untern Backenzahne noch ein besonderer Höcker findet; ihr Knochenbau erinnert, wegen seiner schlanken Formen, an das Geripp der Gibbons. Die Hände haben lange Finger; aber der Daumen der Vorderhände ist bereits verkürzt oder verkümmert und zum Greifen unbrauchbar geworden. Die Behaarung ist wundervoll fein; ihre Färbung ist stets ansprechend, bei einer Art höchst eigenthüm- lich; die Haare verlängern sich am Kopfe oft bedeutend. Höchst merkwürdig ist der Bau des Magens, weil er wegen seiner mehrfachen Einschnürung und hierdurch entstandenen Abtheilung entfernt an den Magen der Wiederkäuer und näher an den der Kängurus erinnert. Ein Kehlsack von verschiedener Größe ist bei sämmtlichen Arten vorhanden.
Alle Schlankaffen sind Bewohner Südasiens und zwar ebensowohl des Festlandes, wie der
[Abbildung]
Der Hulman (Semnopithecus entellus).
Jnseln. Es sind echte Baumaffen und gesellige Thiere. Sie finden sich vom Meere an bis zu zehn und elftausend Fuß über dem Meere. Jhre geistigen Eigenschaften ähneln denen der Gibbons oder Meerkatzen; bei Beschreibung der ausgezeichnetsten Arten werden wir sie kennen lernen.
Unter diesen Ausgezeichneten der Gruppe verdient zunächst berücksichtigt zu werden der Hul- man oder Huneman, wie die Hindus ihn nennen, der Mandi der Malabaren oder der Mabur der Mahratten -- der heilige Affe der Jnder, weil er von Letzteren abgöttisch verehrt wird. Sein wissenschaftlicher Name ist Semnopithecus entellus. Dieses Thier ist der gemeinste und in den meisten Gegenden Jndiens vorkommende Affe und verbreitet sich immer mehr, weil er fast überall geschützt wird. Er ist etwa zwei und einen halben Fuß lang und mit einem drei Fuß langen, gequasteten
Beſchreibung.
untern Backenzahne noch ein beſonderer Höcker findet; ihr Knochenbau erinnert, wegen ſeiner ſchlanken Formen, an das Geripp der Gibbons. Die Hände haben lange Finger; aber der Daumen der Vorderhände iſt bereits verkürzt oder verkümmert und zum Greifen unbrauchbar geworden. Die Behaarung iſt wundervoll fein; ihre Färbung iſt ſtets anſprechend, bei einer Art höchſt eigenthüm- lich; die Haare verlängern ſich am Kopfe oft bedeutend. Höchſt merkwürdig iſt der Bau des Magens, weil er wegen ſeiner mehrfachen Einſchnürung und hierdurch entſtandenen Abtheilung entfernt an den Magen der Wiederkäuer und näher an den der Kängurus erinnert. Ein Kehlſack von verſchiedener Größe iſt bei ſämmtlichen Arten vorhanden.
Alle Schlankaffen ſind Bewohner Südaſiens und zwar ebenſowohl des Feſtlandes, wie der
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Der Hulman (Semnopithecus entellus).
Jnſeln. Es ſind echte Baumaffen und geſellige Thiere. Sie finden ſich vom Meere an bis zu zehn und elftauſend Fuß über dem Meere. Jhre geiſtigen Eigenſchaften ähneln denen der Gibbons oder Meerkatzen; bei Beſchreibung der ausgezeichnetſten Arten werden wir ſie kennen lernen.
Unter dieſen Ausgezeichneten der Gruppe verdient zunächſt berückſichtigt zu werden der Hul- man oder Huneman, wie die Hindus ihn nennen, der Mandi der Malabaren oder der Mabur der Mahratten — der heilige Affe der Jnder, weil er von Letzteren abgöttiſch verehrt wird. Sein wiſſenſchaftlicher Name iſt Semnopithecus entellus. Dieſes Thier iſt der gemeinſte und in den meiſten Gegenden Jndiens vorkommende Affe und verbreitet ſich immer mehr, weil er faſt überall geſchützt wird. Er iſt etwa zwei und einen halben Fuß lang und mit einem drei Fuß langen, gequaſteten
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Beſchreibung.
untern Backenzahne noch ein beſonderer Höcker findet; ihr Knochenbau erinnert, wegen ſeiner ſchlanken
Formen, an das Geripp der Gibbons. Die Hände haben lange Finger; aber der Daumen der
Vorderhände iſt bereits verkürzt oder verkümmert und zum Greifen unbrauchbar geworden. Die
Behaarung iſt wundervoll fein; ihre Färbung iſt ſtets anſprechend, bei einer Art höchſt eigenthüm-
lich; die Haare verlängern ſich am Kopfe oft bedeutend. Höchſt merkwürdig iſt der Bau des Magens,
weil er wegen ſeiner mehrfachen Einſchnürung und hierdurch entſtandenen Abtheilung entfernt an den
Magen der Wiederkäuer und näher an den der Kängurus erinnert. Ein Kehlſack von verſchiedener
Größe iſt bei ſämmtlichen Arten vorhanden.
Alle Schlankaffen ſind Bewohner Südaſiens und zwar ebenſowohl des Feſtlandes, wie der
[Abbildung Der Hulman (Semnopithecus entellus).]
Jnſeln. Es ſind echte Baumaffen und geſellige Thiere. Sie finden ſich vom Meere an bis zu zehn
und elftauſend Fuß über dem Meere. Jhre geiſtigen Eigenſchaften ähneln denen der Gibbons oder
Meerkatzen; bei Beſchreibung der ausgezeichnetſten Arten werden wir ſie kennen lernen.
Unter dieſen Ausgezeichneten der Gruppe verdient zunächſt berückſichtigt zu werden der Hul-
man oder Huneman, wie die Hindus ihn nennen, der Mandi der Malabaren oder der Mabur
der Mahratten — der heilige Affe der Jnder, weil er von Letzteren abgöttiſch verehrt wird. Sein
wiſſenſchaftlicher Name iſt Semnopithecus entellus. Dieſes Thier iſt der gemeinſte und in den meiſten
Gegenden Jndiens vorkommende Affe und verbreitet ſich immer mehr, weil er faſt überall geſchützt
wird. Er iſt etwa zwei und einen halben Fuß lang und mit einem drei Fuß langen, gequaſteten
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/93>, abgerufen am 24.11.2024.
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