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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Der Kiang. Der Onager.
Stück davon auf Kohlen verbrennt und einem kranken Thiere den Dampf einathmen läßt, wird
es gesund.

Nach Angabe der Mongolen wirft die Stute im Frühling ein Fohlen, welches schon nach
drei Jahren ausgewachsen ist.

Der Dschiggetai ist im vorigen Jahrhundert niemals vollständig gezähmt worden, obgleich
die Mongolen, geborene Reiter und Hirten, es oft versucht haben sollen, gefangene junge Füllen
zu erziehen. "Gelänge die Zähmung," sagt Pallas, "so würde man an den Dschiggetais nicht
nur die schnellsten und flüchtigsten Jagdklepper bekommen, sondern auch die Eselzucht wesentlich ver-
bessern. Bisher ist er, wie das Zebra, noch nicht gezähmt worden; doch glaube ich, daß man die
Hoffnung, ihn zum Hausthier zu machen, nicht aufgeben darf." Diese Voraussagung des berühmten
Forschers ist ihrer Erfüllung wenigstens sehr nahe gekommen. Man hat das schöne Thier in den
letzten zwanzig Jahren nicht nur wiederholt in Thiergärten gehalten, sondern auch öfters -- nach
Dr. Weinland in Paris allein sechszehn Mal -- zur Fortpflanzung gebracht; man hat es mit
Erfolg nicht blos mit der Eselin, sondern auch mit dem Quagga und Zebra gekreuzt. Jm
Garten für Thiereinbürgerung im Gehölz von Boulogne scheint es auch recht hübsch zahm geworden
zu sein; wenigstens schreibt Dies A. Geoffroy St. Hilaire an Dr. Weinland: "Unsere Dschig-
getais sind noch nicht zum Fahren eingewöhnt; aber ich glaube, wenn wir Zeit und den geeigneten
Mann hätten, müßte es mit den Hengsten wohl gelingen. Man hat schon zwei erfolgreiche Ver-
suche gemacht."

"Die Blendlinge von Dschiggetais und Eseln sind bei uns, wie überall, gute Arbeiter."

So scheint es also, daß wir dieses stolze Geschöpf doch unserem Willen unterthan machen werden.

Einige Forscher nehmen an, daß der Kiang (Asinus Kiang oder Asinus polyodon) nichts An-
deres, als unser Dschiggetai ist, während Andere ihn für eine besondere Art halten. Die Lebens-
weise beider Thiere ist allerdings ganz verschieden, und dieser Umstand durchaus nicht zu übersehen.
Pallas sagt ausdrücklich, daß der Dschiggetai die Berge nicht liebe, daß an den Grenzen von Tau-
rien felsiges und hohes Schneegebirge anliege, durch welches die Halbesel nicht zu ziehen pflegten,
während der Kiang gerade auf den höchsten Höhen des Himalaya herumstreift und noch in Pässen
sich findet, welche nur äußerst selten von Reisenden besucht werden, in Höhen, wo außer ihm
blos noch das Moschusthier und der Yack sich erhalten können. Bisjetzt ist das Thier noch
so wenig bekannt, daß wir nicht entscheiden können, ob es zur vorigen Art gehöre, oder nicht.
Doch dürfen wir von den Gebrüdern Schlagintweit, welche ihn mehrmals sahen, wohl eine
genügende Beschreibung erwarten. Die früheren Berichterstatter schildern den Kiang als ein schönes
antilopenähnliches Thier von kräftigem, aber doch schlanken, angenehmen Bau und lebendigen,
glänzenden Augen, außerordentlich rasch in seinen Bewegungen, kühn, scheu, ausdauernd und ge-
nügsam. Mooreroft bemühte sich vergeblich, eins dieser Pferde zu erlegen.

