch nur von einigen Beiſpielen reden, welche die Fruchtbarkeit ſolcher Baſtarde
beſtätigen. Der erſte bekannte Fall ereignete ſich in Rom im Jahre 1527; ſpäter erfuhr man
von zwei Fällen in St. Domingo. Jn Valencia in Spanien wurde im Jahr 1762 eine ſchöne
braune Maulthierſtute mit einem prächtigen grauen Andaluſier gekreuzt und warf nach der üblichen
Tragzeit im folgenden Jahre ein ſehr ſchönes, fuchsrothes Fohlen mit ſchwarzer Mähne, welches
alle Eigenſchaften der guten, reinen Pferderaſſe zeigte, außerordentlich lebhaft und bereits im Alter
von 2½ Jahren zum Reiten geeignet war. Dieſelbe Stute warf je zwei Jahre ſpäter ein zweites,
drittes, viertes und fünftes Fohlen, welche ſämmtlich von demſelben Hengſt erzeugt wurden und
alle von gleicher Schönheit, als das erſte waren. Auch in Oettingen warf eine Maulthierſtute im
Jahre 1759 ein männliches, von einem Pferdehengſte erzeugtes Fohlen, welches ſich nur durch die
etwas langen Ohren auszeichnete, ſonſt aber einem jungen Pferde vollkommen glich. Ein anderes,
von Pferd und Maulthierſtute erzeugtes Fohlen wurde in Schottland geworfen, aber von den bie-
deren Landleuten, welche das Thier für ein Ungeheuer erklärten, ſofort getödtet. Aus der neueren
Zeit liegen ebenfalls mehrere Beobachtungen vor, welche die Fortpflanzungsfähigkeit des Maul-
thieres außer allen Zweifel ſtellen.
Ein alter lateiniſcher Schriftſteller erzählt, daß Caracalla im Jahre 211 unſerer Zeit-
rechnung in Rom neben Tiger, Elefant und Nashorn auch einen Hippotigris auftreten
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/395>, abgerufen am 20.07.2024.
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