um uns ein vollständiges Bild der Biberbaue zu geben. Aus den Angaben genannter Beobachter ent- nehme ich Folgendes: Die Biber wählen zu ihren Wohnungen einen Bach, dessen Ufer ihnen zum Bau ihrer Burgen geeignet scheinen, und einen Platz, an welchem es viel Lebensmittel in der Nähe gibt. Zuerst bauen sie einen Damm, um das Wasser so hoch zu stauen, daß es bis zum Boden ihrer Hütten reicht. Ein solcher Damm ist unten 10 bis 12 Schuh dick und verjüngt sich nach oben bis zu 2 Fuß Dicke. Das Holz dazu wählen sie gewöhnlich armes- und schenkeldick, zwei, vier bis sechs Fuß lang, senken ein Ende tief in den Boden, alle dicht neben einander, schieben dann kleinere und biegsamere Stücke dazwischen und füllen die leeren Räume mit Lehm aus. Sie arbeiten in demselben Maße fort wie das Wasser wächst und hören erst auf, wenn es die Höhe ihres Hausbodens erreicht hat. Die Seite des Dammes gegen das Wasser hin ist abfällig, die andere steil. Der Damm ist so fest, daß man sicher darauf gehen kann, und die Biber füllen sogleich jedes entstehende Loch mit Lehm aus. Jmmer wird das Wasser so hoch gestaut, daß es mindestens 4 Fuß über den Eingängen ihrer Röhren steht, damit die Eisdecke im Winter nicht so tief hinabreichen kann, um jene Ausgänge zu verschließen. Wenn das Wasser nur wenig Strömung hat, ist der Damm fast gerade; sonst bekommt er einen Bogen gegen den Strom hin.
Oberhalb dieses Dammes, am liebsten auf der Südseite der Jnseln, oft aber auch mitten im Strom, auf einer rostartigen Unterlage bauen sich die Biber nun ihre sogenannten Burgen. Sie graben schief vom Ufer aus nach oben ihren Gang und schichten auf der Höhe des Ufers einen 4 bis 7 Schuh hohen, 10 bis 12 Fuß im Durchmesser haltenden, backofenartigen Hügel mit sehr dicken Wän- den auf. Diese bestehen aus abgeschälten Holzstückchen, welche wirr durch einander geworfen und vermittelst dazwischengebrachten Sand und Schlamm festgehalten werden. Eine solche Wohnung hat eine Kammer, gewölbt wie ein Backofen, am Boden mit kleinen Spänen bestreut. Neben dem Mundloch liegt noch eine Vorrathskammer, in welcher Nahrungsvorräthe aufgespeichert werden, Wurzeln von der Seerose und Aeste, von denen man oft einen ganzen Karren voll findet. Die Biber arbeiten unaufhörlich an der Wohnung und sammeln Vorräthe, bis sie das Eis hindert. Steigt das Wasser einmal zu hoch und dringt es ins Jnnere ihrer Burg, so machen sie durch die Kuppel ein Loch und entfliehen. Manchmal bleiben die Thiere 3 bis 4 Jahre in demselben Bau; manchmal bauen sie sich neue oder bessern einen alten aus; auch kommt es vor, daß sie eine neue Burg neben die alte setzen und mit ihr in Verbindung bringen. Die früheren Naturforscher wollten beobachtet haben, daß der Biber seinen Schwanz hauptsächlich als Arbeitswerkzeug beim Bau seiner Wohnung benutze und damit wie mit einer Kelle die Wandungen glätte; Cartwright, wohl der treuste und sicherste Beobachter aber, glaubt Dies nicht, sondern meint, daß der Biber die Wände mit den Füßen ebene.
