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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Die Raubthiere. Sumpfottern. -- Nörz. Fischottern.
stellungen auf das immer seltener werdende Thier ungemein, und wenn ihm nicht die bisherigen
gelinden Winter etwas zustatten gekommen sind, so möchte diese Thierart auch wohl in schwedisch
Pommern, woselbst Mellin sie beobachtete, bald gänzlich ausgerottet sein."

Jn diesen Nachrichten ist eigentlich Alles enthalten, was wir bisher vom Nörz erfahren haben.
Die Furcht, daß er in Deutschland gänzlich ausgerottet sei, ist nach und nach ziemlich allgemein ge-
worden; doch ist sie glücklicher Weise nicht begründet. Der Nörz kommt in Norddeutschland aller-
orts, obgleich überall nur sehr einzeln noch vor. Seine eigentliche Heimat ist das östliche Europa,
Finnland, Polen, Litthauen, Rußland. Hier findet man ihn von der Ostsee bis zum Ural, von der
Dwina bis zum schwarzen Meer und nicht besonders selten. Jn Bessarabien, Siebenbürgen und
Galizien lebt er auch. Zu Ende des vorigen Jahrhunderts wurde er ab und zu noch in Pommern,
Mecklenburg und der Mark Brandenburg erwähnt. Jn den Jagdregistern der Grafen Schulenburg-
Wolfsburg
wird er regelmäßig mit aufgeführt. Man erlegte ihn in den Sumpfniederungen der
Aller. Jn diesem Jahrhundert ist er sehr selten geworden, jedoch immer noch einzeln vorgekommen.
Nach Blasius wurde im Jahre 1852 ein Nörz im Harz in der Grafschaft Stolberg gefangen, nach
Hartig ein anderer im Jahre 1859 in der Nähe von Braunschweig und ein dritter bei Ludwigsluft
in Mecklenburg. Daß er im Holsteinischen vorkommt, wußte man, ohne jedoch Sicheres mittheilen
zu können. Um so erfreulicher war es mir, in den letzten Tagen von einem naturwissenschaftlich
gebildeten Waidmann, Herrn Forstwart Claudius, folgende Nachrichten zu erhalten.

"Soviel mir bis jetzt bekannt geworden, kommt der Nörz in der Umgebung Lübecks auf einem
Flächeuraume von nur wenigen Geviertmeilen, hier aber nicht so selten vor, daß er nicht jedem Jäger
von Fach unter dem Namen Menk, Ottermenk, wenigstens oberflächlich bekannt wäre. Als nördliche
Grenze dieses Verbreitungsgebietes könnte man etwa den Himmeldorfsee, als südliche den Schallsee,
als östliche den Dassowersee betrachten. Jmmerhin tritt er zu vereinzelt auf, und sein Rauchwerk
wird hier zu Lande auch zu schlecht bezahlt, als daß man ihm besondere Aufmerksamkeit schenken sollte.
Jch erinnere mich nicht, gehört zu haben, daß man ihm mit eigenen Lockspeisen nachstellt oder besondere
Fangwerkzeuge, die sein Aufenthalt am Wasser gestatten würde, Fliegenreusen z. B. gegen ihn in
Anwendung bringt. Er geräth fast immer nur durch Zufall in die Hand des Jägers und Dies selten
anders als zur Winterzeit, da nur dann dem Raubzeug nachgegangen wird, sein Gebiet auch häufig
nur bei Frost betreten werden kann. Und so ist leider über sein Verhalten in der andern Hälfte des
Jahres, welche dem Naturforscher ungleich wichtigere Aufschlüsse zu bieten hat, wenig oder Nichts mit
Sicherheit zu erfahren. Mir ist ein einziger Fall zu Ohren gekommen, daß Junge in einem Bau ge-
funden wurden, und zwar von einem meiner Nachbarn, welcher einmal in der letzten Hälfte des Juli
gelegentlich der Bekafsinenjagd vier bis fünf junge Nörze in einem Erdloch beisammen traf und aus der
Anwesenheit der Mutter mit Bestimmtheit als den Wurf eines Minks erkannte. Da zu erwarten stand,
daß diese ihre Jungen sofort entfernen würde, waren auch alle weiteren Beobachtungen unterblieben.
Sonst kommt er höchstens auf der Entenjagd einmal vor die Flinte, und dann wird er nicht geschont,
da sein Balg auch im Sommer gut ist. Bei dieser Gelegenheit wurde vor einigen Jahren hier in
der Nachbarschaft ein Mink, dem die Hunde von der Wasserseite aus zusetzten, aus dem Kopf einer
hohlen Weide herabgeschossen. Jn den Wintermonaten dagegen kommt der Nörz öfter mit dem Jäger
in Berührung, meist, wie erwähnt, gelegentlich, wenn auf den Jltis Jagd gemacht wird. Ab und
zu wird er auf einer Neue vor dem Hund geschossen, von diesem beim Ausrutschen aus dem Bau
gegriffen, am häufigsten aber noch auf dem Teller gefangen. Der Jagdlehrling, welcher die Eisen
abzugehen hat, wird dann aber nicht etwa mit der Freude, mit welcher der Forscher ihn begrüßen
würde, sondern sicher mit einem sauern Gesicht empfangen, weil unser Nörz kaum die Hälfte des
Werthes von einem Jltisse hat. Mehr als ein Gulden, derselbe Preis, den fast vor 50 Jahren
Dietrich aus dem Winkell von der Provinz Brandenburg angiebt, ist noch heutzutage der übliche,
da der Balg weder zum eigenen Gebrauch, noch von Aufkäufern sehr gesucht wird."

