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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Der Prairiehund.
macht. Beide scheinen nun durch abwechselndes Bellen sich gegenseitig gleichsam Gedanken und Ge-
fühle mittheilen zu wollen; sich fortwährend eifrig unterhaltend verschwinden sie in der Wohnung,
erscheinen nach kurzem Verweilen wieder, um gemeinschaftlich eine Wanderung zu einem entfernter
lebenden Verwandten anzutreten, welcher nach gastfreundlicher Aufnahme an dem Spaziergange Theil
nimmt; sie begegnen Anderen, kurze, aber laute Begrüßungen finden statt, die Gesellschaft trennt
sich, und Jeder schlägt die Richtung nach der eigenen Wohnung ein. Stunden lang könnte man, ohne
zu ermüden, das immerwährend wechselnde Schauspiel betrachten, und es kann nicht wundern, wenn
der Wunsch rege wird, die Sprache der Thiere zu verstehen, um sich unter sie mischen und ihre ge-
heimen Unterhaltungen belauschen zu können."

"Furchtlos sucht sich der Prairiehund seinen Weg zwischen den Hufen der wandernden Büssel
hindurch; doch der Jäger im Hinterhalte braucht sich nur unvorsichtig zu bewegen -- und scheu und
furchtsam flieht Alles hinab in dunkle Gänge. Ein leises Bellen, welches aus dem Schose der Erde
dumpf herauf klingt, sowie die Anzahl kleiner, verlassener Hügel verrathen dann allein noch den so
reich bevölkerten Staat."

"Das Fleisch dieser Thiere ist schmackhaft, doch die Jagd auf dieselben so schwierig und so selten
von Erfolg gekrönt, daß man kaum aus anderer Absicht den Versuch macht, eins zu erlegen, als um
die Neugierde zu befriedigen. Da der Prairiehund höchstens die Größe eines guten Eichhörnchens er-
reicht, so würden auch zuviele Stücke dazu gehören, um für eine kleine Gesellschaft ein ausreichendes
Mahl zu beschaffen, und manches getödtete Thierchen rollt außerdem noch in die fast senkrechte Höhle
tief hinab, ehe es gelingt, dasselbe zu erhaschen." -- Doch der Mensch ist nicht der furchtbarste Feind
des Prairiehundes; ihn suchen in seinen Wohnungen weit schlimmere Gäste auf. Mit ihm zugleich
bewohnt eine kleine Erdeule und die furchtbare Klapperschlange die Höhlungen. Die Erdeule,
welche wir später kennen lernen werden, scheint auf dem vertraulichsten Fuße mit dem Murmelthiere
zu leben und dürfte wohl auch nur selten eins oder das andere der täppischen Jungen wegnehmen
und verzehren; die Klapperschlange dagegen nährt sich, sobald sie sich fest angesiedelt hat, ausschließlich
von Prairiehunden und macht zahlreiche Dörfer derselben veröden. Geyer sagt geradezu, daß die
wachhaltenden, alten Männchen nur nach diesem Erzfeinde ausschauen: "Gar nicht selten sieht man
Murmelthiere, Erdeulen und Klapperschlangen zu ein und demselben Loche ein- und ausziehen, ja von
glaubwürdigen Leuten ist mir versichert worden, daß an den oberen Prairien von Arkansas auch noch
der dort sehr häufig vorkommende gehörnte Frosch sich dazu gesellt. Man würde sich irren, wenn
man glauben wollte, daß diese Thiere friedlich beisammenwohnen; von der Klapperschlange wenig-
stens habe ich mich überzeugt, daß sie, wenn sie sich einmal eingestellt hat, nach einigen Sommern
der alleinige Bewohner dieser Baue ist. Es wurde mir versichert, daß am Jetonflusse, ungefähr 25
englische Meilen oberhalb seiner Vereinigung mit dem Missouri, ein Murmelthierdorf von großem
Umfange bestände, welches sonst voll von seinen ursprünglichen Bewohnern gewesen, jetzt aber Scha-
ren von Klapperschlangen beherberge. Um mich zu überzeugen, reiste ich hin und fand es so. Es war
ein ebener Rasenteppich von bedeutendem Umfang. Schon in einiger Entfernung fanden wir mehr
als gewöhnlich Klapperschlangen am Pfade. Gegen Sonnenuntergang erreichten wir den Ort. Die
Häufigkeit der Klapperschlangen hatte stetig zugenommen. Wir hielten es nicht für rathsam, ganz
in der Nähe zu übernachten, blieben auch während der Nacht vom Schlangenbesuch verschont und
konnten demnach ohne Sorge für uns und unsere Thiere sein. Mit aufgehender Sonne begab ich mich
wieder nach dem Dorfe, fand aber, daß wegen der geringen Wärme und eines sehr schweren Thaues
noch Nichts sich rege. Die Niederung glich einem gepflegten Blumengarten. Der schöne Teppich der
Sesleria war eine Blüthe, und die hellorangefarbenen Blüthen flimmerten herrlich zwischen den Thau-
tropfen. Jch hatte beim Anblick der Pflanzen fast alle Schlangen vergessen, als auf einmal eine
ziemlich starke Klapperschlange vor mir auf einem flachen Steine sich hören ließ, eine zweite bald da-
neben, eine dritte weiter unten. Jch warf einen Stein nach der ersten, welche augenblicklich auf mich
herabschoß, so daß ich nun meinen Weg auf dem Kamme der Hügelreihe fortsetzte. Jmmer mehrte sich

Der Prairiehund.