Der zweite, vom Dschiggetai sicher verschiedene Wildesel Asiens ist der bereits erwähnte Ku-
lan
oder Gurkur, der Onager der Alten (Asinus Onager), welcher auch in der Bibel wieder-
holt erwähnt wird. Nach den Angaben der Alten war der Onager durch ganz Kleinasien, Syrien,
Persien und Arabien verbreitet. Xenophon traf ihn in der Nähe des Euphrats in Menge an,
Strabo, Pharo und Plinius versetzen ihn nach Kleinasien, Marcellin in das Land der Kur-
den. Seitdem aber die Römer ihre Weltherrschaft verloren, hörte man fast gar Richts mehr von
ihm, bis Pallas wieder die Aufmerksamkeit auf ihn lenkte.

Der Kulan ist etwas kleiner, als der Dschiggetai, aber doch viel höher und feiner von Gliedern,
als der gemeine Esel. Der Kopf ist noch höher und größer, als beim Dschiggetai; die dicken Lippen
sind bis an den Rand mit steifen, borstigen Haaren dicht bekleidet; die Ohren sind ziemlich lang, je-
doch kürzer, als bei dem Esel. Ein schönes Weiß mit silberhaftem Glanz ist die vorherrschende Fär-

Der Kiang. Der Onager.
Stück davon auf Kohlen verbrennt und einem kranken Thiere den Dampf einathmen läßt, wird
es geſund.

Nach Angabe der Mongolen wirft die Stute im Frühling ein Fohlen, welches ſchon nach
drei Jahren ausgewachſen iſt.

Der Dſchiggetai iſt im vorigen Jahrhundert niemals vollſtändig gezähmt worden, obgleich
die Mongolen, geborene Reiter und Hirten, es oft verſucht haben ſollen, gefangene junge Füllen
zu erziehen. „Gelänge die Zähmung,‟ ſagt Pallas, „ſo würde man an den Dſchiggetais nicht
nur die ſchnellſten und flüchtigſten Jagdklepper bekommen, ſondern auch die Eſelzucht weſentlich ver-
beſſern. Bisher iſt er, wie das Zebra, noch nicht gezähmt worden; doch glaube ich, daß man die
Hoffnung, ihn zum Hausthier zu machen, nicht aufgeben darf.‟ Dieſe Vorausſagung des berühmten
Forſchers iſt ihrer Erfüllung wenigſtens ſehr nahe gekommen. Man hat das ſchöne Thier in den
letzten zwanzig Jahren nicht nur wiederholt in Thiergärten gehalten, ſondern auch öfters — nach
Dr. Weinland in Paris allein ſechszehn Mal — zur Fortpflanzung gebracht; man hat es mit
Erfolg nicht blos mit der Eſelin, ſondern auch mit dem Quagga und Zebra gekreuzt. Jm
Garten für Thiereinbürgerung im Gehölz von Boulogne ſcheint es auch recht hübſch zahm geworden
zu ſein; wenigſtens ſchreibt Dies A. Geoffroy St. Hilaire an Dr. Weinland: „Unſere Dſchig-
getais ſind noch nicht zum Fahren eingewöhnt; aber ich glaube, wenn wir Zeit und den geeigneten
Mann hätten, müßte es mit den Hengſten wohl gelingen. Man hat ſchon zwei erfolgreiche Ver-
ſuche gemacht.‟

„Die Blendlinge von Dſchiggetais und Eſeln ſind bei uns, wie überall, gute Arbeiter.‟

So ſcheint es alſo, daß wir dieſes ſtolze Geſchöpf doch unſerem Willen unterthan machen werden.

