Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Affen. Waldmenschen. -- Gorilla.
kühnen Seefahrer die Sierra-Leona bereits hinter sich, als Dieses geschah. Jener Hanno nun
hinterließ uns in seinem Berichte eine Mittheilung, welche auch für uns von großer Wichtigkeit ist.
Die betreffende Stelle lautet: "Am dritten Tage, als wir von dort gesegelt waren und die Feuer-
ströme durchschifft hatten, kamen wir zu einem Busen, das Südhorn genannt. Jm Hintergrunde
war ein Eiland mit einem See und in diesem wieder eine Jnsel, auf welcher sich wilde Menschen
befanden. Die Mehrzahl derselben waren Weiber mit haarigem Körper, und die Dolmetscher
nannten sie Gorillas. Die Männchen konnten wir nicht erreichen, als wir sie verfolgten;
sie entkamen leicht, da sie Abgründe durchkletterten und sich mit Felsstücken vertheidigten. Wir
erlangten drei Weibchen; jedoch konnten wir dieselben nicht fortbringen, weil sie bissen und
kratzten. Deshalb mußten wir sie tödten; wir zogen sie aber ab und schickten das abgestreifte
Fell nach Karthago." -- Die Häute wurden dort später, wie Plinius berichtet, im Tempel der
Juno aufbewahrt.

Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß Hanno mit den wilden, behaarten Menschen nur
Affen meinen kann. Zwar ist es schwer zu urtheilen, ob der Waldmensch, welchen die Karthager
sahen, gerade dieser Affe, oder ob er unser Schimpanse war, aber für uns ist Dies vollkommen
gleichgiltig. Der Heidenprediger Savage, welcher im Jahr 1847 den gewaltigen Affen am
Gabun flusse entdeckte, ist jedenfalls in seinem unbestreitbarem Rechte, wenn er dem noch unbekannten
Waldmenschen einen geschichtlichen Namen verlieh. Mit der von Savage gemachten Entdeckung
bestätigen sich die Gerüchte, welche im Laufe von zweitausend Jahren wiederholt auftauchten und von
Wäldern berichteten, in denen Satirn oder wilde Menschen wohnen sollten. Jedermann hielt sie für
Fabeln, für Gebilde der Einbildungskraft unkundiger Eingeborener jener Gegenden, welche an den
Europäern willige Gläubige gefunden hätten, bis endlich die fabelhaften Affen selbst in Fleisch und
Bein, wenn auch nur todt, in Europa ankamen. Lange Zeit glaubte man, daß dieser Affe nur ein
sehr alter Schimpanse sei; die genauere Untersuchung jedoch hat durchgreifende Unterschiede zwischen
beiden Arten festgestellt und berechtigt die Forscher, ihn als eigene Art anzuerkennen.

Der Gorilla bewohnt diejenigen Länder an der Westküste von Afrika, welche vom Gleicher
etwa bis zum 10° oder 15° südlicher Breite reichen und von den Flüssen Gabun und Danger
durchschnitten sind. Savage erhielt seine ersten Nachrichten von den Mapongwe-Negern, welche
beide User des Gabun, von der Mündung an einige funfzig oder sechzig Meilen landeinwärts, be-
wohnen. Wahrscheinlich blieb anderen Europäern, welche den Fluß besucht hatten, der große Affe
blos aus dem Grunde unbekannt, weil er nicht nahe an die Küste kommt, vielmehr erst im Jnnern
des Landes angetroffen wird. Doch spricht schon Bodwich, ein wohlbekannter Afrikareisen-
der, von einem furchtbaren Affen der Westküste Afrikas, welcher den Landesnamen "Jngina"
(Jngheena) trage.

