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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Die Ameisenbären. -- Der Yurumi.

Die wahren Ameisenbären (Myrmocephaga), welche die zweite Sippe der Familie bilden,
haben, wie bemerkt, mit dem Erdschweine nur sehr geringe Aehnlichkeit. Der Körper ist gestreckter,
der Kopf und zumal die Schnauze noch weit mehr verlängert, als bei dem Erdschwein; der Schwanz
erreicht fast die Hälfte der Körperlänge; ein dichter, struppiger, eigenthümlicher Pelz deckt den Leib,
zumal die Oberseite. Die hinteren Gliedmaßen sind schlank und schwächer, als die Vorderbeine.
Beide Füße zeigen im Geripp fünf Zehen. Diese sind aber nicht sämmtlich mit Krallen bewaffnet.
Die Mundspalte ist sehr klein, die Zunge aber lang, dünn und gerundet, an einen Wurm erin-
nernd. Die Ohren und Augen sind sehr klein. Noch auffallender ist der innere Leibesbau. Durch
die Verlängerung des Antlitztheiles wird die Schnauze lang, röhrenförmig und die Nasenröhre bildet
so einen langen Doppelgang. Der Zwischenkiefer ist sehr klein und gekrümmt, mit dem Oberkiefer
auch blos durch Knorpel verbunden. Vergeblich sucht man nach Zähnen; jede Spur derselben fehlt.
Funfzehn bis achtzehn Rückenwirbel tragen Rippen, zwei bis sechs sind rippenlos, vier bis sechs bil-
den das Kreuz, neunundzwanzig bis vierzig den Schwanz. Die Rippen werden so außerordentlich
breit, daß ihre Ränder sich decken und alle Räume zwischen den Knochen verschwinden. Das Schlüssel-
bein ist bei dem Einen verkümmert, bei dem Anderen sehr entwickelt, bei dem Dritten fehlt es ganz.
Die Armknochen sind überaus stark. An dieses Geripp setzen sich sehr kräftige Muskeln an, welche
besonders an den Vordergliedern stark erscheinen. Eigene Muskeln bewegen auch die sehr lange, runde,
mit spitzen, hornartigen, kleinen Stacheln besetzte Zunge, welche durch sehr stark entwickelte Speichel-
drüsen fortwährend mit klebrigem Schleime überzogen wird. Das Herz ist verhältnißmäßig klein.
Die Schlagadern bilden Wundernetze an den Schenkeln.

Wir verdanken namentlich Azara und Rengger vortreffliche Beschreibungen zweier Arten
von Ameisenbären oder Ameisenfressern; Rengger hat überhaupt das Beste über das Leben des
Thieres geschrieben, was wir kennen. Jch lege deshalb die Beschreibung dieses Forschers hier zu
Grunde.

"Paraguay besitzt zwei Arten von Ameisenfressern. Der eine wird in der guaranischen Sprache
Yurumi, d. h. kleiner Mund genannt, der andere trägt den Namen Caguare. Der Pelz des
Yurumi (Myrmocephaga jubata) besteht aus dichten, steifen, rauh anzufühlenden Borstenhaaren.
Kurz am Kopfe, verlängern sich dieselben längs des Nackens und Rückgrates, wo sie eine Mähne
bilden, bis auf neun Zoll, und am Schwanze von zehn bis funfzehn Zoll Länge, während sie am
übrigen Körper, um und an den Beinen, blos drei bis vier Zoll lang sind. Diese Haare liegen ent-
weder mit rückwärts gedrehter Spitze am Körper, oder hangen an der Seite herunter; nur am Kopfe
stehen sie senkrecht empor. Die, welche die Schwanzquaste bilden, sind seitwärts zusammengedrückt
und erscheinen lanzettartig. Nackt sind blos die Schnauzenspitze, die Lippen, die Augenlider und
die Fußsohlen. Die Farbe des Pelzes ist ziemlich verschieden. Am Kopfe erscheint die Gesammtfarbe
Aschgrau mit Schwarz gemischt, weil hier die Haare abwechselnd schwarz und aschgrau geringelt sind.
Fast die nämliche Farbe haben der Nacken, der Rücken und zum Theil auch die Seiten des Rumpfes,
die vorderen Beine und der Schwanz. Die Kehle, der Hals, die Brust, der Bauch, die Hinterfüße
und die untere Seite des Schwanzes sind schwarzbraun. Ein schwarzer, anfangs fünf bis sechs Zoll
breiter, nach hinten spitz zulaufender Streifen erstreckt sich vom Kopfe und der Brust über den
Rücken in schiefer Richtung bis zum Kreuz; er wird eingefaßt von zwei schmalen, blaßgrauen Strei-
fen, die mit ihm gleichlaufen. Eine schwarze Binde bedeckt das Ende des Vorderarms und auch die
Zehen der Vorderfüße, sowie die nackten Theile des Körpers sind schwarz. Jn der Jugend sind
die Ameisenfresser im allgemeinen lichter, als die Alten. Die Haare haben auch noch nicht die lichten
Ringe, wie bei diesen."

