Die Kloaken- oder Gabelthiere. -- Der Ameisenigel.
nehmen, wenn man die Stacheln bei Seite zu legen versucht; dagegen sieht man sie auf dem Kopfe, den Gliedmaßen und der Unterseite des Körpers, wo sie die alleinige Bedeckung bilden. Sie sind überall steif, borstenartig und von schwarzbrauner Farbe, die Stacheln aber schmuzig gelbweiß, schwarz zugespitzt. Der Augenstern ist schwarz, die Regenbogenhaut blau, die Zunge hochroth.
Wenn die genauere Untersuchung die angenommenen zwei Arten feststellt, beschränkt sich das Vaterland des gemeinen Stachelameisenigels auf die gebirgigen Gegenden des südöstlichen Neu- holland, während die zweite Art, der stachelige Borstenigel, auf Neusüdwales und Vandiemens- land beschränkt zu sein scheint. Neusüdwales ist als die eigentliche Heimat des erstgenannten anzu- sehen. Er bewohnt mehr die gebirgigen Gegenden, als die Ebenen und steigt hier und da bis zu 3000 Fuß über den Meeresspiegel hinauf. Trockene Wälder, wo er sich unter den Wurzeln der Bäume Höhlen und Gänge graben kann, sagen ihm besonders zu. Hier verbirgt er sich bei Tage; nachts kommt er hervor und geht schnüffelnd und grabend der Nahrung nach. Seine Bewegungen sind lebhaft, zumal beim Scharren, welche Kunst er meisterhaft versteht. Der Gang ist außerordent- lich langsam: er senkt dabei den Kopf zur Erde und hält den Körper ganz niedrig. Beim Graben setzt er alle vier Beine gleichzeitig in Bewegung und versteht es, wie die Gürtelthiere, sich geradezu vor sichtlichen Augen in die Erde zu versenken. Es ist nicht eben leicht, in der Dämmerung dieses erdfarbige Thier wahrzunehmen, und man findet es eigentlich blos zufällig auf, wenn es in seiner ruhelosen Weise von einem Ort zum anderen läuft. Dabei untersucht es jede Höhle, jede Ritze, und wenn es etwas Genießbares in ihr wittert, setzt es augenblicklich die kräftigen Füße in Bewegung, um die Höhle zu erweitern. Kerbthiere und Würmer, hauptsächlich aber Ameisen und Termiten, bilden seine Hauptnahrung. Diese sucht das Thier mit Hilfe der sehr empfindlichen Schnauzenspitze auf, welche weniger zum Wittern, als zum Tasten geeignet scheint. Der Ameisenigel frißt ganz nach Art der Wurmzüngler, indem er die Zunge ausstreckt und, wenn sie sich mit Ameisen gefüllt hat, schnell wieder zurückzieht. Wie alle übrigen Ameisenfresser mischt er viel Sand oder Staub, auch trockenes Holz unter diese Nahrung. Man findet seinen Magen stets damit angefüllt.
Wenn man einen Ameisenigel ergreift, rollt er sich augenblicklich in eine Kugel zusammen, und dann ist es sehr schwer, ihn festzuhalten, weil die scharfen Stacheln bei der heftigen Bewegung des Zusammenkugelns gewöhnlich empfindlich verwunden. Ein zusammengerollter Ameisenigel läßt sich nur sehr schwer fortschaffen; am besten noch, wenn man ihn an den Hinterbeinen packt und sich um alle Anstrengungen und Bewegungen nicht weiter kümmert. Hat das Thier einmal eine Grube von wenigen Zollen fertig gebracht, so hält es außerordentlich schwer, es fortzuziehen. Nach Art der Gürtelthiere spreizt es sich aus und drückt seine Stacheln so fest gegen die Wände, daß es an ihnen förmlich zu kleben scheint. Die starken Klauen seiner Füße werden hierbei selbstverständlich auch mit angewandt, um sich soviel als möglich zu befestigen. An anderen Gegenständen weiß sich das Thier ebenfalls anzuklammern. "Wenn mir," sagt Bennett, "ein Stacheligel gebracht und in die Pflan- zenbüchse gesteckt wurde, um so am leichtesten fortgeschafft zu werden, fand ich, zu Hause angekommen, daß das Thier an den Seiten der Büchse, wie eine Schüsselmuschel auf dem Felsen, angeklebt war. Man sah nur einen wüsten Stachelhaufen. Die Spitzen des Stachelkleides sind so scharf, daß auch die leiseste Berührung ein empfindliches Schmerzgefühl hervorruft. Ganz unmöglich war es, einen dergestalt eingepferchten Ameisenigel heraus zu bringen, und nur dasselbe Verfahren, welches man bei den Schüsselmuscheln anwendet, konnte ihn bewegen, loszulassen. Wir brachten einen Spaten lang- sam unter seinen Leib und hoben ihn dann mit Gewalt empor. Hat man ihn einmal in der Hand, so zeigt er sich völlig harmlos." Die Behauptung der Eingeborenen, daß das Männchen seinen Angreifer mit dem Sporn am Hinterfuße verwunde und eine giftige Flüssigkeit aus dem- selben in die Wunde strömen lasse, ist nach allen angestellten Versuchen als eine Fabel anzu- sehen. Der männliche Stacheligel versucht gar nicht, sich seines Sporns zur Vertheidigung zu bedienen, wie er überhaupt kaum an Vertheidigung denkt. Gegen die vierfüßigen Feinde ver- theidigt er sich, wie der Jgel, durch Zusammenrollen, und wenn er Zeit hat, gräbt er sich so
Die Kloaken- oder Gabelthiere. — Der Ameiſenigel.
