den man oft von ihm hört, klingt wie Wah, weshalb er auch bei den Eingebornen den Namen Hitwah erhielt. Genaueres über seine Lebensweise ist nicht bekannt. Aus den vier Zitzenpaaren des Weibchens schließt man, daß er viele Junge werfen mag. Dies ist Alles, was wir wissen; denn auch über das Gefangenleben fehlen zur Zeit noch alle Berichte.
Die zweite Hauptabtheilung der Raubsäuger umfaßt die drei Familien, welche sich vorzugsweise von Kerbthieren nähren. Wollte man die Nahrung allein berücksichtigen, so müßte man noch die Fledermäuse zu ihnen rechnen: Dem widerstreitet aber der Leibesbau der Letzteren, wenn auch das Gebiß mit den übrigen Kerbthierräubern die entschiedenste Aehnlichkeit hat. Wir können die jetzt zu besprechenden Familien als Bindeglieder zwischen den Raubthieren und Fledermäusen betrachten. Diesen ähneln die Kerfräuber auch in der geringern Größe ihres Leibes und in der ganzen Lebens- weise. Bei weitem die meisten Mitglieder der drei Familien sind kleine Geschöpfe; denn die Kerbthiere sind nicht so nahrunghaltig, daß ein großes Raubthier, bei uns zu Lande wenigstens, sich von ihnen ausschließlich ernähren könnte; bedürfen doch selbst die kleinen Räuber eines täglichen Bedarfs an Nahrung, welcher ihr eignes Körpergewicht erreicht oder noch übertrifft. Den kerbthierfressenden Fledermäusen stehen daher unsere Thiere in der Gefräßigkeit nicht im geringsten nach. Hierzu kommt nun noch, daß die meisten der kleinen Raubgesellen Nachtthiere sind, wodurch sie wiederum mit den Fledermäusen übereinstimmen. Somit haben die Einen mit den Anderen in ihrem Leben allerdings Vieles gemein; in jeder andern Hinsicht aber unterscheiden sie sich ganz wesentlich von einander.
Die Kerfjäger sind meist Säugethiere von unschönem, häßlichem Aeußern und durch merkwürdige Verkümmerung gewisser Theile, sowie auch wieder durch auffallende Vergrößerung anderer aus- gezeichnet. Jn der Leibesbildung entfernen sie sich am weitesten von den allgemeinen Grundzügen des Baues der Raubthiere. Jhre Gestalten sind die manchfaltigsten in der ganzen Ordnung. Der Leib ist in den meisten Fällen gedrungen; die Gliedmaßen, höchstens mit Ausnahme des Schwanzes, sind verkürzt; die Nase ist nicht selten rüsselartig verlängert; die Ohren schwanken zwischen sehr verschie- denem Maße; die Sinneswerkzeuge sind eines Theils sehr ausgebildet und auf der andern Seite merkwürdig, ja fast vollkommen verkümmert, und so muß oft ein Sinn den andern übertragen. Mit dieser Leibesbildung stehen die geistigen Fähigkeiten im Einklang. Unsere Thiere sind stumpfe, mürrische, mißtrauische, scheue, die Einsamkeit liebende und heftige Gesellen. Aus diesen Eigen- schaften, sowie aus dem Leibesbau geht wieder ihre eigenthümliche Lebensweise hervor. Bei weitem die meisten leben unterirdisch, grabend und wühlend oder wenigstens in sehr tief verborgenen Schlupf- winkeln; einige bewohnen auch das Wasser und andere die Bäume. Durch ihre erstaunliche Thätigkeit thun sie der Vermehrung der schädlichen Kerfe und Würmer, der Schnecken und anderer niederer Thiere, ja selbst auch der Ausbreitung mancher kleinen Nager wesentlichen Abbruch. Sie sind also fast ohne Ausnahme höchst nützliche Arbeiter im Weinberge: aber sie werden dennoch nur von dem Naturkundigen erkannt und geachtet; die große Menge verabscheut sie. Man sieht hierin, wie Vogt sagt, so recht die Wahrheit des alten Sprichwortes, daß die Nacht keines Menschen Freund ist. "Was nur irgend in der Dunkelheit fleugt und kreucht, wird von dem Volksgefühle schon ohne weitere Unter- suchung gehaßt und verabscheut, und es hält außerordentlich schwer, der Allgemeinheit die Ueber- zeugung beizubringen, daß die Späher und Häscher, welche dem im Dunkeln schleichenden Verderber auf die Spur kommen wollen, auch den Gängen desselben nachspüren müssen, und nicht am hellen Tageslicht ihrer Verfolgung obliegen können."
