nur einmal unter ihm." Als der Fischottter genug mit mir gespielt hatte, sah er den fremden Hund, trat an ihn heran und sah ihm starr unter die Augen; auch der Hund betrachtete den Fischotter; dieser aber ging im Kreise herum, beroch ihn bei den Hinterfüßen, trat zurück und entfernte sich. Jch dachte bei mir: er wird dem Hunde Nichts thun. Kaum aber fingen wir an, Etwas zu sprechen, als der Fischotter sich an den Hund schlich und ihn mit der Pfote über die Schnauze schlug, sodaß er zur Thür und von dort hinter den Ofen sprang. Auch dahin folgte er ihm nach. Als der Hund keinen andern Ausweg sah, sprang er auf den Tisch und zerbrach zwei geschliffene, mit Wein gefüllte Gläser; darauf wurde er hinausgelassen und kam nicht mehr ins Zimmer, obgleich sein Herr erst am folgenden Mittag abreiste. Wenn ein Hund auf der Straße den Fischotter beroch, so schrie er so laut, daß jener fortlief."
"Dieses Thierchen war auch auf der Reise sehr nützlich. Wenn ich während der Fastenzeit an einen Fluß oder Teich kam und den Fischotter bei mir hatte, so stieg ich ab und rief: "Wurm, spring hinein!" Das Thierchen sprang ins Wasser und brachte Fische heraus, soviel ich für mich und meine Dienerschaft brauchte. Auch Frösche, und was es sonst fand, schleppte es herbei. Die einzige Unannehm- lichkeit, welche ich von ihm auf Reisen hatte, war, daß allerwegens die Leute in Haufen zusammen- strömten, als wenn das Thierchen aus Jndien gewesen wäre. Jch besuchte einmal meinen Oheim Felix Chociewski, bei welchem sich auch der Priester Srebienski befand, der bei Tische ueben mir saß, während hinter mir der Fischotter auf den Rücken gestreckt lag, weil er am liebsten auf diese Art ruhte. Als der Priester ihn bemerkte, glaubte er einen Muff zu sehen und faßte ihn an. Der Otter wachte auf, schrie und biß den Priester in die Hand, so daß er vor Schreck ohnmächtig wurde."
"Straßewski begab sich nun zum König und erzählte ihm Alles, was er gesehen und gehört hatte. Der König ließ mich schriftlich befragen, wieviel ich für den Fischotter verlangte; auch der Kronstallmeister Piekarski schrieb an mich: "Um Gotteswillen, schlage dem König die Bitte nicht ab, gieb ihm den Fischotter, weil Du sonst keine Ruhe haben wirst!" Strafzewski überbrachte mir die Briefe und erzählte, daß der König immer sagte: bis dat, qui cito dat (doppelt giebt, wer bald giebt). Der König ließ auch zwei sehr schöne türkische Pferde von Jaworow holen, sie mit prächtigem Reitzeuge versehen und mir als Gegengeschenk überschicken. Jch sandte nun den Otter in den neuen Dienst. Er bequemte sich ungern dazu, denn er schrie und lärmte in dem Käfig, als er durch das Dorf gefahren wurde. Das Thierchen grämte sich und wurde mager. Als es dem König überbracht wurde, freute er sich unmäßig und rief: "Das Thierchen sieht so abgehärmt aus, doch soll es schon besser mit ihm werden." Jeder, der es berührte, wurde von ihm in die Hand gebissen. Der König aber streichelte es, und es neigte sich zu ihm hin; darüber erfreute er sich sehr, streichelte es noch länger, befahl ihm Speisen zu bringen, reichte sie ihm stückweis, und es verzehrte auch Einiges. Er ging in den Zimmern frei und ungehindert zwei Tage umher; auch wurden Gefäße mit Wasser hingestellt und kleine Fische und Krebse hineingesetzt. Daran ergötzte sich der Otter und brachte die Fische heraus. Der König sagte zu seiner Gemahlin: "Holde Maria, ich werde keine anderen Fische essen, als die, welche der Otter fängt. Wir wollen morgen nach Wilanow fahren, um zu sehen, wie er sich auf's Fischen versteht." Der Fischotter aber schlich sich in nächster Nacht aus dem Schlosse, irrte umher und ward von einem Dragoner erschlagen, welcher nicht wußte, daß er zahm war. Das Fell verkaufte er sogleich an einen Juden. Als man im Schlosse aufstand und ihn vermißte, wurde geschrieen, ge- jammert, nach allen Seiten ausgeschickt. Da findet man den Juden und Dragoner, ergreift sie und führt sie vor den König. Als dieser das Fell erblickte, bedeckte er mit einer Hand seine Augen, fuhr mit der andern in seine Haare und rief: "Schlag zu, wer ein ehrlicher Mann ist, hau zu, wer an Gott glaubt!" Der Dragoner sollte erschossen werden. Da erschienen Priester, Beichtväter und Bischöfe vor dem König, baten und stellten ihm vor, daß der Dragoner nur in Unwissenheit gesündigt hätte. Sie wirkten endlich soviel aus, daß er nicht erschossen, sondern nur durchgepeitscht wurde."
