Die Wüstenspringmäuse. -- Die egyptische Springmaus.
an das Glätten des Felles geht, scharrt und wühlt sie sich eine passende Vertiefung im Sande aus. Zu diesem Ende biegt sie sich vorn hernieder und schiebt nun mit vorgestreckten, aus einandergehaltenen Händen und der rüsselartigen Schnauze den Sand nach vorn, große Mengen auf einmal und scharrt ihn da, wo er sich nicht schieben läßt, durch rasche Bewegungen der Hände los. So geht's fort, bis sie sich endlich ihr Lager zurecht gemacht hat. Jetzt legt sie zuerst den Kopf in die entstandene Vertiefung und schiebt ihn vorwärts sich streckend auf dem Sande dahin, den oberen Theil sowohl als den unteren, die rechte wie die linke Seite, jedenfalls in der Absicht, um das Fell zu glätten. Wenn Dies besorgt ist, wirft sie sich plötzlich der ganzen Länge nach in die Mulde und streckt und dehnt sich dabei äußerst behaglich, die langen Sprungbeine bald gerade nach hinten, bald senkrecht vom Leibe ab oder endlich gerade nach vorne und zuletzt so ausstreckend, daß die Läufe hart an die Schnauze zu liegen kommen. Wenn sie sich in dieser Lage ordentlich eingewühlt hat, bleibt sie oft mehrere Minuten lang ganz ruhig und zufrieden liegen, schließt die Augen halb, legt die Ohren an und streicht sich nur dann und wann einmal, als wolle sie sich dehnen, mit einem der kleinen Pfötchen über das Gesicht.
Nach dieser Streckung und Dehnung beginnt das eigentliche Putzen. Sehr viel Mühe und Arbeit macht ihr das Reinigen des Mundes und der Wangen, namentlich des Theils, wo die langen Schnurrenhaare sitzen. Dazu braucht sie immer mehrere Minuten. Dann setzt sie sich vollends auf und nimmt nun auch das übrige Fell ihres Leibes vor. Sie packt ein Stückchen Fell mit beiden Händen, kämmt es mit den Zähnen des Unterkiefers durch und leckt es dann mit der Zunge gehörig glatt. Recht nett sieht es aus, wenn sie den Unterleib putzt. Dann stellt sie die Fußwurzeln sehr breit von einander und biegt den Leib kugelrund zusammen. Die sonderbarste Stellung aber nimmt sie an, wenn sie sich in der Beugung zwischen Mittelfußknochen und Unterschenkel lecken oder über- haupt das lange Unterbein putzen will. Sie läßt dann das eine Bein wie gewöhnlich beim Sitzen auf den Fußwurzeln stehen und schiebt das andere um die ganze Länge des Mittelfußknochens vor. Der Schwanz wird immer gebraucht, um der Stellung Sicherheit zu geben. Das Kratzen besorgt sie mit den Hinterfüßen, und dabei bewegt sie die langen Beine so außerordentlich schnell, daß man blos einen Schatten des Fußes wahrnimmt. Weil sie sich aber dabei sehr auf die Seite biegen muß, stemmt sie sich, um das Gleichgewicht zu erhalten, auch vorn mit einer ihrer Hände auf. Am Vorderkopf kratzt sie sich auch mit den Händen; diese bewegt sie aber weit langsamer, als die Hinterbeine.
Der ruhige Gang des Thieres ist ein schneller Schritt. Die Beine werden beim Gehen am Fersengelenk fast gerade ausgestreckt und so gestellt, daß sie unter das dritte Fünftel oder unter die Hälfte des vorn etwas erhobenen Leibes zu stehen kommen. Die Haltung wird wesentlich unterstützt durch den Schwanz, welcher den Körper im Gleichgewicht halten muß. Nun setzt die Springmaus in rascher Folge ein Bein um das andere vor. Die Vorderhände werden in der gewöhnlichen Weise zusammengelegt unter dem Kinne getragen. Da sich meine Gefangene ganz an den Menschen gewöhnt hat, macht sie nur höchst selten einen größeren Sprung, hauptsächlich dann, wenn es gilt, ein Hinderniß zu überwinden z. B. über ein großes ihr vorgehaltenes Buch zu springen. Dabei schwingt sie sich ohne den geringsten Ansatz durch bloses Aufschnellen ihrer Hinterbeine fußhoch und noch mehr empor. Als ich sie einmal bei ihren Nachtwandelungen durch eine plötzliche Bewegung erschreckte, sprang sie senkrecht über drei Fuß hoch empor. Wenn man sie auf den Tisch setzt, läuft sie rastlos umher und sieht sorgsam prüfend in die Tiefe hinab, um sich die beste Stelle zum Herunterspringen auszuwählen. Kommt sie ganz an die Kante, so stemmt sie sich mit ihren beiden Vorderarmen auf, sonst aber nie. Es ist ganz falsch, wenn behauptet worden ist, daß sie bei jedem Sprunge einen Augenblick auf die Vorderfüße niederfalle und sich dann schnell wieder aufrichte. Sie kommt selbst, wenn sie aus Höhen von drei, vier und fünf Fuß zu Boden springt, immer auf die Hinterfüße zu stehen und läuft dann, ohne sich nur nach vorn zu bücken, so ruhig weiter, als habe sie blos einen gewöhnlichen Schritt gemacht. Stehend kann sie, Dank der starken Hinterläufe und des stützenden Schwanzes, ihren Leib ebensowohl wagrecht als senkrecht halten; sie vermag sich auch vorn bis auf die Erde niederzubeugen.