"Die augenfällige Aehnlichkeit, welche er einerseits mit dem Jltisse in der Färbung der Schnauze

Die Raubthiere. Sumpfottern. — Nörz. Fiſchottern.
ſtellungen auf das immer ſeltener werdende Thier ungemein, und wenn ihm nicht die bisherigen
gelinden Winter etwas zuſtatten gekommen ſind, ſo möchte dieſe Thierart auch wohl in ſchwediſch
Pommern, woſelbſt Mellin ſie beobachtete, bald gänzlich ausgerottet ſein.‟

Jn dieſen Nachrichten iſt eigentlich Alles enthalten, was wir bisher vom Nörz erfahren haben.
Die Furcht, daß er in Deutſchland gänzlich ausgerottet ſei, iſt nach und nach ziemlich allgemein ge-
worden; doch iſt ſie glücklicher Weiſe nicht begründet. Der Nörz kommt in Norddeutſchland aller-
orts, obgleich überall nur ſehr einzeln noch vor. Seine eigentliche Heimat iſt das öſtliche Europa,
Finnland, Polen, Litthauen, Rußland. Hier findet man ihn von der Oſtſee bis zum Ural, von der
Dwina bis zum ſchwarzen Meer und nicht beſonders ſelten. Jn Beſſarabien, Siebenbürgen und
Galizien lebt er auch. Zu Ende des vorigen Jahrhunderts wurde er ab und zu noch in Pommern,
Mecklenburg und der Mark Brandenburg erwähnt. Jn den Jagdregiſtern der Grafen Schulenburg-
Wolfsburg
wird er regelmäßig mit aufgeführt. Man erlegte ihn in den Sumpfniederungen der
Aller. Jn dieſem Jahrhundert iſt er ſehr ſelten geworden, jedoch immer noch einzeln vorgekommen.
Nach Blaſius wurde im Jahre 1852 ein Nörz im Harz in der Grafſchaft Stolberg gefangen, nach
Hartig ein anderer im Jahre 1859 in der Nähe von Braunſchweig und ein dritter bei Ludwigsluft
in Mecklenburg. Daß er im Holſteiniſchen vorkommt, wußte man, ohne jedoch Sicheres mittheilen
zu können. Um ſo erfreulicher war es mir, in den letzten Tagen von einem naturwiſſenſchaftlich
gebildeten Waidmann, Herrn Forſtwart Claudius, folgende Nachrichten zu erhalten.

