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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Die Affen. Waldmenschen. -- Gorilla.
ihn von dem tödlichen Streiche errettet, und er davon kommt, wenn auch vielleicht gelähmt für immer.
Glücklicher Weise stirbt der Gorilla ebenso leicht, als der Mensch: ein Schuß in die Brust bringt
ihn sicher zu Falle. Er stürzt vorwärts auf sein Gesicht, die langen, gewaltigen Arme ausstreckend
und mit dem letzten Athem ein Todesröcheln ausstoßend, halb Brüllen, halb Stöhnen, welches, ob-
gleich es dem Jäger seine Rettung kündet, dennoch sein Ohr peinigt, wegen der Aehnlichkeit mit dem
letzten Seufzer eines sterbenden Menschen."

"Der gewöhnliche Gang des Gorilla geschieht nicht auf den Hinterbeinen, sondern auf allen
Vieren. Bei dieser Stellung wird das Haupt und die Brust bedeutend erhöht, weil seine Arme ver-
hältnißmäßig sehr lang sind. Wenn er schnell läuft, setzt er die Hinterbeine fast bis über den Leib
vor und immer bewegt er beide Glieder einer Seite zu gleicher Zeit, wodurch er eben einen so sonder-
baren wackelnden Gang erhält. Nicht zu bezweifeln steht, daß der Gorilla auch in erhabener Stellung
ziemlich schnell und viel länger als der Schimpause oder andere Affen dahinwandeln kann. Wenn
er aufrecht steht, biegt er seine Knie nach auswärts. Sonderbar ist die Fährte, welche er bildet, wenn
er auf allen Vieren läuft. Die Hinterfüße hinterlassen keine Spur von ihren Zehen, nur der Fuß-
ballen und der Daumen, welcher unserer großen Zehe entspricht, scheint aufzutreten; die Finger der
Hand sind undeutlich dem Boden aufgedrückt. Junge Gorillas klettern, verfolgt, nicht auf Bäume,
sondern laufen auf dem Boden dahin. Niemals habe ich gefunden, daß eine Gorillamutter an Ver-
theidigung denkt; die Neger aber haben mir erzählt, daß Dies zuweilen wohl der Fall ist."

"Es ist ein hübscher Anblick, solch eine Mutter mit ihrem sie umspielenden Jungen! Jch habe
Beide öfters in den Wäldern beobachtet, und so begierig ich auch war, Gorillas zu erhalten, konnte
ich es doch nicht über das Herz bringen, ein solches Verhältniß zu stören. Meine Neger waren
weniger weichherzig und tödteten ihren Erzfeind ohne Zeitverlust. Wenn die Mutter vor dem Jäger
flüchtet, springt das Junge ihr sofort auf den Nacken und hängt sich dann zwischen ihren Brüsten an,
mit den kleinen Gliedern ihren Leib umschlingend."

"Schon ein junger Gorilla ist außerordentlich stark. Einen, welcher nur 21/2 Jahre alt war,
konnten vier starke Männer nicht fest halten; er biß einen davon nicht unbedeutend. Der Alte
kann mit seinen Zähnen einen Gewehrlauf platt beißen und mit seinen Armen Bäume umbrechen
von 4 bis 6 Zoll im Durchmesser (?). Die Neger greifen den Gorilla nur mit den Flinten an, nie-
mals mit andern Waffen, und da, wo sie kein Feuergewehr besitzen, durchzieht das Unthier unbelästigt,
als alleiniger Herrscher den Wald. Einen Gorilla getödtet zu haben, verschafft dem Jäger für sein
Lebenlang die größte Achtung selbst der muthigsten Neger, welche, wie ich hinzufügen muß, im All-
gemeinen durchaus nicht nach dieser Art des Ruhmes lüstern sind."

"Der Gorilla gebraucht keine künstlichen Waffen zur Vertheidigung: er greift mit seinen Armen
und im weiteren Kampfe mit seinen Zähnen an. Jch habe oft Gorillaschädel untersucht, in welchen
die gewaltigen Reißzähne ausgebrochen waren, und von den Negern erfahren, daß solcher Verlust
in den Kämpfen entstand, welche zwei Gorillamännchen in Sachen der Liebe ausgefochten haben.
Solch ein Streit muß ein in jeder Hinsicht gewaltiges, großartiges Schauspiel gewähren. Ein
Ringen zwischen zwei tüchtigen männlichen Gorillas würde alle Kampfspiele der Welt überbieten."