Die Wüſtenſpringmäuſe. — Die egyptiſche Springmaus.
an das Glätten des Felles geht, ſcharrt und wühlt ſie ſich eine paſſende Vertiefung im Sande aus. Zu dieſem Ende biegt ſie ſich vorn hernieder und ſchiebt nun mit vorgeſtreckten, aus einandergehaltenen Händen und der rüſſelartigen Schnauze den Sand nach vorn, große Mengen auf einmal und ſcharrt ihn da, wo er ſich nicht ſchieben läßt, durch raſche Bewegungen der Hände los. So geht’s fort, bis ſie ſich endlich ihr Lager zurecht gemacht hat. Jetzt legt ſie zuerſt den Kopf in die entſtandene Vertiefung und ſchiebt ihn vorwärts ſich ſtreckend auf dem Sande dahin, den oberen Theil ſowohl als den unteren, die rechte wie die linke Seite, jedenfalls in der Abſicht, um das Fell zu glätten. Wenn Dies beſorgt iſt, wirft ſie ſich plötzlich der ganzen Länge nach in die Mulde und ſtreckt und dehnt ſich dabei äußerſt behaglich, die langen Sprungbeine bald gerade nach hinten, bald ſenkrecht vom Leibe ab oder endlich gerade nach vorne und zuletzt ſo ausſtreckend, daß die Läufe hart an die Schnauze zu liegen kommen. Wenn ſie ſich in dieſer Lage ordentlich eingewühlt hat, bleibt ſie oft mehrere Minuten lang ganz ruhig und zufrieden liegen, ſchließt die Augen halb, legt die Ohren an und ſtreicht ſich nur dann und wann einmal, als wolle ſie ſich dehnen, mit einem der kleinen Pfötchen über das Geſicht.
Nach dieſer Streckung und Dehnung beginnt das eigentliche Putzen. Sehr viel Mühe und Arbeit macht ihr das Reinigen des Mundes und der Wangen, namentlich des Theils, wo die langen Schnurrenhaare ſitzen. Dazu braucht ſie immer mehrere Minuten. Dann ſetzt ſie ſich vollends auf und nimmt nun auch das übrige Fell ihres Leibes vor. Sie packt ein Stückchen Fell mit beiden Händen, kämmt es mit den Zähnen des Unterkiefers durch und leckt es dann mit der Zunge gehörig glatt. Recht nett ſieht es aus, wenn ſie den Unterleib putzt. Dann ſtellt ſie die Fußwurzeln ſehr breit von einander und biegt den Leib kugelrund zuſammen. Die ſonderbarſte Stellung aber nimmt ſie an, wenn ſie ſich in der Beugung zwiſchen Mittelfußknochen und Unterſchenkel lecken oder über- haupt das lange Unterbein putzen will. Sie läßt dann das eine Bein wie gewöhnlich beim Sitzen auf den Fußwurzeln ſtehen und ſchiebt das andere um die ganze Länge des Mittelfußknochens vor. Der Schwanz wird immer gebraucht, um der Stellung Sicherheit zu geben. Das Kratzen beſorgt ſie mit den Hinterfüßen, und dabei bewegt ſie die langen Beine ſo außerordentlich ſchnell, daß man blos einen Schatten des Fußes wahrnimmt. Weil ſie ſich aber dabei ſehr auf die Seite biegen muß, ſtemmt ſie ſich, um das Gleichgewicht zu erhalten, auch vorn mit einer ihrer Hände auf. Am Vorderkopf kratzt ſie ſich auch mit den Händen; dieſe bewegt ſie aber weit langſamer, als die Hinterbeine.
