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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Das Temmincksche Schuppenthier.
daß es nachts umher streift und in der Gefangenschaft sehr unruhig ist, sich ziemlich schnell bewegen
kann und, wenn man es ergreift, sich ruhig am Schwanze aufnehmen läßt, ohne den geringsten Ver-
such zu machen, sich gegen seinen Feind zu wehren etc. Die Chinesen verfertigen Panzer aus der Haut
und nageln sie auch auf den Schild. Tennent erwähnt das Thier nur mit wenigen Worten: "Die
einzige Art der zahnlosen Thiere, welche Ceylon bewohnen, ist der gepanzerte Ameisenfresser, von den
Singalesen Caballaya, von den Malaien Pangolin genannt, ein Name, welcher die Eigenthüm-
lichkeit des Thieres ausdrückt, sich in sich selbst zusammen zu rollen, das Haupt gegen die Brust zu
kehren und den Schwanz kreisrund um Kopf und Hals zu schlagen, hierdurch sich gegen feindliche An-
griffe sichernd. Man findet die 7 Fuß tiefen Höhlen des Caballaya in trockenem Grund und erfährt,
daß sie hier paarweise zusammen leben und jährlich zwei oder drei Junge erzeugen. Jch habe zu ver-
schiedenen Zeiten zwei Stücke dieser Thiere lebend gehalten. Das eine stammte aus der Nähe von
Kandy, hatte ungefähr 2 Fuß Länge und war ein liebenswürdiges und anhängliches Geschöpf,
welches nach seinen Wanderungen und Ameisenjagden im Hause meine Aufmerksamkeit auf seine Be-
dürfnisse erregen wollte, indem es auf mein Knie kletterte, wo es sich mit seinem greiffähigen
Schwanze sehr geschickt fest zu halten wußte. Das zweite, welches man in einem Dschungel in der Nähe
von Chillaw gefangen hatte, war doppelt so groß, aber weniger nett. Die Ameisen wußten beide
mit ihrer runden und schleimigen Zunge sehr geschickt anzuleimen. Während des Tages waren sie
ruhig und still, um so lebendiger aber mit Einbruch der Nacht."

"Die Chinesen und Jndier rechnen den Pangolin zu den Fischen. Jn Jndien nennen die gemeinen
Leute das Thier "Dschungli-Matsch" oder Dschungelfisch; in einem Bericht über chinesische Na-
turgeschichte heißt es: "Der Ling-Le oder Hügelkarpfen wird so genannt, weil Gestalt und Aus-
sehen denen eines Karpfen ähneln; seit er auf dem Lande in Höhlen und Felsenritzen der Hügel
(ling) wohnt, erhielt er seinen Namen. Einige nennen ihn auch wohl "Lung-le" oder Drachen-
karpfen,
weil seine Schuppen denen eines Drachen ähneln." -- Man sieht den Pangolin oft in den
Händen der Chinesen, welche ihn als sehr werthvolles Schauthier betrachten und als nächsten Ver-
wandten der Krokodile ansehen. --

Das Temmincksche Schuppenthier (Manis Temminekii) endlich wurde von dem afrikanischen
Reifenden Smuts zuerst in der Nähe von Lattaku, der nördlichsten Station der englischen Missio-
näre am Kap aufgefunden und von A. Smith mit großer Genauigkeit in seinen Beiträgen zur süd-
afrikanischen Thierkunde beschrieben. Jn der Größe und Gestalt ähnelt es am meisten dem indischen.
Der Schwanz, welcher fast von Körperlänge ist, verschmächtigt sich erst mäßig gegen das Ende hin,
wo er sich plötzlich abrundet und abstutzt. Der Rumpf ist breit und der Kopf kurz und dick. Eiför-
mige Schuppen bedecken den Kopf. Sehr große, an der Wurzel fein längsgefurchte, an der Spitze
glatte ordnen sich am Rücken in elf bis dreizehn Reihen, am Schwanze in fünf und hinten in vier.
Die Mittelreihe zählt am Kopfe neun, am Rücken dreizehn und am Schwanze sechs Schuppen. Auch
auf der unteren Seite des Schwanzes liegen zwei Reihen dieser Horngebilde. Jhre Farbe ist blaß
gelblichbraun, an der Spitze lichter, oft mit einem länglichen, gelben Strich umrandet. Die nackten
Theile sind dunkelbräunlich. Die Schnauzenspitze ist schwarz, die Augen sind röthlichbraun.