"Die Eingebornen des Jnnern essen das Fleisch des Gorilla und anderer Affen sehr gern, obgleich
es schwarz und hart ist; die Stämme nahe der See verschmähen es und fühlen sich beleidigt, wenn man
es ihnen anbietet, weil sie sich einer gewissen Aehnlichkeit zwischen ihnen und den Affen bewußt sind.
Auch im Junern weisen Negerfamilien eine Gorillamahlzeit zurück, weil sie den Aberglauben hegen,
daß vor Zeiten einer ihrer weiblichen Ahnen einen Gorilla geboren habe. -- Das Fell des Thieres
ist so dick und fest, wie eine Ochsenhaut, aber verhältnißmäßig viel zarter, als das anderer Affen."

Ueber die Gefangenschaft junger Gorillas hat Du Chaillu ebenfalls Beobachtungen mitgetheilt.
Er glaubt, daß erwachsene Affen dieser Art vollständig unzähmbar seien; denn auch die Jungen,
welche er am Leben hatte, zeigten sich wild und ungestüm, bis zu ihrem Tode. Jch will ihn noch
einmal selbst erzählen lassen.

Die Affen. Waldmenſchen. — Gorilla.
ihn von dem tödlichen Streiche errettet, und er davon kommt, wenn auch vielleicht gelähmt für immer.
Glücklicher Weiſe ſtirbt der Gorilla ebenſo leicht, als der Menſch: ein Schuß in die Bruſt bringt
ihn ſicher zu Falle. Er ſtürzt vorwärts auf ſein Geſicht, die langen, gewaltigen Arme ausſtreckend
und mit dem letzten Athem ein Todesröcheln ausſtoßend, halb Brüllen, halb Stöhnen, welches, ob-
gleich es dem Jäger ſeine Rettung kündet, dennoch ſein Ohr peinigt, wegen der Aehnlichkeit mit dem
letzten Seufzer eines ſterbenden Menſchen.‟

„Der gewöhnliche Gang des Gorilla geſchieht nicht auf den Hinterbeinen, ſondern auf allen
Vieren. Bei dieſer Stellung wird das Haupt und die Bruſt bedeutend erhöht, weil ſeine Arme ver-
hältnißmäßig ſehr lang ſind. Wenn er ſchnell läuft, ſetzt er die Hinterbeine faſt bis über den Leib
vor und immer bewegt er beide Glieder einer Seite zu gleicher Zeit, wodurch er eben einen ſo ſonder-
baren wackelnden Gang erhält. Nicht zu bezweifeln ſteht, daß der Gorilla auch in erhabener Stellung
ziemlich ſchnell und viel länger als der Schimpauſe oder andere Affen dahinwandeln kann. Wenn
er aufrecht ſteht, biegt er ſeine Knie nach auswärts. Sonderbar iſt die Fährte, welche er bildet, wenn
er auf allen Vieren läuft. Die Hinterfüße hinterlaſſen keine Spur von ihren Zehen, nur der Fuß-
ballen und der Daumen, welcher unſerer großen Zehe entſpricht, ſcheint aufzutreten; die Finger der
Hand ſind undeutlich dem Boden aufgedrückt. Junge Gorillas klettern, verfolgt, nicht auf Bäume,
ſondern laufen auf dem Boden dahin. Niemals habe ich gefunden, daß eine Gorillamutter an Ver-
theidigung denkt; die Neger aber haben mir erzählt, daß Dies zuweilen wohl der Fall iſt.‟

„Es iſt ein hübſcher Anblick, ſolch eine Mutter mit ihrem ſie umſpielenden Jungen! Jch habe
Beide öfters in den Wäldern beobachtet, und ſo begierig ich auch war, Gorillas zu erhalten, konnte
ich es doch nicht über das Herz bringen, ein ſolches Verhältniß zu ſtören. Meine Neger waren
weniger weichherzig und tödteten ihren Erzfeind ohne Zeitverluſt. Wenn die Mutter vor dem Jäger
flüchtet, ſpringt das Junge ihr ſofort auf den Nacken und hängt ſich dann zwiſchen ihren Brüſten an,
mit den kleinen Gliedern ihren Leib umſchlingend.‟

