vorkommenden Gesträuche bilden seine ausschließliche Nahrung, und von ihnen speichert er auch hier und da Vorräthe auf, obwohl er vielleicht keinen Winterschlaf hält. Ueber die Fortpflanzung, die Zeit der Paarung und die Zahl der Jungen fehlen zur Zeit noch genaue Nachrichten.
Die Gefangenen, welche Darwin hielt, wurden bald zahm, waren aber stumpfsinnig. Beim Fressen nahmen sie die Nahrung nach Nagerart zwischen die Vorderbeine und führten sie so zum Munde. Die Patagonier, welche in ihrer armen Heimat eben keine große Auswahl haben, essen auch das Fleisch des Tucutuco und stellen ihm deshalb nach. Jn manchen Gegenden sollen die Rei-
[Abbildung]
Der Tucutuco (Ctenomys magellanicus).
senden wegen der unterirdischen Wühlereien zu klagen haben, weil die Pferde bei schnellem Reiten oft durch die dünnen Decken seiner Gänge brechen. Hierauf beschränkt sich gegenwärtig unsere Kenntniß.
Die Rammsratten (Cercomys) bilden eine dritte, die Lauzenratten (Loncheres) eine vierte Sippe unserer Famile. Von ersteren kennt man nur eine einzige Art (Cercomys cunicularius). Es ist ein unserer Wanderratte ziemlich ähnliches Thier mit stark gewölbtem Nasenrücken, größeren Ohren, großen Augen, dicken Lippen und langen Schnurren, scharfen Krallen und dichtem, weichen Pelz, der oben gelbbraun, unten weißlich ist, sowie einem echten Rattenschwanz und etwas verschie- denem Gebiß, von 6 Zoll Leibeslänge und ungefähr 7 Zoll Schwanzlänge, über dessen Leben man bisjetzt noch nicht das Geringste weiß. Jhr Vaterland ist Brasilien, namentlich in der Provinz Minas soll sie zu treffen sein.
Von den Lanzenratten kennt man mehrere Arten, welche sich ziemlich ähneln. Jm allge- meinen haben auch sie die Gestalt der Ratten, der Kopf ist dick, die Schnauze stumpf, die Oberlippe gespalten. Die Augen sind klein und die eiförmigen Ohrmuscheln aufrechtstehend. Der Hals ist kurz, der Rumpf dick, die Beine sind kurz und die Füße klein. Fünf Zehen an den Hinterfüßen und
Der Tucutuco. — Die Rammsratten.
vorkommenden Geſträuche bilden ſeine ausſchließliche Nahrung, und von ihnen ſpeichert er auch hier und da Vorräthe auf, obwohl er vielleicht keinen Winterſchlaf hält. Ueber die Fortpflanzung, die Zeit der Paarung und die Zahl der Jungen fehlen zur Zeit noch genaue Nachrichten.
Die Gefangenen, welche Darwin hielt, wurden bald zahm, waren aber ſtumpfſinnig. Beim Freſſen nahmen ſie die Nahrung nach Nagerart zwiſchen die Vorderbeine und führten ſie ſo zum Munde. Die Patagonier, welche in ihrer armen Heimat eben keine große Auswahl haben, eſſen auch das Fleiſch des Tucutuco und ſtellen ihm deshalb nach. Jn manchen Gegenden ſollen die Rei-
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Der Tucutuco (Ctenomys magellanicus).
ſenden wegen der unterirdiſchen Wühlereien zu klagen haben, weil die Pferde bei ſchnellem Reiten oft durch die dünnen Decken ſeiner Gänge brechen. Hierauf beſchränkt ſich gegenwärtig unſere Kenntniß.