Unter allen Umständen bauen nur Gesellschaften von Bibern größere Dämme und Burgen; die einzelnen leben immer in einfachen Bauen, wie der Fischotter. Deshalb kann man allerdings von staatlichen Verhältnissen bei diesen Thieren reden, und so roh und ungeschickt auch ihre Dämme und Burgen erscheinen müssen, so groß ist doch für Säugethiere die Kunstfertigkeit, mit welcher sie ange- legt wurden. Der Biber fällt sich seinen Baustoff mit seinem Gebiß. Zweige von der Dicke eines Zolls beißt er ohne weiteres ab, Stämme bringt er zu Fall, indem er den Stamm ringsum und dann besonders auf der einen Seite nach dem Flusse zu benagt, bis er dahin sich neigt und in das Wasser stürzt. Die Spur seiner Arbeiten besteht in unzähligen, schuppenförmigen Einschnitten, welche so glatt und scharf ausgemeiselt erscheinen, als ob sie mit einem stählernen Werkzeug gemacht worden wären. Es kommt vor, daß der Biber selbst Stämme von mehr als fußdickem Durchmesser abhaut und zum Falle bringt. "Unsere Forstleute," sagt Prinz Max von Wied, "würden mit den Zerstörungen, welche die Biber in den Wäldern anrichten, schwerlich zufrieden sein. Wir haben Pappeln von 11/2 Fuß Durchmesser gesehen, welche sie abgenagt hatten. Kreuz und quer lagen die Stämme durch einander." Die Bäume werden von der Gesellschaft zuerst ihrer Aeste beraubt, dann in beliebig große Stücke zerschnitten und diese als Pfähle verwandt, während die Aeste und Zweige
Der Biber.
um uns ein vollſtändiges Bild der Biberbaue zu geben. Aus den Angaben genannter Beobachter ent- nehme ich Folgendes: Die Biber wählen zu ihren Wohnungen einen Bach, deſſen Ufer ihnen zum Bau ihrer Burgen geeignet ſcheinen, und einen Platz, an welchem es viel Lebensmittel in der Nähe gibt. Zuerſt bauen ſie einen Damm, um das Waſſer ſo hoch zu ſtauen, daß es bis zum Boden ihrer Hütten reicht. Ein ſolcher Damm iſt unten 10 bis 12 Schuh dick und verjüngt ſich nach oben bis zu 2 Fuß Dicke. Das Holz dazu wählen ſie gewöhnlich armes- und ſchenkeldick, zwei, vier bis ſechs Fuß lang, ſenken ein Ende tief in den Boden, alle dicht neben einander, ſchieben dann kleinere und biegſamere Stücke dazwiſchen und füllen die leeren Räume mit Lehm aus. Sie arbeiten in demſelben Maße fort wie das Waſſer wächſt und hören erſt auf, wenn es die Höhe ihres Hausbodens erreicht hat. Die Seite des Dammes gegen das Waſſer hin iſt abfällig, die andere ſteil. Der Damm iſt ſo feſt, daß man ſicher darauf gehen kann, und die Biber füllen ſogleich jedes entſtehende Loch mit Lehm aus. Jmmer wird das Waſſer ſo hoch geſtaut, daß es mindeſtens 4 Fuß über den Eingängen ihrer Röhren ſteht, damit die Eisdecke im Winter nicht ſo tief hinabreichen kann, um jene Ausgänge zu verſchließen. Wenn das Waſſer nur wenig Strömung hat, iſt der Damm faſt gerade; ſonſt bekommt er einen Bogen gegen den Strom hin.