Der Abu-Khirfa oder "Rindenwater" findet in den termitenreichen Steppen Afrikas hinläng-
liche Nahrung und erwünschte Einsamkeit. Die Nomaden machen nirgends eigentliche Jagd auf ihn,
und deshalb ist es so schwer, einen zu erhalten. Der uns gebrachte war ein vollkommen er-
wachsenes Männchen, welches von einem Türken zufällig erlegt worden war, als es aus seiner Höhle
kam. Der durch diese sonderbare Erscheinung auf das höchste überraschte Osmane hatte nichts
Eiligeres zu thun, als mit seinem Säbel einen fürchterlichen Hieb auf den Panzer des Ungeheuers
zu führen und mußte zu noch größerer Ueberraschung bemerken, daß dieser Hieb kaum eine Wirkung
geäußert hatte. Wir fanden nur den dritten Theil einer Schuppe abgehauen und einige andere etwas
verletzt. Ein den Türken begleitender Araber tödtete das ihm bekannte Wesen mit einem einzigen

Das Temminckſche Schuppenthier.
daß es nachts umher ſtreift und in der Gefangenſchaft ſehr unruhig iſt, ſich ziemlich ſchnell bewegen
kann und, wenn man es ergreift, ſich ruhig am Schwanze aufnehmen läßt, ohne den geringſten Ver-
ſuch zu machen, ſich gegen ſeinen Feind zu wehren ꝛc. Die Chineſen verfertigen Panzer aus der Haut
und nageln ſie auch auf den Schild. Tennent erwähnt das Thier nur mit wenigen Worten: „Die
einzige Art der zahnloſen Thiere, welche Ceylon bewohnen, iſt der gepanzerte Ameiſenfreſſer, von den
Singaleſen Caballaya, von den Malaien Pangolin genannt, ein Name, welcher die Eigenthüm-
lichkeit des Thieres ausdrückt, ſich in ſich ſelbſt zuſammen zu rollen, das Haupt gegen die Bruſt zu
kehren und den Schwanz kreisrund um Kopf und Hals zu ſchlagen, hierdurch ſich gegen feindliche An-
griffe ſichernd. Man findet die 7 Fuß tiefen Höhlen des Caballaya in trockenem Grund und erfährt,
daß ſie hier paarweiſe zuſammen leben und jährlich zwei oder drei Junge erzeugen. Jch habe zu ver-
ſchiedenen Zeiten zwei Stücke dieſer Thiere lebend gehalten. Das eine ſtammte aus der Nähe von
Kandy, hatte ungefähr 2 Fuß Länge und war ein liebenswürdiges und anhängliches Geſchöpf,
welches nach ſeinen Wanderungen und Ameiſenjagden im Hauſe meine Aufmerkſamkeit auf ſeine Be-
dürfniſſe erregen wollte, indem es auf mein Knie kletterte, wo es ſich mit ſeinem greiffähigen
Schwanze ſehr geſchickt feſt zu halten wußte. Das zweite, welches man in einem Dſchungel in der Nähe
von Chillaw gefangen hatte, war doppelt ſo groß, aber weniger nett. Die Ameiſen wußten beide
mit ihrer runden und ſchleimigen Zunge ſehr geſchickt anzuleimen. Während des Tages waren ſie
ruhig und ſtill, um ſo lebendiger aber mit Einbruch der Nacht.‟

„Die Chineſen und Jndier rechnen den Pangolin zu den Fiſchen. Jn Jndien nennen die gemeinen
Leute das Thier „Dſchungli-Matſch‟ oder Dſchungelfiſch; in einem Bericht über chineſiſche Na-
turgeſchichte heißt es: „Der Ling-Le oder Hügelkarpfen wird ſo genannt, weil Geſtalt und Aus-
ſehen denen eines Karpfen ähneln; ſeit er auf dem Lande in Höhlen und Felſenritzen der Hügel
(ling) wohnt, erhielt er ſeinen Namen. Einige nennen ihn auch wohl „Lung-le‟ oder Drachen-
karpfen,
weil ſeine Schuppen denen eines Drachen ähneln.‟ — Man ſieht den Pangolin oft in den
Händen der Chineſen, welche ihn als ſehr werthvolles Schauthier betrachten und als nächſten Ver-
wandten der Krokodile anſehen. —