Einige Forſcher nehmen an, daß der Kiang (Asinus Kiang oder Asinus polyodon) nichts An-
deres, als unſer Dſchiggetai iſt, während Andere ihn für eine beſondere Art halten. Die Lebens-
weiſe beider Thiere iſt allerdings ganz verſchieden, und dieſer Umſtand durchaus nicht zu überſehen.
Pallas ſagt ausdrücklich, daß der Dſchiggetai die Berge nicht liebe, daß an den Grenzen von Tau-
rien felſiges und hohes Schneegebirge anliege, durch welches die Halbeſel nicht zu ziehen pflegten,
während der Kiang gerade auf den höchſten Höhen des Himalaya herumſtreift und noch in Päſſen
ſich findet, welche nur äußerſt ſelten von Reiſenden beſucht werden, in Höhen, wo außer ihm
blos noch das Moſchusthier und der Yack ſich erhalten können. Bisjetzt iſt das Thier noch
ſo wenig bekannt, daß wir nicht entſcheiden können, ob es zur vorigen Art gehöre, oder nicht.
Doch dürfen wir von den Gebrüdern Schlagintweit, welche ihn mehrmals ſahen, wohl eine
genügende Beſchreibung erwarten. Die früheren Berichterſtatter ſchildern den Kiang als ein ſchönes
antilopenähnliches Thier von kräftigem, aber doch ſchlanken, angenehmen Bau und lebendigen,
glänzenden Augen, außerordentlich raſch in ſeinen Bewegungen, kühn, ſcheu, ausdauernd und ge-
nügſam. Mooreroft bemühte ſich vergeblich, eins dieſer Pferde zu erlegen.

Der zweite, vom Dſchiggetai ſicher verſchiedene Wildeſel Aſiens iſt der bereits erwähnte Ku-
lan
oder Gurkur, der Onager der Alten (Asinus Onager), welcher auch in der Bibel wieder-
holt erwähnt wird. Nach den Angaben der Alten war der Onager durch ganz Kleinaſien, Syrien,
Perſien und Arabien verbreitet. Xenophon traf ihn in der Nähe des Euphrats in Menge an,
Strabo, Pharo und Plinius verſetzen ihn nach Kleinaſien, Marcellin in das Land der Kur-
den. Seitdem aber die Römer ihre Weltherrſchaft verloren, hörte man faſt gar Richts mehr von
ihm, bis Pallas wieder die Aufmerkſamkeit auf ihn lenkte.

Der Kulan iſt etwas kleiner, als der Dſchiggetai, aber doch viel höher und feiner von Gliedern,
als der gemeine Eſel. Der Kopf iſt noch höher und größer, als beim Dſchiggetai; die dicken Lippen
ſind bis an den Rand mit ſteifen, borſtigen Haaren dicht bekleidet; die Ohren ſind ziemlich lang, je-
doch kürzer, als bei dem Eſel. Ein ſchönes Weiß mit ſilberhaftem Glanz iſt die vorherrſchende Fär-

