Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.Die Affen. Schlankaffen. -- Duk. Kahau. herum, als wenn es Baumzweige wären, hielten sich am Haare fest und drängten sich endlich, denHintern voran, zwischen die ruhig Sitzenden, bis diese schreckensvoll auseinander fuhren und in einer andern Ecke Schutz suchten. Geschah Dies, so eilten die Quälgeister augenblicklich hinter ihnen drein und begannen die Marter von neuem. Man sah es den Budengs an, wie außerordentlich unange- nehm ihnen die zudringlichen Gesellen waren, wie sehr sie sich vor ihnen fürchteten. Sobald die schwarzen Teufel nur in den Käfig kamen, blickten Jene angstvoll nach ihnen herab, wie es die süd- amerikanischen Affen zu thun pflegen, wenn sie in große Furcht gerathen. Während sie unter den Fäusten ihrer Marterer litten, schrien sie oft jammervoll auf: aber das vermehrte nur die Wuth der Paviane; sie wurden um so frecher und grausamer, je leidender sich Jene verhielten. Jn Antwerpen lebt ein Budeng unter kleinen Meerkatzen und Makaken. Alle Mitbewohner Der Kleideraffe (Semnopithecus nemaeus) verdient wenigstens erwähnt zu werden; denn Der Kleideraffe ist noch niemals lebendig nach Europa gekommen und befindet sich erst in Von den übrigen Arten der Schlankaffen will ich blos noch eine einzige nennen, den Nasen- Die Affen. Schlankaffen. — Duk. Kahau. herum, als wenn es Baumzweige wären, hielten ſich am Haare feſt und drängten ſich endlich, denHintern voran, zwiſchen die ruhig Sitzenden, bis dieſe ſchreckensvoll auseinander fuhren und in einer andern Ecke Schutz ſuchten. Geſchah Dies, ſo eilten die Quälgeiſter augenblicklich hinter ihnen drein und begannen die Marter von neuem. Man ſah es den Budengs an, wie außerordentlich unange- nehm ihnen die zudringlichen Geſellen waren, wie ſehr ſie ſich vor ihnen fürchteten. Sobald die ſchwarzen Teufel nur in den Käfig kamen, blickten Jene angſtvoll nach ihnen herab, wie es die ſüd- amerikaniſchen Affen zu thun pflegen, wenn ſie in große Furcht gerathen. Während ſie unter den Fäuſten ihrer Marterer litten, ſchrien ſie oft jammervoll auf: aber das vermehrte nur die Wuth der Paviane; ſie wurden um ſo frecher und grauſamer, je leidender ſich Jene verhielten. Jn Antwerpen lebt ein Budeng unter kleinen Meerkatzen und Makaken. Alle Mitbewohner Der Kleideraffe (Semnopithecus nemaeus) verdient wenigſtens erwähnt zu werden; denn Der Kleideraffe iſt noch niemals lebendig nach Europa gekommen und befindet ſich erſt in Von den übrigen Arten der Schlankaffen will ich blos noch eine einzige nennen, den Naſen- <TEI> <text> <body> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0098" n="46"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Affen.</hi> Schlankaffen. — <hi rendition="#g">Duk. Kahau.