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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Die Raubthiere. -- Bären. Wickelbär.
Er ist ein durchaus eigenthümliches Geschöpf, gleichsam eine Mittelgestalt zwischen Bär und
Marder, wie der Coati als Mittelglied zwischen Bär und Schleichkatze oder der Waschbär als
solches zwischen den Bären und Affen betrachtet werden kann. Der sehr gestreckte, aber plumpe Leib
steht auf ganz niederen Beinen, der Kopf ist ungemein kurz und dick, die Schnauze sehr kurz, die
Augen sind mäßig groß, die Ohren klein, die fünf Zehen halb verwachsen und mit starken Krallen
bewehrt, die Sohlen sind nackt. Der Schwanz ist mehr als körperlang und ein ebenso vollkommener
Wickelschwanz, wie der mancher Beutelthiere oder der Brüllaffen. Jhm dankt er seinen Namen
Cereoleptes caudivolvulus. Erwachsen mißt der Wickelbär über 21/2 Fuß, wovon 11/2 Fuß auf den
Schwanz kommen, bei 61/4 Zoll Schulterhöhe. Die sehr dichte, ziemlich lange, etwas gekrauste,
weiche, sammetartig glänzende Behaarung ist auf der Ober- und Außenseite lichtgraulichgelb mit einem
schwachröthlichen Anfluge und schwarzbraunen Wellen, welche namentlich am Kopf und am Rücken
deutlich hervortreten. Jedes Einzelhaar ist an der Wurzel grau, wird dann gelbröthlich und endigt
in eine schwarzbraune Spitze. Vom Hinterhaupt zieht sich ein breiter und sicher begrenzter, dunkler
[Abbildung] Der Wickelbär (Cercoleptes caudivolvulus).
Streifen längs des Rückgrates bis zur Schwanzwurzel. Die Unterseite ist röthlichbraun, gegen den
Bauch hin lichter, die Außenseite der Beine ist schwarzbraun. Auch über die Mitte des Bauches
verläuft ein dunkelrostbrauner Streifen. Der Schwanz ist an der Wurzel braun, in der letzten
Hälfte fast schwarz.

Gegenwärtig wissen wir, daß der Wickelbär weit verbreitet ist. Er findet sich im ganzen nörd-
lichen Brasilien, in Neu-Granada, Peru, Guiana, Mejiko, ja noch im südlichen Luisiana und Florida.
Nach Humboldt ist er besonders am Rio Negro und in Neu-Granada häusig. Er lebt in den
Urwäldern, mehr in der Nähe von großen Flüssen und zwar auf Bäumen. Seine Lebensweise ist
eine vollkommen nächtliche; den Tag verschläft er in hohlen Bäumen, des Nachts aber zeigt er sich
sehr lebendig und klettert außerordentlich gewandt und geschickt in den hohen Baumkronen umher,
seiner Nahrung nachgehend. Dabei leistet ihm sein Wickelschwanz vortreffliche Dienste. Er giebt
kaum einem Affen an Klettergewandtheit Etwas nach. Alle seine Bewegungen sind äußerst geschickt
und sicher. Er kann sich mit den Hinterfüßen oder mit dem Wickelschwanze an Aesten und Zweigen

Die Raubthiere. — Bären. Wickelbär.
Er iſt ein durchaus eigenthümliches Geſchöpf, gleichſam eine Mittelgeſtalt zwiſchen Bär und
Marder, wie der Coati als Mittelglied zwiſchen Bär und Schleichkatze oder der Waſchbär als
ſolches zwiſchen den Bären und Affen betrachtet werden kann. Der ſehr geſtreckte, aber plumpe Leib
ſteht auf ganz niederen Beinen, der Kopf iſt ungemein kurz und dick, die Schnauze ſehr kurz, die
Augen ſind mäßig groß, die Ohren klein, die fünf Zehen halb verwachſen und mit ſtarken Krallen
bewehrt, die Sohlen ſind nackt. Der Schwanz iſt mehr als körperlang und ein ebenſo vollkommener
Wickelſchwanz, wie der mancher Beutelthiere oder der Brüllaffen. Jhm dankt er ſeinen Namen
Cereoleptes caudivolvulus. Erwachſen mißt der Wickelbär über 2½ Fuß, wovon 1½ Fuß auf den
Schwanz kommen, bei 6¼ Zoll Schulterhöhe. Die ſehr dichte, ziemlich lange, etwas gekrauſte,
weiche, ſammetartig glänzende Behaarung iſt auf der Ober- und Außenſeite lichtgraulichgelb mit einem
ſchwachröthlichen Anfluge und ſchwarzbraunen Wellen, welche namentlich am Kopf und am Rücken
deutlich hervortreten. Jedes Einzelhaar iſt an der Wurzel grau, wird dann gelbröthlich und endigt
in eine ſchwarzbraune Spitze. Vom Hinterhaupt zieht ſich ein breiter und ſicher begrenzter, dunkler
[Abbildung] Der Wickelbär (Cercoleptes caudivolvulus).
Streifen längs des Rückgrates bis zur Schwanzwurzel. Die Unterſeite iſt röthlichbraun, gegen den
Bauch hin lichter, die Außenſeite der Beine iſt ſchwarzbraun. Auch über die Mitte des Bauches
verläuft ein dunkelroſtbrauner Streifen. Der Schwanz iſt an der Wurzel braun, in der letzten
Hälfte faſt ſchwarz.

