Nest enthält wahrscheinlich zwei Mal im Sommer 4 bis 7 Junge. Blasius hat solche noch gegen Ende September gefunden. Kommt nun der Winter heran, so zieht sie sich wohl ein wenig weiter an den Bergen herab; doch bis in die wohnliche Tiefe gelangt sie nicht. Sie zehrt jetzt von ihren gesammelten Vorräthen, und wenn diese nicht mehr ausreichen, schürft sie sich lange Gänge in dem Schnee von Pflänzchen zu Pflänzchen, von Wurzel zu Wurzel, um sich mühselig genug ihr tägliches Brod zu erwerben. --
Außer der Schneemaus kommt, soviel bisjetzt bekannt, nur noch eine einzige Wühlmaus vor, welche zu der ersten Gruppe der Wühlratten gerechnet werden könnte. Dieses Thier bewohnt die sumpfigen nordischen Wälder, ist aber noch zu wenig bekannt, als daß wir viel über dasselbe sagen könnten. Weitmehr wissen wir von einigen bei uns nur zu oft häufigen Wühlmäusen (Arvicola), vor allen von der allbekannten Feldmaus, der Verwüsterin ganzer Gegenden.
Mehrere Arten sehr ähnlicher Wühlmäuse bewohnen unsere Waldungen und Feldmarken, und fast alle können unter Umständen sehr schädlich werden. Die Waldwühlmaus (Arvicola glareolus), ein kleines Thier von nur 51/2 Zoll Gesammtlänge oder 3 2/3 Zoll Körperlänge, ist zweifarbig, oben braunroth, nach den Weichen hin graulich, unten und an den Füßen scharf abgesetzt weiß. Sie findet sich gewöhnlich in den Wäldern und an Waldrändern, auch in Gebüschen und parkähnlichen Gärten, lebt in Erdlöchern und baut sich ein Nest aus weichem Grase, aus Haaren und Wolle. Man kennt sie auch aus Ungarn, Kroatien, der Moldau und Rußland, und wahrscheinlich ist sie noch viel weiter verbreitet, als man jetzt weiß. Jhre Nahrung nimmt sie auffallender Weise mehr aus dem Thier-, als aus dem Pflanzenreiche, und deshalb kann man sie wohl als die nützlichste ihrer Familie ansehen. Sie verzehrt vorzüglich Kerbthiere und Würmer; im Freien mag sie wohl auch ein oder das andere Vögelchen wegnehmen, und im Käfig gefällt ihr die Fleischnahrung; doch verschmäht sie auch Getreide, Sämereien und knollige Wurzeln nicht, und bei strengem Winter begnügt sie sich mit Baumrinde. Einzeln sieht man sie in den Wäldern auch bei Tage umherlaufen; die Hauptmasse erscheint jedoch erst gegen Abend. Weniger behend, als die anderen Mäuse, läuft sie dann mit anderen ihrer Art umher, spielt und balgt sich wohl ein wenig oder klettert mit Geschicklichkeit an Baum- stämmen bis zu ziemlichen Höhen hinauf, dabei der Nahrung nachgehend. Selten ist sie sehr scheu, und Junge kann man oft mit den Händen fangen. Drei bis vier Mal im Jahre wirft das Weibchen 4 bis 8 nackte und blinde Junge, welche in ungefähr sechs Wochen schon die Größe der Alten fast erreicht haben. Die Gefangenschaft hält sie sehr leicht aus. Sie wird bald recht zahm, läßt sich in die Hand nehmen und berühren, beißt aber doch ab und zu einmal ihren Wärter in die Finger. Mit anderen ihrer Art oder mit Verwandten verträgt sie sich vortrefflich.
