Der Grislibär in Gefangenschaft. Staaroperation an ihm. -- Allgemeines über den Baribal.
je mehr es zur Besinnung kam. Mit der Zeit aber schien es zu merken, was mit ihm während seines Todtenschlafes geschehen war, und als man es nach wenigen Tagen wieder untersuchte, war es sich seiner wiedererlangten Sehfähigkeit vollkommen bewußt geworden und schien sich jetzt sichtlich an dem herrlichen Lichte des Tages zu erfreuen oder wenigstens den ungeheuren Gegensatz zwischen der frühern ewigen Nacht und dem jetzigen hellen Tage zu erkennen. Dieser eine Erfolg hat die Thier- arzueikunde um ein Wesentliches gefördert, und in den größeren Thiergärten sieht man gegenwärtig eine derartige Operation schon gar nicht mehr als etwas besonders Großes an und ist somit in den Stand gesetzt, den armen gefangenen Blinden ihr Dasein wesentlich zu erleichtern.
Der bekannteste Bär Amerikas ist der Baribal oder Muskwa (Ursus americanus), ein weit verbreitetes und verhältnißmäßig gutmüthiges, wenigstens ungleich harmloseres Thier als Grisel- und
[Abbildung]
Der Baribal oder Muskwa (Ursus americanus).
europäischer Bär. Wegen seiner dunkeln Färbung ist er unter dem Namen schwarzer Bär noch bekannter, als unter den angeführten, welche von den Jndianern herstammen sollen.
Der Baribal erreicht ungefähr die Größe unsers europäischen Bären d. h. eine Länge von 61/2 Fuß bei einer Schulterhöhe von etwas über 3 Fuß. Er unterscheidet sich von ihm hauptsächlich durch den schmälern Kopf, die spitzere, von der Stirn nicht abgesetzte Schnauze, die sehr kurzen Sohlen und durch die Beschaffenheit und Färbung des Pelzes. Dieser besteht aus langen, straffen und glatten Haaren, welche nur an der Stirn und um die Schnauze sich verkürzen. Jhre Färbung ist ein glänzendes Schwarz, welches jedoch zu beiden Seiten der Schnauze in das Fahlgelb übergeht. Ein ebenso gefärbter Flecken findet sich oft auch vor den Augen. Seltener sieht man Baribals mit weißen Lippenrändern und weißen Streifen auf Brust und Scheitel. Die Jungen, welche lichtgrau aussehen, legen mit Beginn ihres zweiten Lebensjahres das dunkle Kleid ihrer Eltern an, erhalten jedoch nicht zugleich die langhaarige Decke derselben: ihr Pelz ist immer kurzhaarig.
Der Grislibär in Gefangenſchaft. Staaroperation an ihm. — Allgemeines über den Baribal.
je mehr es zur Beſinnung kam. Mit der Zeit aber ſchien es zu merken, was mit ihm während ſeines Todtenſchlafes geſchehen war, und als man es nach wenigen Tagen wieder unterſuchte, war es ſich ſeiner wiedererlangten Sehfähigkeit vollkommen bewußt geworden und ſchien ſich jetzt ſichtlich an dem herrlichen Lichte des Tages zu erfreuen oder wenigſtens den ungeheuren Gegenſatz zwiſchen der frühern ewigen Nacht und dem jetzigen hellen Tage zu erkennen. Dieſer eine Erfolg hat die Thier- arzueikunde um ein Weſentliches gefördert, und in den größeren Thiergärten ſieht man gegenwärtig eine derartige Operation ſchon gar nicht mehr als etwas beſonders Großes an und iſt ſomit in den Stand geſetzt, den armen gefangenen Blinden ihr Daſein weſentlich zu erleichtern.
Der bekannteſte Bär Amerikas iſt der Baribal oder Muskwa (Ursus americanus), ein weit verbreitetes und verhältnißmäßig gutmüthiges, wenigſtens ungleich harmloſeres Thier als Griſel- und
[Abbildung]
Der Baribal oder Muskwa (Ursus americanus).
europäiſcher Bär. Wegen ſeiner dunkeln Färbung iſt er unter dem Namen ſchwarzer Bär noch bekannter, als unter den angeführten, welche von den Jndianern herſtammen ſollen.