"Ein Blick in den geöffneten Rachen eines Kerfjägers überzeugt uns unmittelbar, daß diese Thiere nur Fleischfresser fein können, noch fleischfressender, wenn man sich so ausdrücken darf, als Katzen und Hunde, die das System vorzugsweise Fleischfresser nennt. Die beiden Kiefern starren
Kennzeichnung und Heimat des Panda.
den man oft von ihm hört, klingt wie Wah, weshalb er auch bei den Eingebornen den Namen Hitwah erhielt. Genaueres über ſeine Lebensweiſe iſt nicht bekannt. Aus den vier Zitzenpaaren des Weibchens ſchließt man, daß er viele Junge werfen mag. Dies iſt Alles, was wir wiſſen; denn auch über das Gefangenleben fehlen zur Zeit noch alle Berichte.
Die zweite Hauptabtheilung der Raubſäuger umfaßt die drei Familien, welche ſich vorzugsweiſe von Kerbthieren nähren. Wollte man die Nahrung allein berückſichtigen, ſo müßte man noch die Fledermäuſe zu ihnen rechnen: Dem widerſtreitet aber der Leibesbau der Letzteren, wenn auch das Gebiß mit den übrigen Kerbthierräubern die entſchiedenſte Aehnlichkeit hat. Wir können die jetzt zu beſprechenden Familien als Bindeglieder zwiſchen den Raubthieren und Fledermäuſen betrachten. Dieſen ähneln die Kerfräuber auch in der geringern Größe ihres Leibes und in der ganzen Lebens- weiſe. Bei weitem die meiſten Mitglieder der drei Familien ſind kleine Geſchöpfe; denn die Kerbthiere ſind nicht ſo nahrunghaltig, daß ein großes Raubthier, bei uns zu Lande wenigſtens, ſich von ihnen ausſchließlich ernähren könnte; bedürfen doch ſelbſt die kleinen Räuber eines täglichen Bedarfs an Nahrung, welcher ihr eignes Körpergewicht erreicht oder noch übertrifft. Den kerbthierfreſſenden Fledermäuſen ſtehen daher unſere Thiere in der Gefräßigkeit nicht im geringſten nach. Hierzu kommt nun noch, daß die meiſten der kleinen Raubgeſellen Nachtthiere ſind, wodurch ſie wiederum mit den Fledermäuſen übereinſtimmen. Somit haben die Einen mit den Anderen in ihrem Leben allerdings Vieles gemein; in jeder andern Hinſicht aber unterſcheiden ſie ſich ganz weſentlich von einander.
