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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Die Raubthiere. Spitzmäuse. -- Schlitzrüßler. Sondeli.

Man kennt blos eine einzige Art (Gymnura Rafflesii), welche ihren Namen zu Ehren des
Entdeckers trägt. Dieser brachte sie aus Sumatra mit und beschrieb sie zuerst unter dem Namen
Viverra Gymnura, weil er glaubte, eine Schleichkatze vor sich zu haben. Jn der neuern Zeit hat
man dieselbe Art übrigens auch auf Malakka entdeckt.

Die Körperlänge der Bula beträgt 14, die des Schwanzes fast 11 Zoll. Der Rumpf und die
Gliedmaßen sind schwarz, der Kopf und Hals dagegen weiß behaart, nur am Hinterkopf finden sich
einzelne schwarze Haare, und über den Augen ein schwarzer Längsstreif; der Schwanz ist bis zur Mitte
schwarz und an seiner Endhälfte weiß. Die borstenartigen Haare erreichen oft eine bedeutende Länge.
Ueber die Lebensweise ist ebenfalls noch nicht das Geringste bekannt.

An die Bula können wir den Schlitzrüßler (Solenodon paradoxus) anreihen, ein Thier,
welches ebenfalls als Vertreter einer besondern Sippe gilt. Jn seiner äußern Erscheinung gleicht der
Schlitzrüßler den echten Spitzmäusen; er unterscheidet sich aber von ihnen durch den dünnen, langen,
runden und an der Spitze nackten Rüssel mit seitlichen Nasenlöchern, durch die großen, runden Ohren
ohne eine Klappe und den langen, nackten, schuppigen Schwanz. Der Körper ist gedrungen, der Kopf

[Abbildung] Der Schlitzrüßler (Solenodon paradoxus).
sehr gestreckt und die Nase noch wieselartig. Alle Füße haben fünf Zehen, an denen lange, etwas
zusammengepreßte und gekrümmte Krallen sitzen, welche jedenfalls zum Graben benutzt werden können.
Die Augen sind klein. Ein ziemlich dickes Fell, welches blos die Unterbeine und den schuppigen
Schwanz frei läßt, auch den Rüssel nur dünn bekleidet, deckt den Körper. Die zwei Arten bewohnen
Haiti und scheinen schon zu Kolumbus Zeiten den Europäern bekannt gewesen zu sein, wenn man auch
bei der Unzulänglichkeit der betreffenden Angaben nicht mit Sicherheit behaupten kann, daß die bezüg-
lichen Beschreibungen gerade eins dieser Thiere meinen. Soviel steht fest, daß man heut zu Tage noch
Nichts über die Lebensweise des, wie sein Name besagt, "auffallenden" Geschöpfes weiß und auch
hier eben nur von der Leibesbeschaffenheit reden kann. Der Körper der Aguta, wie dieser Schlitz-
rüßler
auf St. Domingo genannt wird, ist fast einen Fuß lang und trägt einen nur wenig kürzern
Schwanz. Der Pelz ist verschieden gefärbt: das Gesicht, der Scheitel und Vorderrücken sind braun-
schwarz, der Hinterrücken und die Schenkel schwarzbraun, die Seiten des Kopfes und der Hals hell-
braun, rostroth und grau gemischt, die Unterseiten und Pfoten fahlbräunlich, die Brust ist hellrostroth,
der geschuppte Schwanz bis zur Mitte grau, am Ende weiß.

Der Name der Sippe, bedeutet "Röhrenzähnige" und ist dem Thier seines Gebisses wegen
gegeben worden, weil die unteren Schneidezähne eine eigenthümliche Längsrinne aufweisen. Dieses
Gebiß deutet auf Kerbthier-Nahrung hin; gleichwohl berichtet Hearne, welcher einen Schlitzrüßler

Die Raubthiere. Spitzmäuſe. — Schlitzrüßler. Sondeli.