nehmen, wenn man die Stacheln bei Seite zu legen verſucht; dagegen ſieht man ſie auf dem Kopfe, den Gliedmaßen und der Unterſeite des Körpers, wo ſie die alleinige Bedeckung bilden. Sie ſind überall ſteif, borſtenartig und von ſchwarzbrauner Farbe, die Stacheln aber ſchmuzig gelbweiß, ſchwarz zugeſpitzt. Der Augenſtern iſt ſchwarz, die Regenbogenhaut blau, die Zunge hochroth.
Wenn die genauere Unterſuchung die angenommenen zwei Arten feſtſtellt, beſchränkt ſich das Vaterland des gemeinen Stachelameiſenigels auf die gebirgigen Gegenden des ſüdöſtlichen Neu- holland, während die zweite Art, der ſtachelige Borſtenigel, auf Neuſüdwales und Vandiemens- land beſchränkt zu ſein ſcheint. Neuſüdwales iſt als die eigentliche Heimat des erſtgenannten anzu- ſehen. Er bewohnt mehr die gebirgigen Gegenden, als die Ebenen und ſteigt hier und da bis zu 3000 Fuß über den Meeresſpiegel hinauf. Trockene Wälder, wo er ſich unter den Wurzeln der Bäume Höhlen und Gänge graben kann, ſagen ihm beſonders zu. Hier verbirgt er ſich bei Tage; nachts kommt er hervor und geht ſchnüffelnd und grabend der Nahrung nach. Seine Bewegungen ſind lebhaft, zumal beim Scharren, welche Kunſt er meiſterhaft verſteht. Der Gang iſt außerordent- lich langſam: er ſenkt dabei den Kopf zur Erde und hält den Körper ganz niedrig. Beim Graben ſetzt er alle vier Beine gleichzeitig in Bewegung und verſteht es, wie die Gürtelthiere, ſich geradezu vor ſichtlichen Augen in die Erde zu verſenken. Es iſt nicht eben leicht, in der Dämmerung dieſes erdfarbige Thier wahrzunehmen, und man findet es eigentlich blos zufällig auf, wenn es in ſeiner ruheloſen Weiſe von einem Ort zum anderen läuft. Dabei unterſucht es jede Höhle, jede Ritze, und wenn es etwas Genießbares in ihr wittert, ſetzt es augenblicklich die kräftigen Füße in Bewegung, um die Höhle zu erweitern. Kerbthiere und Würmer, hauptſächlich aber Ameiſen und Termiten, bilden ſeine Hauptnahrung. Dieſe ſucht das Thier mit Hilfe der ſehr empfindlichen Schnauzenſpitze auf, welche weniger zum Wittern, als zum Taſten geeignet ſcheint. Der Ameiſenigel frißt ganz nach Art der Wurmzüngler, indem er die Zunge ausſtreckt und, wenn ſie ſich mit Ameiſen gefüllt hat, ſchnell wieder zurückzieht. Wie alle übrigen Ameiſenfreſſer miſcht er viel Sand oder Staub, auch trockenes Holz unter dieſe Nahrung. Man findet ſeinen Magen ſtets damit angefüllt.
