Auch die Querfalte der Haut nimmt an dieser Färbung Theil. Die jungen Thiere unterscheiden sich von den alten durch das schöne, feine, silberweiße Haar an der unteren Fläche des Schwanzes und dicht über den vier Füßen. Beim Dahingleiten auf dem Schlamme werden diese Haare abgerieben, und hierdurch der Unterschied zwischen den verschiedenen Altersstufen hervorgebracht.
Ein eigenthümlicher Fischgeruch strömt von dem Pelze aus, zumal wenn er naß ist; wahrschein- lich rührt er von einer öligen Absonderung her. Die Australier essen trotz dieser widerlichen Aus- dünstung das Fleisch des Thieres sehr gern; doch will Dies zu seiner Empfehlung als Leckerbissen eben nicht viel sagen, da ja diesen Menschen Alles recht kommt, was nur eßbar ist: Schlangen, Rat- ten, Frösche ebensogut, wie die schmackhaften Beutelthiere.
Am liebsten bewohnt das Schnabelthier ruhige Stellen der Flüsse, sogenannte Altwässer, in welchen zahlreiche Wasserpflanzen stehen, und laubige Bäume das Ufer beschatten. Hier legt es sich am Uferrande einen mehr oder weniger künstlichen Bau an. Die erste Höhle, welche Bennett sah, lag an einem steilen Ufer zwischen Gras und Kräutern, dicht am Flusse. Ein etwa 20 Fuß langer, vielfach gewundener Gang mündete in einen geräumigeren Kessel, welcher wie der Gang mit trockenen Wasserpflanzen bestreut war. Gewöhnlich hat aber jeder Bau zwei Eingänge, einen unter dem Wasserspiegel, den anderen etwa einen Fuß darüber. Zuweilen kommt es vor, daß der Eingang bis 5 Fuß vom Rande des Wassers entfernt ist. Die Röhre läuft von unten schief in die Höhe, so daß der Kessel selten dem Eindringen des Hochwassers ausgesetzt ist. Auch scheint sich das Thier hiernach zu richten und, je nachdem höherer oder seichterer Wasserstand, die Röhre von 20 bis 35, ja sogar bis 50 Fuß Länge auszudehnen.
Man sieht die Schnabelthiere zu jeder Zeit in den Flüssen Australiens, am häufigsten jedoch wäh- rend des Frühlings und der Sommermonate, und es fragt sich, ob sie nicht vielleicht einen Winter- schlaf halten. Sie sind eigentlich Dämmerungsthiere, obwohl sie auch während des Tages ihre Ber- stecke auf kurze Zeit verlassen, um ihrer Nahrung nachzugehen. Wenn das Wasser recht klar ist, kann man den Weg, welchen das bald tauchende, bald wieder auf der Oberfläche erscheinende Thier nimmt, mit den Augen verfolgen. An so durchsichtige Stellen kommt es aber nur höchst selten, gleichsam als ob es sich seiner Unsicherheit hier bewußt wäre, und es verläßt sie auch sobald als mög- lich wieder. Wenn man sich ganz ruhig verhält, dauert es an günstigen Orten nicht lange, bis man an der Oberfläche des Wassers den kleinen, eigenthümlich gestalteten Kopf sieht, der rasch dahin streicht. Will man denselben aber beobachten, so muß man ganz regungslos verweilen; denn nicht die geringste Bewegung entgeht dem scharfen Auge, nicht das leiseste Geräusch dem feinen Ohr des Thieres; und wenn es einmal verscheucht worden ist, kommt es selten wieder. Hält man sich völlig ruhig, so kann man es lange vor sich herumpaddeln sehen. Selten bleibt es länger, als eine oder zwei Minuten oben; dann taucht es und erscheint in einer kleinen Entfernung wieder. Wie Ben- nett an gefangenen beobachtete, hält sich das Thier immer gern am Ufer, dicht über dem Schlamme, und gründelt hier zwischen den Wurzeln und untersten Blättern der Wassergewächse, welche den Hauptaufenthalt von Kerbthieren bilden. Es schwimmt vortrefflich, ebensowohl stromauf-, als strom- abwärts. Jm ersteren Falle muß es sich etwas anstrengen, im letzteren läßt es sich behaglich von der Strömung treiben. Die Nahrung, welche es während seiner Weidegänge aufnimmt, hauptsächlich kleine Wasserkerbthiere und Weichthiere, wird zunächst in den Backentaschen aufbewahrt, und dann bei größerer Ruhe verzehrt. --
"An einem schönen Sommerabend," erzählt Bennett, "näherte ich mich einem kleinen Flusse in Australien, und da ich die Vorliebe des Schnabelthieres für die Dämmerung kannte, so suchte ich mir zu dieser Zeit seinen Anblick zu verschaffen. Die Flinte in der Hand, blieben wir geduldig am Ufer stehen. Es dauerte auch nicht lange, bis wir an der Oberfläche des Wassers, uns ziemlich nahe, einen schwarzen Körper sahen, dessen Spitze, der Kopf, sich nur wenig über die Oberfläche des Wassers erhob. Wir blieben regungslos, um das Thier nicht zu verscheuchen, beobachteten erst, und suchten dann soviel als möglich seinen Bewegungen zu folgen. Denn man muß sich schußfertig
Das Schnabelthier.