</hi></fw><lb/> herum, als wenn es Baumzweige wären, hielten ſich am Haare feſt und drängten ſich endlich, den<lb/> Hintern voran, zwiſchen die ruhig Sitzenden, bis dieſe ſchreckensvoll auseinander fuhren und in einer<lb/> andern Ecke Schutz ſuchten. Geſchah Dies, ſo eilten die Quälgeiſter augenblicklich hinter ihnen drein<lb/> und begannen die Marter von neuem. Man ſah es den <hi rendition="#g">Budengs</hi> an, wie außerordentlich unange-<lb/> nehm ihnen die zudringlichen Geſellen waren, wie ſehr ſie ſich vor ihnen fürchteten. Sobald die<lb/> ſchwarzen Teufel nur in den Käfig kamen, blickten Jene angſtvoll nach ihnen herab, wie es die ſüd-<lb/> amerikaniſchen Affen zu thun pflegen, wenn ſie in große Furcht gerathen. Während ſie unter den<lb/> Fäuſten ihrer Marterer litten, ſchrien ſie oft jammervoll auf: aber das vermehrte nur die Wuth der<lb/> Paviane; ſie wurden um ſo frecher und grauſamer, je leidender ſich Jene verhielten.</p><lb/> <p>Jn Antwerpen lebt ein <hi rendition="#g">Budeng</hi> unter kleinen Meerkatzen und Makaken. Alle Mitbewohner<lb/> ſeines Käfigs ſind kaum halb ſo groß wie er, und trotzdem iſt auch hier wiederum er der Gequälte<lb/> und Gefoppte. Eine kaum ein Jahr alte Meerkatze ſpielte zur Zeit, in welcher ich den Garten beſuchte,<lb/> hier die Rolle des ſchwarzen Pavians, und auch gegen dieſen frechen Afrikaner verhielt ſich der Java-<lb/> neſe leidend und unterthänig. Es ſah ſehr komiſch aus, wenn das kleine Geſchöpf den großen Affen,<lb/> ſo zu ſagen, nach ſeiner Pfeife tanzen ließ; es meiſterte ihn vollſtändig und maßregelte ihn durch Püffe,<lb/> Ohrfeigen, durch Kneipen und Raufen in wahrhaft jämmerlicher Weiſe. Man konnte gar nicht in<lb/> Zweifel bleiben, daß Gutmüthigkeit der Hauptzug des <hi rendition="#g">Budeng</hi> geiſtes iſt; man vermißte in ihm<lb/> förmlich jene Affenniederträchtigkeit, welche Andere ſeines Geſchlechts ſo ſehr auszeichnet. — Auch<lb/> der <hi rendition="#g">Budeng</hi> ſcheint von unſerm nordiſchen Klima viel zu leiden. Ob dieſes die alleinige Urſache<lb/> ſeiner grenzenloſen Gutmüthigkeit iſt, wage ich nicht zu entſcheiden. Aber man ſieht es ihm an, wie<lb/> wohl ihm jeder Sonnenblick thut, wie glücklich er iſt, wenn er nur einen Strahl des belebenden Ge-<lb/> ſtirnes auffangen kann, deſſen Gluth ſeiner ſchönen Heimat alle Pracht und Herrlichkeit der Wende-<lb/> kreisländer verlieh.</p><lb/> <p>Der <hi rendition="#g">Kleideraffe</hi> (<hi rendition="#aq">Semnopithecus nemaeus</hi>) verdient wenigſtens erwähnt zu werden; denn<lb/> ſeine Pelzfärbung iſt die eigenthümlichſte, welche man ſich denken kann. Der <hi rendition="#g">Kleideraffe</hi> ſieht aller-<lb/> dings aus, als habe ſich ein Menſch den Spaß gemacht, ihn in die bunte Tracht eines Hanswurſtes<lb/> zu ſtecken. Um im Bilde zu bleiben, beſchreibe ich dieſes Kleid mit <hi rendition="#g">Okens</hi> Worten: Die Jacke iſt<lb/> grau, die Hoſen, ein Stirnband und die Handſchuhe ſind ſchwarz, die Strümpfe braunroth, Aermel,<lb/> Bart, Kreuz und Schwanz weiß; das Geſicht iſt gelb, eine Halsbinde braunroth, ein anderes Band<lb/> ſchwarz. Dieſe Farben ſchneiden ſcharf gegen einander ab und treten daher um ſo greller hervor.