Das Temminckſche Schuppenthier (Manis Temminekii) endlich wurde von dem afrikaniſchen
Reifenden Smuts zuerſt in der Nähe von Lattaku, der nördlichſten Station der engliſchen Miſſio-
näre am Kap aufgefunden und von A. Smith mit großer Genauigkeit in ſeinen Beiträgen zur ſüd-
afrikaniſchen Thierkunde beſchrieben. Jn der Größe und Geſtalt ähnelt es am meiſten dem indiſchen.
Der Schwanz, welcher faſt von Körperlänge iſt, verſchmächtigt ſich erſt mäßig gegen das Ende hin,
wo er ſich plötzlich abrundet und abſtutzt. Der Rumpf iſt breit und der Kopf kurz und dick. Eiför-
mige Schuppen bedecken den Kopf. Sehr große, an der Wurzel fein längsgefurchte, an der Spitze
glatte ordnen ſich am Rücken in elf bis dreizehn Reihen, am Schwanze in fünf und hinten in vier.
Die Mittelreihe zählt am Kopfe neun, am Rücken dreizehn und am Schwanze ſechs Schuppen. Auch
auf der unteren Seite des Schwanzes liegen zwei Reihen dieſer Horngebilde. Jhre Farbe iſt blaß
gelblichbraun, an der Spitze lichter, oft mit einem länglichen, gelben Strich umrandet. Die nackten
Theile ſind dunkelbräunlich. Die Schnauzenſpitze iſt ſchwarz, die Augen ſind röthlichbraun.

Der Abu-Khirfa oder „Rindenwater‟ findet in den termitenreichen Steppen Afrikas hinläng-
liche Nahrung und erwünſchte Einſamkeit. Die Nomaden machen nirgends eigentliche Jagd auf ihn,
und deshalb iſt es ſo ſchwer, einen zu erhalten. Der uns gebrachte war ein vollkommen er-
wachſenes Männchen, welches von einem Türken zufällig erlegt worden war, als es aus ſeiner Höhle
kam. Der durch dieſe ſonderbare Erſcheinung auf das höchſte überraſchte Osmane hatte nichts
Eiligeres zu thun, als mit ſeinem Säbel einen fürchterlichen Hieb auf den Panzer des Ungeheuers
zu führen und mußte zu noch größerer Ueberraſchung bemerken, daß dieſer Hieb kaum eine Wirkung
geäußert hatte. Wir fanden nur den dritten Theil einer Schuppe abgehauen und einige andere etwas
verletzt. Ein den Türken begleitender Araber tödtete das ihm bekannte Weſen mit einem einzigen

