Wenn man z. B. den Finger eines Handschuhs durchs Gitter steckt, beißt es hinein und reißt heftig daran. Wenn es sehr böse ist -- und dazu ist nicht mehr erforderlich, als daß es von seinem Lager aufgejagt wird -- sträubt es jedes Haar seines langen Schwanzes.
Jm allgemeinen ist es sehr boshaft. Musik ist ihm zuwider. Wenn man vor dem Bauer die Guitarre spielt, springt es wie unsinnig gegen das Gitter und bellt und zischt solange, als man damit fortfährt. Es versucht niemals, die Klauen zum Zerreißen seiner Beute zu gebrauchen, sondern fällt immer mit den Zähnen an. -- Während der beiden ersten Tage verbreitete sich der üble Geruch oft, aber nachher äußerst selten, weshalb ich ohne Unannehmlichkeit den Bauer immer in meinem Arbeitszimmer haben konnte.
Wenn es zur Ruhe geht, dreht es sich wohl mehrere Male rund um, und wenn es schläft, liegt es kreisförmig, die Nase dicht bei der Schwanzwurzel aufwärts gerichtet, wobei der Schwanz rund um den Körper herumliegt, so daß die ganze Länge beinahe zwei Kreise bildet. Gegen Kälte ist es sehr empfindlich. Wenn es nur etwas kalt im Zimmer ist, liegt es beständig in dem Neste, welches es sich von Mos und Federn und mit zwei Ausgängen selbst eingerichtet hat, und wenn man es hinausjagt, zittert es sichtlich. Jst es dagegen warm, sitzt es gern hoch oben auf dem Tannenbüschel, der im Bauer steht. Zuweilen putzt es sich den ganzen Körper bis zum Schwanzende, aber es behelligt seinen Reinlichkeitssinn durchaus nicht, daß nach der Mahlzeit beinahe immer die eine oder andere Feder auf der Nase sitzen bleibt. Wenn ein Licht dem Käfig nahe steht, schließt es, von dem Schein belästigt, die Augen, und eine dichte Ratzenfalle, worin ich es im Zimmer fing, wollte es durchaus nicht gegen den hellen Bauer vertauschen. Jm Halbdunkel glänzen seine Augen von einer grünen, klaren und schönen Farbe. -- Die ziemlich dichten Stahldrähte an dem Bauer biß es öfters paarweise zusammen, und wenn es allein im Zimmer war, entschlüpfte es auch wohl dem Gebauer. -- Einen Beweis seiner Klugheit gab es in den ersten Tagen, wo es sorgfältig seine liebsten Verstecke vermied, sobald es merkte, daß man es von dort in den Bauer locken wollte. Dieser mußte bald gegen einen starken Eisen- bauer ausgetauscht werden, dessen Dach und Fußboden von Holz das Thier niemals zu durchbeißen versuchte; dagegen biß es oft in das Eisengitter, um hinauszukommen. Es hatte einen bestimmten Platz für die Losung, und die Einrichtung, wozu Dieses Veranlassung gab, erleichterte sehr das Rein- halten des Bauers.
Jn den beiden ersten Tagen aß das Hermelin Kopf und Füße von einigen Birkhühnern. Milch leckte es gleich anfangs mit großer Begier und diese war, nebst kleinen Vögeln, seine liebste Speise. Zwei Goldammer reichten kaum für einen Tag aus. Es verzehrte den Kopf zuerst und ließ Nichts, als die Federn übrig. Von größeren Vögeln, als von Hähern und Elstern, ließ es Kopf und Füße zurück. Rohe Hühnereier ließ es mehrere Tage unangerührt, obgleich es sehr hungrig war, bis ich Löcher hinein machte, worauf es den Jnhalt schnell ausgetrunken hatte. Frisches Fleisch von Horn- vieh nimmt es nicht gern. Es ißt und trinkt mit einem schmatzenden Laut, wie wenn junge Hunde oder Ferkel fangen. Seine Beweglichkeit in der untern Kinnlade ist bemerkenswerth: wenn es frißt, gähnt u. s. w. stellt es sie beinahe senkrecht gegen die Oberkinnlade, wie Schlangen, was unter Anderem Veranlassung gegeben hat, eine Aehnlichkeit zwischen ihm und diesem Thiere zu finden. Beim Fressen hält es die Augen fast geschlossen und runzelt Nase und Lippen so auf, daß das ganze Gesicht eine platte Fläche bildet. Wenn es dann das geringste Geräusch hört, wird es aufmerksam und mordet oder frißt nicht, so lange es sich beobachtet glaubt. Einen kleinen lebendigen Vogel fällt es gewöhnlich nicht gleich an, sondern erst dann, wenn Alles still ist und der Vogel aus Furcht wie unbeweglich dasitzt; dann untersucht es ihn und, wenn es Zeichen von Leben sieht, tödtet es denselben durch Zer- quetschen des Kopfes, aber selten schnell und auf einmal, sondern läßt ihn fast immer lange im Todes- kampfe zappeln, -- eine Grausamkeit, die es auch gegen eine große Wanderratte bewies, die ich lebendig zu ihm hineinließ. Zuerst sprangen beide lange um einander herum, ohne sich anzufallen; sie schienen sich vor einander zu fürchten. Die ungewöhnlich große Ratte war sehr dreist, biß boshaft in ein durchs Gitter gestecktes Stäbchen und hatte in wenigen Minuten die Milch des Hermelins
Die Raubthiere. Marder. — Hermelin.