Hanno hatte so Unrecht nicht, wenn er in diesem merkwürdigen Thiere einen Menschen zu er-
blicken glaubte; denn wirklich steht der Gorilla dem Menschen unter allen Thieren am nächsten,
trotzdem daß er, wie der Schimpanfe, 13 Rippenpaare besitzt, während der Orang-Utang ebenso,
wie der Mensch, nur 12 Paare hat. Auf den ersten Anblick hin will es freilich scheinen, als ob er
weit mehr Vieh sei, als der mildere Schimpanse; die genauere Vergleichung jedoch läßt keinen Zwei-
fel über seine hohe Stellung zu. Der Gorilla ist nicht nur der größte und stärkste aller Affen,
sondern auch derjenige, welcher die höchste leibliche Ausbildung erreicht hat. Seine Länge vom
Scheitel bis zur Sohle beträgt 51/2 Fuß, die Breite seiner Schultern 3 Fuß, die Länge seiner
Vorderglieder 3 Fuß 4 Zoll, die der Hinterglieder 2 Fuß 4 Zoll, die Länge des Rumpfes und
Kopfes zusammen 3 Fuß 6 Zoll, 1/2 Fuß mehr als beim Menschen. Der Körper ist außerordent-
lich stark und kräftig, und die Vorderarme erreichen die Stärke eines Mannsschenkels. Der Schädel
ist stark und umfänglich, das nackte, dunkelbraune oder schwarze Gesicht breit und groß ohne Wangen-
wülste, die Nase platt, die Schnauze vorstehend, die Unterlippe sehr beweglich und verlängerbar.
Ein furchtbares Gebiß und gewaltige, mit riesengroßen Daumen bewehrte Hände, kennzeichnen

Die Affen. Waldmenſchen. — Gorilla.
kühnen Seefahrer die Sierra-Leona bereits hinter ſich, als Dieſes geſchah. Jener Hanno nun
hinterließ uns in ſeinem Berichte eine Mittheilung, welche auch für uns von großer Wichtigkeit iſt.
Die betreffende Stelle lautet: „Am dritten Tage, als wir von dort geſegelt waren und die Feuer-
ſtröme durchſchifft hatten, kamen wir zu einem Buſen, das Südhorn genannt. Jm Hintergrunde
war ein Eiland mit einem See und in dieſem wieder eine Jnſel, auf welcher ſich wilde Menſchen
befanden. Die Mehrzahl derſelben waren Weiber mit haarigem Körper, und die Dolmetſcher
nannten ſie Gorillas. Die Männchen konnten wir nicht erreichen, als wir ſie verfolgten;
ſie entkamen leicht, da ſie Abgründe durchkletterten und ſich mit Felsſtücken vertheidigten. Wir
erlangten drei Weibchen; jedoch konnten wir dieſelben nicht fortbringen, weil ſie biſſen und
kratzten. Deshalb mußten wir ſie tödten; wir zogen ſie aber ab und ſchickten das abgeſtreifte
Fell nach Karthago.‟ — Die Häute wurden dort ſpäter, wie Plinius berichtet, im Tempel der
Juno aufbewahrt.

Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß Hanno mit den wilden, behaarten Menſchen nur
Affen meinen kann. Zwar iſt es ſchwer zu urtheilen, ob der Waldmenſch, welchen die Karthager
ſahen, gerade dieſer Affe, oder ob er unſer Schimpanſe war, aber für uns iſt Dies vollkommen
gleichgiltig. Der Heidenprediger Savage, welcher im Jahr 1847 den gewaltigen Affen am
Gabun fluſſe entdeckte, iſt jedenfalls in ſeinem unbeſtreitbarem Rechte, wenn er dem noch unbekannten
Waldmenſchen einen geſchichtlichen Namen verlieh. Mit der von Savage gemachten Entdeckung
beſtätigen ſich die Gerüchte, welche im Laufe von zweitauſend Jahren wiederholt auftauchten und von
Wäldern berichteten, in denen Satirn oder wilde Menſchen wohnen ſollten. Jedermann hielt ſie für
Fabeln, für Gebilde der Einbildungskraft unkundiger Eingeborener jener Gegenden, welche an den
Europäern willige Gläubige gefunden hätten, bis endlich die fabelhaften Affen ſelbſt in Fleiſch und
Bein, wenn auch nur todt, in Europa ankamen. Lange Zeit glaubte man, daß dieſer Affe nur ein
ſehr alter Schimpanſe ſei; die genauere Unterſuchung jedoch hat durchgreifende Unterſchiede zwiſchen
beiden Arten feſtgeſtellt und berechtigt die Forſcher, ihn als eigene Art anzuerkennen.