Oberhalb dieſes Dammes, am liebſten auf der Südſeite der Jnſeln, oft aber auch mitten im Strom, auf einer roſtartigen Unterlage bauen ſich die Biber nun ihre ſogenannten Burgen. Sie graben ſchief vom Ufer aus nach oben ihren Gang und ſchichten auf der Höhe des Ufers einen 4 bis 7 Schuh hohen, 10 bis 12 Fuß im Durchmeſſer haltenden, backofenartigen Hügel mit ſehr dicken Wän- den auf. Dieſe beſtehen aus abgeſchälten Holzſtückchen, welche wirr durch einander geworfen und vermittelſt dazwiſchengebrachten Sand und Schlamm feſtgehalten werden. Eine ſolche Wohnung hat eine Kammer, gewölbt wie ein Backofen, am Boden mit kleinen Spänen beſtreut. Neben dem Mundloch liegt noch eine Vorrathskammer, in welcher Nahrungsvorräthe aufgeſpeichert werden, Wurzeln von der Seeroſe und Aeſte, von denen man oft einen ganzen Karren voll findet. Die Biber arbeiten unaufhörlich an der Wohnung und ſammeln Vorräthe, bis ſie das Eis hindert. Steigt das Waſſer einmal zu hoch und dringt es ins Jnnere ihrer Burg, ſo machen ſie durch die Kuppel ein Loch und entfliehen. Manchmal bleiben die Thiere 3 bis 4 Jahre in demſelben Bau; manchmal bauen ſie ſich neue oder beſſern einen alten aus; auch kommt es vor, daß ſie eine neue Burg neben die alte ſetzen und mit ihr in Verbindung bringen. Die früheren Naturforſcher wollten beobachtet haben, daß der Biber ſeinen Schwanz hauptſächlich als Arbeitswerkzeug beim Bau ſeiner Wohnung benutze und damit wie mit einer Kelle die Wandungen glätte; Cartwright, wohl der treuſte und ſicherſte Beobachter aber, glaubt Dies nicht, ſondern meint, daß der Biber die Wände mit den Füßen ebene.
Unter allen Umſtänden bauen nur Geſellſchaften von Bibern größere Dämme und Burgen; die einzelnen leben immer in einfachen Bauen, wie der Fiſchotter. Deshalb kann man allerdings von ſtaatlichen Verhältniſſen bei dieſen Thieren reden, und ſo roh und ungeſchickt auch ihre Dämme und Burgen erſcheinen müſſen, ſo groß iſt doch für Säugethiere die Kunſtfertigkeit, mit welcher ſie ange- legt wurden. Der Biber fällt ſich ſeinen Bauſtoff mit ſeinem Gebiß. Zweige von der Dicke eines Zolls beißt er ohne weiteres ab, Stämme bringt er zu Fall, indem er den Stamm ringsum und dann beſonders auf der einen Seite nach dem Fluſſe zu benagt, bis er dahin ſich neigt und in das Waſſer ſtürzt. Die Spur ſeiner Arbeiten beſteht in unzähligen, ſchuppenförmigen Einſchnitten, welche ſo glatt und ſcharf ausgemeiſelt erſcheinen, als ob ſie mit einem ſtählernen Werkzeug gemacht worden wären. Es kommt vor, daß der Biber ſelbſt Stämme von mehr als fußdickem Durchmeſſer abhaut und zum Falle bringt. „Unſere Forſtleute,‟ ſagt Prinz Max von Wied, „würden mit den Zerſtörungen, welche die Biber in den Wäldern anrichten, ſchwerlich zufrieden ſein. Wir haben Pappeln von 1½ Fuß Durchmeſſer geſehen, welche ſie abgenagt hatten. Kreuz und quer lagen die Stämme durch einander.‟ Die Bäume werden von der Geſellſchaft zuerſt ihrer Aeſte beraubt, dann in beliebig große Stücke zerſchnitten und dieſe als Pfähle verwandt, während die Aeſte und Zweige
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0189"n="173"/><fwplace="top"type="header">Der Biber.</fw><lb/>