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[361/0383] Der Kiang. Der Onager. Stück davon auf Kohlen verbrennt und einem kranken Thiere den Dampf einathmen läßt, wird es geſund. Nach Angabe der Mongolen wirft die Stute im Frühling ein Fohlen, welches ſchon nach drei Jahren ausgewachſen iſt. Der Dſchiggetai iſt im vorigen Jahrhundert niemals vollſtändig gezähmt worden, obgleich die Mongolen, geborene Reiter und Hirten, es oft verſucht haben ſollen, gefangene junge Füllen zu erziehen. „Gelänge die Zähmung,‟ ſagt Pallas, „ſo würde man an den Dſchiggetais nicht nur die ſchnellſten und flüchtigſten Jagdklepper bekommen, ſondern auch die Eſelzucht weſentlich ver- beſſern. Bisher iſt er, wie das Zebra, noch nicht gezähmt worden; doch glaube ich, daß man die Hoffnung, ihn zum Hausthier zu machen, nicht aufgeben darf.‟ Dieſe Vorausſagung des berühmten Forſchers iſt ihrer Erfüllung wenigſtens ſehr nahe gekommen. Man hat das ſchöne Thier in den letzten zwanzig Jahren nicht nur wiederholt in Thiergärten gehalten, ſondern auch öfters — nach Dr. Weinland in Paris allein ſechszehn Mal — zur Fortpflanzung gebracht; man hat es mit Erfolg nicht blos mit der Eſelin, ſondern auch mit dem Quagga und Zebra gekreuzt. Jm Garten für Thiereinbürgerung im Gehölz von Boulogne ſcheint es auch recht hübſch zahm geworden zu ſein; wenigſtens ſchreibt Dies A. Geoffroy St. Hilaire an Dr. Weinland: „Unſere Dſchig- getais ſind noch nicht zum Fahren eingewöhnt; aber ich glaube, wenn wir Zeit und den geeigneten Mann hätten, müßte es mit den Hengſten wohl gelingen. Man hat ſchon zwei erfolgreiche Ver- ſuche gemacht.‟ „Die Blendlinge von Dſchiggetais und Eſeln ſind bei uns, wie überall, gute Arbeiter.‟ So ſcheint es alſo, daß wir dieſes ſtolze Geſchöpf doch unſerem Willen unterthan machen werden. Einige Forſcher nehmen an, daß der Kiang (Asinus Kiang oder Asinus polyodon) nichts An- deres, als unſer Dſchiggetai iſt, während Andere ihn für eine beſondere Art halten. Die Lebens- weiſe beider Thiere iſt allerdings ganz verſchieden, und dieſer Umſtand durchaus nicht zu überſehen. Pallas ſagt ausdrücklich, daß der Dſchiggetai die Berge nicht liebe, daß an den Grenzen von Tau- rien felſiges und hohes Schneegebirge anliege, durch welches die Halbeſel nicht zu ziehen pflegten, während der Kiang gerade auf den höchſten Höhen des Himalaya herumſtreift und noch in Päſſen ſich findet, welche nur äußerſt ſelten von Reiſenden beſucht werden, in Höhen, wo außer ihm blos noch das Moſchusthier und der Yack ſich erhalten können. Bisjetzt iſt das Thier noch ſo wenig bekannt, daß wir nicht entſcheiden können, ob es zur vorigen Art gehöre, oder nicht. Doch dürfen wir von den Gebrüdern Schlagintweit, welche ihn mehrmals ſahen, wohl eine genügende Beſchreibung erwarten. Die früheren Berichterſtatter ſchildern den Kiang als ein ſchönes antilopenähnliches Thier von kräftigem, aber doch ſchlanken, angenehmen Bau und lebendigen, glänzenden Augen, außerordentlich raſch in ſeinen Bewegungen, kühn, ſcheu, ausdauernd und ge- nügſam. Mooreroft bemühte ſich vergeblich, eins dieſer Pferde zu erlegen. Der zweite, vom Dſchiggetai ſicher verſchiedene Wildeſel Aſiens iſt der bereits erwähnte Ku- lan oder Gurkur, der Onager der Alten (Asinus Onager), welcher auch in der Bibel wieder- holt erwähnt wird. Nach den Angaben der Alten war der Onager durch ganz Kleinaſien, Syrien, Perſien und Arabien verbreitet. Xenophon traf ihn in der Nähe des Euphrats in Menge an, Strabo, Pharo und Plinius verſetzen ihn nach Kleinaſien, Marcellin in das Land der Kur- den. Seitdem aber die Römer ihre Weltherrſchaft verloren, hörte man faſt gar Richts mehr von ihm, bis Pallas wieder die Aufmerkſamkeit auf ihn lenkte. Der Kulan iſt etwas kleiner, als der Dſchiggetai, aber doch viel höher und feiner von Gliedern, als der gemeine Eſel. Der Kopf iſt noch höher und größer, als beim Dſchiggetai; die dicken Lippen ſind bis an den Rand mit ſteifen, borſtigen Haaren dicht bekleidet; die Ohren ſind ziemlich lang, je- doch kürzer, als bei dem Eſel. Ein ſchönes Weiß mit ſilberhaftem Glanz iſt die vorherrſchende Fär-

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/383>, abgerufen am 23.11.2024.