Wenn man einen Ameiſenigel ergreift, rollt er ſich augenblicklich in eine Kugel zuſammen, und dann iſt es ſehr ſchwer, ihn feſtzuhalten, weil die ſcharfen Stacheln bei der heftigen Bewegung des Zuſammenkugelns gewöhnlich empfindlich verwunden. Ein zuſammengerollter Ameiſenigel läßt ſich nur ſehr ſchwer fortſchaffen; am beſten noch, wenn man ihn an den Hinterbeinen packt und ſich um alle Anſtrengungen und Bewegungen nicht weiter kümmert. Hat das Thier einmal eine Grube von wenigen Zollen fertig gebracht, ſo hält es außerordentlich ſchwer, es fortzuziehen. Nach Art der Gürtelthiere ſpreizt es ſich aus und drückt ſeine Stacheln ſo feſt gegen die Wände, daß es an ihnen förmlich zu kleben ſcheint. Die ſtarken Klauen ſeiner Füße werden hierbei ſelbſtverſtändlich auch mit angewandt, um ſich ſoviel als möglich zu befeſtigen. An anderen Gegenſtänden weiß ſich das Thier ebenfalls anzuklammern. „Wenn mir,‟ ſagt Bennett, „ein Stacheligel gebracht und in die Pflan- zenbüchſe geſteckt wurde, um ſo am leichteſten fortgeſchafft zu werden, fand ich, zu Hauſe angekommen, daß das Thier an den Seiten der Büchſe, wie eine Schüſſelmuſchel auf dem Felſen, angeklebt war. Man ſah nur einen wüſten Stachelhaufen. Die Spitzen des Stachelkleides ſind ſo ſcharf, daß auch die leiſeſte Berührung ein empfindliches Schmerzgefühl hervorruft. Ganz unmöglich war es, einen dergeſtalt eingepferchten Ameiſenigel heraus zu bringen, und nur daſſelbe Verfahren, welches man bei den Schüſſelmuſcheln anwendet, konnte ihn bewegen, loszulaſſen. Wir brachten einen Spaten lang- ſam unter ſeinen Leib und hoben ihn dann mit Gewalt empor. Hat man ihn einmal in der Hand, ſo zeigt er ſich völlig harmlos.‟ Die Behauptung der Eingeborenen, daß das Männchen ſeinen Angreifer mit dem Sporn am Hinterfuße verwunde und eine giftige Flüſſigkeit aus dem- ſelben in die Wunde ſtrömen laſſe, iſt nach allen angeſtellten Verſuchen als eine Fabel anzu- ſehen. Der männliche Stacheligel verſucht gar nicht, ſich ſeines Sporns zur Vertheidigung zu bedienen, wie er überhaupt kaum an Vertheidigung denkt. Gegen die vierfüßigen Feinde ver- theidigt er ſich, wie der Jgel, durch Zuſammenrollen, und wenn er Zeit hat, gräbt er ſich ſo
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Die Kloaken- oder Gabelthiere. — Der Ameiſenigel.
nehmen, wenn man die Stacheln bei Seite zu legen verſucht; dagegen ſieht man ſie auf dem Kopfe,
den Gliedmaßen und der Unterſeite des Körpers, wo ſie die alleinige Bedeckung bilden. Sie ſind
überall ſteif, borſtenartig und von ſchwarzbrauner Farbe, die Stacheln aber ſchmuzig gelbweiß,
ſchwarz zugeſpitzt. Der Augenſtern iſt ſchwarz, die Regenbogenhaut blau, die Zunge hochroth.