<lb/> Der Körper erreicht zwei Fuß Länge, der Schwanz iſt etwas kürzer.</p><lb/> <p>Der <hi rendition="#g">Kleideraffe</hi> iſt noch niemals lebendig nach Europa gekommen und befindet ſich erſt in<lb/> wenigen Sammlungen. Er ſoll in <hi rendition="#g">Cochinchina</hi> leben und daſelbſt <hi rendition="#g">„Duk‟</hi> genannt werden. Jn<lb/> zahlreichen Geſellſchaften kommt er in den dichten Küſtenwäldern vor und beſucht auch oft die Dörfer<lb/> der Eingeborenen. Er iſt furchtſam und ſcheu und entflieht, ſobald er merkt, daß man auf ihn jagen<lb/> will. Die Eingeborenen ſchätzen ſeinen Pelz nicht und geben ſich deshalb auch keine Mühe, ihn zu er-<lb/> legen. Für die Gefangenſchaͤft eignet er ſich nicht, weil er ſehr bald hinſtirbt.</p><lb/> <p>Von den übrigen Arten der <hi rendition="#g">Schlankaffen</hi> will ich blos noch eine einzige nennen, den <hi rendition="#g">Naſen-<lb/> affen</hi> oder <hi rendition="#g">Kahau</hi> (<hi rendition="#aq">Semnopithecus Nasica</hi>), welcher in jeder Hinſicht ein wirklich ausgezeichnetes<lb/> Thier iſt. Am merkwürdigſten an ihm iſt jedenfalls die vorſpringende, verzerrte Menſchennaſe, welche,<lb/> wie ein Rüſſel, beweglich iſt und vorgeſchoben oder zurückgezogen werden kann. Dieſer Naſe verdankt<lb/> er es, daß er als Träger einer eigenen Sippe (<hi rendition="#aq">Nasalis</hi>) betrachtet worden iſt. Sein Leib iſt ſchlank,<lb/> wie bei den übrigen, die Gliedmaßen ſind faſt von gleicher Länge, der Schwanz iſt ſehr lang, die<lb/> Vorder- und Hinterhände ſind fünfzehig, die Backentaſchen fehlen, aber die Geſäßſchwielen ſind vor-<lb/> handen. Die Naſe hängt hakenförmig über die Oberlippe herab, iſt in der Mitte ziemlich breit, an<lb/> ihrem äußern Ende zugeſpitzt und längs ihres Rückens mit einer leichten Furche verſehen; die Naſen-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [46/0098]
Die Affen. Schlankaffen. — Duk. Kahau.
herum, als wenn es Baumzweige wären, hielten ſich am Haare feſt und drängten ſich endlich, den
Hintern voran, zwiſchen die ruhig Sitzenden, bis dieſe ſchreckensvoll auseinander fuhren und in einer
andern Ecke Schutz ſuchten. Geſchah Dies, ſo eilten die Quälgeiſter augenblicklich hinter ihnen drein
und begannen die Marter von neuem. Man ſah es den Budengs an, wie außerordentlich unange-
nehm ihnen die zudringlichen Geſellen waren, wie ſehr ſie ſich vor ihnen fürchteten. Sobald die
ſchwarzen Teufel nur in den Käfig kamen, blickten Jene angſtvoll nach ihnen herab, wie es die ſüd-
amerikaniſchen Affen zu thun pflegen, wenn ſie in große Furcht gerathen. Während ſie unter den
Fäuſten ihrer Marterer litten, ſchrien ſie oft jammervoll auf: aber das vermehrte nur die Wuth der
Paviane; ſie wurden um ſo frecher und grauſamer, je leidender ſich Jene verhielten.