„Schon ein junger Gorilla iſt außerordentlich ſtark. Einen, welcher nur 2½ Jahre alt war,
konnten vier ſtarke Männer nicht feſt halten; er biß einen davon nicht unbedeutend. Der Alte
kann mit ſeinen Zähnen einen Gewehrlauf platt beißen und mit ſeinen Armen Bäume umbrechen
von 4 bis 6 Zoll im Durchmeſſer (?). Die Neger greifen den Gorilla nur mit den Flinten an, nie-
mals mit andern Waffen, und da, wo ſie kein Feuergewehr beſitzen, durchzieht das Unthier unbeläſtigt,
als alleiniger Herrſcher den Wald. Einen Gorilla getödtet zu haben, verſchafft dem Jäger für ſein
Lebenlang die größte Achtung ſelbſt der muthigſten Neger, welche, wie ich hinzufügen muß, im All-
gemeinen durchaus nicht nach dieſer Art des Ruhmes lüſtern ſind.‟

„Der Gorilla gebraucht keine künſtlichen Waffen zur Vertheidigung: er greift mit ſeinen Armen
und im weiteren Kampfe mit ſeinen Zähnen an. Jch habe oft Gorillaſchädel unterſucht, in welchen
die gewaltigen Reißzähne ausgebrochen waren, und von den Negern erfahren, daß ſolcher Verluſt
in den Kämpfen entſtand, welche zwei Gorillamännchen in Sachen der Liebe ausgefochten haben.
Solch ein Streit muß ein in jeder Hinſicht gewaltiges, großartiges Schauſpiel gewähren. Ein
Ringen zwiſchen zwei tüchtigen männlichen Gorillas würde alle Kampfſpiele der Welt überbieten.‟

„Die Eingebornen des Jnnern eſſen das Fleiſch des Gorilla und anderer Affen ſehr gern, obgleich
es ſchwarz und hart iſt; die Stämme nahe der See verſchmähen es und fühlen ſich beleidigt, wenn man
es ihnen anbietet, weil ſie ſich einer gewiſſen Aehnlichkeit zwiſchen ihnen und den Affen bewußt ſind.
Auch im Junern weiſen Negerfamilien eine Gorillamahlzeit zurück, weil ſie den Aberglauben hegen,
daß vor Zeiten einer ihrer weiblichen Ahnen einen Gorilla geboren habe. — Das Fell des Thieres
iſt ſo dick und feſt, wie eine Ochſenhaut, aber verhältnißmäßig viel zarter, als das anderer Affen.‟

Ueber die Gefangenſchaft junger Gorillas hat Du Chaillu ebenfalls Beobachtungen mitgetheilt.
Er glaubt, daß erwachſene Affen dieſer Art vollſtändig unzähmbar ſeien; denn auch die Jungen,
welche er am Leben hatte, zeigten ſich wild und ungeſtüm, bis zu ihrem Tode. Jch will ihn noch
einmal ſelbſt erzählen laſſen.

