Wenn es laufen kann nach Herzenslust, vergießt es Thränen aus seinen Augen. Jhm gilt es gleich, ob der Himmel rein ist, oder der Sturmwind das Licht der Sonne mit Staub verhüllt; denn es ist ein edles Roß, welches das Wüthen des Sturmes verachtet. Jn dieser Welt gibt es kein zweites, welches ihm gleiche. Leicht, wie eine Schwalbe, eilt es dahin, so leicht ist es, daß es tanzen könnte auf der Brust deiner Geliebten, ohne sie zu belästigen. Sein Schritt ist so sanft, daß du im vollsten Laufe eine Tasse Kaffees auf seinem Rücken trinken kannst, ohne einen Tropfen zu verschütten. Es versteht Alles, wie ein Sohn Adams, nur daß ihm die Sprache fehlt."
Gar nicht selten kommt es vor, daß ein Araber dem andern aus ganz besonderer Gunst sein Pferd verkauft, obgleich der Käufer nicht im Stande ist, die geforderte Summe zu erlegen. Dann begnügt sich der frühere Besitzer vielleicht mit der Hälfte, und der glückliche Käufer muß nach und nach den Kaufschilling erlegen, bis dahin aber bleibt das Thier beider Eigenthum, und Alles, was mit seiner Hilfe erworben, errungen, erraubt wird, gehört Beiden zu gleichen Theilen. Dem Frem- den überläßt der edle Araber sein Roß um keinen Preis. Einen Dieb verfolgt er solange, als er kann, bis in das Herz des feindlichen Stammes hinein; doch gilt ihm die Ehre des Pferdes über Alles: man erzählt, daß ein Araber den Dieb, welcher ihn um die beste Stute bestahl, darauf auf- merksam machte, wie er das edle Thier zu vollstem Laufe bringen könne, damit dieses den Ruhm be- halte, unter allen Pferden das schnellste zu sein.
Nächst den Arabern behandeln die Perser und die Engländer ihre Pferde am besten. Ueber das persische Pferd brauche ich nach Vorstehendem kaum noch Etwas zu sagen; denn die Behandlung, welche die Perser ihren Pferden angedeihen lassen, haben sie den Arabern abgelernt, wie sie ja auch ihre guten Pferde erst durch Kreuzung mit edlen arabischen Rossen erhielten. Jn früheren Zeiten sollen übrigens die Perser weit mehr Sorgfalt auf die Züchtung des Pferdes verwendet haben, als jetzt. Gegenwärtig sind die Engländer ihnen hierin entschieden überlegen. Sie haben seit etwa zwei- hundert Jahren der Pferdezucht außerordentliche Aufmerksamkeit zugewendet und wirklich ungewöhn- liche Ergebnisse erzielt. Früher gab man großen starkknochigen Pferden vor anderen den Vorzug; später führte man aber arabische Zuchthengste in England ein, und so entstand nach und nach das eng- lisch-arabische Pferd, welches gegenwärtig über die ganze Jnsel verbreitet ist. Echte Vollblutpferde findet man nirgends in so großer Anzahl, als in England. Das britische Gold ermöglicht eben auch die Veredelung und Reinhaltung des Rosses.