Auch alt eingefangene Fischottern werden nicht selten bald zahm. Auf der Leipziger Messe wurden zweimal nach einander ein Paar ausgestellt, welches man in der Saale gefangen hatte. Beide Thiere
Die Raubthiere. Seeotter. — Kalan.
nur einmal unter ihm.‟ Als der Fiſchottter genug mit mir geſpielt hatte, ſah er den fremden Hund, trat an ihn heran und ſah ihm ſtarr unter die Augen; auch der Hund betrachtete den Fiſchotter; dieſer aber ging im Kreiſe herum, beroch ihn bei den Hinterfüßen, trat zurück und entfernte ſich. Jch dachte bei mir: er wird dem Hunde Nichts thun. Kaum aber fingen wir an, Etwas zu ſprechen, als der Fiſchotter ſich an den Hund ſchlich und ihn mit der Pfote über die Schnauze ſchlug, ſodaß er zur Thür und von dort hinter den Ofen ſprang. Auch dahin folgte er ihm nach. Als der Hund keinen andern Ausweg ſah, ſprang er auf den Tiſch und zerbrach zwei geſchliffene, mit Wein gefüllte Gläſer; darauf wurde er hinausgelaſſen und kam nicht mehr ins Zimmer, obgleich ſein Herr erſt am folgenden Mittag abreiſte. Wenn ein Hund auf der Straße den Fiſchotter beroch, ſo ſchrie er ſo laut, daß jener fortlief.‟
„Dieſes Thierchen war auch auf der Reiſe ſehr nützlich. Wenn ich während der Faſtenzeit an einen Fluß oder Teich kam und den Fiſchotter bei mir hatte, ſo ſtieg ich ab und rief: „Wurm, ſpring hinein!‟ Das Thierchen ſprang ins Waſſer und brachte Fiſche heraus, ſoviel ich für mich und meine Dienerſchaft brauchte. Auch Fröſche, und was es ſonſt fand, ſchleppte es herbei. Die einzige Unannehm- lichkeit, welche ich von ihm auf Reiſen hatte, war, daß allerwegens die Leute in Haufen zuſammen- ſtrömten, als wenn das Thierchen aus Jndien geweſen wäre. Jch beſuchte einmal meinen Oheim Felix Chociewski, bei welchem ſich auch der Prieſter Srebienski befand, der bei Tiſche ueben mir ſaß, während hinter mir der Fiſchotter auf den Rücken geſtreckt lag, weil er am liebſten auf dieſe Art ruhte. Als der Prieſter ihn bemerkte, glaubte er einen Muff zu ſehen und faßte ihn an. Der Otter wachte auf, ſchrie und biß den Prieſter in die Hand, ſo daß er vor Schreck ohnmächtig wurde.‟
„Straſzewski begab ſich nun zum König und erzählte ihm Alles, was er geſehen und gehört hatte. Der König ließ mich ſchriftlich befragen, wieviel ich für den Fiſchotter verlangte; auch der Kronſtallmeiſter Piekarski ſchrieb an mich: „Um Gotteswillen, ſchlage dem König die Bitte nicht ab, gieb ihm den Fiſchotter, weil Du ſonſt keine Ruhe haben wirſt!‟ Strafzewski überbrachte mir die Briefe und erzählte, daß der König immer ſagte: bis dat, qui cito dat (doppelt giebt, wer bald giebt). Der König ließ auch zwei ſehr ſchöne türkiſche Pferde von Jaworow holen, ſie mit prächtigem Reitzeuge verſehen und mir als Gegengeſchenk überſchicken. Jch ſandte nun den Otter in den neuen Dienſt. Er bequemte ſich ungern dazu, denn er ſchrie und lärmte in dem Käfig, als er durch das Dorf gefahren wurde. Das Thierchen grämte ſich und wurde mager. Als es dem König überbracht wurde, freute er ſich unmäßig und rief: „Das Thierchen ſieht ſo abgehärmt aus, doch ſoll es ſchon beſſer mit ihm werden.