Die Erdmaus (Arvicola agrestis) ist fast ebensogroß, als jene, auch 51/2 Zoll lang, wovon kaum 11/2 Zoll auf den Schwanz kommen. Der Pelz ist auch zweifarbig, oben dunkelschwärzlichbraungrau, nach den Weichen etwas heller, unten und an den Füßen grauweiß. Der Schwanz ist zweifarbig, oben dunkelbraun und unten grauweiß. Die Erdmaus bewohnt den Norden der alten Welt: Skan- dinavien, Dänemark, Britannien, Norddeutschland und Frankreich, lebt gewöhnlich im Gebüsch, in Wäldern, an Waldrändern, an Gräben und auf Dämmen etc., aber nur in wasserreichen Gegen- den, manchmal mit ihren Verwandten zusammen. Blasius fand sie zuweilen in Gesellschaft der Wasserspitzmaus in den Nestern des großen Wasserhuhns angesiedelt. Jhre Nahrung nimmt sie vor- zugsweise aus dem Pflanzenreiche. Sie verzehrt Wurzeln, Rinden, Früchte, aber auch Kerbthiere und Fleisch. Jn ihren Bewegungen ist sie so unbeholfen, daß man sie ohne große Mühe mit der Hand fangen kann. Dabei ist sie gar nicht scheu und erscheint auch meistens am hellen Tage vor dem Eingange ihrer Erdhöhlen. Das runde Nest steht dicht unter der Oberfläche der Erde, ist aber durch dichte Grasbüschel und dergleichen sehr geschützt von obenher. Drei bis vier Mal im Jahre fin-
Die Wühlmäuſe. — Waldwühlmans und Erdmaus.
Neſt enthält wahrſcheinlich zwei Mal im Sommer 4 bis 7 Junge. Blaſius hat ſolche noch gegen Ende September gefunden. Kommt nun der Winter heran, ſo zieht ſie ſich wohl ein wenig weiter an den Bergen herab; doch bis in die wohnliche Tiefe gelangt ſie nicht. Sie zehrt jetzt von ihren geſammelten Vorräthen, und wenn dieſe nicht mehr ausreichen, ſchürft ſie ſich lange Gänge in dem Schnee von Pflänzchen zu Pflänzchen, von Wurzel zu Wurzel, um ſich mühſelig genug ihr tägliches Brod zu erwerben. —
Außer der Schneemaus kommt, ſoviel bisjetzt bekannt, nur noch eine einzige Wühlmaus vor, welche zu der erſten Gruppe der Wühlratten gerechnet werden könnte. Dieſes Thier bewohnt die ſumpfigen nordiſchen Wälder, iſt aber noch zu wenig bekannt, als daß wir viel über daſſelbe ſagen könnten. Weitmehr wiſſen wir von einigen bei uns nur zu oft häufigen Wühlmäuſen (Arvicola), vor allen von der allbekannten Feldmaus, der Verwüſterin ganzer Gegenden.
Mehrere Arten ſehr ähnlicher Wühlmäuſe bewohnen unſere Waldungen und Feldmarken, und faſt alle können unter Umſtänden ſehr ſchädlich werden. Die Waldwühlmaus (Arvicola glareolus), ein kleines Thier von nur 5½ Zoll Geſammtlänge oder 3⅔ Zoll Körperlänge, iſt zweifarbig, oben braunroth, nach den Weichen hin graulich, unten und an den Füßen ſcharf abgeſetzt weiß. Sie findet ſich gewöhnlich in den Wäldern und an Waldrändern, auch in Gebüſchen und parkähnlichen Gärten, lebt in Erdlöchern und baut ſich ein Neſt aus weichem Graſe, aus Haaren und Wolle. Man kennt ſie auch aus Ungarn, Kroatien, der Moldau und Rußland, und wahrſcheinlich iſt ſie noch viel weiter verbreitet, als man jetzt weiß. Jhre Nahrung nimmt ſie auffallender Weiſe mehr aus dem Thier-, als aus dem Pflanzenreiche, und deshalb kann man ſie wohl als die nützlichſte ihrer Familie anſehen. Sie verzehrt vorzüglich Kerbthiere und Würmer; im Freien mag ſie wohl auch ein oder das andere Vögelchen wegnehmen, und im Käfig gefällt ihr die Fleiſchnahrung; doch verſchmäht ſie auch Getreide, Sämereien und knollige Wurzeln nicht, und bei ſtrengem Winter begnügt ſie ſich mit Baumrinde. Einzeln ſieht man ſie in den Wäldern auch bei Tage umherlaufen; die Hauptmaſſe erſcheint jedoch erſt gegen Abend. Weniger behend, als die anderen Mäuſe, läuft ſie dann mit anderen ihrer Art umher, ſpielt und balgt ſich wohl ein wenig oder klettert mit Geſchicklichkeit an Baum- ſtämmen bis zu ziemlichen Höhen hinauf, dabei der Nahrung nachgehend. Selten iſt ſie ſehr ſcheu, und Junge kann man oft mit den Händen fangen. Drei bis vier Mal im Jahre wirft das Weibchen 4 bis 8 nackte und blinde Junge, welche in ungefähr ſechs Wochen ſchon die Größe der Alten faſt erreicht haben. Die Gefangenſchaft hält ſie ſehr leicht aus. Sie wird bald recht zahm, läßt ſich in die Hand nehmen und berühren, beißt aber doch ab und zu einmal ihren Wärter in die Finger. Mit anderen ihrer Art oder mit Verwandten verträgt ſie ſich vortrefflich.