Man kennt blos eine einzige Art (Gymnura Rafflesii), welche ihren Namen zu Ehren des
Entdeckers trägt. Dieſer brachte ſie aus Sumatra mit und beſchrieb ſie zuerſt unter dem Namen
Viverra Gymnura, weil er glaubte, eine Schleichkatze vor ſich zu haben. Jn der neuern Zeit hat
man dieſelbe Art übrigens auch auf Malakka entdeckt.

Die Körperlänge der Bula beträgt 14, die des Schwanzes faſt 11 Zoll. Der Rumpf und die
Gliedmaßen ſind ſchwarz, der Kopf und Hals dagegen weiß behaart, nur am Hinterkopf finden ſich
einzelne ſchwarze Haare, und über den Augen ein ſchwarzer Längsſtreif; der Schwanz iſt bis zur Mitte
ſchwarz und an ſeiner Endhälfte weiß. Die borſtenartigen Haare erreichen oft eine bedeutende Länge.
Ueber die Lebensweiſe iſt ebenfalls noch nicht das Geringſte bekannt.

An die Bula können wir den Schlitzrüßler (Solenodon paradoxus) anreihen, ein Thier,
welches ebenfalls als Vertreter einer beſondern Sippe gilt. Jn ſeiner äußern Erſcheinung gleicht der
Schlitzrüßler den echten Spitzmäuſen; er unterſcheidet ſich aber von ihnen durch den dünnen, langen,
runden und an der Spitze nackten Rüſſel mit ſeitlichen Naſenlöchern, durch die großen, runden Ohren
ohne eine Klappe und den langen, nackten, ſchuppigen Schwanz. Der Körper iſt gedrungen, der Kopf

[Abbildung] Der Schlitzrüßler (Solenodon paradoxus).
ſehr geſtreckt und die Naſe noch wieſelartig. Alle Füße haben fünf Zehen, an denen lange, etwas
zuſammengepreßte und gekrümmte Krallen ſitzen, welche jedenfalls zum Graben benutzt werden können.
Die Augen ſind klein. Ein ziemlich dickes Fell, welches blos die Unterbeine und den ſchuppigen
Schwanz frei läßt, auch den Rüſſel nur dünn bekleidet, deckt den Körper. Die zwei Arten bewohnen
Haiti und ſcheinen ſchon zu Kolumbus Zeiten den Europäern bekannt geweſen zu ſein, wenn man auch
bei der Unzulänglichkeit der betreffenden Angaben nicht mit Sicherheit behaupten kann, daß die bezüg-
lichen Beſchreibungen gerade eins dieſer Thiere meinen. Soviel ſteht feſt, daß man heut zu Tage noch
Nichts über die Lebensweiſe des, wie ſein Name beſagt, „auffallenden‟ Geſchöpfes weiß und auch
hier eben nur von der Leibesbeſchaffenheit reden kann. Der Körper der Aguta, wie dieſer Schlitz-
rüßler
auf St. Domingo genannt wird, iſt faſt einen Fuß lang und trägt einen nur wenig kürzern
Schwanz. Der Pelz iſt verſchieden gefärbt: das Geſicht, der Scheitel und Vorderrücken ſind braun-
ſchwarz, der Hinterrücken und die Schenkel ſchwarzbraun, die Seiten des Kopfes und der Hals hell-
braun, roſtroth und grau gemiſcht, die Unterſeiten und Pfoten fahlbräunlich, die Bruſt iſt hellroſtroth,
der geſchuppte Schwanz bis zur Mitte grau, am Ende weiß.