Der Gorilla bewohnt diejenigen Länder an der Weſtküſte von Afrika, welche vom Gleicher
etwa bis zum 10° oder 15° ſüdlicher Breite reichen und von den Flüſſen Gabun und Danger
durchſchnitten ſind. Savage erhielt ſeine erſten Nachrichten von den Mapongwe-Negern, welche
beide Uſer des Gabun, von der Mündung an einige funfzig oder ſechzig Meilen landeinwärts, be-
wohnen. Wahrſcheinlich blieb anderen Europäern, welche den Fluß beſucht hatten, der große Affe
blos aus dem Grunde unbekannt, weil er nicht nahe an die Küſte kommt, vielmehr erſt im Jnnern
des Landes angetroffen wird. Doch ſpricht ſchon Bodwich, ein wohlbekannter Afrikareiſen-
der, von einem furchtbaren Affen der Weſtküſte Afrikas, welcher den Landesnamen „Jngina
(Jngheena) trage.

Hanno hatte ſo Unrecht nicht, wenn er in dieſem merkwürdigen Thiere einen Menſchen zu er-
blicken glaubte; denn wirklich ſteht der Gorilla dem Menſchen unter allen Thieren am nächſten,
trotzdem daß er, wie der Schimpanfe, 13 Rippenpaare beſitzt, während der Orang-Utang ebenſo,
wie der Menſch, nur 12 Paare hat. Auf den erſten Anblick hin will es freilich ſcheinen, als ob er
weit mehr Vieh ſei, als der mildere Schimpanſe; die genauere Vergleichung jedoch läßt keinen Zwei-
fel über ſeine hohe Stellung zu. Der Gorilla iſt nicht nur der größte und ſtärkſte aller Affen,
ſondern auch derjenige, welcher die höchſte leibliche Ausbildung erreicht hat. Seine Länge vom
Scheitel bis zur Sohle beträgt 5½ Fuß, die Breite ſeiner Schultern 3 Fuß, die Länge ſeiner
Vorderglieder 3 Fuß 4 Zoll, die der Hinterglieder 2 Fuß 4 Zoll, die Länge des Rumpfes und
Kopfes zuſammen 3 Fuß 6 Zoll, ½ Fuß mehr als beim Menſchen. Der Körper iſt außerordent-
lich ſtark und kräftig, und die Vorderarme erreichen die Stärke eines Mannsſchenkels. Der Schädel
iſt ſtark und umfänglich, das nackte, dunkelbraune oder ſchwarze Geſicht breit und groß ohne Wangen-
wülſte, die Naſe platt, die Schnauze vorſtehend, die Unterlippe ſehr beweglich und verlängerbar.
Ein furchtbares Gebiß und gewaltige, mit rieſengroßen Daumen bewehrte Hände, kennzeichnen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0064" n="14"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Affen.</hi> Waldmen&#x017F;chen. &#x2014; <hi rendition="#g">Gorilla.</hi></fw><lb/>
kühnen Seefahrer die <hi rendition="#g">Sierra-Leona</hi> bereits hinter &#x017F;ich, als Die&#x017F;es ge&#x017F;chah. Jener <hi rendition="#g">Hanno</hi> nun<lb/>
hinterließ uns in &#x017F;einem Berichte eine Mittheilung, welche auch für uns von großer Wichtigkeit i&#x017F;t.<lb/>
Die betreffende Stelle lautet: &#x201E;Am dritten Tage, als wir von dort ge&#x017F;egelt waren und die Feuer-<lb/>
&#x017F;tröme durch&#x017F;chifft hatten, kamen wir zu einem Bu&#x017F;en, das <hi rendition="#g">Südhorn</hi> genannt. Jm Hintergrunde<lb/>
war ein Eiland mit einem See und in die&#x017F;em wieder eine Jn&#x017F;el, auf welcher &#x017F;ich wilde Men&#x017F;chen<lb/>
befanden. Die Mehrzahl der&#x017F;elben waren Weiber mit haarigem Körper, und die Dolmet&#x017F;cher<lb/>
nannten &#x017F;ie <hi rendition="#g">Gorillas.</hi> Die Männchen konnten wir nicht erreichen, als wir &#x017F;ie verfolgten;<lb/>
&#x017F;ie entkamen leicht, da &#x017F;ie Abgründe durchkletterten und &#x017F;ich mit Fels&#x017F;tücken vertheidigten. Wir<lb/>