Die Kerfjäger ſind meiſt Säugethiere von unſchönem, häßlichem Aeußern und durch merkwürdige Verkümmerung gewiſſer Theile, ſowie auch wieder durch auffallende Vergrößerung anderer aus- gezeichnet. Jn der Leibesbildung entfernen ſie ſich am weiteſten von den allgemeinen Grundzügen des Baues der Raubthiere. Jhre Geſtalten ſind die manchfaltigſten in der ganzen Ordnung. Der Leib iſt in den meiſten Fällen gedrungen; die Gliedmaßen, höchſtens mit Ausnahme des Schwanzes, ſind verkürzt; die Naſe iſt nicht ſelten rüſſelartig verlängert; die Ohren ſchwanken zwiſchen ſehr verſchie- denem Maße; die Sinneswerkzeuge ſind eines Theils ſehr ausgebildet und auf der andern Seite merkwürdig, ja faſt vollkommen verkümmert, und ſo muß oft ein Sinn den andern übertragen. Mit dieſer Leibesbildung ſtehen die geiſtigen Fähigkeiten im Einklang. Unſere Thiere ſind ſtumpfe, mürriſche, mißtrauiſche, ſcheue, die Einſamkeit liebende und heftige Geſellen. Aus dieſen Eigen- ſchaften, ſowie aus dem Leibesbau geht wieder ihre eigenthümliche Lebensweiſe hervor. Bei weitem die meiſten leben unterirdiſch, grabend und wühlend oder wenigſtens in ſehr tief verborgenen Schlupf- winkeln; einige bewohnen auch das Waſſer und andere die Bäume. Durch ihre erſtaunliche Thätigkeit thun ſie der Vermehrung der ſchädlichen Kerfe und Würmer, der Schnecken und anderer niederer Thiere, ja ſelbſt auch der Ausbreitung mancher kleinen Nager weſentlichen Abbruch. Sie ſind alſo faſt ohne Ausnahme höchſt nützliche Arbeiter im Weinberge: aber ſie werden dennoch nur von dem Naturkundigen erkannt und geachtet; die große Menge verabſcheut ſie. Man ſieht hierin, wie Vogt ſagt, ſo recht die Wahrheit des alten Sprichwortes, daß die Nacht keines Menſchen Freund iſt. „Was nur irgend in der Dunkelheit fleugt und kreucht, wird von dem Volksgefühle ſchon ohne weitere Unter- ſuchung gehaßt und verabſcheut, und es hält außerordentlich ſchwer, der Allgemeinheit die Ueber- zeugung beizubringen, daß die Späher und Häſcher, welche dem im Dunkeln ſchleichenden Verderber auf die Spur kommen wollen, auch den Gängen deſſelben nachſpüren müſſen, und nicht am hellen Tageslicht ihrer Verfolgung obliegen können.‟
„Ein Blick in den geöffneten Rachen eines Kerfjägers überzeugt uns unmittelbar, daß dieſe Thiere nur Fleiſchfreſſer fein können, noch fleiſchfreſſender, wenn man ſich ſo ausdrücken darf, als Katzen und Hunde, die das Syſtem vorzugsweiſe Fleiſchfreſſer nennt. Die beiden Kiefern ſtarren
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Kennzeichnung und Heimat des Panda.
den man oft von ihm hört, klingt wie Wah, weshalb er auch bei den Eingebornen den Namen Hitwah
erhielt. Genaueres über ſeine Lebensweiſe iſt nicht bekannt. Aus den vier Zitzenpaaren des Weibchens
ſchließt man, daß er viele Junge werfen mag. Dies iſt Alles, was wir wiſſen; denn auch über das
Gefangenleben fehlen zur Zeit noch alle Berichte.
Die zweite Hauptabtheilung der Raubſäuger umfaßt die drei Familien, welche ſich vorzugsweiſe
von Kerbthieren nähren. Wollte man die Nahrung allein berückſichtigen, ſo müßte man noch die
Fledermäuſe zu ihnen rechnen: Dem widerſtreitet aber der Leibesbau der Letzteren, wenn auch das
Gebiß mit den übrigen Kerbthierräubern die entſchiedenſte Aehnlichkeit hat. Wir können die jetzt zu
beſprechenden Familien als Bindeglieder zwiſchen den Raubthieren und Fledermäuſen betrachten.