um uns ein vollſtändiges Bild der Biberbaue zu geben. Aus den Angaben genannter Beobachter ent-<lb/>
nehme ich Folgendes: Die Biber wählen zu ihren Wohnungen einen Bach, deſſen Ufer ihnen zum Bau<lb/>
ihrer Burgen geeignet ſcheinen, und einen Platz, an welchem es viel Lebensmittel in der Nähe gibt. Zuerſt<lb/>
bauen ſie einen Damm, um das Waſſer ſo hoch zu ſtauen, daß es bis zum Boden ihrer Hütten reicht.<lb/>
Ein ſolcher Damm iſt unten 10 bis 12 Schuh dick und verjüngt ſich nach oben bis zu 2 Fuß Dicke.<lb/>
Das Holz dazu wählen ſie gewöhnlich armes- und ſchenkeldick, zwei, vier bis ſechs Fuß lang, ſenken<lb/>
ein Ende tief in den Boden, alle dicht neben einander, ſchieben dann kleinere und biegſamere Stücke<lb/>
dazwiſchen und füllen die leeren Räume mit Lehm aus. Sie arbeiten in demſelben Maße fort wie das<lb/>
Waſſer wächſt und hören erſt auf, wenn es die Höhe ihres Hausbodens erreicht hat. Die Seite des<lb/>
Dammes gegen das Waſſer hin iſt abfällig, die andere ſteil. Der Damm iſt ſo feſt, daß man ſicher<lb/>
darauf gehen kann, und die Biber füllen ſogleich jedes entſtehende Loch mit Lehm aus. Jmmer wird<lb/>
das Waſſer ſo hoch geſtaut, daß es mindeſtens 4 Fuß über den Eingängen ihrer Röhren ſteht, damit<lb/>
die Eisdecke im Winter nicht ſo tief hinabreichen kann, um jene Ausgänge zu verſchließen. Wenn<lb/>
das Waſſer nur wenig Strömung hat, iſt der Damm faſt gerade; ſonſt bekommt er einen Bogen<lb/>
gegen den Strom hin.</p><lb/><p>Oberhalb dieſes Dammes, am liebſten auf der Südſeite der Jnſeln, oft aber auch mitten im<lb/>
Strom, auf einer roſtartigen Unterlage bauen ſich die Biber nun ihre ſogenannten Burgen. Sie<lb/>
graben ſchief vom Ufer aus nach oben ihren Gang und ſchichten auf der Höhe des Ufers einen 4 bis<lb/>
7 Schuh hohen, 10 bis 12 Fuß im Durchmeſſer haltenden, backofenartigen Hügel mit ſehr dicken Wän-<lb/>
den auf. Dieſe beſtehen aus abgeſchälten Holzſtückchen, welche wirr durch einander geworfen und<lb/>
vermittelſt dazwiſchengebrachten Sand und Schlamm feſtgehalten werden. Eine ſolche Wohnung hat<lb/>
eine Kammer, gewölbt wie ein Backofen, am Boden mit kleinen Spänen beſtreut. Neben dem<lb/>
Mundloch liegt noch eine Vorrathskammer, in welcher Nahrungsvorräthe aufgeſpeichert werden,<lb/>
Wurzeln von der Seeroſe und Aeſte, von denen man oft einen ganzen Karren voll findet. Die<lb/>
Biber arbeiten unaufhörlich an der Wohnung und ſammeln Vorräthe, bis ſie das Eis hindert.<lb/>
Steigt das Waſſer einmal zu hoch und dringt es ins Jnnere ihrer Burg, ſo machen ſie durch die<lb/>
Kuppel ein Loch und entfliehen. Manchmal bleiben die Thiere 3 bis 4 Jahre in demſelben Bau;<lb/>
manchmal bauen ſie ſich neue oder beſſern einen alten aus; auch kommt es vor, daß ſie eine neue<lb/>
Burg neben die alte ſetzen und mit ihr in Verbindung bringen. Die früheren Naturforſcher wollten<lb/>
beobachtet haben, daß der Biber ſeinen Schwanz hauptſächlich als Arbeitswerkzeug beim Bau ſeiner<lb/>
Wohnung benutze und damit wie mit einer Kelle die Wandungen glätte; Cartwright, wohl der<lb/>