Der Baribal erreicht ungefähr die Größe unſers europäiſchen Bären d. h. eine Länge von 6½ Fuß bei einer Schulterhöhe von etwas über 3 Fuß. Er unterſcheidet ſich von ihm hauptſächlich durch den ſchmälern Kopf, die ſpitzere, von der Stirn nicht abgeſetzte Schnauze, die ſehr kurzen Sohlen und durch die Beſchaffenheit und Färbung des Pelzes. Dieſer beſteht aus langen, ſtraffen und glatten Haaren, welche nur an der Stirn und um die Schnauze ſich verkürzen. Jhre Färbung iſt ein glänzendes Schwarz, welches jedoch zu beiden Seiten der Schnauze in das Fahlgelb übergeht. Ein ebenſo gefärbter Flecken findet ſich oft auch vor den Augen. Seltener ſieht man Baribals mit weißen Lippenrändern und weißen Streifen auf Bruſt und Scheitel. Die Jungen, welche lichtgrau ausſehen, legen mit Beginn ihres zweiten Lebensjahres das dunkle Kleid ihrer Eltern an, erhalten jedoch nicht zugleich die langhaarige Decke derſelben: ihr Pelz iſt immer kurzhaarig.
<TEI><text><body><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0679"n="603"/><fwplace="top"type="header">Der <hirendition="#g">Grislibär</hi> in Gefangenſchaft. Staaroperation an ihm. — Allgemeines über den <hirendition="#g">Baribal.</hi></fw><lb/>
je mehr es zur Beſinnung kam. Mit der Zeit aber ſchien es zu merken, was mit ihm während ſeines<lb/>
Todtenſchlafes geſchehen war, und als man es nach wenigen Tagen wieder unterſuchte, war es ſich<lb/>ſeiner wiedererlangten Sehfähigkeit vollkommen bewußt geworden und ſchien ſich jetzt ſichtlich an dem<lb/>
herrlichen Lichte des Tages zu erfreuen oder wenigſtens den ungeheuren Gegenſatz zwiſchen der<lb/>
frühern ewigen Nacht und dem jetzigen hellen Tage zu erkennen. Dieſer eine Erfolg hat die Thier-<lb/>
arzueikunde um ein Weſentliches gefördert, und in den größeren Thiergärten ſieht man gegenwärtig<lb/>
eine derartige Operation ſchon gar nicht mehr als etwas beſonders Großes an und iſt ſomit in den<lb/>
Stand geſetzt, den armen gefangenen Blinden ihr Daſein weſentlich zu erleichtern.</p><lb/><p>Der bekannteſte Bär Amerikas iſt der <hirendition="#g">Baribal</hi> oder <hirendition="#g">Muskwa</hi> (<hirendition="#aq">Ursus americanus</hi>), ein weit<lb/>
verbreitetes und verhältnißmäßig gutmüthiges, wenigſtens ungleich harmloſeres Thier als Griſel- und<lb/><figure><head><hirendition="#c"><hirendition="#g">Der Baribal</hi> oder <hirendition="#g">Muskwa</hi> (<hirendition="#aq">Ursus americanus</hi>).</hi></head></figure><lb/>
europäiſcher Bär. Wegen ſeiner dunkeln Färbung iſt er unter dem Namen <hirendition="#g">ſchwarzer Bär</hi> noch<lb/>
bekannter, als unter den angeführten, welche von den Jndianern herſtammen ſollen.</p><lb/><p>Der Baribal erreicht ungefähr die Größe unſers europäiſchen Bären d. h. eine Länge von<lb/>
6½ Fuß bei einer Schulterhöhe von etwas über 3 Fuß. Er unterſcheidet ſich von ihm hauptſächlich<lb/>
durch den ſchmälern Kopf, die ſpitzere, von der Stirn nicht abgeſetzte Schnauze, die ſehr kurzen Sohlen<lb/>
und durch die Beſchaffenheit und Färbung des Pelzes. Dieſer beſteht aus langen, ſtraffen und glatten<lb/>