Der ruhige Gang des Thieres iſt ein ſchneller Schritt. Die Beine werden beim Gehen am Ferſengelenk faſt gerade ausgeſtreckt und ſo geſtellt, daß ſie unter das dritte Fünftel oder unter die Hälfte des vorn etwas erhobenen Leibes zu ſtehen kommen. Die Haltung wird weſentlich unterſtützt durch den Schwanz, welcher den Körper im Gleichgewicht halten muß. Nun ſetzt die Springmaus in raſcher Folge ein Bein um das andere vor. Die Vorderhände werden in der gewöhnlichen Weiſe zuſammengelegt unter dem Kinne getragen. Da ſich meine Gefangene ganz an den Menſchen gewöhnt hat, macht ſie nur höchſt ſelten einen größeren Sprung, hauptſächlich dann, wenn es gilt, ein Hinderniß zu überwinden z. B. über ein großes ihr vorgehaltenes Buch zu ſpringen. Dabei ſchwingt ſie ſich ohne den geringſten Anſatz durch bloſes Aufſchnellen ihrer Hinterbeine fußhoch und noch mehr empor. Als ich ſie einmal bei ihren Nachtwandelungen durch eine plötzliche Bewegung erſchreckte, ſprang ſie ſenkrecht über drei Fuß hoch empor. Wenn man ſie auf den Tiſch ſetzt, läuft ſie raſtlos umher und ſieht ſorgſam prüfend in die Tiefe hinab, um ſich die beſte Stelle zum Herunterſpringen auszuwählen. Kommt ſie ganz an die Kante, ſo ſtemmt ſie ſich mit ihren beiden Vorderarmen auf, ſonſt aber nie. Es iſt ganz falſch, wenn behauptet worden iſt, daß ſie bei jedem Sprunge einen Augenblick auf die Vorderfüße niederfalle und ſich dann ſchnell wieder aufrichte. Sie kommt ſelbſt, wenn ſie aus Höhen von drei, vier und fünf Fuß zu Boden ſpringt, immer auf die Hinterfüße zu ſtehen und läuft dann, ohne ſich nur nach vorn zu bücken, ſo ruhig weiter, als habe ſie blos einen gewöhnlichen Schritt gemacht. Stehend kann ſie, Dank der ſtarken Hinterläufe und des ſtützenden Schwanzes, ihren Leib ebenſowohl wagrecht als ſenkrecht halten; ſie vermag ſich auch vorn bis auf die Erde niederzubeugen.
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Die Wüſtenſpringmäuſe. — Die egyptiſche Springmaus.
an das Glätten des Felles geht, ſcharrt und wühlt ſie ſich eine paſſende Vertiefung im Sande aus.
Zu dieſem Ende biegt ſie ſich vorn hernieder und ſchiebt nun mit vorgeſtreckten, aus einandergehaltenen
Händen und der rüſſelartigen Schnauze den Sand nach vorn, große Mengen auf einmal und ſcharrt
ihn da, wo er ſich nicht ſchieben läßt, durch raſche Bewegungen der Hände los. So geht’s fort,
bis ſie ſich endlich ihr Lager zurecht gemacht hat. Jetzt legt ſie zuerſt den Kopf in die entſtandene
Vertiefung und ſchiebt ihn vorwärts ſich ſtreckend auf dem Sande dahin, den oberen Theil ſowohl als
den unteren, die rechte wie die linke Seite, jedenfalls in der Abſicht, um das Fell zu glätten. Wenn
Dies beſorgt iſt, wirft ſie ſich plötzlich der ganzen Länge nach in die Mulde und ſtreckt und dehnt ſich
dabei äußerſt behaglich, die langen Sprungbeine bald gerade nach hinten, bald ſenkrecht vom Leibe ab
oder endlich gerade nach vorne und zuletzt ſo ausſtreckend, daß die Läufe hart an die Schnauze zu
liegen kommen. Wenn ſie ſich in dieſer Lage ordentlich eingewühlt hat, bleibt ſie oft mehrere
Minuten lang ganz ruhig und zufrieden liegen, ſchließt die Augen halb, legt die Ohren an und ſtreicht
ſich nur dann und wann einmal, als wolle ſie ſich dehnen, mit einem der kleinen Pfötchen über
das Geſicht.