treuſte und ſicherſte Beobachter aber, glaubt Dies nicht, ſondern meint, daß der Biber die Wände mit<lb/>
den Füßen ebene.</p><lb/><p>Unter allen Umſtänden bauen nur Geſellſchaften von Bibern größere Dämme und Burgen; die<lb/>
einzelnen leben immer in einfachen Bauen, wie der <hirendition="#g">Fiſchotter.</hi> Deshalb kann man allerdings von<lb/>ſtaatlichen Verhältniſſen bei dieſen Thieren reden, und ſo roh und ungeſchickt auch ihre Dämme und<lb/>
Burgen erſcheinen müſſen, ſo groß iſt doch für Säugethiere die Kunſtfertigkeit, mit welcher ſie ange-<lb/>
legt wurden. Der Biber fällt ſich ſeinen Bauſtoff mit ſeinem Gebiß. Zweige von der Dicke eines<lb/>
Zolls beißt er ohne weiteres ab, Stämme bringt er zu Fall, indem er den Stamm ringsum und<lb/>
dann beſonders auf der einen Seite nach dem Fluſſe zu benagt, bis er dahin ſich neigt und in das<lb/>
Waſſer ſtürzt. Die Spur ſeiner Arbeiten beſteht in unzähligen, ſchuppenförmigen Einſchnitten,<lb/>
welche ſo glatt und ſcharf ausgemeiſelt erſcheinen, als ob ſie mit einem ſtählernen Werkzeug gemacht<lb/>
worden wären. Es kommt vor, daß der Biber ſelbſt Stämme von mehr als fußdickem Durchmeſſer<lb/>
abhaut und zum Falle bringt. „Unſere Forſtleute,‟ſagt Prinz Max von Wied, „würden mit den<lb/>
Zerſtörungen, welche die Biber in den Wäldern anrichten, ſchwerlich zufrieden ſein. Wir haben<lb/>
Pappeln von 1½ Fuß Durchmeſſer geſehen, welche ſie abgenagt hatten. Kreuz und quer lagen die<lb/>
Stämme durch einander.‟ Die Bäume werden von der Geſellſchaft zuerſt ihrer Aeſte beraubt, dann<lb/>
in beliebig große Stücke zerſchnitten und dieſe als Pfähle verwandt, während die Aeſte und Zweige<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[173/0189]
Der Biber.
um uns ein vollſtändiges Bild der Biberbaue zu geben. Aus den Angaben genannter Beobachter ent-
nehme ich Folgendes: Die Biber wählen zu ihren Wohnungen einen Bach, deſſen Ufer ihnen zum Bau
ihrer Burgen geeignet ſcheinen, und einen Platz, an welchem es viel Lebensmittel in der Nähe gibt. Zuerſt
bauen ſie einen Damm, um das Waſſer ſo hoch zu ſtauen, daß es bis zum Boden ihrer Hütten reicht.
Ein ſolcher Damm iſt unten 10 bis 12 Schuh dick und verjüngt ſich nach oben bis zu 2 Fuß Dicke.
Das Holz dazu wählen ſie gewöhnlich armes- und ſchenkeldick, zwei, vier bis ſechs Fuß lang, ſenken
ein Ende tief in den Boden, alle dicht neben einander, ſchieben dann kleinere und biegſamere Stücke
dazwiſchen und füllen die leeren Räume mit Lehm aus. Sie arbeiten in demſelben Maße fort wie das
Waſſer wächſt und hören erſt auf, wenn es die Höhe ihres Hausbodens erreicht hat. Die Seite des
Dammes gegen das Waſſer hin iſt abfällig, die andere ſteil. Der Damm iſt ſo feſt, daß man ſicher
darauf gehen kann, und die Biber füllen ſogleich jedes entſtehende Loch mit Lehm aus. Jmmer wird
das Waſſer ſo hoch geſtaut, daß es mindeſtens 4 Fuß über den Eingängen ihrer Röhren ſteht, damit
die Eisdecke im Winter nicht ſo tief hinabreichen kann, um jene Ausgänge zu verſchließen. Wenn
das Waſſer nur wenig Strömung hat, iſt der Damm faſt gerade; ſonſt bekommt er einen Bogen
gegen den Strom hin.