Haaren, welche nur an der Stirn und um die Schnauze ſich verkürzen. Jhre Färbung iſt ein<lb/>
glänzendes Schwarz, welches jedoch zu beiden Seiten der Schnauze in das Fahlgelb übergeht. Ein<lb/>
ebenſo gefärbter Flecken findet ſich oft auch vor den Augen. Seltener ſieht man Baribals mit weißen<lb/>
Lippenrändern und weißen Streifen auf Bruſt und Scheitel. Die Jungen, welche lichtgrau ausſehen,<lb/>
legen mit Beginn ihres zweiten Lebensjahres das dunkle Kleid ihrer Eltern an, erhalten jedoch nicht<lb/>
zugleich die langhaarige Decke derſelben: ihr Pelz iſt immer kurzhaarig.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[603/0679]
Der Grislibär in Gefangenſchaft. Staaroperation an ihm. — Allgemeines über den Baribal.
je mehr es zur Beſinnung kam. Mit der Zeit aber ſchien es zu merken, was mit ihm während ſeines
Todtenſchlafes geſchehen war, und als man es nach wenigen Tagen wieder unterſuchte, war es ſich
ſeiner wiedererlangten Sehfähigkeit vollkommen bewußt geworden und ſchien ſich jetzt ſichtlich an dem
herrlichen Lichte des Tages zu erfreuen oder wenigſtens den ungeheuren Gegenſatz zwiſchen der
frühern ewigen Nacht und dem jetzigen hellen Tage zu erkennen. Dieſer eine Erfolg hat die Thier-
arzueikunde um ein Weſentliches gefördert, und in den größeren Thiergärten ſieht man gegenwärtig
eine derartige Operation ſchon gar nicht mehr als etwas beſonders Großes an und iſt ſomit in den
Stand geſetzt, den armen gefangenen Blinden ihr Daſein weſentlich zu erleichtern.
Der bekannteſte Bär Amerikas iſt der Baribal oder Muskwa (Ursus americanus), ein weit
verbreitetes und verhältnißmäßig gutmüthiges, wenigſtens ungleich harmloſeres Thier als Griſel- und
[Abbildung Der Baribal oder Muskwa (Ursus americanus).]
europäiſcher Bär. Wegen ſeiner dunkeln Färbung iſt er unter dem Namen ſchwarzer Bär noch
bekannter, als unter den angeführten, welche von den Jndianern herſtammen ſollen.
Der Baribal erreicht ungefähr die Größe unſers europäiſchen Bären d. h. eine Länge von
6½ Fuß bei einer Schulterhöhe von etwas über 3 Fuß. Er unterſcheidet ſich von ihm hauptſächlich
durch den ſchmälern Kopf, die ſpitzere, von der Stirn nicht abgeſetzte Schnauze, die ſehr kurzen Sohlen
und durch die Beſchaffenheit und Färbung des Pelzes. Dieſer beſteht aus langen, ſtraffen und glatten
Haaren, welche nur an der Stirn und um die Schnauze ſich verkürzen. Jhre Färbung iſt ein
glänzendes Schwarz, welches jedoch zu beiden Seiten der Schnauze in das Fahlgelb übergeht. Ein
ebenſo gefärbter Flecken findet ſich oft auch vor den Augen. Seltener ſieht man Baribals mit weißen
Lippenrändern und weißen Streifen auf Bruſt und Scheitel. Die Jungen, welche lichtgrau ausſehen,
legen mit Beginn ihres zweiten Lebensjahres das dunkle Kleid ihrer Eltern an, erhalten jedoch nicht
zugleich die langhaarige Decke derſelben: ihr Pelz iſt immer kurzhaarig.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 603. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/679>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.