Die Erdmaus (Arvicola agrestis) iſt faſt ebenſogroß, als jene, auch 5½ Zoll lang, wovon kaum 1½ Zoll auf den Schwanz kommen. Der Pelz iſt auch zweifarbig, oben dunkelſchwärzlichbraungrau, nach den Weichen etwas heller, unten und an den Füßen grauweiß. Der Schwanz iſt zweifarbig, oben dunkelbraun und unten grauweiß. Die Erdmaus bewohnt den Norden der alten Welt: Skan- dinavien, Dänemark, Britannien, Norddeutſchland und Frankreich, lebt gewöhnlich im Gebüſch, in Wäldern, an Waldrändern, an Gräben und auf Dämmen ꝛc., aber nur in waſſerreichen Gegen- den, manchmal mit ihren Verwandten zuſammen. Blaſius fand ſie zuweilen in Geſellſchaft der Waſſerſpitzmaus in den Neſtern des großen Waſſerhuhns angeſiedelt. Jhre Nahrung nimmt ſie vor- zugsweiſe aus dem Pflanzenreiche. Sie verzehrt Wurzeln, Rinden, Früchte, aber auch Kerbthiere und Fleiſch. Jn ihren Bewegungen iſt ſie ſo unbeholfen, daß man ſie ohne große Mühe mit der Hand fangen kann. Dabei iſt ſie gar nicht ſcheu und erſcheint auch meiſtens am hellen Tage vor dem Eingange ihrer Erdhöhlen. Das runde Neſt ſteht dicht unter der Oberfläche der Erde, iſt aber durch dichte Grasbüſchel und dergleichen ſehr geſchützt von obenher. Drei bis vier Mal im Jahre fin-
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Die Wühlmäuſe. — Waldwühlmans und Erdmaus.
Neſt enthält wahrſcheinlich zwei Mal im Sommer 4 bis 7 Junge. Blaſius hat ſolche noch gegen
Ende September gefunden. Kommt nun der Winter heran, ſo zieht ſie ſich wohl ein wenig weiter
an den Bergen herab; doch bis in die wohnliche Tiefe gelangt ſie nicht. Sie zehrt jetzt von ihren
geſammelten Vorräthen, und wenn dieſe nicht mehr ausreichen, ſchürft ſie ſich lange Gänge in dem
Schnee von Pflänzchen zu Pflänzchen, von Wurzel zu Wurzel, um ſich mühſelig genug ihr tägliches
Brod zu erwerben. —
Außer der Schneemaus kommt, ſoviel bisjetzt bekannt, nur noch eine einzige Wühlmaus vor,
welche zu der erſten Gruppe der Wühlratten gerechnet werden könnte. Dieſes Thier bewohnt die
ſumpfigen nordiſchen Wälder, iſt aber noch zu wenig bekannt, als daß wir viel über daſſelbe ſagen
könnten. Weitmehr wiſſen wir von einigen bei uns nur zu oft häufigen Wühlmäuſen (Arvicola),
vor allen von der allbekannten Feldmaus, der Verwüſterin ganzer Gegenden.