Oberhalb dieſes Dammes, am liebſten auf der Südſeite der Jnſeln, oft aber auch mitten im
Strom, auf einer roſtartigen Unterlage bauen ſich die Biber nun ihre ſogenannten Burgen. Sie
graben ſchief vom Ufer aus nach oben ihren Gang und ſchichten auf der Höhe des Ufers einen 4 bis
7 Schuh hohen, 10 bis 12 Fuß im Durchmeſſer haltenden, backofenartigen Hügel mit ſehr dicken Wän-
den auf. Dieſe beſtehen aus abgeſchälten Holzſtückchen, welche wirr durch einander geworfen und
vermittelſt dazwiſchengebrachten Sand und Schlamm feſtgehalten werden. Eine ſolche Wohnung hat
eine Kammer, gewölbt wie ein Backofen, am Boden mit kleinen Spänen beſtreut. Neben dem
Mundloch liegt noch eine Vorrathskammer, in welcher Nahrungsvorräthe aufgeſpeichert werden,
Wurzeln von der Seeroſe und Aeſte, von denen man oft einen ganzen Karren voll findet. Die
Biber arbeiten unaufhörlich an der Wohnung und ſammeln Vorräthe, bis ſie das Eis hindert.
Steigt das Waſſer einmal zu hoch und dringt es ins Jnnere ihrer Burg, ſo machen ſie durch die
Kuppel ein Loch und entfliehen. Manchmal bleiben die Thiere 3 bis 4 Jahre in demſelben Bau;
manchmal bauen ſie ſich neue oder beſſern einen alten aus; auch kommt es vor, daß ſie eine neue
Burg neben die alte ſetzen und mit ihr in Verbindung bringen. Die früheren Naturforſcher wollten
beobachtet haben, daß der Biber ſeinen Schwanz hauptſächlich als Arbeitswerkzeug beim Bau ſeiner
Wohnung benutze und damit wie mit einer Kelle die Wandungen glätte; Cartwright, wohl der
treuſte und ſicherſte Beobachter aber, glaubt Dies nicht, ſondern meint, daß der Biber die Wände mit
den Füßen ebene.
Unter allen Umſtänden bauen nur Geſellſchaften von Bibern größere Dämme und Burgen; die
einzelnen leben immer in einfachen Bauen, wie der Fiſchotter. Deshalb kann man allerdings von
ſtaatlichen Verhältniſſen bei dieſen Thieren reden, und ſo roh und ungeſchickt auch ihre Dämme und
Burgen erſcheinen müſſen, ſo groß iſt doch für Säugethiere die Kunſtfertigkeit, mit welcher ſie ange-
legt wurden. Der Biber fällt ſich ſeinen Bauſtoff mit ſeinem Gebiß. Zweige von der Dicke eines
Zolls beißt er ohne weiteres ab, Stämme bringt er zu Fall, indem er den Stamm ringsum und
dann beſonders auf der einen Seite nach dem Fluſſe zu benagt, bis er dahin ſich neigt und in das
Waſſer ſtürzt. Die Spur ſeiner Arbeiten beſteht in unzähligen, ſchuppenförmigen Einſchnitten,
welche ſo glatt und ſcharf ausgemeiſelt erſcheinen, als ob ſie mit einem ſtählernen Werkzeug gemacht
worden wären. Es kommt vor, daß der Biber ſelbſt Stämme von mehr als fußdickem Durchmeſſer
abhaut und zum Falle bringt. „Unſere Forſtleute,‟ ſagt Prinz Max von Wied, „würden mit den
Zerſtörungen, welche die Biber in den Wäldern anrichten, ſchwerlich zufrieden ſein. Wir haben
Pappeln von 1½ Fuß Durchmeſſer geſehen, welche ſie abgenagt hatten. Kreuz und quer lagen die
Stämme durch einander.‟ Die Bäume werden von der Geſellſchaft zuerſt ihrer Aeſte beraubt, dann
in beliebig große Stücke zerſchnitten und dieſe als Pfähle verwandt, während die Aeſte und Zweige
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/189>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.