Dieſen ähneln die Kerfräuber auch in der geringern Größe ihres Leibes und in der ganzen Lebens-
weiſe. Bei weitem die meiſten Mitglieder der drei Familien ſind kleine Geſchöpfe; denn die Kerbthiere
ſind nicht ſo nahrunghaltig, daß ein großes Raubthier, bei uns zu Lande wenigſtens, ſich von ihnen
ausſchließlich ernähren könnte; bedürfen doch ſelbſt die kleinen Räuber eines täglichen Bedarfs an
Nahrung, welcher ihr eignes Körpergewicht erreicht oder noch übertrifft. Den kerbthierfreſſenden
Fledermäuſen ſtehen daher unſere Thiere in der Gefräßigkeit nicht im geringſten nach. Hierzu kommt
nun noch, daß die meiſten der kleinen Raubgeſellen Nachtthiere ſind, wodurch ſie wiederum mit den
Fledermäuſen übereinſtimmen. Somit haben die Einen mit den Anderen in ihrem Leben allerdings
Vieles gemein; in jeder andern Hinſicht aber unterſcheiden ſie ſich ganz weſentlich von einander.
Die Kerfjäger ſind meiſt Säugethiere von unſchönem, häßlichem Aeußern und durch merkwürdige
Verkümmerung gewiſſer Theile, ſowie auch wieder durch auffallende Vergrößerung anderer aus-
gezeichnet. Jn der Leibesbildung entfernen ſie ſich am weiteſten von den allgemeinen Grundzügen des
Baues der Raubthiere. Jhre Geſtalten ſind die manchfaltigſten in der ganzen Ordnung. Der Leib
iſt in den meiſten Fällen gedrungen; die Gliedmaßen, höchſtens mit Ausnahme des Schwanzes, ſind
verkürzt; die Naſe iſt nicht ſelten rüſſelartig verlängert; die Ohren ſchwanken zwiſchen ſehr verſchie-
denem Maße; die Sinneswerkzeuge ſind eines Theils ſehr ausgebildet und auf der andern Seite
merkwürdig, ja faſt vollkommen verkümmert, und ſo muß oft ein Sinn den andern übertragen. Mit
dieſer Leibesbildung ſtehen die geiſtigen Fähigkeiten im Einklang. Unſere Thiere ſind ſtumpfe,
mürriſche, mißtrauiſche, ſcheue, die Einſamkeit liebende und heftige Geſellen. Aus dieſen Eigen-
ſchaften, ſowie aus dem Leibesbau geht wieder ihre eigenthümliche Lebensweiſe hervor. Bei weitem
die meiſten leben unterirdiſch, grabend und wühlend oder wenigſtens in ſehr tief verborgenen Schlupf-
winkeln; einige bewohnen auch das Waſſer und andere die Bäume. Durch ihre erſtaunliche Thätigkeit
thun ſie der Vermehrung der ſchädlichen Kerfe und Würmer, der Schnecken und anderer niederer
Thiere, ja ſelbſt auch der Ausbreitung mancher kleinen Nager weſentlichen Abbruch. Sie ſind alſo
faſt ohne Ausnahme höchſt nützliche Arbeiter im Weinberge: aber ſie werden dennoch nur von dem
Naturkundigen erkannt und geachtet; die große Menge verabſcheut ſie. Man ſieht hierin, wie Vogt
ſagt, ſo recht die Wahrheit des alten Sprichwortes, daß die Nacht keines Menſchen Freund iſt. „Was
nur irgend in der Dunkelheit fleugt und kreucht, wird von dem Volksgefühle ſchon ohne weitere Unter-
ſuchung gehaßt und verabſcheut, und es hält außerordentlich ſchwer, der Allgemeinheit die Ueber-
zeugung beizubringen, daß die Späher und Häſcher, welche dem im Dunkeln ſchleichenden Verderber
auf die Spur kommen wollen, auch den Gängen deſſelben nachſpüren müſſen, und nicht am hellen
Tageslicht ihrer Verfolgung obliegen können.‟
„Ein Blick in den geöffneten Rachen eines Kerfjägers überzeugt uns unmittelbar, daß dieſe
Thiere nur Fleiſchfreſſer fein können, noch fleiſchfreſſender, wenn man ſich ſo ausdrücken darf, als
Katzen und Hunde, die das Syſtem vorzugsweiſe Fleiſchfreſſer nennt. Die beiden Kiefern ſtarren
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 645. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/723>, abgerufen am 24.11.2024.
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