Auch die Querfalte der Haut nimmt an dieſer Färbung Theil. Die jungen Thiere unterſcheiden ſich von den alten durch das ſchöne, feine, ſilberweiße Haar an der unteren Fläche des Schwanzes und dicht über den vier Füßen. Beim Dahingleiten auf dem Schlamme werden dieſe Haare abgerieben, und hierdurch der Unterſchied zwiſchen den verſchiedenen Altersſtufen hervorgebracht.
Ein eigenthümlicher Fiſchgeruch ſtrömt von dem Pelze aus, zumal wenn er naß iſt; wahrſchein- lich rührt er von einer öligen Abſonderung her. Die Auſtralier eſſen trotz dieſer widerlichen Aus- dünſtung das Fleiſch des Thieres ſehr gern; doch will Dies zu ſeiner Empfehlung als Leckerbiſſen eben nicht viel ſagen, da ja dieſen Menſchen Alles recht kommt, was nur eßbar iſt: Schlangen, Rat- ten, Fröſche ebenſogut, wie die ſchmackhaften Beutelthiere.
Am liebſten bewohnt das Schnabelthier ruhige Stellen der Flüſſe, ſogenannte Altwäſſer, in welchen zahlreiche Waſſerpflanzen ſtehen, und laubige Bäume das Ufer beſchatten. Hier legt es ſich am Uferrande einen mehr oder weniger künſtlichen Bau an. Die erſte Höhle, welche Bennett ſah, lag an einem ſteilen Ufer zwiſchen Gras und Kräutern, dicht am Fluſſe. Ein etwa 20 Fuß langer, vielfach gewundener Gang mündete in einen geräumigeren Keſſel, welcher wie der Gang mit trockenen Waſſerpflanzen beſtreut war. Gewöhnlich hat aber jeder Bau zwei Eingänge, einen unter dem Waſſerſpiegel, den anderen etwa einen Fuß darüber. Zuweilen kommt es vor, daß der Eingang bis 5 Fuß vom Rande des Waſſers entfernt iſt. Die Röhre läuft von unten ſchief in die Höhe, ſo daß der Keſſel ſelten dem Eindringen des Hochwaſſers ausgeſetzt iſt. Auch ſcheint ſich das Thier hiernach zu richten und, je nachdem höherer oder ſeichterer Waſſerſtand, die Röhre von 20 bis 35, ja ſogar bis 50 Fuß Länge auszudehnen.