Wenn man z. B. den Finger eines Handſchuhs durchs Gitter ſteckt, beißt es hinein und reißt heftig daran. Wenn es ſehr böſe iſt — und dazu iſt nicht mehr erforderlich, als daß es von ſeinem Lager aufgejagt wird — ſträubt es jedes Haar ſeines langen Schwanzes.
Jm allgemeinen iſt es ſehr boshaft. Muſik iſt ihm zuwider. Wenn man vor dem Bauer die Guitarre ſpielt, ſpringt es wie unſinnig gegen das Gitter und bellt und ziſcht ſolange, als man damit fortfährt. Es verſucht niemals, die Klauen zum Zerreißen ſeiner Beute zu gebrauchen, ſondern fällt immer mit den Zähnen an. — Während der beiden erſten Tage verbreitete ſich der üble Geruch oft, aber nachher äußerſt ſelten, weshalb ich ohne Unannehmlichkeit den Bauer immer in meinem Arbeitszimmer haben konnte.
Wenn es zur Ruhe geht, dreht es ſich wohl mehrere Male rund um, und wenn es ſchläft, liegt es kreisförmig, die Naſe dicht bei der Schwanzwurzel aufwärts gerichtet, wobei der Schwanz rund um den Körper herumliegt, ſo daß die ganze Länge beinahe zwei Kreiſe bildet. Gegen Kälte iſt es ſehr empfindlich. Wenn es nur etwas kalt im Zimmer iſt, liegt es beſtändig in dem Neſte, welches es ſich von Mos und Federn und mit zwei Ausgängen ſelbſt eingerichtet hat, und wenn man es hinausjagt, zittert es ſichtlich. Jſt es dagegen warm, ſitzt es gern hoch oben auf dem Tannenbüſchel, der im Bauer ſteht. Zuweilen putzt es ſich den ganzen Körper bis zum Schwanzende, aber es behelligt ſeinen Reinlichkeitsſinn durchaus nicht, daß nach der Mahlzeit beinahe immer die eine oder andere Feder auf der Naſe ſitzen bleibt. Wenn ein Licht dem Käfig nahe ſteht, ſchließt es, von dem Schein beläſtigt, die Augen, und eine dichte Ratzenfalle, worin ich es im Zimmer fing, wollte es durchaus nicht gegen den hellen Bauer vertauſchen. Jm Halbdunkel glänzen ſeine Augen von einer grünen, klaren und ſchönen Farbe. — Die ziemlich dichten Stahldrähte an dem Bauer biß es öfters paarweiſe zuſammen, und wenn es allein im Zimmer war, entſchlüpfte es auch wohl dem Gebauer. — Einen Beweis ſeiner Klugheit gab es in den erſten Tagen, wo es ſorgfältig ſeine liebſten Verſtecke vermied, ſobald es merkte, daß man es von dort in den Bauer locken wollte. Dieſer mußte bald gegen einen ſtarken Eiſen- bauer ausgetauſcht werden, deſſen Dach und Fußboden von Holz das Thier niemals zu durchbeißen verſuchte; dagegen biß es oft in das Eiſengitter, um hinauszukommen. Es hatte einen beſtimmten Platz für die Loſung, und die Einrichtung, wozu Dieſes Veranlaſſung gab, erleichterte ſehr das Rein- halten des Bauers.
Jn den beiden erſten Tagen aß das Hermelin Kopf und Füße von einigen Birkhühnern. Milch leckte es gleich anfangs mit großer Begier und dieſe war, nebſt kleinen Vögeln, ſeine liebſte Speiſe. Zwei Goldammer reichten kaum für einen Tag aus. Es verzehrte den Kopf zuerſt und ließ Nichts, als die Federn übrig. Von größeren Vögeln, als von Hähern und Elſtern, ließ es Kopf und Füße zurück. Rohe Hühnereier ließ es mehrere Tage unangerührt, obgleich es ſehr hungrig war, bis ich Löcher hinein machte, worauf es den Jnhalt ſchnell ausgetrunken hatte. Friſches Fleiſch von Horn- vieh nimmt es nicht gern. Es ißt und trinkt mit einem ſchmatzenden Laut, wie wenn junge Hunde oder Ferkel fangen. Seine Beweglichkeit in der untern Kinnlade iſt bemerkenswerth: wenn es frißt, gähnt u. ſ. w. ſtellt es ſie beinahe ſenkrecht gegen die Oberkinnlade, wie Schlangen, was unter Anderem Veranlaſſung gegeben hat, eine Aehnlichkeit zwiſchen ihm und dieſem Thiere zu finden. Beim Freſſen hält es die Augen faſt geſchloſſen und runzelt Naſe und Lippen ſo auf, daß das ganze Geſicht eine platte Fläche bildet. Wenn es dann das geringſte Geräuſch hört, wird es aufmerkſam und mordet oder frißt nicht, ſo lange es ſich beobachtet glaubt. Einen kleinen lebendigen Vogel fällt es gewöhnlich nicht gleich an, ſondern erſt dann, wenn Alles ſtill iſt und der Vogel aus Furcht wie unbeweglich daſitzt; dann unterſucht es ihn und, wenn es Zeichen von Leben ſieht, tödtet es denſelben durch Zer- quetſchen des Kopfes, aber ſelten ſchnell und auf einmal, ſondern läßt ihn faſt immer lange im Todes- kampfe zappeln, — eine Grauſamkeit, die es auch gegen eine große Wanderratte bewies, die ich lebendig zu ihm hineinließ. Zuerſt ſprangen beide lange um einander herum, ohne ſich anzufallen; ſie ſchienen ſich vor einander zu fürchten. Die ungewöhnlich große Ratte war ſehr dreiſt, biß boshaft in ein durchs Gitter geſtecktes Stäbchen und hatte in wenigen Minuten die Milch des Hermelins
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[554/0628]
Die Raubthiere. Marder. — Hermelin.