macht. Beide ſcheinen nun durch abwechſelndes Bellen ſich gegenſeitig gleichſam Gedanken und Ge-
fühle mittheilen zu wollen; ſich fortwährend eifrig unterhaltend verſchwinden ſie in der Wohnung,
erſcheinen nach kurzem Verweilen wieder, um gemeinſchaftlich eine Wanderung zu einem entfernter
lebenden Verwandten anzutreten, welcher nach gaſtfreundlicher Aufnahme an dem Spaziergange Theil
nimmt; ſie begegnen Anderen, kurze, aber laute Begrüßungen finden ſtatt, die Geſellſchaft trennt
ſich, und Jeder ſchlägt die Richtung nach der eigenen Wohnung ein. Stunden lang könnte man, ohne
zu ermüden, das immerwährend wechſelnde Schauſpiel betrachten, und es kann nicht wundern, wenn
der Wunſch rege wird, die Sprache der Thiere zu verſtehen, um ſich unter ſie miſchen und ihre ge-
heimen Unterhaltungen belauſchen zu können.‟

„Furchtlos ſucht ſich der Prairiehund ſeinen Weg zwiſchen den Hufen der wandernden Büſſel
hindurch; doch der Jäger im Hinterhalte braucht ſich nur unvorſichtig zu bewegen — und ſcheu und
furchtſam flieht Alles hinab in dunkle Gänge. Ein leiſes Bellen, welches aus dem Schoſe der Erde
dumpf herauf klingt, ſowie die Anzahl kleiner, verlaſſener Hügel verrathen dann allein noch den ſo
reich bevölkerten Staat.‟

„Das Fleiſch dieſer Thiere iſt ſchmackhaft, doch die Jagd auf dieſelben ſo ſchwierig und ſo ſelten
von Erfolg gekrönt, daß man kaum aus anderer Abſicht den Verſuch macht, eins zu erlegen, als um
die Neugierde zu befriedigen. Da der Prairiehund höchſtens die Größe eines guten Eichhörnchens er-
reicht, ſo würden auch zuviele Stücke dazu gehören, um für eine kleine Geſellſchaft ein ausreichendes
Mahl zu beſchaffen, und manches getödtete Thierchen rollt außerdem noch in die faſt ſenkrechte Höhle
tief hinab, ehe es gelingt, daſſelbe zu erhaſchen.‟ — Doch der Menſch iſt nicht der furchtbarſte Feind
des Prairiehundes; ihn ſuchen in ſeinen Wohnungen weit ſchlimmere Gäſte auf. Mit ihm zugleich
bewohnt eine kleine Erdeule und die furchtbare Klapperſchlange die Höhlungen. Die Erdeule,
welche wir ſpäter kennen lernen werden, ſcheint auf dem vertraulichſten Fuße mit dem Murmelthiere
zu leben und dürfte wohl auch nur ſelten eins oder das andere der täppiſchen Jungen wegnehmen
und verzehren; die Klapperſchlange dagegen nährt ſich, ſobald ſie ſich feſt angeſiedelt hat, ausſchließlich
von Prairiehunden und macht zahlreiche Dörfer derſelben veröden. Geyer ſagt geradezu, daß die
wachhaltenden, alten Männchen nur nach dieſem Erzfeinde ausſchauen: „Gar nicht ſelten ſieht man
Murmelthiere, Erdeulen und Klapperſchlangen zu ein und demſelben Loche ein- und ausziehen, ja von
glaubwürdigen Leuten iſt mir verſichert worden, daß an den oberen Prairien von Arkanſas auch noch
der dort ſehr häufig vorkommende gehörnte Froſch ſich dazu geſellt. Man würde ſich irren, wenn
man glauben wollte, daß dieſe Thiere friedlich beiſammenwohnen; von der Klapperſchlange wenig-
ſtens habe ich mich überzeugt, daß ſie, wenn ſie ſich einmal eingeſtellt hat, nach einigen Sommern
der alleinige Bewohner dieſer Baue iſt. Es wurde mir verſichert, daß am Jetonfluſſe, ungefähr 25