„Soviel mir bis jetzt bekannt geworden, kommt der Nörz in der Umgebung Lübecks auf einem
Flächeuraume von nur wenigen Geviertmeilen, hier aber nicht ſo ſelten vor, daß er nicht jedem Jäger
von Fach unter dem Namen Menk, Ottermenk, wenigſtens oberflächlich bekannt wäre. Als nördliche
Grenze dieſes Verbreitungsgebietes könnte man etwa den Himmeldorfſee, als ſüdliche den Schallſee,
als öſtliche den Daſſowerſee betrachten. Jmmerhin tritt er zu vereinzelt auf, und ſein Rauchwerk
wird hier zu Lande auch zu ſchlecht bezahlt, als daß man ihm beſondere Aufmerkſamkeit ſchenken ſollte.
Jch erinnere mich nicht, gehört zu haben, daß man ihm mit eigenen Lockſpeiſen nachſtellt oder beſondere
Fangwerkzeuge, die ſein Aufenthalt am Waſſer geſtatten würde, Fliegenreuſen z. B. gegen ihn in
Anwendung bringt. Er geräth faſt immer nur durch Zufall in die Hand des Jägers und Dies ſelten
anders als zur Winterzeit, da nur dann dem Raubzeug nachgegangen wird, ſein Gebiet auch häufig
nur bei Froſt betreten werden kann. Und ſo iſt leider über ſein Verhalten in der andern Hälfte des
Jahres, welche dem Naturforſcher ungleich wichtigere Aufſchlüſſe zu bieten hat, wenig oder Nichts mit
Sicherheit zu erfahren. Mir iſt ein einziger Fall zu Ohren gekommen, daß Junge in einem Bau ge-
funden wurden, und zwar von einem meiner Nachbarn, welcher einmal in der letzten Hälfte des Juli
gelegentlich der Bekafſinenjagd vier bis fünf junge Nörze in einem Erdloch beiſammen traf und aus der
Anweſenheit der Mutter mit Beſtimmtheit als den Wurf eines Minks erkannte. Da zu erwarten ſtand,
daß dieſe ihre Jungen ſofort entfernen würde, waren auch alle weiteren Beobachtungen unterblieben.
Sonſt kommt er höchſtens auf der Entenjagd einmal vor die Flinte, und dann wird er nicht geſchont,
da ſein Balg auch im Sommer gut iſt. Bei dieſer Gelegenheit wurde vor einigen Jahren hier in
der Nachbarſchaft ein Mink, dem die Hunde von der Waſſerſeite aus zuſetzten, aus dem Kopf einer
hohlen Weide herabgeſchoſſen. Jn den Wintermonaten dagegen kommt der Nörz öfter mit dem Jäger
in Berührung, meiſt, wie erwähnt, gelegentlich, wenn auf den Jltis Jagd gemacht wird. Ab und
zu wird er auf einer Neue vor dem Hund geſchoſſen, von dieſem beim Ausrutſchen aus dem Bau
gegriffen, am häufigſten aber noch auf dem Teller gefangen. Der Jagdlehrling, welcher die Eiſen
abzugehen hat, wird dann aber nicht etwa mit der Freude, mit welcher der Forſcher ihn begrüßen
würde, ſondern ſicher mit einem ſauern Geſicht empfangen, weil unſer Nörz kaum die Hälfte des
Werthes von einem Jltiſſe hat. Mehr als ein Gulden, derſelbe Preis, den faſt vor 50 Jahren
Dietrich aus dem Winkell von der Provinz Brandenburg angiebt, iſt noch heutzutage der übliche,
da der Balg weder zum eigenen Gebrauch, noch von Aufkäufern ſehr geſucht wird.‟