"Die Größe des erwachsenen Yurumi beträgt vier Fuß zwei Zoll, die Länge des Schwanzes
ohne Haare zwei Fuß zwei Zoll, mit den Haaren aber wenigstens drei Fuß, oft etwas darüber.
Somit erreicht das Thier eine Gesammtlänge von sieben und ein viertel Fuß; aber man findet zu-
weilen alte Männchen, welche noch größer sind."

Die Ameiſenbären. — Der Yurumi.

Die wahren Ameiſenbären (Myrmocephaga), welche die zweite Sippe der Familie bilden,
haben, wie bemerkt, mit dem Erdſchweine nur ſehr geringe Aehnlichkeit. Der Körper iſt geſtreckter,
der Kopf und zumal die Schnauze noch weit mehr verlängert, als bei dem Erdſchwein; der Schwanz
erreicht faſt die Hälfte der Körperlänge; ein dichter, ſtruppiger, eigenthümlicher Pelz deckt den Leib,
zumal die Oberſeite. Die hinteren Gliedmaßen ſind ſchlank und ſchwächer, als die Vorderbeine.
Beide Füße zeigen im Geripp fünf Zehen. Dieſe ſind aber nicht ſämmtlich mit Krallen bewaffnet.
Die Mundſpalte iſt ſehr klein, die Zunge aber lang, dünn und gerundet, an einen Wurm erin-
nernd. Die Ohren und Augen ſind ſehr klein. Noch auffallender iſt der innere Leibesbau. Durch
die Verlängerung des Antlitztheiles wird die Schnauze lang, röhrenförmig und die Naſenröhre bildet
ſo einen langen Doppelgang. Der Zwiſchenkiefer iſt ſehr klein und gekrümmt, mit dem Oberkiefer
auch blos durch Knorpel verbunden. Vergeblich ſucht man nach Zähnen; jede Spur derſelben fehlt.
Funfzehn bis achtzehn Rückenwirbel tragen Rippen, zwei bis ſechs ſind rippenlos, vier bis ſechs bil-
den das Kreuz, neunundzwanzig bis vierzig den Schwanz. Die Rippen werden ſo außerordentlich
breit, daß ihre Ränder ſich decken und alle Räume zwiſchen den Knochen verſchwinden. Das Schlüſſel-
bein iſt bei dem Einen verkümmert, bei dem Anderen ſehr entwickelt, bei dem Dritten fehlt es ganz.
Die Armknochen ſind überaus ſtark. An dieſes Geripp ſetzen ſich ſehr kräftige Muskeln an, welche
beſonders an den Vordergliedern ſtark erſcheinen. Eigene Muskeln bewegen auch die ſehr lange, runde,
mit ſpitzen, hornartigen, kleinen Stacheln beſetzte Zunge, welche durch ſehr ſtark entwickelte Speichel-
drüſen fortwährend mit klebrigem Schleime überzogen wird. Das Herz iſt verhältnißmäßig klein.
Die Schlagadern bilden Wundernetze an den Schenkeln.

Wir verdanken namentlich Azara und Rengger vortreffliche Beſchreibungen zweier Arten
von Ameiſenbären oder Ameiſenfreſſern; Rengger hat überhaupt das Beſte über das Leben des
Thieres geſchrieben, was wir kennen. Jch lege deshalb die Beſchreibung dieſes Forſchers hier zu
Grunde.

