wegtreiben wollten. Gelang ihnen Dies nicht, so wuschen sie den Schnabel ab. Wenn ich das Männ- chen bei Nacht störte, pflegte es wie gewöhnlich zu knurren, und nachher ein eigenthümliches schrillen- des Pfeifen auszustoßen, gleichsam ein Ruf für seinen Gefährten. Bereits am zweiten Januar starb das Weibchen, während das Männchen noch bis zum 4. lebte. Jch hatte einen Käfig mit einem ge- eigneten Wassergefäß hergestellt, in dem es den Thieren ganz wohl zu behagen schien. Aber am Morgen des 5. Januars fand ich das Männchen todt auf dem Grunde des Wassers, von wo aus es wahrscheinlich Schwäche halber sein Nest nicht wieder hatte erreichen können. Der Mann, welcher mir die Thiere gebracht hatte, versicherte, er hätte zwei von ihnen vierzehn Tage lang mit Flußschal- thieren gefüttert, die er zerbrochen in das Wasser geworfen hatte, und der Tod der beiden Thiere sei durch einen Zufall herbeigeführt worden. Jch selbst habe ein sehr junges Thier gesehen, das, mit Würmern gefüttert, drei Wochen lang erhalten worden war."
"Kurz vor ihrem Tode vernachlässigten meine beiden Thiere die sonst gewöhnliche Sorgfalt im Reinigen und Abtrocknen, und das unbehagliche Kältegefühl, das so entstanden war, mag wohl ihren Tod beschleunigt haben; wenigstens war der Körper, besonders der des Männchens, nicht so abge- magert, daß man ihr Absterben der Schwäche hätte zuschreiben können. Jn den Eingeweiden und Backentaschen fand ich weder Sand noch Futter, nur schmuziges Wasser."
Jn den mitgetheilten Beobachtungen Bennett's ist Alles gesagt worden, was wir gegenwärtig über das Schnabelthier wissen. Daß gerade hierüber noch sehr viel Genaues festzustellen sein wird, unterliegt keinem Zweifel. Einstweilen aber können wir Nichts thun, als hoffen, daß die Engläuder Das, was sie mit großem Eifer begonnen haben, noch weiter ausführen werden, und wir dadurch Gelegenheit erhalten, das merkwürdigste aller Säugethiere vollständiger kennen zu lernen.
Das Schnabelthier.
wegtreiben wollten. Gelang ihnen Dies nicht, ſo wuſchen ſie den Schnabel ab. Wenn ich das Männ- chen bei Nacht ſtörte, pflegte es wie gewöhnlich zu knurren, und nachher ein eigenthümliches ſchrillen- des Pfeifen auszuſtoßen, gleichſam ein Ruf für ſeinen Gefährten. Bereits am zweiten Januar ſtarb das Weibchen, während das Männchen noch bis zum 4. lebte. Jch hatte einen Käfig mit einem ge- eigneten Waſſergefäß hergeſtellt, in dem es den Thieren ganz wohl zu behagen ſchien. Aber am Morgen des 5. Januars fand ich das Männchen todt auf dem Grunde des Waſſers, von wo aus es wahrſcheinlich Schwäche halber ſein Neſt nicht wieder hatte erreichen können. Der Mann, welcher mir die Thiere gebracht hatte, verſicherte, er hätte zwei von ihnen vierzehn Tage lang mit Flußſchal- thieren gefüttert, die er zerbrochen in das Waſſer geworfen hatte, und der Tod der beiden Thiere ſei durch einen Zufall herbeigeführt worden. Jch ſelbſt habe ein ſehr junges Thier geſehen, das, mit Würmern gefüttert, drei Wochen lang erhalten worden war.‟
„Kurz vor ihrem Tode vernachläſſigten meine beiden Thiere die ſonſt gewöhnliche Sorgfalt im Reinigen und Abtrocknen, und das unbehagliche Kältegefühl, das ſo entſtanden war, mag wohl ihren Tod beſchleunigt haben; wenigſtens war der Körper, beſonders der des Männchens, nicht ſo abge- magert, daß man ihr Abſterben der Schwäche hätte zuſchreiben können. Jn den Eingeweiden und Backentaſchen fand ich weder Sand noch Futter, nur ſchmuziges Waſſer.‟
Jn den mitgetheilten Beobachtungen Bennett’s iſt Alles geſagt worden, was wir gegenwärtig über das Schnabelthier wiſſen. Daß gerade hierüber noch ſehr viel Genaues feſtzuſtellen ſein wird, unterliegt keinem Zweifel. Einſtweilen aber können wir Nichts thun, als hoffen, daß die Engläuder Das, was ſie mit großem Eifer begonnen haben, noch weiter ausführen werden, und wir dadurch Gelegenheit erhalten, das merkwürdigſte aller Säugethiere vollſtändiger kennen zu lernen.
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Das Schnabelthier.
wegtreiben wollten. Gelang ihnen Dies nicht, ſo wuſchen ſie den Schnabel ab. Wenn ich das Männ-
chen bei Nacht ſtörte, pflegte es wie gewöhnlich zu knurren, und nachher ein eigenthümliches ſchrillen-
des Pfeifen auszuſtoßen, gleichſam ein Ruf für ſeinen Gefährten. Bereits am zweiten Januar ſtarb
das Weibchen, während das Männchen noch bis zum 4. lebte. Jch hatte einen Käfig mit einem ge-
eigneten Waſſergefäß hergeſtellt, in dem es den Thieren ganz wohl zu behagen ſchien. Aber am
Morgen des 5. Januars fand ich das Männchen todt auf dem Grunde des Waſſers, von wo aus es
wahrſcheinlich Schwäche halber ſein Neſt nicht wieder hatte erreichen können. Der Mann, welcher
mir die Thiere gebracht hatte, verſicherte, er hätte zwei von ihnen vierzehn Tage lang mit Flußſchal-
thieren gefüttert, die er zerbrochen in das Waſſer geworfen hatte, und der Tod der beiden Thiere ſei
durch einen Zufall herbeigeführt worden. Jch ſelbſt habe ein ſehr junges Thier geſehen, das, mit
Würmern gefüttert, drei Wochen lang erhalten worden war.‟
„Kurz vor ihrem Tode vernachläſſigten meine beiden Thiere die ſonſt gewöhnliche Sorgfalt im
Reinigen und Abtrocknen, und das unbehagliche Kältegefühl, das ſo entſtanden war, mag wohl ihren
Tod beſchleunigt haben; wenigſtens war der Körper, beſonders der des Männchens, nicht ſo abge-
magert, daß man ihr Abſterben der Schwäche hätte zuſchreiben können. Jn den Eingeweiden und
Backentaſchen fand ich weder Sand noch Futter, nur ſchmuziges Waſſer.‟
Jn den mitgetheilten Beobachtungen Bennett’s iſt Alles geſagt worden, was wir gegenwärtig
über das Schnabelthier wiſſen. Daß gerade hierüber noch ſehr viel Genaues feſtzuſtellen ſein wird,
unterliegt keinem Zweifel. Einſtweilen aber können wir Nichts thun, als hoffen, daß die Engläuder
Das, was ſie mit großem Eifer begonnen haben, noch weiter ausführen werden, und wir dadurch
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/351>, abgerufen am 23.11.2024.
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