erlangten drei Weibchen; jedoch konnten wir die&#x017F;elben nicht fortbringen, weil &#x017F;ie bi&#x017F;&#x017F;en und<lb/>
kratzten. Deshalb mußten wir &#x017F;ie tödten; wir zogen &#x017F;ie aber ab und &#x017F;chickten das abge&#x017F;treifte<lb/>
Fell nach Karthago.&#x201F; &#x2014; Die Häute wurden dort &#x017F;päter, wie <hi rendition="#g">Plinius</hi> berichtet, im Tempel der<lb/><hi rendition="#g">Juno</hi> aufbewahrt.</p><lb/>
          <p>Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß <hi rendition="#g">Hanno</hi> mit den wilden, behaarten Men&#x017F;chen nur<lb/>
Affen meinen kann. Zwar i&#x017F;t es &#x017F;chwer zu urtheilen, ob der Waldmen&#x017F;ch, welchen die Karthager<lb/>
&#x017F;ahen, gerade die&#x017F;er Affe, oder ob er un&#x017F;er <hi rendition="#g">Schimpan&#x017F;e</hi> war, aber für uns i&#x017F;t Dies vollkommen<lb/>
gleichgiltig. Der Heidenprediger <hi rendition="#g">Savage,</hi> welcher im Jahr 1847 den gewaltigen Affen am<lb/><hi rendition="#g">Gabun</hi> flu&#x017F;&#x017F;e entdeckte, i&#x017F;t jedenfalls in &#x017F;einem unbe&#x017F;treitbarem Rechte, wenn er dem noch unbekannten<lb/>
Waldmen&#x017F;chen einen ge&#x017F;chichtlichen Namen verlieh. Mit der von <hi rendition="#g">Savage</hi> gemachten Entdeckung<lb/>
be&#x017F;tätigen &#x017F;ich die Gerüchte, welche im Laufe von zweitau&#x017F;end Jahren wiederholt auftauchten und von<lb/>
Wäldern berichteten, in denen Satirn oder wilde Men&#x017F;chen wohnen &#x017F;ollten. Jedermann hielt &#x017F;ie für<lb/>
Fabeln, für Gebilde der Einbildungskraft unkundiger Eingeborener jener Gegenden, welche an den<lb/>
Europäern willige Gläubige gefunden hätten, bis endlich die fabelhaften Affen &#x017F;elb&#x017F;t in Flei&#x017F;ch und<lb/>
Bein, wenn auch nur todt, in Europa ankamen. Lange Zeit glaubte man, daß die&#x017F;er Affe nur ein<lb/>
&#x017F;ehr alter <hi rendition="#g">Schimpan&#x017F;e</hi> &#x017F;ei; die genauere Unter&#x017F;uchung jedoch hat durchgreifende Unter&#x017F;chiede zwi&#x017F;chen<lb/>
beiden Arten fe&#x017F;tge&#x017F;tellt und berechtigt die For&#x017F;cher, ihn als eigene Art anzuerkennen.</p><lb/>
          <p>Der <hi rendition="#g">Gorilla</hi> bewohnt diejenigen Länder an der We&#x017F;tkü&#x017F;te von Afrika, welche vom Gleicher<lb/>
etwa bis zum 10° oder 15° &#x017F;üdlicher Breite reichen und von den Flü&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#g">Gabun</hi> und <hi rendition="#g">Danger</hi><lb/>
durch&#x017F;chnitten &#x017F;ind. <hi rendition="#g">Savage</hi> erhielt &#x017F;eine er&#x017F;ten Nachrichten von den <hi rendition="#g">Mapongwe-</hi>Negern, welche<lb/>
beide U&#x017F;er des Gabun, von der Mündung an einige funfzig oder &#x017F;echzig Meilen landeinwärts, be-<lb/>
wohnen. Wahr&#x017F;cheinlich blieb anderen Europäern, welche den Fluß be&#x017F;ucht hatten, der große Affe<lb/>
blos aus dem Grunde unbekannt, weil er nicht nahe an die Kü&#x017F;te kommt, vielmehr er&#x017F;t im Jnnern<lb/>
des Landes angetroffen wird. Doch &#x017F;pricht &#x017F;chon <hi rendition="#g">Bodwich,</hi> ein wohlbekannter Afrikarei&#x017F;en-<lb/>