„Paraguay beſitzt zwei Arten von Ameiſenfreſſern. Der eine wird in der guaraniſchen Sprache
Yurumi, d. h. kleiner Mund genannt, der andere trägt den Namen Caguare. Der Pelz des
Yurumi (Myrmocephaga jubata) beſteht aus dichten, ſteifen, rauh anzufühlenden Borſtenhaaren.
Kurz am Kopfe, verlängern ſich dieſelben längs des Nackens und Rückgrates, wo ſie eine Mähne
bilden, bis auf neun Zoll, und am Schwanze von zehn bis funfzehn Zoll Länge, während ſie am
übrigen Körper, um und an den Beinen, blos drei bis vier Zoll lang ſind. Dieſe Haare liegen ent-
weder mit rückwärts gedrehter Spitze am Körper, oder hangen an der Seite herunter; nur am Kopfe
ſtehen ſie ſenkrecht empor. Die, welche die Schwanzquaſte bilden, ſind ſeitwärts zuſammengedrückt
und erſcheinen lanzettartig. Nackt ſind blos die Schnauzenſpitze, die Lippen, die Augenlider und
die Fußſohlen. Die Farbe des Pelzes iſt ziemlich verſchieden. Am Kopfe erſcheint die Geſammtfarbe
Aſchgrau mit Schwarz gemiſcht, weil hier die Haare abwechſelnd ſchwarz und aſchgrau geringelt ſind.
Faſt die nämliche Farbe haben der Nacken, der Rücken und zum Theil auch die Seiten des Rumpfes,
die vorderen Beine und der Schwanz. Die Kehle, der Hals, die Bruſt, der Bauch, die Hinterfüße
und die untere Seite des Schwanzes ſind ſchwarzbraun. Ein ſchwarzer, anfangs fünf bis ſechs Zoll
breiter, nach hinten ſpitz zulaufender Streifen erſtreckt ſich vom Kopfe und der Bruſt über den
Rücken in ſchiefer Richtung bis zum Kreuz; er wird eingefaßt von zwei ſchmalen, blaßgrauen Strei-
fen, die mit ihm gleichlaufen. Eine ſchwarze Binde bedeckt das Ende des Vorderarms und auch die
Zehen der Vorderfüße, ſowie die nackten Theile des Körpers ſind ſchwarz. Jn der Jugend ſind
die Ameiſenfreſſer im allgemeinen lichter, als die Alten. Die Haare haben auch noch nicht die lichten
Ringe, wie bei dieſen.‟

„Die Größe des erwachſenen Yurumi beträgt vier Fuß zwei Zoll, die Länge des Schwanzes
ohne Haare zwei Fuß zwei Zoll, mit den Haaren aber wenigſtens drei Fuß, oft etwas darüber.
Somit erreicht das Thier eine Geſammtlänge von ſieben und ein viertel Fuß; aber man findet zu-
weilen alte Männchen, welche noch größer ſind.‟