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[315/0335] Das Temminckſche Schuppenthier. daß es nachts umher ſtreift und in der Gefangenſchaft ſehr unruhig iſt, ſich ziemlich ſchnell bewegen kann und, wenn man es ergreift, ſich ruhig am Schwanze aufnehmen läßt, ohne den geringſten Ver- ſuch zu machen, ſich gegen ſeinen Feind zu wehren ꝛc. Die Chineſen verfertigen Panzer aus der Haut und nageln ſie auch auf den Schild. Tennent erwähnt das Thier nur mit wenigen Worten: „Die einzige Art der zahnloſen Thiere, welche Ceylon bewohnen, iſt der gepanzerte Ameiſenfreſſer, von den Singaleſen Caballaya, von den Malaien Pangolin genannt, ein Name, welcher die Eigenthüm- lichkeit des Thieres ausdrückt, ſich in ſich ſelbſt zuſammen zu rollen, das Haupt gegen die Bruſt zu kehren und den Schwanz kreisrund um Kopf und Hals zu ſchlagen, hierdurch ſich gegen feindliche An- griffe ſichernd. Man findet die 7 Fuß tiefen Höhlen des Caballaya in trockenem Grund und erfährt, daß ſie hier paarweiſe zuſammen leben und jährlich zwei oder drei Junge erzeugen. Jch habe zu ver- ſchiedenen Zeiten zwei Stücke dieſer Thiere lebend gehalten. Das eine ſtammte aus der Nähe von Kandy, hatte ungefähr 2 Fuß Länge und war ein liebenswürdiges und anhängliches Geſchöpf, welches nach ſeinen Wanderungen und Ameiſenjagden im Hauſe meine Aufmerkſamkeit auf ſeine Be- dürfniſſe erregen wollte, indem es auf mein Knie kletterte, wo es ſich mit ſeinem greiffähigen Schwanze ſehr geſchickt feſt zu halten wußte. Das zweite, welches man in einem Dſchungel in der Nähe von Chillaw gefangen hatte, war doppelt ſo groß, aber weniger nett. Die Ameiſen wußten beide mit ihrer runden und ſchleimigen Zunge ſehr geſchickt anzuleimen. Während des Tages waren ſie ruhig und ſtill, um ſo lebendiger aber mit Einbruch der Nacht.‟ „Die Chineſen und Jndier rechnen den Pangolin zu den Fiſchen. Jn Jndien nennen die gemeinen Leute das Thier „Dſchungli-Matſch‟ oder Dſchungelfiſch; in einem Bericht über chineſiſche Na- turgeſchichte heißt es: „Der Ling-Le oder Hügelkarpfen wird ſo genannt, weil Geſtalt und Aus- ſehen denen eines Karpfen ähneln; ſeit er auf dem Lande in Höhlen und Felſenritzen der Hügel (ling) wohnt, erhielt er ſeinen Namen. Einige nennen ihn auch wohl „Lung-le‟ oder Drachen- karpfen, weil ſeine Schuppen denen eines Drachen ähneln.‟ — Man ſieht den Pangolin oft in den Händen der Chineſen, welche ihn als ſehr werthvolles Schauthier betrachten und als nächſten Ver- wandten der Krokodile anſehen. — Das Temminckſche Schuppenthier (Manis Temminekii) endlich wurde von dem afrikaniſchen Reifenden Smuts zuerſt in der Nähe von Lattaku, der nördlichſten Station der engliſchen Miſſio- näre am Kap aufgefunden und von A. Smith mit großer Genauigkeit in ſeinen Beiträgen zur ſüd- afrikaniſchen Thierkunde beſchrieben. Jn der Größe und Geſtalt ähnelt es am meiſten dem indiſchen. Der Schwanz, welcher faſt von Körperlänge iſt, verſchmächtigt ſich erſt mäßig gegen das Ende hin, wo er ſich plötzlich abrundet und abſtutzt. Der Rumpf iſt breit und der Kopf kurz und dick. Eiför- mige Schuppen bedecken den Kopf. Sehr große, an der Wurzel fein längsgefurchte, an der Spitze glatte ordnen ſich am Rücken in elf bis dreizehn Reihen, am Schwanze in fünf und hinten in vier. Die Mittelreihe zählt am Kopfe neun, am Rücken dreizehn und am Schwanze ſechs Schuppen. Auch auf der unteren Seite des Schwanzes liegen zwei Reihen dieſer Horngebilde. Jhre Farbe iſt blaß gelblichbraun, an der Spitze lichter, oft mit einem länglichen, gelben Strich umrandet. Die nackten Theile ſind dunkelbräunlich. Die Schnauzenſpitze iſt ſchwarz, die Augen ſind röthlichbraun. Der Abu-Khirfa oder „Rindenwater‟ findet in den termitenreichen Steppen Afrikas hinläng- liche Nahrung und erwünſchte Einſamkeit. Die Nomaden machen nirgends eigentliche Jagd auf ihn, und deshalb iſt es ſo ſchwer, einen zu erhalten. Der uns gebrachte war ein vollkommen er- wachſenes Männchen, welches von einem Türken zufällig erlegt worden war, als es aus ſeiner Höhle kam. Der durch dieſe ſonderbare Erſcheinung auf das höchſte überraſchte Osmane hatte nichts Eiligeres zu thun, als mit ſeinem Säbel einen fürchterlichen Hieb auf den Panzer des Ungeheuers zu führen und mußte zu noch größerer Ueberraſchung bemerken, daß dieſer Hieb kaum eine Wirkung geäußert hatte. Wir fanden nur den dritten Theil einer Schuppe abgehauen und einige andere etwas verletzt. Ein den Türken begleitender Araber tödtete das ihm bekannte Weſen mit einem einzigen

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/335>, abgerufen am 27.11.2024.