Der Name der Sippe, bedeutet „Röhrenzähnige‟ und iſt dem Thier ſeines Gebiſſes wegen
gegeben worden, weil die unteren Schneidezähne eine eigenthümliche Längsrinne aufweiſen. Dieſes
Gebiß deutet auf Kerbthier-Nahrung hin; gleichwohl berichtet Hearne, welcher einen Schlitzrüßler

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[668/0746] Die Raubthiere. Spitzmäuſe. — Schlitzrüßler. Sondeli. Man kennt blos eine einzige Art (Gymnura Rafflesii), welche ihren Namen zu Ehren des Entdeckers trägt. Dieſer brachte ſie aus Sumatra mit und beſchrieb ſie zuerſt unter dem Namen Viverra Gymnura, weil er glaubte, eine Schleichkatze vor ſich zu haben. Jn der neuern Zeit hat man dieſelbe Art übrigens auch auf Malakka entdeckt. Die Körperlänge der Bula beträgt 14, die des Schwanzes faſt 11 Zoll. Der Rumpf und die Gliedmaßen ſind ſchwarz, der Kopf und Hals dagegen weiß behaart, nur am Hinterkopf finden ſich einzelne ſchwarze Haare, und über den Augen ein ſchwarzer Längsſtreif; der Schwanz iſt bis zur Mitte ſchwarz und an ſeiner Endhälfte weiß. Die borſtenartigen Haare erreichen oft eine bedeutende Länge. Ueber die Lebensweiſe iſt ebenfalls noch nicht das Geringſte bekannt. An die Bula können wir den Schlitzrüßler (Solenodon paradoxus) anreihen, ein Thier, welches ebenfalls als Vertreter einer beſondern Sippe gilt. Jn ſeiner äußern Erſcheinung gleicht der Schlitzrüßler den echten Spitzmäuſen; er unterſcheidet ſich aber von ihnen durch den dünnen, langen, runden und an der Spitze nackten Rüſſel mit ſeitlichen Naſenlöchern, durch die großen, runden Ohren ohne eine Klappe und den langen, nackten, ſchuppigen Schwanz. Der Körper iſt gedrungen, der Kopf [Abbildung Der Schlitzrüßler (Solenodon paradoxus).] ſehr geſtreckt und die Naſe noch wieſelartig. Alle Füße haben fünf Zehen, an denen lange, etwas zuſammengepreßte und gekrümmte Krallen ſitzen, welche jedenfalls zum Graben benutzt werden können. Die Augen ſind klein. Ein ziemlich dickes Fell, welches blos die Unterbeine und den ſchuppigen Schwanz frei läßt, auch den Rüſſel nur dünn bekleidet, deckt den Körper. Die zwei Arten bewohnen Haiti und ſcheinen ſchon zu Kolumbus Zeiten den Europäern bekannt geweſen zu ſein, wenn man auch bei der Unzulänglichkeit der betreffenden Angaben nicht mit Sicherheit behaupten kann, daß die bezüg- lichen Beſchreibungen gerade eins dieſer Thiere meinen. Soviel ſteht feſt, daß man heut zu Tage noch Nichts über die Lebensweiſe des, wie ſein Name beſagt, „auffallenden‟ Geſchöpfes weiß und auch hier eben nur von der Leibesbeſchaffenheit reden kann. Der Körper der Aguta, wie dieſer Schlitz- rüßler auf St. Domingo genannt wird, iſt faſt einen Fuß lang und trägt einen nur wenig kürzern Schwanz. Der Pelz iſt verſchieden gefärbt: das Geſicht, der Scheitel und Vorderrücken ſind braun- ſchwarz, der Hinterrücken und die Schenkel ſchwarzbraun, die Seiten des Kopfes und der Hals hell- braun, roſtroth und grau gemiſcht, die Unterſeiten und Pfoten fahlbräunlich, die Bruſt iſt hellroſtroth, der geſchuppte Schwanz bis zur Mitte grau, am Ende weiß. Der Name der Sippe, bedeutet „Röhrenzähnige‟ und iſt dem Thier ſeines Gebiſſes wegen gegeben worden, weil die unteren Schneidezähne eine eigenthümliche Längsrinne aufweiſen. Dieſes Gebiß deutet auf Kerbthier-Nahrung hin; gleichwohl berichtet Hearne, welcher einen Schlitzrüßler

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 668. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/746>, abgerufen am 24.11.2024.