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[304/0324] Die Ameiſenbären. — Der Yurumi. Die wahren Ameiſenbären (Myrmocephaga), welche die zweite Sippe der Familie bilden, haben, wie bemerkt, mit dem Erdſchweine nur ſehr geringe Aehnlichkeit. Der Körper iſt geſtreckter, der Kopf und zumal die Schnauze noch weit mehr verlängert, als bei dem Erdſchwein; der Schwanz erreicht faſt die Hälfte der Körperlänge; ein dichter, ſtruppiger, eigenthümlicher Pelz deckt den Leib, zumal die Oberſeite. Die hinteren Gliedmaßen ſind ſchlank und ſchwächer, als die Vorderbeine. Beide Füße zeigen im Geripp fünf Zehen. Dieſe ſind aber nicht ſämmtlich mit Krallen bewaffnet. Die Mundſpalte iſt ſehr klein, die Zunge aber lang, dünn und gerundet, an einen Wurm erin- nernd. Die Ohren und Augen ſind ſehr klein. Noch auffallender iſt der innere Leibesbau. Durch die Verlängerung des Antlitztheiles wird die Schnauze lang, röhrenförmig und die Naſenröhre bildet ſo einen langen Doppelgang. Der Zwiſchenkiefer iſt ſehr klein und gekrümmt, mit dem Oberkiefer auch blos durch Knorpel verbunden. Vergeblich ſucht man nach Zähnen; jede Spur derſelben fehlt. Funfzehn bis achtzehn Rückenwirbel tragen Rippen, zwei bis ſechs ſind rippenlos, vier bis ſechs bil- den das Kreuz, neunundzwanzig bis vierzig den Schwanz. Die Rippen werden ſo außerordentlich breit, daß ihre Ränder ſich decken und alle Räume zwiſchen den Knochen verſchwinden. Das Schlüſſel- bein iſt bei dem Einen verkümmert, bei dem Anderen ſehr entwickelt, bei dem Dritten fehlt es ganz. Die Armknochen ſind überaus ſtark. An dieſes Geripp ſetzen ſich ſehr kräftige Muskeln an, welche beſonders an den Vordergliedern ſtark erſcheinen. Eigene Muskeln bewegen auch die ſehr lange, runde, mit ſpitzen, hornartigen, kleinen Stacheln beſetzte Zunge, welche durch ſehr ſtark entwickelte Speichel- drüſen fortwährend mit klebrigem Schleime überzogen wird. Das Herz iſt verhältnißmäßig klein. Die Schlagadern bilden Wundernetze an den Schenkeln. Wir verdanken namentlich Azara und Rengger vortreffliche Beſchreibungen zweier Arten von Ameiſenbären oder Ameiſenfreſſern; Rengger hat überhaupt das Beſte über das Leben des Thieres geſchrieben, was wir kennen. Jch lege deshalb die Beſchreibung dieſes Forſchers hier zu Grunde. „Paraguay beſitzt zwei Arten von Ameiſenfreſſern. Der eine wird in der guaraniſchen Sprache Yurumi, d. h. kleiner Mund genannt, der andere trägt den Namen Caguare. Der Pelz des Yurumi (Myrmocephaga jubata) beſteht aus dichten, ſteifen, rauh anzufühlenden Borſtenhaaren. Kurz am Kopfe, verlängern ſich dieſelben längs des Nackens und Rückgrates, wo ſie eine Mähne bilden, bis auf neun Zoll, und am Schwanze von zehn bis funfzehn Zoll Länge, während ſie am übrigen Körper, um und an den Beinen, blos drei bis vier Zoll lang ſind. Dieſe Haare liegen ent- weder mit rückwärts gedrehter Spitze am Körper, oder hangen an der Seite herunter; nur am Kopfe ſtehen ſie ſenkrecht empor. Die, welche die Schwanzquaſte bilden, ſind ſeitwärts zuſammengedrückt und erſcheinen lanzettartig. Nackt ſind blos die Schnauzenſpitze, die Lippen, die Augenlider und die Fußſohlen. Die Farbe des Pelzes iſt ziemlich verſchieden. Am Kopfe erſcheint die Geſammtfarbe Aſchgrau mit Schwarz gemiſcht, weil hier die Haare abwechſelnd ſchwarz und aſchgrau geringelt ſind. Faſt die nämliche Farbe haben der Nacken, der Rücken und zum Theil auch die Seiten des Rumpfes, die vorderen Beine und der Schwanz. Die Kehle, der Hals, die Bruſt, der Bauch, die Hinterfüße und die untere Seite des Schwanzes ſind ſchwarzbraun. Ein ſchwarzer, anfangs fünf bis ſechs Zoll breiter, nach hinten ſpitz zulaufender Streifen erſtreckt ſich vom Kopfe und der Bruſt über den Rücken in ſchiefer Richtung bis zum Kreuz; er wird eingefaßt von zwei ſchmalen, blaßgrauen Strei- fen, die mit ihm gleichlaufen. Eine ſchwarze Binde bedeckt das Ende des Vorderarms und auch die Zehen der Vorderfüße, ſowie die nackten Theile des Körpers ſind ſchwarz. Jn der Jugend ſind die Ameiſenfreſſer im allgemeinen lichter, als die Alten. Die Haare haben auch noch nicht die lichten Ringe, wie bei dieſen.‟ „Die Größe des erwachſenen Yurumi beträgt vier Fuß zwei Zoll, die Länge des Schwanzes ohne Haare zwei Fuß zwei Zoll, mit den Haaren aber wenigſtens drei Fuß, oft etwas darüber. Somit erreicht das Thier eine Geſammtlänge von ſieben und ein viertel Fuß; aber man findet zu- weilen alte Männchen, welche noch größer ſind.‟

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/324>, abgerufen am 23.11.2024.