Wenn die genauere Unterſuchung die angenommenen zwei Arten feſtſtellt, beſchränkt ſich das
Vaterland des gemeinen Stachelameiſenigels auf die gebirgigen Gegenden des ſüdöſtlichen Neu-
holland, während die zweite Art, der ſtachelige Borſtenigel, auf Neuſüdwales und Vandiemens-
land beſchränkt zu ſein ſcheint. Neuſüdwales iſt als die eigentliche Heimat des erſtgenannten anzu-
ſehen. Er bewohnt mehr die gebirgigen Gegenden, als die Ebenen und ſteigt hier und da bis zu
3000 Fuß über den Meeresſpiegel hinauf. Trockene Wälder, wo er ſich unter den Wurzeln der
Bäume Höhlen und Gänge graben kann, ſagen ihm beſonders zu. Hier verbirgt er ſich bei Tage;
nachts kommt er hervor und geht ſchnüffelnd und grabend der Nahrung nach. Seine Bewegungen
ſind lebhaft, zumal beim Scharren, welche Kunſt er meiſterhaft verſteht. Der Gang iſt außerordent-
lich langſam: er ſenkt dabei den Kopf zur Erde und hält den Körper ganz niedrig. Beim Graben
ſetzt er alle vier Beine gleichzeitig in Bewegung und verſteht es, wie die Gürtelthiere, ſich geradezu
vor ſichtlichen Augen in die Erde zu verſenken. Es iſt nicht eben leicht, in der Dämmerung dieſes
erdfarbige Thier wahrzunehmen, und man findet es eigentlich blos zufällig auf, wenn es in ſeiner
ruheloſen Weiſe von einem Ort zum anderen läuft. Dabei unterſucht es jede Höhle, jede Ritze, und
wenn es etwas Genießbares in ihr wittert, ſetzt es augenblicklich die kräftigen Füße in Bewegung,
um die Höhle zu erweitern. Kerbthiere und Würmer, hauptſächlich aber Ameiſen und Termiten,
bilden ſeine Hauptnahrung. Dieſe ſucht das Thier mit Hilfe der ſehr empfindlichen Schnauzenſpitze
auf, welche weniger zum Wittern, als zum Taſten geeignet ſcheint. Der Ameiſenigel frißt ganz nach
Art der Wurmzüngler, indem er die Zunge ausſtreckt und, wenn ſie ſich mit Ameiſen gefüllt hat, ſchnell
wieder zurückzieht. Wie alle übrigen Ameiſenfreſſer miſcht er viel Sand oder Staub, auch trockenes
Holz unter dieſe Nahrung. Man findet ſeinen Magen ſtets damit angefüllt.
Wenn man einen Ameiſenigel ergreift, rollt er ſich augenblicklich in eine Kugel zuſammen, und
dann iſt es ſehr ſchwer, ihn feſtzuhalten, weil die ſcharfen Stacheln bei der heftigen Bewegung des
Zuſammenkugelns gewöhnlich empfindlich verwunden. Ein zuſammengerollter Ameiſenigel läßt ſich
nur ſehr ſchwer fortſchaffen; am beſten noch, wenn man ihn an den Hinterbeinen packt und ſich um
alle Anſtrengungen und Bewegungen nicht weiter kümmert. Hat das Thier einmal eine Grube von
wenigen Zollen fertig gebracht, ſo hält es außerordentlich ſchwer, es fortzuziehen. Nach Art der
Gürtelthiere ſpreizt es ſich aus und drückt ſeine Stacheln ſo feſt gegen die Wände, daß es an ihnen
förmlich zu kleben ſcheint. Die ſtarken Klauen ſeiner Füße werden hierbei ſelbſtverſtändlich auch mit
angewandt, um ſich ſoviel als möglich zu befeſtigen. An anderen Gegenſtänden weiß ſich das Thier
ebenfalls anzuklammern. „Wenn mir,‟ ſagt Bennett, „ein Stacheligel gebracht und in die Pflan-
zenbüchſe geſteckt wurde, um ſo am leichteſten fortgeſchafft zu werden, fand ich, zu Hauſe angekommen,
daß das Thier an den Seiten der Büchſe, wie eine Schüſſelmuſchel auf dem Felſen, angeklebt war.
Man ſah nur einen wüſten Stachelhaufen. Die Spitzen des Stachelkleides ſind ſo ſcharf, daß auch
die leiſeſte Berührung ein empfindliches Schmerzgefühl hervorruft. Ganz unmöglich war es, einen
dergeſtalt eingepferchten Ameiſenigel heraus zu bringen, und nur daſſelbe Verfahren, welches man bei
den Schüſſelmuſcheln anwendet, konnte ihn bewegen, loszulaſſen. Wir brachten einen Spaten lang-
ſam unter ſeinen Leib und hoben ihn dann mit Gewalt empor. Hat man ihn einmal in der
Hand, ſo zeigt er ſich völlig harmlos.‟ Die Behauptung der Eingeborenen, daß das Männchen
ſeinen Angreifer mit dem Sporn am Hinterfuße verwunde und eine giftige Flüſſigkeit aus dem-
ſelben in die Wunde ſtrömen laſſe, iſt nach allen angeſtellten Verſuchen als eine Fabel anzu-
ſehen. Der männliche Stacheligel verſucht gar nicht, ſich ſeines Sporns zur Vertheidigung zu
bedienen, wie er überhaupt kaum an Vertheidigung denkt. Gegen die vierfüßigen Feinde ver-
theidigt er ſich, wie der Jgel, durch Zuſammenrollen, und wenn er Zeit hat, gräbt er ſich ſo
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/340>, abgerufen am 23.11.2024.
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