‟ Jeder, der es berührte, wurde von ihm in die Hand gebiſſen. Der König aber ſtreichelte es, und es neigte ſich zu ihm hin; darüber erfreute er ſich ſehr, ſtreichelte es noch länger, befahl ihm Speiſen zu bringen, reichte ſie ihm ſtückweis, und es verzehrte auch Einiges. Er ging in den Zimmern frei und ungehindert zwei Tage umher; auch wurden Gefäße mit Waſſer hingeſtellt und kleine Fiſche und Krebſe hineingeſetzt. Daran ergötzte ſich der Otter und brachte die Fiſche heraus. Der König ſagte zu ſeiner Gemahlin: „Holde Maria, ich werde keine anderen Fiſche eſſen, als die, welche der Otter fängt. Wir wollen morgen nach Wilanow fahren, um zu ſehen, wie er ſich auf’s Fiſchen verſteht.‟ Der Fiſchotter aber ſchlich ſich in nächſter Nacht aus dem Schloſſe, irrte umher und ward von einem Dragoner erſchlagen, welcher nicht wußte, daß er zahm war. Das Fell verkaufte er ſogleich an einen Juden. Als man im Schloſſe aufſtand und ihn vermißte, wurde geſchrieen, ge- jammert, nach allen Seiten ausgeſchickt. Da findet man den Juden und Dragoner, ergreift ſie und führt ſie vor den König. Als dieſer das Fell erblickte, bedeckte er mit einer Hand ſeine Augen, fuhr mit der andern in ſeine Haare und rief: „Schlag zu, wer ein ehrlicher Mann iſt, hau zu, wer an Gott glaubt!‟ Der Dragoner ſollte erſchoſſen werden. Da erſchienen Prieſter, Beichtväter und Biſchöfe vor dem König, baten und ſtellten ihm vor, daß der Dragoner nur in Unwiſſenheit geſündigt hätte. Sie wirkten endlich ſoviel aus, daß er nicht erſchoſſen, ſondern nur durchgepeitſcht wurde.‟
Auch alt eingefangene Fiſchottern werden nicht ſelten bald zahm. Auf der Leipziger Meſſe wurden zweimal nach einander ein Paar ausgeſtellt, welches man in der Saale gefangen hatte. Beide Thiere
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[570/0646]
Die Raubthiere. Seeotter. — Kalan.
nur einmal unter ihm.‟ Als der Fiſchottter genug mit mir geſpielt hatte, ſah er den fremden Hund,
trat an ihn heran und ſah ihm ſtarr unter die Augen; auch der Hund betrachtete den Fiſchotter;
dieſer aber ging im Kreiſe herum, beroch ihn bei den Hinterfüßen, trat zurück und entfernte ſich.
Jch dachte bei mir: er wird dem Hunde Nichts thun. Kaum aber fingen wir an, Etwas zu ſprechen,
als der Fiſchotter ſich an den Hund ſchlich und ihn mit der Pfote über die Schnauze ſchlug, ſodaß er
zur Thür und von dort hinter den Ofen ſprang. Auch dahin folgte er ihm nach. Als der Hund
keinen andern Ausweg ſah, ſprang er auf den Tiſch und zerbrach zwei geſchliffene, mit Wein gefüllte
Gläſer; darauf wurde er hinausgelaſſen und kam nicht mehr ins Zimmer, obgleich ſein Herr erſt am
folgenden Mittag abreiſte. Wenn ein Hund auf der Straße den Fiſchotter beroch, ſo ſchrie er ſo laut,
daß jener fortlief.‟
„Dieſes Thierchen war auch auf der Reiſe ſehr nützlich. Wenn ich während der Faſtenzeit an
einen Fluß oder Teich kam und den Fiſchotter bei mir hatte, ſo ſtieg ich ab und rief: „Wurm, ſpring
hinein!‟ Das Thierchen ſprang ins Waſſer und brachte Fiſche heraus, ſoviel ich für mich und meine
Dienerſchaft brauchte. Auch Fröſche, und was es ſonſt fand, ſchleppte es herbei. Die einzige Unannehm-
lichkeit, welche ich von ihm auf Reiſen hatte, war, daß allerwegens die Leute in Haufen zuſammen-
ſtrömten, als wenn das Thierchen aus Jndien geweſen wäre. Jch beſuchte einmal meinen Oheim Felix
Chociewski, bei welchem ſich auch der Prieſter Srebienski befand, der bei Tiſche ueben mir ſaß,