engliſche Meilen oberhalb ſeiner Vereinigung mit dem Miſſouri, ein Murmelthierdorf von großem
Umfange beſtände, welches ſonſt voll von ſeinen urſprünglichen Bewohnern geweſen, jetzt aber Scha-
ren von Klapperſchlangen beherberge. Um mich zu überzeugen, reiſte ich hin und fand es ſo. Es war
ein ebener Raſenteppich von bedeutendem Umfang. Schon in einiger Entfernung fanden wir mehr
als gewöhnlich Klapperſchlangen am Pfade. Gegen Sonnenuntergang erreichten wir den Ort. Die
Häufigkeit der Klapperſchlangen hatte ſtetig zugenommen. Wir hielten es nicht für rathſam, ganz
in der Nähe zu übernachten, blieben auch während der Nacht vom Schlangenbeſuch verſchont und
konnten demnach ohne Sorge für uns und unſere Thiere ſein. Mit aufgehender Sonne begab ich mich
wieder nach dem Dorfe, fand aber, daß wegen der geringen Wärme und eines ſehr ſchweren Thaues
noch Nichts ſich rege. Die Niederung glich einem gepflegten Blumengarten. Der ſchöne Teppich der
Sesleria war eine Blüthe, und die hellorangefarbenen Blüthen flimmerten herrlich zwiſchen den Thau-
tropfen. Jch hatte beim Anblick der Pflanzen faſt alle Schlangen vergeſſen, als auf einmal eine
ziemlich ſtarke Klapperſchlange vor mir auf einem flachen Steine ſich hören ließ, eine zweite bald da-
neben, eine dritte weiter unten. Jch warf einen Stein nach der erſten, welche augenblicklich auf mich
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[89/0103] Der Prairiehund. macht. Beide ſcheinen nun durch abwechſelndes Bellen ſich gegenſeitig gleichſam Gedanken und Ge- fühle mittheilen zu wollen; ſich fortwährend eifrig unterhaltend verſchwinden ſie in der Wohnung, erſcheinen nach kurzem Verweilen wieder, um gemeinſchaftlich eine Wanderung zu einem entfernter lebenden Verwandten anzutreten, welcher nach gaſtfreundlicher Aufnahme an dem Spaziergange Theil nimmt; ſie begegnen Anderen, kurze, aber laute Begrüßungen finden ſtatt, die Geſellſchaft trennt ſich, und Jeder ſchlägt die Richtung nach der eigenen Wohnung ein. Stunden lang könnte man, ohne zu ermüden, das immerwährend wechſelnde Schauſpiel betrachten, und es kann nicht wundern, wenn der Wunſch rege wird, die Sprache der Thiere zu verſtehen, um ſich unter ſie miſchen und ihre ge- heimen Unterhaltungen belauſchen zu können.‟ „Furchtlos ſucht ſich der Prairiehund ſeinen Weg zwiſchen den Hufen der wandernden Büſſel hindurch; doch der Jäger im Hinterhalte braucht ſich nur unvorſichtig zu bewegen — und ſcheu und furchtſam flieht Alles hinab in dunkle Gänge. Ein leiſes Bellen, welches aus dem Schoſe der Erde dumpf herauf klingt, ſowie die Anzahl kleiner, verlaſſener Hügel verrathen dann allein noch den ſo reich bevölkerten Staat.‟ „Das Fleiſch dieſer Thiere iſt ſchmackhaft, doch die Jagd auf dieſelben ſo ſchwierig und ſo ſelten von Erfolg gekrönt, daß man kaum aus anderer Abſicht den Verſuch macht, eins zu erlegen, als um die Neugierde zu befriedigen. Da der Prairiehund höchſtens die Größe eines guten Eichhörnchens er- reicht, ſo würden auch zuviele Stücke dazu gehören, um für eine kleine Geſellſchaft ein ausreichendes Mahl zu beſchaffen, und manches getödtete Thierchen rollt außerdem noch in die faſt ſenkrechte Höhle tief hinab, ehe es gelingt, daſſelbe zu erhaſchen.