Man ſieht die Schnabelthiere zu jeder Zeit in den Flüſſen Auſtraliens, am häufigſten jedoch wäh- rend des Frühlings und der Sommermonate, und es fragt ſich, ob ſie nicht vielleicht einen Winter- ſchlaf halten. Sie ſind eigentlich Dämmerungsthiere, obwohl ſie auch während des Tages ihre Ber- ſtecke auf kurze Zeit verlaſſen, um ihrer Nahrung nachzugehen. Wenn das Waſſer recht klar iſt, kann man den Weg, welchen das bald tauchende, bald wieder auf der Oberfläche erſcheinende Thier nimmt, mit den Augen verfolgen. An ſo durchſichtige Stellen kommt es aber nur höchſt ſelten, gleichſam als ob es ſich ſeiner Unſicherheit hier bewußt wäre, und es verläßt ſie auch ſobald als mög- lich wieder. Wenn man ſich ganz ruhig verhält, dauert es an günſtigen Orten nicht lange, bis man an der Oberfläche des Waſſers den kleinen, eigenthümlich geſtalteten Kopf ſieht, der raſch dahin ſtreicht. Will man denſelben aber beobachten, ſo muß man ganz regungslos verweilen; denn nicht die geringſte Bewegung entgeht dem ſcharfen Auge, nicht das leiſeſte Geräuſch dem feinen Ohr des Thieres; und wenn es einmal verſcheucht worden iſt, kommt es ſelten wieder. Hält man ſich völlig ruhig, ſo kann man es lange vor ſich herumpaddeln ſehen. Selten bleibt es länger, als eine oder zwei Minuten oben; dann taucht es und erſcheint in einer kleinen Entfernung wieder. Wie Ben- nett an gefangenen beobachtete, hält ſich das Thier immer gern am Ufer, dicht über dem Schlamme, und gründelt hier zwiſchen den Wurzeln und unterſten Blättern der Waſſergewächſe, welche den Hauptaufenthalt von Kerbthieren bilden. Es ſchwimmt vortrefflich, ebenſowohl ſtromauf-, als ſtrom- abwärts. Jm erſteren Falle muß es ſich etwas anſtrengen, im letzteren läßt es ſich behaglich von der Strömung treiben. Die Nahrung, welche es während ſeiner Weidegänge aufnimmt, hauptſächlich kleine Waſſerkerbthiere und Weichthiere, wird zunächſt in den Backentaſchen aufbewahrt, und dann bei größerer Ruhe verzehrt. —
„An einem ſchönen Sommerabend,‟ erzählt Bennett, „näherte ich mich einem kleinen Fluſſe in Auſtralien, und da ich die Vorliebe des Schnabelthieres für die Dämmerung kannte, ſo ſuchte ich mir zu dieſer Zeit ſeinen Anblick zu verſchaffen. Die Flinte in der Hand, blieben wir geduldig am Ufer ſtehen. Es dauerte auch nicht lange, bis wir an der Oberfläche des Waſſers, uns ziemlich nahe, einen ſchwarzen Körper ſahen, deſſen Spitze, der Kopf, ſich nur wenig über die Oberfläche des Waſſers erhob. Wir blieben regungslos, um das Thier nicht zu verſcheuchen, beobachteten erſt, und ſuchten dann ſoviel als möglich ſeinen Bewegungen zu folgen. Denn man muß ſich ſchußfertig
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[325/0345]
Das Schnabelthier.
Auch die Querfalte der Haut nimmt an dieſer Färbung Theil. Die jungen Thiere unterſcheiden ſich
von den alten durch das ſchöne, feine, ſilberweiße Haar an der unteren Fläche des Schwanzes und
dicht über den vier Füßen. Beim Dahingleiten auf dem Schlamme werden dieſe Haare abgerieben,
und hierdurch der Unterſchied zwiſchen den verſchiedenen Altersſtufen hervorgebracht.
Ein eigenthümlicher Fiſchgeruch ſtrömt von dem Pelze aus, zumal wenn er naß iſt; wahrſchein-
lich rührt er von einer öligen Abſonderung her. Die Auſtralier eſſen trotz dieſer widerlichen Aus-
dünſtung das Fleiſch des Thieres ſehr gern; doch will Dies zu ſeiner Empfehlung als Leckerbiſſen eben
nicht viel ſagen, da ja dieſen Menſchen Alles recht kommt, was nur eßbar iſt: Schlangen, Rat-
ten, Fröſche ebenſogut, wie die ſchmackhaften Beutelthiere.