Der sogenannte Renner gilt allgemein als das beste aller englischen Pferde. Er zeichnet sich durch langgestreckten Leib und feine Beine aus. Nur noch seinem ursprünglichen Stammvater, dem arabischen Pferde, wird solche Aufmerksamkeit erwiesen, als ihm. Die Zucht, Behandlung und Ausbildung des Rennpferdes ist in England zu einer Wissenschaft geworden, und diese wird von den Vornehmsten des Landes mit großem Eifer betrieben. Man hat bei der Sorgfalt, mit welcher man die Pferde behandelt, wichtige Erfahrungen gewonnen. Die Versuche zur Verbesserung der Rassen haben bewiesen, daß Größe. Gestalt, Wesen und Anlagen, welche einer Rasse angehören, erblich sind, und daß Erziehung und äußere Verhältnisse einen sehr geringen Einfluß üben. Ferner hat man beobachtet, daß jedes Fohlen in der Gestalt mehr nach der Mutter, als nach dem Vater geräth, daß es aber von letzterem die Form des Kopfes und der Füße, das Wesen und die Schnellig- keit erbt. Manche Gebrechen werden leicht fort und fort von den Eltern auf die Nachkommen übertragen, und ihre Ausrottung gelingt allein bei unausgesetzter Aufmerksamkeit. Niemals darf man eine geschätzte Rasse mit anderen Arten zusammenbringen, welche die gewünschten Eigen- schaften nicht besitzen. Die blose Gemeinschaft mit ihnen ist schädlich. Alle diese Erfahrungen sind den Arabern schon seit Jahrhunderten bekannt und haben bei ihnen zu den gleichen Vor- sichtsmaßregeln geführt, wie bei den Engländern. Letztere sehen gegenwärtig womöglich noch strenger auf die reine Abstammung, als die ersteren. Jn England findet man Stammbäume, welche mit der größten Genauigkeit ausgeführt und durch die sichersten Leute beglaubigt sind.
Einhufer. — Der engliſche Reuner.
Wenn es laufen kann nach Herzensluſt, vergießt es Thränen aus ſeinen Augen. Jhm gilt es gleich, ob der Himmel rein iſt, oder der Sturmwind das Licht der Sonne mit Staub verhüllt; denn es iſt ein edles Roß, welches das Wüthen des Sturmes verachtet. Jn dieſer Welt gibt es kein zweites, welches ihm gleiche. Leicht, wie eine Schwalbe, eilt es dahin, ſo leicht iſt es, daß es tanzen könnte auf der Bruſt deiner Geliebten, ohne ſie zu beläſtigen. Sein Schritt iſt ſo ſanft, daß du im vollſten Laufe eine Taſſe Kaffees auf ſeinem Rücken trinken kannſt, ohne einen Tropfen zu verſchütten. Es verſteht Alles, wie ein Sohn Adams, nur daß ihm die Sprache fehlt.‟
Gar nicht ſelten kommt es vor, daß ein Araber dem andern aus ganz beſonderer Gunſt ſein Pferd verkauft, obgleich der Käufer nicht im Stande iſt, die geforderte Summe zu erlegen. Dann begnügt ſich der frühere Beſitzer vielleicht mit der Hälfte, und der glückliche Käufer muß nach und nach den Kaufſchilling erlegen, bis dahin aber bleibt das Thier beider Eigenthum, und Alles, was mit ſeiner Hilfe erworben, errungen, erraubt wird, gehört Beiden zu gleichen Theilen. Dem Frem- den überläßt der edle Araber ſein Roß um keinen Preis. Einen Dieb verfolgt er ſolange, als er kann, bis in das Herz des feindlichen Stammes hinein; doch gilt ihm die Ehre des Pferdes über Alles: man erzählt, daß ein Araber den Dieb, welcher ihn um die beſte Stute beſtahl, darauf auf- merkſam machte, wie er das edle Thier zu vollſtem Laufe bringen könne, damit dieſes den Ruhm be- halte, unter allen Pferden das ſchnellſte zu ſein.
Nächſt den Arabern behandeln die Perſer und die Engländer ihre Pferde am beſten. Ueber das perſiſche Pferd brauche ich nach Vorſtehendem kaum noch Etwas zu ſagen; denn die Behandlung, welche die Perſer ihren Pferden angedeihen laſſen, haben ſie den Arabern abgelernt, wie ſie ja auch ihre guten Pferde erſt durch Kreuzung mit edlen arabiſchen Roſſen erhielten. Jn früheren Zeiten ſollen übrigens die Perſer weit mehr Sorgfalt auf die Züchtung des Pferdes verwendet haben, als jetzt. Gegenwärtig ſind die Engländer ihnen hierin entſchieden überlegen. Sie haben ſeit etwa zwei- hundert Jahren der Pferdezucht außerordentliche Aufmerkſamkeit zugewendet und wirklich ungewöhn- liche Ergebniſſe erzielt. Früher gab man großen ſtarkknochigen Pferden vor anderen den Vorzug; ſpäter führte man aber arabiſche Zuchthengſte in England ein, und ſo entſtand nach und nach das eng- liſch-arabiſche Pferd, welches gegenwärtig über die ganze Jnſel verbreitet iſt. Echte Vollblutpferde findet man nirgends in ſo großer Anzahl, als in England. Das britiſche Gold ermöglicht eben auch die Veredelung und Reinhaltung des Roſſes.