Nach dieſer Streckung und Dehnung beginnt das eigentliche Putzen. Sehr viel Mühe und
Arbeit macht ihr das Reinigen des Mundes und der Wangen, namentlich des Theils, wo die langen
Schnurrenhaare ſitzen. Dazu braucht ſie immer mehrere Minuten. Dann ſetzt ſie ſich vollends auf
und nimmt nun auch das übrige Fell ihres Leibes vor. Sie packt ein Stückchen Fell mit beiden
Händen, kämmt es mit den Zähnen des Unterkiefers durch und leckt es dann mit der Zunge gehörig
glatt. Recht nett ſieht es aus, wenn ſie den Unterleib putzt. Dann ſtellt ſie die Fußwurzeln ſehr
breit von einander und biegt den Leib kugelrund zuſammen. Die ſonderbarſte Stellung aber nimmt
ſie an, wenn ſie ſich in der Beugung zwiſchen Mittelfußknochen und Unterſchenkel lecken oder über-
haupt das lange Unterbein putzen will. Sie läßt dann das eine Bein wie gewöhnlich beim Sitzen
auf den Fußwurzeln ſtehen und ſchiebt das andere um die ganze Länge des Mittelfußknochens vor.
Der Schwanz wird immer gebraucht, um der Stellung Sicherheit zu geben. Das Kratzen beſorgt ſie
mit den Hinterfüßen, und dabei bewegt ſie die langen Beine ſo außerordentlich ſchnell, daß man blos
einen Schatten des Fußes wahrnimmt. Weil ſie ſich aber dabei ſehr auf die Seite biegen muß, ſtemmt
ſie ſich, um das Gleichgewicht zu erhalten, auch vorn mit einer ihrer Hände auf. Am Vorderkopf
kratzt ſie ſich auch mit den Händen; dieſe bewegt ſie aber weit langſamer, als die Hinterbeine.
Der ruhige Gang des Thieres iſt ein ſchneller Schritt. Die Beine werden beim Gehen am
Ferſengelenk faſt gerade ausgeſtreckt und ſo geſtellt, daß ſie unter das dritte Fünftel oder unter die
Hälfte des vorn etwas erhobenen Leibes zu ſtehen kommen. Die Haltung wird weſentlich unterſtützt
durch den Schwanz, welcher den Körper im Gleichgewicht halten muß. Nun ſetzt die Springmaus
in raſcher Folge ein Bein um das andere vor. Die Vorderhände werden in der gewöhnlichen Weiſe
zuſammengelegt unter dem Kinne getragen. Da ſich meine Gefangene ganz an den Menſchen gewöhnt
hat, macht ſie nur höchſt ſelten einen größeren Sprung, hauptſächlich dann, wenn es gilt, ein Hinderniß
zu überwinden z. B. über ein großes ihr vorgehaltenes Buch zu ſpringen. Dabei ſchwingt ſie ſich ohne
den geringſten Anſatz durch bloſes Aufſchnellen ihrer Hinterbeine fußhoch und noch mehr empor.
Als ich ſie einmal bei ihren Nachtwandelungen durch eine plötzliche Bewegung erſchreckte, ſprang ſie
ſenkrecht über drei Fuß hoch empor. Wenn man ſie auf den Tiſch ſetzt, läuft ſie raſtlos umher und
ſieht ſorgſam prüfend in die Tiefe hinab, um ſich die beſte Stelle zum Herunterſpringen auszuwählen.
Kommt ſie ganz an die Kante, ſo ſtemmt ſie ſich mit ihren beiden Vorderarmen auf, ſonſt aber nie.
Es iſt ganz falſch, wenn behauptet worden iſt, daß ſie bei jedem Sprunge einen Augenblick auf die
Vorderfüße niederfalle und ſich dann ſchnell wieder aufrichte. Sie kommt ſelbſt, wenn ſie aus Höhen
von drei, vier und fünf Fuß zu Boden ſpringt, immer auf die Hinterfüße zu ſtehen und läuft dann,
ohne ſich nur nach vorn zu bücken, ſo ruhig weiter, als habe ſie blos einen gewöhnlichen Schritt
gemacht. Stehend kann ſie, Dank der ſtarken Hinterläufe und des ſtützenden Schwanzes, ihren Leib
ebenſowohl wagrecht als ſenkrecht halten; ſie vermag ſich auch vorn bis auf die Erde niederzubeugen.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/202>, abgerufen am 27.11.2024.
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