Jn Antwerpen lebt ein Budeng unter kleinen Meerkatzen und Makaken. Alle Mitbewohner
ſeines Käfigs ſind kaum halb ſo groß wie er, und trotzdem iſt auch hier wiederum er der Gequälte
und Gefoppte. Eine kaum ein Jahr alte Meerkatze ſpielte zur Zeit, in welcher ich den Garten beſuchte,
hier die Rolle des ſchwarzen Pavians, und auch gegen dieſen frechen Afrikaner verhielt ſich der Java-
neſe leidend und unterthänig. Es ſah ſehr komiſch aus, wenn das kleine Geſchöpf den großen Affen,
ſo zu ſagen, nach ſeiner Pfeife tanzen ließ; es meiſterte ihn vollſtändig und maßregelte ihn durch Püffe,
Ohrfeigen, durch Kneipen und Raufen in wahrhaft jämmerlicher Weiſe. Man konnte gar nicht in
Zweifel bleiben, daß Gutmüthigkeit der Hauptzug des Budeng geiſtes iſt; man vermißte in ihm
förmlich jene Affenniederträchtigkeit, welche Andere ſeines Geſchlechts ſo ſehr auszeichnet. — Auch
der Budeng ſcheint von unſerm nordiſchen Klima viel zu leiden. Ob dieſes die alleinige Urſache
ſeiner grenzenloſen Gutmüthigkeit iſt, wage ich nicht zu entſcheiden. Aber man ſieht es ihm an, wie
wohl ihm jeder Sonnenblick thut, wie glücklich er iſt, wenn er nur einen Strahl des belebenden Ge-
ſtirnes auffangen kann, deſſen Gluth ſeiner ſchönen Heimat alle Pracht und Herrlichkeit der Wende-
kreisländer verlieh.
Der Kleideraffe (Semnopithecus nemaeus) verdient wenigſtens erwähnt zu werden; denn
ſeine Pelzfärbung iſt die eigenthümlichſte, welche man ſich denken kann. Der Kleideraffe ſieht aller-
dings aus, als habe ſich ein Menſch den Spaß gemacht, ihn in die bunte Tracht eines Hanswurſtes
zu ſtecken. Um im Bilde zu bleiben, beſchreibe ich dieſes Kleid mit Okens Worten: Die Jacke iſt
grau, die Hoſen, ein Stirnband und die Handſchuhe ſind ſchwarz, die Strümpfe braunroth, Aermel,
Bart, Kreuz und Schwanz weiß; das Geſicht iſt gelb, eine Halsbinde braunroth, ein anderes Band
ſchwarz. Dieſe Farben ſchneiden ſcharf gegen einander ab und treten daher um ſo greller hervor.
Der Körper erreicht zwei Fuß Länge, der Schwanz iſt etwas kürzer.
Der Kleideraffe iſt noch niemals lebendig nach Europa gekommen und befindet ſich erſt in
wenigen Sammlungen. Er ſoll in Cochinchina leben und daſelbſt „Duk‟ genannt werden. Jn
zahlreichen Geſellſchaften kommt er in den dichten Küſtenwäldern vor und beſucht auch oft die Dörfer
der Eingeborenen. Er iſt furchtſam und ſcheu und entflieht, ſobald er merkt, daß man auf ihn jagen
will. Die Eingeborenen ſchätzen ſeinen Pelz nicht und geben ſich deshalb auch keine Mühe, ihn zu er-
legen. Für die Gefangenſchaͤft eignet er ſich nicht, weil er ſehr bald hinſtirbt.
Von den übrigen Arten der Schlankaffen will ich blos noch eine einzige nennen, den Naſen-
affen oder Kahau (Semnopithecus Nasica), welcher in jeder Hinſicht ein wirklich ausgezeichnetes
Thier iſt. Am merkwürdigſten an ihm iſt jedenfalls die vorſpringende, verzerrte Menſchennaſe, welche,
wie ein Rüſſel, beweglich iſt und vorgeſchoben oder zurückgezogen werden kann. Dieſer Naſe verdankt
er es, daß er als Träger einer eigenen Sippe (Nasalis) betrachtet worden iſt. Sein Leib iſt ſchlank,
wie bei den übrigen, die Gliedmaßen ſind faſt von gleicher Länge, der Schwanz iſt ſehr lang, die
Vorder- und Hinterhände ſind fünfzehig, die Backentaſchen fehlen, aber die Geſäßſchwielen ſind vor-
handen. Die Naſe hängt hakenförmig über die Oberlippe herab, iſt in der Mitte ziemlich breit, an
ihrem äußern Ende zugeſpitzt und längs ihres Rückens mit einer leichten Furche verſehen; die Naſen-
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