während hinter mir der Fiſchotter auf den Rücken geſtreckt lag, weil er am liebſten auf dieſe Art
ruhte. Als der Prieſter ihn bemerkte, glaubte er einen Muff zu ſehen und faßte ihn an. Der Otter
wachte auf, ſchrie und biß den Prieſter in die Hand, ſo daß er vor Schreck ohnmächtig wurde.‟
„Straſzewski begab ſich nun zum König und erzählte ihm Alles, was er geſehen und gehört
hatte. Der König ließ mich ſchriftlich befragen, wieviel ich für den Fiſchotter verlangte; auch der
Kronſtallmeiſter Piekarski ſchrieb an mich: „Um Gotteswillen, ſchlage dem König die Bitte nicht
ab, gieb ihm den Fiſchotter, weil Du ſonſt keine Ruhe haben wirſt!‟ Strafzewski überbrachte mir
die Briefe und erzählte, daß der König immer ſagte: bis dat, qui cito dat (doppelt giebt, wer bald
giebt). Der König ließ auch zwei ſehr ſchöne türkiſche Pferde von Jaworow holen, ſie mit prächtigem
Reitzeuge verſehen und mir als Gegengeſchenk überſchicken. Jch ſandte nun den Otter in den neuen
Dienſt. Er bequemte ſich ungern dazu, denn er ſchrie und lärmte in dem Käfig, als er durch das
Dorf gefahren wurde. Das Thierchen grämte ſich und wurde mager. Als es dem König überbracht
wurde, freute er ſich unmäßig und rief: „Das Thierchen ſieht ſo abgehärmt aus, doch ſoll es ſchon
beſſer mit ihm werden.‟ Jeder, der es berührte, wurde von ihm in die Hand gebiſſen. Der König
aber ſtreichelte es, und es neigte ſich zu ihm hin; darüber erfreute er ſich ſehr, ſtreichelte es noch länger,
befahl ihm Speiſen zu bringen, reichte ſie ihm ſtückweis, und es verzehrte auch Einiges. Er ging in
den Zimmern frei und ungehindert zwei Tage umher; auch wurden Gefäße mit Waſſer hingeſtellt
und kleine Fiſche und Krebſe hineingeſetzt. Daran ergötzte ſich der Otter und brachte die Fiſche heraus.
Der König ſagte zu ſeiner Gemahlin: „Holde Maria, ich werde keine anderen Fiſche eſſen, als die,
welche der Otter fängt. Wir wollen morgen nach Wilanow fahren, um zu ſehen, wie er ſich auf’s
Fiſchen verſteht.‟ Der Fiſchotter aber ſchlich ſich in nächſter Nacht aus dem Schloſſe, irrte umher und
ward von einem Dragoner erſchlagen, welcher nicht wußte, daß er zahm war. Das Fell verkaufte
er ſogleich an einen Juden. Als man im Schloſſe aufſtand und ihn vermißte, wurde geſchrieen, ge-
jammert, nach allen Seiten ausgeſchickt. Da findet man den Juden und Dragoner, ergreift ſie und
führt ſie vor den König. Als dieſer das Fell erblickte, bedeckte er mit einer Hand ſeine Augen, fuhr
mit der andern in ſeine Haare und rief: „Schlag zu, wer ein ehrlicher Mann iſt, hau zu, wer an
Gott glaubt!‟ Der Dragoner ſollte erſchoſſen werden. Da erſchienen Prieſter, Beichtväter und
Biſchöfe vor dem König, baten und ſtellten ihm vor, daß der Dragoner nur in Unwiſſenheit geſündigt
hätte. Sie wirkten endlich ſoviel aus, daß er nicht erſchoſſen, ſondern nur durchgepeitſcht wurde.‟
Auch alt eingefangene Fiſchottern werden nicht ſelten bald zahm. Auf der Leipziger Meſſe wurden
zweimal nach einander ein Paar ausgeſtellt, welches man in der Saale gefangen hatte. Beide Thiere
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 570. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/646>, abgerufen am 16.07.2024.
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