Gegenwärtig wiſſen wir, daß der Wickelbär weit verbreitet iſt. Er findet ſich im ganzen nörd-
lichen Braſilien, in Neu-Granada, Peru, Guiana, Mejiko, ja noch im ſüdlichen Luiſiana und Florida.
Nach Humboldt iſt er beſonders am Rio Negro und in Neu-Granada häuſig. Er lebt in den
Urwäldern, mehr in der Nähe von großen Flüſſen und zwar auf Bäumen. Seine Lebensweiſe iſt
eine vollkommen nächtliche; den Tag verſchläft er in hohlen Bäumen, des Nachts aber zeigt er ſich
ſehr lebendig und klettert außerordentlich gewandt und geſchickt in den hohen Baumkronen umher,
ſeiner Nahrung nachgehend. Dabei leiſtet ihm ſein Wickelſchwanz vortreffliche Dienſte. Er giebt
kaum einem Affen an Klettergewandtheit Etwas nach. Alle ſeine Bewegungen ſind äußerſt geſchickt
und ſicher. Er kann ſich mit den Hinterfüßen oder mit dem Wickelſchwanze an Aeſten und Zweigen

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[640/0718] Die Raubthiere. — Bären. Wickelbär. Er iſt ein durchaus eigenthümliches Geſchöpf, gleichſam eine Mittelgeſtalt zwiſchen Bär und Marder, wie der Coati als Mittelglied zwiſchen Bär und Schleichkatze oder der Waſchbär als ſolches zwiſchen den Bären und Affen betrachtet werden kann. Der ſehr geſtreckte, aber plumpe Leib ſteht auf ganz niederen Beinen, der Kopf iſt ungemein kurz und dick, die Schnauze ſehr kurz, die Augen ſind mäßig groß, die Ohren klein, die fünf Zehen halb verwachſen und mit ſtarken Krallen bewehrt, die Sohlen ſind nackt. Der Schwanz iſt mehr als körperlang und ein ebenſo vollkommener Wickelſchwanz, wie der mancher Beutelthiere oder der Brüllaffen. Jhm dankt er ſeinen Namen Cereoleptes caudivolvulus. Erwachſen mißt der Wickelbär über 2½ Fuß, wovon 1½ Fuß auf den Schwanz kommen, bei 6¼ Zoll Schulterhöhe. Die ſehr dichte, ziemlich lange, etwas gekrauſte, weiche, ſammetartig glänzende Behaarung iſt auf der Ober- und Außenſeite lichtgraulichgelb mit einem ſchwachröthlichen Anfluge und ſchwarzbraunen Wellen, welche namentlich am Kopf und am Rücken deutlich hervortreten. Jedes Einzelhaar iſt an der Wurzel grau, wird dann gelbröthlich und endigt in eine ſchwarzbraune Spitze. Vom Hinterhaupt zieht ſich ein breiter und ſicher begrenzter, dunkler [Abbildung Der Wickelbär (Cercoleptes caudivolvulus).] Streifen längs des Rückgrates bis zur Schwanzwurzel. Die Unterſeite iſt röthlichbraun, gegen den Bauch hin lichter, die Außenſeite der Beine iſt ſchwarzbraun. Auch über die Mitte des Bauches verläuft ein dunkelroſtbrauner Streifen. Der Schwanz iſt an der Wurzel braun, in der letzten Hälfte faſt ſchwarz. Gegenwärtig wiſſen wir, daß der Wickelbär weit verbreitet iſt. Er findet ſich im ganzen nörd- lichen Braſilien, in Neu-Granada, Peru, Guiana, Mejiko, ja noch im ſüdlichen Luiſiana und Florida. Nach Humboldt iſt er beſonders am Rio Negro und in Neu-Granada häuſig. Er lebt in den Urwäldern, mehr in der Nähe von großen Flüſſen und zwar auf Bäumen. Seine Lebensweiſe iſt eine vollkommen nächtliche; den Tag verſchläft er in hohlen Bäumen, des Nachts aber zeigt er ſich ſehr lebendig und klettert außerordentlich gewandt und geſchickt in den hohen Baumkronen umher, ſeiner Nahrung nachgehend. Dabei leiſtet ihm ſein Wickelſchwanz vortreffliche Dienſte. Er giebt kaum einem Affen an Klettergewandtheit Etwas nach. Alle ſeine Bewegungen ſind äußerſt geſchickt und ſicher. Er kann ſich mit den Hinterfüßen oder mit dem Wickelſchwanze an Aeſten und Zweigen

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 640. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/718>, abgerufen am 24.11.2024.