Der ſogenannte Renner gilt allgemein als das beſte aller engliſchen Pferde. Er zeichnet ſich durch langgeſtreckten Leib und feine Beine aus. Nur noch ſeinem urſprünglichen Stammvater, dem arabiſchen Pferde, wird ſolche Aufmerkſamkeit erwieſen, als ihm. Die Zucht, Behandlung und Ausbildung des Rennpferdes iſt in England zu einer Wiſſenſchaft geworden, und dieſe wird von den Vornehmſten des Landes mit großem Eifer betrieben. Man hat bei der Sorgfalt, mit welcher man die Pferde behandelt, wichtige Erfahrungen gewonnen. Die Verſuche zur Verbeſſerung der Raſſen haben bewieſen, daß Größe. Geſtalt, Weſen und Anlagen, welche einer Raſſe angehören, erblich ſind, und daß Erziehung und äußere Verhältniſſe einen ſehr geringen Einfluß üben. Ferner hat man beobachtet, daß jedes Fohlen in der Geſtalt mehr nach der Mutter, als nach dem Vater geräth, daß es aber von letzterem die Form des Kopfes und der Füße, das Weſen und die Schnellig- keit erbt. Manche Gebrechen werden leicht fort und fort von den Eltern auf die Nachkommen übertragen, und ihre Ausrottung gelingt allein bei unausgeſetzter Aufmerkſamkeit. Niemals darf man eine geſchätzte Raſſe mit anderen Arten zuſammenbringen, welche die gewünſchten Eigen- ſchaften nicht beſitzen. Die bloſe Gemeinſchaft mit ihnen iſt ſchädlich. Alle dieſe Erfahrungen ſind den Arabern ſchon ſeit Jahrhunderten bekannt und haben bei ihnen zu den gleichen Vor- ſichtsmaßregeln geführt, wie bei den Engländern. Letztere ſehen gegenwärtig womöglich noch ſtrenger auf die reine Abſtammung, als die erſteren. Jn England findet man Stammbäume, welche mit der größten Genauigkeit ausgeführt und durch die ſicherſten Leute beglaubigt ſind.
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Einhufer. — Der engliſche Reuner.
Wenn es laufen kann nach Herzensluſt, vergießt es Thränen aus ſeinen Augen. Jhm gilt es gleich,
ob der Himmel rein iſt, oder der Sturmwind das Licht der Sonne mit Staub verhüllt; denn es iſt ein
edles Roß, welches das Wüthen des Sturmes verachtet. Jn dieſer Welt gibt es kein zweites, welches
ihm gleiche. Leicht, wie eine Schwalbe, eilt es dahin, ſo leicht iſt es, daß es tanzen könnte auf
der Bruſt deiner Geliebten, ohne ſie zu beläſtigen. Sein Schritt iſt ſo ſanft, daß du im vollſten
Laufe eine Taſſe Kaffees auf ſeinem Rücken trinken kannſt, ohne einen Tropfen zu verſchütten. Es
verſteht Alles, wie ein Sohn Adams, nur daß ihm die Sprache fehlt.‟
Gar nicht ſelten kommt es vor, daß ein Araber dem andern aus ganz beſonderer Gunſt ſein
Pferd verkauft, obgleich der Käufer nicht im Stande iſt, die geforderte Summe zu erlegen. Dann
begnügt ſich der frühere Beſitzer vielleicht mit der Hälfte, und der glückliche Käufer muß nach und
nach den Kaufſchilling erlegen, bis dahin aber bleibt das Thier beider Eigenthum, und Alles, was
mit ſeiner Hilfe erworben, errungen, erraubt wird, gehört Beiden zu gleichen Theilen. Dem Frem-
den überläßt der edle Araber ſein Roß um keinen Preis. Einen Dieb verfolgt er ſolange, als er
kann, bis in das Herz des feindlichen Stammes hinein; doch gilt ihm die Ehre des Pferdes über
Alles: man erzählt, daß ein Araber den Dieb, welcher ihn um die beſte Stute beſtahl, darauf auf-
merkſam machte, wie er das edle Thier zu vollſtem Laufe bringen könne, damit dieſes den Ruhm be-
halte, unter allen Pferden das ſchnellſte zu ſein.