‟ — Doch der Menſch iſt nicht der furchtbarſte Feind des Prairiehundes; ihn ſuchen in ſeinen Wohnungen weit ſchlimmere Gäſte auf. Mit ihm zugleich bewohnt eine kleine Erdeule und die furchtbare Klapperſchlange die Höhlungen. Die Erdeule, welche wir ſpäter kennen lernen werden, ſcheint auf dem vertraulichſten Fuße mit dem Murmelthiere zu leben und dürfte wohl auch nur ſelten eins oder das andere der täppiſchen Jungen wegnehmen und verzehren; die Klapperſchlange dagegen nährt ſich, ſobald ſie ſich feſt angeſiedelt hat, ausſchließlich von Prairiehunden und macht zahlreiche Dörfer derſelben veröden. Geyer ſagt geradezu, daß die wachhaltenden, alten Männchen nur nach dieſem Erzfeinde ausſchauen: „Gar nicht ſelten ſieht man Murmelthiere, Erdeulen und Klapperſchlangen zu ein und demſelben Loche ein- und ausziehen, ja von glaubwürdigen Leuten iſt mir verſichert worden, daß an den oberen Prairien von Arkanſas auch noch der dort ſehr häufig vorkommende gehörnte Froſch ſich dazu geſellt. Man würde ſich irren, wenn man glauben wollte, daß dieſe Thiere friedlich beiſammenwohnen; von der Klapperſchlange wenig- ſtens habe ich mich überzeugt, daß ſie, wenn ſie ſich einmal eingeſtellt hat, nach einigen Sommern der alleinige Bewohner dieſer Baue iſt. Es wurde mir verſichert, daß am Jetonfluſſe, ungefähr 25 engliſche Meilen oberhalb ſeiner Vereinigung mit dem Miſſouri, ein Murmelthierdorf von großem Umfange beſtände, welches ſonſt voll von ſeinen urſprünglichen Bewohnern geweſen, jetzt aber Scha- ren von Klapperſchlangen beherberge. Um mich zu überzeugen, reiſte ich hin und fand es ſo. Es war ein ebener Raſenteppich von bedeutendem Umfang. Schon in einiger Entfernung fanden wir mehr als gewöhnlich Klapperſchlangen am Pfade. Gegen Sonnenuntergang erreichten wir den Ort. Die Häufigkeit der Klapperſchlangen hatte ſtetig zugenommen. Wir hielten es nicht für rathſam, ganz in der Nähe zu übernachten, blieben auch während der Nacht vom Schlangenbeſuch verſchont und konnten demnach ohne Sorge für uns und unſere Thiere ſein. Mit aufgehender Sonne begab ich mich wieder nach dem Dorfe, fand aber, daß wegen der geringen Wärme und eines ſehr ſchweren Thaues noch Nichts ſich rege. Die Niederung glich einem gepflegten Blumengarten. Der ſchöne Teppich der Sesleria war eine Blüthe, und die hellorangefarbenen Blüthen flimmerten herrlich zwiſchen den Thau- tropfen. Jch hatte beim Anblick der Pflanzen faſt alle Schlangen vergeſſen, als auf einmal eine ziemlich ſtarke Klapperſchlange vor mir auf einem flachen Steine ſich hören ließ, eine zweite bald da- neben, eine dritte weiter unten. Jch warf einen Stein nach der erſten, welche augenblicklich auf mich herabſchoß, ſo daß ich nun meinen Weg auf dem Kamme der Hügelreihe fortſetzte. Jmmer mehrte ſich

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/103>, abgerufen am 23.11.2024.