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[560/0634] Die Raubthiere. Sumpfottern. — Nörz. Fiſchottern. ſtellungen auf das immer ſeltener werdende Thier ungemein, und wenn ihm nicht die bisherigen gelinden Winter etwas zuſtatten gekommen ſind, ſo möchte dieſe Thierart auch wohl in ſchwediſch Pommern, woſelbſt Mellin ſie beobachtete, bald gänzlich ausgerottet ſein.‟ Jn dieſen Nachrichten iſt eigentlich Alles enthalten, was wir bisher vom Nörz erfahren haben. Die Furcht, daß er in Deutſchland gänzlich ausgerottet ſei, iſt nach und nach ziemlich allgemein ge- worden; doch iſt ſie glücklicher Weiſe nicht begründet. Der Nörz kommt in Norddeutſchland aller- orts, obgleich überall nur ſehr einzeln noch vor. Seine eigentliche Heimat iſt das öſtliche Europa, Finnland, Polen, Litthauen, Rußland. Hier findet man ihn von der Oſtſee bis zum Ural, von der Dwina bis zum ſchwarzen Meer und nicht beſonders ſelten. Jn Beſſarabien, Siebenbürgen und Galizien lebt er auch. Zu Ende des vorigen Jahrhunderts wurde er ab und zu noch in Pommern, Mecklenburg und der Mark Brandenburg erwähnt. Jn den Jagdregiſtern der Grafen Schulenburg- Wolfsburg wird er regelmäßig mit aufgeführt. Man erlegte ihn in den Sumpfniederungen der Aller. Jn dieſem Jahrhundert iſt er ſehr ſelten geworden, jedoch immer noch einzeln vorgekommen. Nach Blaſius wurde im Jahre 1852 ein Nörz im Harz in der Grafſchaft Stolberg gefangen, nach Hartig ein anderer im Jahre 1859 in der Nähe von Braunſchweig und ein dritter bei Ludwigsluft in Mecklenburg. Daß er im Holſteiniſchen vorkommt, wußte man, ohne jedoch Sicheres mittheilen zu können. Um ſo erfreulicher war es mir, in den letzten Tagen von einem naturwiſſenſchaftlich gebildeten Waidmann, Herrn Forſtwart Claudius, folgende Nachrichten zu erhalten. „Soviel mir bis jetzt bekannt geworden, kommt der Nörz in der Umgebung Lübecks auf einem Flächeuraume von nur wenigen Geviertmeilen, hier aber nicht ſo ſelten vor, daß er nicht jedem Jäger von Fach unter dem Namen Menk, Ottermenk, wenigſtens oberflächlich bekannt wäre. Als nördliche Grenze dieſes Verbreitungsgebietes könnte man etwa den Himmeldorfſee, als ſüdliche den Schallſee, als öſtliche den Daſſowerſee betrachten. Jmmerhin tritt er zu vereinzelt auf, und ſein Rauchwerk wird hier zu Lande auch zu ſchlecht bezahlt, als daß man ihm beſondere Aufmerkſamkeit ſchenken ſollte. Jch erinnere mich nicht, gehört zu haben, daß man ihm mit eigenen Lockſpeiſen nachſtellt oder beſondere Fangwerkzeuge, die ſein Aufenthalt am Waſſer geſtatten würde, Fliegenreuſen z. B. gegen ihn in Anwendung bringt. Er geräth faſt immer nur durch Zufall in die Hand des Jägers und Dies ſelten anders als zur Winterzeit, da nur dann dem Raubzeug nachgegangen wird, ſein Gebiet auch häufig nur bei Froſt betreten werden kann. Und ſo iſt leider über ſein Verhalten in der andern Hälfte des Jahres, welche dem Naturforſcher ungleich wichtigere Aufſchlüſſe zu bieten hat, wenig oder Nichts mit Sicherheit zu erfahren. Mir iſt ein einziger Fall zu Ohren gekommen, daß Junge in einem Bau ge- funden wurden, und zwar von einem meiner Nachbarn, welcher einmal in der letzten Hälfte des Juli gelegentlich der Bekafſinenjagd vier bis fünf junge Nörze in einem Erdloch beiſammen traf und aus der Anweſenheit der Mutter mit Beſtimmtheit als den Wurf eines Minks erkannte. Da zu erwarten ſtand, daß dieſe ihre Jungen ſofort entfernen würde, waren auch alle weiteren Beobachtungen unterblieben. Sonſt kommt er höchſtens auf der Entenjagd einmal vor die Flinte, und dann wird er nicht geſchont, da ſein Balg auch im Sommer gut iſt. Bei dieſer Gelegenheit wurde vor einigen Jahren hier in der Nachbarſchaft ein Mink, dem die Hunde von der Waſſerſeite aus zuſetzten, aus dem Kopf einer hohlen Weide herabgeſchoſſen. Jn den Wintermonaten dagegen kommt der Nörz öfter mit dem Jäger in Berührung, meiſt, wie erwähnt, gelegentlich, wenn auf den Jltis Jagd gemacht wird. Ab und zu wird er auf einer Neue vor dem Hund geſchoſſen, von dieſem beim Ausrutſchen aus dem Bau gegriffen, am häufigſten aber noch auf dem Teller gefangen. Der Jagdlehrling, welcher die Eiſen abzugehen hat, wird dann aber nicht etwa mit der Freude, mit welcher der Forſcher ihn begrüßen würde, ſondern ſicher mit einem ſauern Geſicht empfangen, weil unſer Nörz kaum die Hälfte des Werthes von einem Jltiſſe hat. Mehr als ein Gulden, derſelbe Preis, den faſt vor 50 Jahren Dietrich aus dem Winkell von der Provinz Brandenburg angiebt, iſt noch heutzutage der übliche, da der Balg weder zum eigenen Gebrauch, noch von Aufkäufern ſehr geſucht wird.‟ „Die augenfällige Aehnlichkeit, welche er einerſeits mit dem Jltiſſe in der Färbung der Schnauze

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 560. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/634>, abgerufen am 24.11.2024.