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[20/0070] Die Affen. Waldmenſchen. — Gorilla. ihn von dem tödlichen Streiche errettet, und er davon kommt, wenn auch vielleicht gelähmt für immer. Glücklicher Weiſe ſtirbt der Gorilla ebenſo leicht, als der Menſch: ein Schuß in die Bruſt bringt ihn ſicher zu Falle. Er ſtürzt vorwärts auf ſein Geſicht, die langen, gewaltigen Arme ausſtreckend und mit dem letzten Athem ein Todesröcheln ausſtoßend, halb Brüllen, halb Stöhnen, welches, ob- gleich es dem Jäger ſeine Rettung kündet, dennoch ſein Ohr peinigt, wegen der Aehnlichkeit mit dem letzten Seufzer eines ſterbenden Menſchen.‟ „Der gewöhnliche Gang des Gorilla geſchieht nicht auf den Hinterbeinen, ſondern auf allen Vieren. Bei dieſer Stellung wird das Haupt und die Bruſt bedeutend erhöht, weil ſeine Arme ver- hältnißmäßig ſehr lang ſind. Wenn er ſchnell läuft, ſetzt er die Hinterbeine faſt bis über den Leib vor und immer bewegt er beide Glieder einer Seite zu gleicher Zeit, wodurch er eben einen ſo ſonder- baren wackelnden Gang erhält. Nicht zu bezweifeln ſteht, daß der Gorilla auch in erhabener Stellung ziemlich ſchnell und viel länger als der Schimpauſe oder andere Affen dahinwandeln kann. Wenn er aufrecht ſteht, biegt er ſeine Knie nach auswärts. Sonderbar iſt die Fährte, welche er bildet, wenn er auf allen Vieren läuft. Die Hinterfüße hinterlaſſen keine Spur von ihren Zehen, nur der Fuß- ballen und der Daumen, welcher unſerer großen Zehe entſpricht, ſcheint aufzutreten; die Finger der Hand ſind undeutlich dem Boden aufgedrückt. Junge Gorillas klettern, verfolgt, nicht auf Bäume, ſondern laufen auf dem Boden dahin. Niemals habe ich gefunden, daß eine Gorillamutter an Ver- theidigung denkt; die Neger aber haben mir erzählt, daß Dies zuweilen wohl der Fall iſt.‟ „Es iſt ein hübſcher Anblick, ſolch eine Mutter mit ihrem ſie umſpielenden Jungen! Jch habe Beide öfters in den Wäldern beobachtet, und ſo begierig ich auch war, Gorillas zu erhalten, konnte ich es doch nicht über das Herz bringen, ein ſolches Verhältniß zu ſtören. Meine Neger waren weniger weichherzig und tödteten ihren Erzfeind ohne Zeitverluſt. Wenn die Mutter vor dem Jäger flüchtet, ſpringt das Junge ihr ſofort auf den Nacken und hängt ſich dann zwiſchen ihren Brüſten an, mit den kleinen Gliedern ihren Leib umſchlingend.‟ „Schon ein junger Gorilla iſt außerordentlich ſtark. Einen, welcher nur 2½ Jahre alt war, konnten vier ſtarke Männer nicht feſt halten; er biß einen davon nicht unbedeutend. Der Alte kann mit ſeinen Zähnen einen Gewehrlauf platt beißen und mit ſeinen Armen Bäume umbrechen von 4 bis 6 Zoll im Durchmeſſer (?). Die Neger greifen den Gorilla nur mit den Flinten an, nie- mals mit andern Waffen, und da, wo ſie kein Feuergewehr beſitzen, durchzieht das Unthier unbeläſtigt, als alleiniger Herrſcher den Wald. Einen Gorilla getödtet zu haben, verſchafft dem Jäger für ſein Lebenlang die größte Achtung ſelbſt der muthigſten Neger, welche, wie ich hinzufügen muß, im All- gemeinen durchaus nicht nach dieſer Art des Ruhmes lüſtern ſind.‟ „Der Gorilla gebraucht keine künſtlichen Waffen zur Vertheidigung: er greift mit ſeinen Armen und im weiteren Kampfe mit ſeinen Zähnen an. Jch habe oft Gorillaſchädel unterſucht, in welchen die gewaltigen Reißzähne ausgebrochen waren, und von den Negern erfahren, daß ſolcher Verluſt in den Kämpfen entſtand, welche zwei Gorillamännchen in Sachen der Liebe ausgefochten haben. Solch ein Streit muß ein in jeder Hinſicht gewaltiges, großartiges Schauſpiel gewähren. Ein Ringen zwiſchen zwei tüchtigen männlichen Gorillas würde alle Kampfſpiele der Welt überbieten.‟ „Die Eingebornen des Jnnern eſſen das Fleiſch des Gorilla und anderer Affen ſehr gern, obgleich es ſchwarz und hart iſt; die Stämme nahe der See verſchmähen es und fühlen ſich beleidigt, wenn man es ihnen anbietet, weil ſie ſich einer gewiſſen Aehnlichkeit zwiſchen ihnen und den Affen bewußt ſind. Auch im Junern weiſen Negerfamilien eine Gorillamahlzeit zurück, weil ſie den Aberglauben hegen, daß vor Zeiten einer ihrer weiblichen Ahnen einen Gorilla geboren habe. — Das Fell des Thieres iſt ſo dick und feſt, wie eine Ochſenhaut, aber verhältnißmäßig viel zarter, als das anderer Affen.‟ Ueber die Gefangenſchaft junger Gorillas hat Du Chaillu ebenfalls Beobachtungen mitgetheilt. Er glaubt, daß erwachſene Affen dieſer Art vollſtändig unzähmbar ſeien; denn auch die Jungen, welche er am Leben hatte, zeigten ſich wild und ungeſtüm, bis zu ihrem Tode. Jch will ihn noch einmal ſelbſt erzählen laſſen.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/70>, abgerufen am 22.11.2024.