der, von einem furchtbaren Affen der We&#x017F;tkü&#x017F;te Afrikas, welcher den Landesnamen &#x201E;<hi rendition="#g">Jngina</hi>&#x201F;<lb/>
(<hi rendition="#g">Jngheena</hi>) trage.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Hanno</hi> hatte &#x017F;o Unrecht nicht, wenn er in die&#x017F;em merkwürdigen Thiere einen Men&#x017F;chen zu er-<lb/>
blicken glaubte; denn wirklich &#x017F;teht der <hi rendition="#g">Gorilla</hi> dem Men&#x017F;chen unter allen Thieren am näch&#x017F;ten,<lb/>
trotzdem daß er, wie der <hi rendition="#g">Schimpanfe,</hi> 13 Rippenpaare be&#x017F;itzt, während der <hi rendition="#g">Orang-Utang</hi> eben&#x017F;o,<lb/>
wie der Men&#x017F;ch, nur 12 Paare hat. Auf den er&#x017F;ten Anblick hin will es freilich &#x017F;cheinen, als ob er<lb/>
weit mehr Vieh &#x017F;ei, als der mildere <hi rendition="#g">Schimpan&#x017F;e;</hi> die genauere Vergleichung jedoch läßt keinen Zwei-<lb/>
fel über &#x017F;eine hohe Stellung zu. Der <hi rendition="#g">Gorilla</hi> i&#x017F;t nicht nur der größte und &#x017F;tärk&#x017F;te aller Affen,<lb/>
&#x017F;ondern auch derjenige, welcher die höch&#x017F;te leibliche Ausbildung erreicht hat. Seine Länge vom<lb/>
Scheitel bis zur Sohle beträgt 5½ Fuß, die Breite &#x017F;einer Schultern 3 Fuß, die Länge &#x017F;einer<lb/>
Vorderglieder 3 Fuß 4 Zoll, die der Hinterglieder 2 Fuß 4 Zoll, die Länge des Rumpfes und<lb/>
Kopfes zu&#x017F;ammen 3 Fuß 6 Zoll, ½ Fuß mehr als beim Men&#x017F;chen. Der Körper i&#x017F;t außerordent-<lb/>
lich &#x017F;tark und kräftig, und die Vorderarme erreichen die Stärke eines Manns&#x017F;chenkels. Der Schädel<lb/>
i&#x017F;t &#x017F;tark und umfänglich, das nackte, dunkelbraune oder &#x017F;chwarze Ge&#x017F;icht breit und groß ohne Wangen-<lb/>
wül&#x017F;te, die Na&#x017F;e platt, die Schnauze vor&#x017F;tehend, die Unterlippe &#x017F;ehr beweglich und verlängerbar.<lb/>
Ein furchtbares Gebiß und gewaltige, mit rie&#x017F;engroßen Daumen bewehrte Hände, kennzeichnen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[14/0064] Die Affen. Waldmenſchen. — Gorilla. kühnen Seefahrer die Sierra-Leona bereits hinter ſich, als Dieſes geſchah. Jener Hanno nun hinterließ uns in ſeinem Berichte eine Mittheilung, welche auch für uns von großer Wichtigkeit iſt. Die betreffende Stelle lautet: „Am dritten Tage, als wir von dort geſegelt waren und die Feuer- ſtröme durchſchifft hatten, kamen wir zu einem Buſen, das Südhorn genannt. Jm Hintergrunde war ein Eiland mit einem See und in dieſem wieder eine Jnſel, auf welcher ſich wilde Menſchen befanden. Die Mehrzahl derſelben waren Weiber mit haarigem Körper, und die Dolmetſcher nannten ſie Gorillas. Die Männchen konnten wir nicht erreichen, als wir ſie verfolgten; ſie entkamen leicht, da ſie Abgründe durchkletterten und ſich mit Felsſtücken vertheidigten. Wir erlangten drei Weibchen; jedoch konnten wir dieſelben nicht fortbringen, weil ſie biſſen und kratzten. Deshalb mußten wir ſie tödten; wir zogen ſie aber ab und ſchickten das abgeſtreifte Fell nach Karthago.‟ — Die Häute wurden dort ſpäter, wie Plinius berichtet, im Tempel der Juno aufbewahrt. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß Hanno mit den wilden, behaarten Menſchen nur Affen meinen kann. Zwar iſt es ſchwer zu urtheilen, ob der Waldmenſch, welchen die Karthager ſahen, gerade dieſer Affe, oder ob er unſer Schimpanſe war, aber für uns iſt Dies vollkommen gleichgiltig. Der Heidenprediger Savage, welcher im Jahr 1847 den gewaltigen Affen am Gabun fluſſe entdeckte, iſt jedenfalls in ſeinem unbeſtreitbarem Rechte, wenn er dem noch unbekannten Waldmenſchen einen geſchichtlichen Namen verlieh. Mit der von Savage gemachten Entdeckung beſtätigen ſich die Gerüchte, welche im Laufe von zweitauſend Jahren wiederholt auftauchten und von Wäldern berichteten, in denen Satirn oder wilde Menſchen wohnen ſollten. Jedermann hielt ſie für Fabeln, für Gebilde der Einbildungskraft unkundiger Eingeborener jener Gegenden, welche an den Europäern willige Gläubige gefunden hätten, bis endlich die fabelhaften Affen ſelbſt in Fleiſch und Bein, wenn auch nur todt, in Europa ankamen. Lange Zeit glaubte man, daß dieſer Affe nur ein ſehr alter Schimpanſe ſei; die genauere Unterſuchung jedoch hat durchgreifende Unterſchiede zwiſchen beiden Arten feſtgeſtellt und berechtigt die Forſcher, ihn als eigene Art anzuerkennen. Der Gorilla bewohnt diejenigen Länder an der Weſtküſte von Afrika, welche vom Gleicher etwa bis zum 10° oder 15° ſüdlicher Breite reichen und von den Flüſſen Gabun und Danger durchſchnitten ſind. Savage erhielt ſeine erſten Nachrichten von den Mapongwe-Negern, welche beide Uſer des Gabun, von der Mündung an einige funfzig oder ſechzig Meilen landeinwärts, be- wohnen. Wahrſcheinlich blieb anderen Europäern, welche den Fluß beſucht hatten, der große Affe blos aus dem Grunde unbekannt, weil er nicht nahe an die Küſte kommt, vielmehr erſt im Jnnern des Landes angetroffen wird. Doch ſpricht ſchon Bodwich, ein wohlbekannter Afrikareiſen- der, von einem furchtbaren Affen der Weſtküſte Afrikas, welcher den Landesnamen „Jngina‟ (Jngheena) trage. Hanno hatte ſo Unrecht nicht, wenn er in dieſem merkwürdigen Thiere einen Menſchen zu er- blicken glaubte; denn wirklich ſteht der Gorilla dem Menſchen unter allen Thieren am nächſten, trotzdem daß er, wie der Schimpanfe, 13 Rippenpaare beſitzt, während der Orang-Utang ebenſo, wie der Menſch, nur 12 Paare hat. Auf den erſten Anblick hin will es freilich ſcheinen, als ob er weit mehr Vieh ſei, als der mildere Schimpanſe; die genauere Vergleichung jedoch läßt keinen Zwei- fel über ſeine hohe Stellung zu. Der Gorilla iſt nicht nur der größte und ſtärkſte aller Affen, ſondern auch derjenige, welcher die höchſte leibliche Ausbildung erreicht hat. Seine Länge vom Scheitel bis zur Sohle beträgt 5½ Fuß, die Breite ſeiner Schultern 3 Fuß, die Länge ſeiner Vorderglieder 3 Fuß 4 Zoll, die der Hinterglieder 2 Fuß 4 Zoll, die Länge des Rumpfes und Kopfes zuſammen 3 Fuß 6 Zoll, ½ Fuß mehr als beim Menſchen. Der Körper iſt außerordent- lich ſtark und kräftig, und die Vorderarme erreichen die Stärke eines Mannsſchenkels. Der Schädel iſt ſtark und umfänglich, das nackte, dunkelbraune oder ſchwarze Geſicht breit und groß ohne Wangen- wülſte, die Naſe platt, die Schnauze vorſtehend, die Unterlippe ſehr beweglich und verlängerbar. Ein furchtbares Gebiß und gewaltige, mit rieſengroßen Daumen bewehrte Hände, kennzeichnen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/64
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/64>, abgerufen am 22.11.2024.