Nächſt den Arabern behandeln die Perſer und die Engländer ihre Pferde am beſten. Ueber das
perſiſche Pferd brauche ich nach Vorſtehendem kaum noch Etwas zu ſagen; denn die Behandlung,
welche die Perſer ihren Pferden angedeihen laſſen, haben ſie den Arabern abgelernt, wie ſie ja auch
ihre guten Pferde erſt durch Kreuzung mit edlen arabiſchen Roſſen erhielten. Jn früheren Zeiten
ſollen übrigens die Perſer weit mehr Sorgfalt auf die Züchtung des Pferdes verwendet haben, als
jetzt. Gegenwärtig ſind die Engländer ihnen hierin entſchieden überlegen. Sie haben ſeit etwa zwei-
hundert Jahren der Pferdezucht außerordentliche Aufmerkſamkeit zugewendet und wirklich ungewöhn-
liche Ergebniſſe erzielt. Früher gab man großen ſtarkknochigen Pferden vor anderen den Vorzug;
ſpäter führte man aber arabiſche Zuchthengſte in England ein, und ſo entſtand nach und nach das eng-
liſch-arabiſche Pferd, welches gegenwärtig über die ganze Jnſel verbreitet iſt. Echte Vollblutpferde
findet man nirgends in ſo großer Anzahl, als in England. Das britiſche Gold ermöglicht eben auch
die Veredelung und Reinhaltung des Roſſes.
Der ſogenannte Renner gilt allgemein als das beſte aller engliſchen Pferde. Er zeichnet ſich
durch langgeſtreckten Leib und feine Beine aus. Nur noch ſeinem urſprünglichen Stammvater, dem
arabiſchen Pferde, wird ſolche Aufmerkſamkeit erwieſen, als ihm. Die Zucht, Behandlung und
Ausbildung des Rennpferdes iſt in England zu einer Wiſſenſchaft geworden, und dieſe wird von den
Vornehmſten des Landes mit großem Eifer betrieben. Man hat bei der Sorgfalt, mit welcher man
die Pferde behandelt, wichtige Erfahrungen gewonnen. Die Verſuche zur Verbeſſerung der Raſſen
haben bewieſen, daß Größe. Geſtalt, Weſen und Anlagen, welche einer Raſſe angehören, erblich
ſind, und daß Erziehung und äußere Verhältniſſe einen ſehr geringen Einfluß üben. Ferner hat man
beobachtet, daß jedes Fohlen in der Geſtalt mehr nach der Mutter, als nach dem Vater geräth,
daß es aber von letzterem die Form des Kopfes und der Füße, das Weſen und die Schnellig-
keit erbt. Manche Gebrechen werden leicht fort und fort von den Eltern auf die Nachkommen
übertragen, und ihre Ausrottung gelingt allein bei unausgeſetzter Aufmerkſamkeit. Niemals darf
man eine geſchätzte Raſſe mit anderen Arten zuſammenbringen, welche die gewünſchten Eigen-
ſchaften nicht beſitzen. Die bloſe Gemeinſchaft mit ihnen iſt ſchädlich. Alle dieſe Erfahrungen
ſind den Arabern ſchon ſeit Jahrhunderten bekannt und haben bei ihnen zu den gleichen Vor-
ſichtsmaßregeln geführt, wie bei den Engländern. Letztere ſehen gegenwärtig womöglich noch
ſtrenger auf die reine Abſtammung, als die erſteren. Jn England findet man Stammbäume,
welche mit der größten Genauigkeit ausgeführt und durch die ſicherſten Leute beglaubigt ſind.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/370>, abgerufen am 23.11.2024.
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