Die Rammsratten (Cercomys) bilden eine dritte, die Lauzenratten (Loncheres) eine vierte Sippe unſerer Famile. Von erſteren kennt man nur eine einzige Art (Cercomys cunicularius). Es iſt ein unſerer Wanderratte ziemlich ähnliches Thier mit ſtark gewölbtem Naſenrücken, größeren Ohren, großen Augen, dicken Lippen und langen Schnurren, ſcharfen Krallen und dichtem, weichen Pelz, der oben gelbbraun, unten weißlich iſt, ſowie einem echten Rattenſchwanz und etwas verſchie- denem Gebiß, von 6 Zoll Leibeslänge und ungefähr 7 Zoll Schwanzlänge, über deſſen Leben man bisjetzt noch nicht das Geringſte weiß. Jhr Vaterland iſt Braſilien, namentlich in der Provinz Minas ſoll ſie zu treffen ſein.
Von den Lanzenratten kennt man mehrere Arten, welche ſich ziemlich ähneln. Jm allge- meinen haben auch ſie die Geſtalt der Ratten, der Kopf iſt dick, die Schnauze ſtumpf, die Oberlippe geſpalten. Die Augen ſind klein und die eiförmigen Ohrmuſcheln aufrechtſtehend. Der Hals iſt kurz, der Rumpf dick, die Beine ſind kurz und die Füße klein. Fünf Zehen an den Hinterfüßen und
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Der Tucutuco. — Die Rammsratten.
vorkommenden Geſträuche bilden ſeine ausſchließliche Nahrung, und von ihnen ſpeichert er auch hier
und da Vorräthe auf, obwohl er vielleicht keinen Winterſchlaf hält. Ueber die Fortpflanzung, die
Zeit der Paarung und die Zahl der Jungen fehlen zur Zeit noch genaue Nachrichten.
Die Gefangenen, welche Darwin hielt, wurden bald zahm, waren aber ſtumpfſinnig. Beim
Freſſen nahmen ſie die Nahrung nach Nagerart zwiſchen die Vorderbeine und führten ſie ſo zum
Munde. Die Patagonier, welche in ihrer armen Heimat eben keine große Auswahl haben, eſſen
auch das Fleiſch des Tucutuco und ſtellen ihm deshalb nach. Jn manchen Gegenden ſollen die Rei-
[Abbildung Der Tucutuco (Ctenomys magellanicus).]
ſenden wegen der unterirdiſchen Wühlereien zu klagen haben, weil die Pferde bei ſchnellem Reiten oft
durch die dünnen Decken ſeiner Gänge brechen. Hierauf beſchränkt ſich gegenwärtig unſere Kenntniß.
Die Rammsratten (Cercomys) bilden eine dritte, die Lauzenratten (Loncheres) eine
vierte Sippe unſerer Famile. Von erſteren kennt man nur eine einzige Art (Cercomys cunicularius).
Es iſt ein unſerer Wanderratte ziemlich ähnliches Thier mit ſtark gewölbtem Naſenrücken, größeren
Ohren, großen Augen, dicken Lippen und langen Schnurren, ſcharfen Krallen und dichtem, weichen
Pelz, der oben gelbbraun, unten weißlich iſt, ſowie einem echten Rattenſchwanz und etwas verſchie-
denem Gebiß, von 6 Zoll Leibeslänge und ungefähr 7 Zoll Schwanzlänge, über deſſen Leben man
bisjetzt noch nicht das Geringſte weiß. Jhr Vaterland iſt Braſilien, namentlich in der Provinz
Minas ſoll ſie zu treffen ſein.
Von den Lanzenratten kennt man mehrere Arten, welche ſich ziemlich ähneln. Jm allge-
meinen haben auch ſie die Geſtalt der Ratten, der Kopf iſt dick, die Schnauze ſtumpf, die Oberlippe
geſpalten. Die Augen ſind klein und die eiförmigen Ohrmuſcheln aufrechtſtehend. Der Hals iſt
kurz, der Rumpf dick, die Beine ſind kurz und die Füße klein. Fünf Zehen an den Hinterfüßen und
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/225>, abgerufen am 23.11.2024.
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