Am liebſten bewohnt das Schnabelthier ruhige Stellen der Flüſſe, ſogenannte Altwäſſer, in
welchen zahlreiche Waſſerpflanzen ſtehen, und laubige Bäume das Ufer beſchatten. Hier legt es ſich
am Uferrande einen mehr oder weniger künſtlichen Bau an. Die erſte Höhle, welche Bennett ſah,
lag an einem ſteilen Ufer zwiſchen Gras und Kräutern, dicht am Fluſſe. Ein etwa 20 Fuß langer,
vielfach gewundener Gang mündete in einen geräumigeren Keſſel, welcher wie der Gang mit trockenen
Waſſerpflanzen beſtreut war. Gewöhnlich hat aber jeder Bau zwei Eingänge, einen unter dem
Waſſerſpiegel, den anderen etwa einen Fuß darüber. Zuweilen kommt es vor, daß der Eingang
bis 5 Fuß vom Rande des Waſſers entfernt iſt. Die Röhre läuft von unten ſchief in die Höhe, ſo
daß der Keſſel ſelten dem Eindringen des Hochwaſſers ausgeſetzt iſt. Auch ſcheint ſich das Thier
hiernach zu richten und, je nachdem höherer oder ſeichterer Waſſerſtand, die Röhre von 20 bis 35, ja
ſogar bis 50 Fuß Länge auszudehnen.
Man ſieht die Schnabelthiere zu jeder Zeit in den Flüſſen Auſtraliens, am häufigſten jedoch wäh-
rend des Frühlings und der Sommermonate, und es fragt ſich, ob ſie nicht vielleicht einen Winter-
ſchlaf halten. Sie ſind eigentlich Dämmerungsthiere, obwohl ſie auch während des Tages ihre Ber-
ſtecke auf kurze Zeit verlaſſen, um ihrer Nahrung nachzugehen. Wenn das Waſſer recht klar iſt,
kann man den Weg, welchen das bald tauchende, bald wieder auf der Oberfläche erſcheinende Thier
nimmt, mit den Augen verfolgen. An ſo durchſichtige Stellen kommt es aber nur höchſt ſelten,
gleichſam als ob es ſich ſeiner Unſicherheit hier bewußt wäre, und es verläßt ſie auch ſobald als mög-
lich wieder. Wenn man ſich ganz ruhig verhält, dauert es an günſtigen Orten nicht lange, bis man
an der Oberfläche des Waſſers den kleinen, eigenthümlich geſtalteten Kopf ſieht, der raſch dahin
ſtreicht. Will man denſelben aber beobachten, ſo muß man ganz regungslos verweilen; denn nicht
die geringſte Bewegung entgeht dem ſcharfen Auge, nicht das leiſeſte Geräuſch dem feinen Ohr des
Thieres; und wenn es einmal verſcheucht worden iſt, kommt es ſelten wieder. Hält man ſich völlig
ruhig, ſo kann man es lange vor ſich herumpaddeln ſehen. Selten bleibt es länger, als eine oder
zwei Minuten oben; dann taucht es und erſcheint in einer kleinen Entfernung wieder. Wie Ben-
nett an gefangenen beobachtete, hält ſich das Thier immer gern am Ufer, dicht über dem Schlamme,
und gründelt hier zwiſchen den Wurzeln und unterſten Blättern der Waſſergewächſe, welche den
Hauptaufenthalt von Kerbthieren bilden. Es ſchwimmt vortrefflich, ebenſowohl ſtromauf-, als ſtrom-
abwärts. Jm erſteren Falle muß es ſich etwas anſtrengen, im letzteren läßt es ſich behaglich von der
Strömung treiben. Die Nahrung, welche es während ſeiner Weidegänge aufnimmt, hauptſächlich
kleine Waſſerkerbthiere und Weichthiere, wird zunächſt in den Backentaſchen aufbewahrt, und dann
bei größerer Ruhe verzehrt. —
„An einem ſchönen Sommerabend,‟ erzählt Bennett, „näherte ich mich einem kleinen Fluſſe
in Auſtralien, und da ich die Vorliebe des Schnabelthieres für die Dämmerung kannte, ſo ſuchte ich
mir zu dieſer Zeit ſeinen Anblick zu verſchaffen. Die Flinte in der Hand, blieben wir geduldig am
Ufer ſtehen. Es dauerte auch nicht lange, bis wir an der Oberfläche des Waſſers, uns ziemlich
nahe, einen ſchwarzen Körper ſahen, deſſen Spitze, der Kopf, ſich nur wenig über die Oberfläche
des Waſſers erhob. Wir blieben regungslos, um das Thier nicht zu verſcheuchen, beobachteten erſt,
und ſuchten dann ſoviel als möglich ſeinen Bewegungen zu folgen. Denn man muß ſich ſchußfertig
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/345>, abgerufen am 23.11.2024.
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