Mehrere Arten ſehr ähnlicher Wühlmäuſe bewohnen unſere Waldungen und Feldmarken, und
faſt alle können unter Umſtänden ſehr ſchädlich werden. Die Waldwühlmaus (Arvicola glareolus),
ein kleines Thier von nur 5½ Zoll Geſammtlänge oder 3⅔ Zoll Körperlänge, iſt zweifarbig, oben
braunroth, nach den Weichen hin graulich, unten und an den Füßen ſcharf abgeſetzt weiß. Sie findet
ſich gewöhnlich in den Wäldern und an Waldrändern, auch in Gebüſchen und parkähnlichen Gärten,
lebt in Erdlöchern und baut ſich ein Neſt aus weichem Graſe, aus Haaren und Wolle. Man kennt
ſie auch aus Ungarn, Kroatien, der Moldau und Rußland, und wahrſcheinlich iſt ſie noch viel
weiter verbreitet, als man jetzt weiß. Jhre Nahrung nimmt ſie auffallender Weiſe mehr aus dem
Thier-, als aus dem Pflanzenreiche, und deshalb kann man ſie wohl als die nützlichſte ihrer Familie
anſehen. Sie verzehrt vorzüglich Kerbthiere und Würmer; im Freien mag ſie wohl auch ein oder
das andere Vögelchen wegnehmen, und im Käfig gefällt ihr die Fleiſchnahrung; doch verſchmäht ſie
auch Getreide, Sämereien und knollige Wurzeln nicht, und bei ſtrengem Winter begnügt ſie ſich mit
Baumrinde. Einzeln ſieht man ſie in den Wäldern auch bei Tage umherlaufen; die Hauptmaſſe
erſcheint jedoch erſt gegen Abend. Weniger behend, als die anderen Mäuſe, läuft ſie dann mit anderen
ihrer Art umher, ſpielt und balgt ſich wohl ein wenig oder klettert mit Geſchicklichkeit an Baum-
ſtämmen bis zu ziemlichen Höhen hinauf, dabei der Nahrung nachgehend. Selten iſt ſie ſehr ſcheu,
und Junge kann man oft mit den Händen fangen. Drei bis vier Mal im Jahre wirft das Weibchen
4 bis 8 nackte und blinde Junge, welche in ungefähr ſechs Wochen ſchon die Größe der Alten faſt
erreicht haben. Die Gefangenſchaft hält ſie ſehr leicht aus. Sie wird bald recht zahm, läßt ſich in
die Hand nehmen und berühren, beißt aber doch ab und zu einmal ihren Wärter in die Finger. Mit
anderen ihrer Art oder mit Verwandten verträgt ſie ſich vortrefflich.
Die Erdmaus (Arvicola agrestis) iſt faſt ebenſogroß, als jene, auch 5½ Zoll lang, wovon kaum
1½ Zoll auf den Schwanz kommen. Der Pelz iſt auch zweifarbig, oben dunkelſchwärzlichbraungrau,
nach den Weichen etwas heller, unten und an den Füßen grauweiß. Der Schwanz iſt zweifarbig,
oben dunkelbraun und unten grauweiß. Die Erdmaus bewohnt den Norden der alten Welt: Skan-
dinavien, Dänemark, Britannien, Norddeutſchland und Frankreich, lebt gewöhnlich im Gebüſch,
in Wäldern, an Waldrändern, an Gräben und auf Dämmen ꝛc., aber nur in waſſerreichen Gegen-
den, manchmal mit ihren Verwandten zuſammen. Blaſius fand ſie zuweilen in Geſellſchaft der
Waſſerſpitzmaus in den Neſtern des großen Waſſerhuhns angeſiedelt. Jhre Nahrung nimmt ſie vor-
zugsweiſe aus dem Pflanzenreiche. Sie verzehrt Wurzeln, Rinden, Früchte, aber auch Kerbthiere
und Fleiſch. Jn ihren Bewegungen iſt ſie ſo unbeholfen, daß man ſie ohne große Mühe mit der
Hand fangen kann. Dabei iſt ſie gar nicht ſcheu und erſcheint auch meiſtens am hellen Tage vor dem
Eingange ihrer Erdhöhlen. Das runde Neſt ſteht dicht unter der Oberfläche der Erde, iſt aber
durch dichte Grasbüſchel und dergleichen ſehr geſchützt von obenher. Drei bis vier Mal im Jahre fin-
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/174>, abgerufen am 29.11.2024.
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