Wenn man z. B. den Finger eines Handſchuhs durchs Gitter ſteckt, beißt es hinein und reißt heftig
daran. Wenn es ſehr böſe iſt — und dazu iſt nicht mehr erforderlich, als daß es von ſeinem Lager
aufgejagt wird — ſträubt es jedes Haar ſeines langen Schwanzes.
Jm allgemeinen iſt es ſehr boshaft. Muſik iſt ihm zuwider. Wenn man vor dem Bauer die
Guitarre ſpielt, ſpringt es wie unſinnig gegen das Gitter und bellt und ziſcht ſolange, als man
damit fortfährt. Es verſucht niemals, die Klauen zum Zerreißen ſeiner Beute zu gebrauchen, ſondern
fällt immer mit den Zähnen an. — Während der beiden erſten Tage verbreitete ſich der üble Geruch
oft, aber nachher äußerſt ſelten, weshalb ich ohne Unannehmlichkeit den Bauer immer in meinem
Arbeitszimmer haben konnte.
Wenn es zur Ruhe geht, dreht es ſich wohl mehrere Male rund um, und wenn es ſchläft, liegt
es kreisförmig, die Naſe dicht bei der Schwanzwurzel aufwärts gerichtet, wobei der Schwanz rund
um den Körper herumliegt, ſo daß die ganze Länge beinahe zwei Kreiſe bildet. Gegen Kälte iſt es ſehr
empfindlich. Wenn es nur etwas kalt im Zimmer iſt, liegt es beſtändig in dem Neſte, welches es ſich
von Mos und Federn und mit zwei Ausgängen ſelbſt eingerichtet hat, und wenn man es hinausjagt,
zittert es ſichtlich. Jſt es dagegen warm, ſitzt es gern hoch oben auf dem Tannenbüſchel, der im
Bauer ſteht. Zuweilen putzt es ſich den ganzen Körper bis zum Schwanzende, aber es behelligt ſeinen
Reinlichkeitsſinn durchaus nicht, daß nach der Mahlzeit beinahe immer die eine oder andere Feder
auf der Naſe ſitzen bleibt. Wenn ein Licht dem Käfig nahe ſteht, ſchließt es, von dem Schein beläſtigt,
die Augen, und eine dichte Ratzenfalle, worin ich es im Zimmer fing, wollte es durchaus nicht gegen
den hellen Bauer vertauſchen. Jm Halbdunkel glänzen ſeine Augen von einer grünen, klaren und
ſchönen Farbe. — Die ziemlich dichten Stahldrähte an dem Bauer biß es öfters paarweiſe zuſammen,
und wenn es allein im Zimmer war, entſchlüpfte es auch wohl dem Gebauer. — Einen Beweis ſeiner
Klugheit gab es in den erſten Tagen, wo es ſorgfältig ſeine liebſten Verſtecke vermied, ſobald es
merkte, daß man es von dort in den Bauer locken wollte. Dieſer mußte bald gegen einen ſtarken Eiſen-
bauer ausgetauſcht werden, deſſen Dach und Fußboden von Holz das Thier niemals zu durchbeißen
verſuchte; dagegen biß es oft in das Eiſengitter, um hinauszukommen. Es hatte einen beſtimmten
Platz für die Loſung, und die Einrichtung, wozu Dieſes Veranlaſſung gab, erleichterte ſehr das Rein-
halten des Bauers.
Jn den beiden erſten Tagen aß das Hermelin Kopf und Füße von einigen Birkhühnern. Milch
leckte es gleich anfangs mit großer Begier und dieſe war, nebſt kleinen Vögeln, ſeine liebſte Speiſe.
Zwei Goldammer reichten kaum für einen Tag aus. Es verzehrte den Kopf zuerſt und ließ Nichts,
als die Federn übrig. Von größeren Vögeln, als von Hähern und Elſtern, ließ es Kopf und
Füße zurück. Rohe Hühnereier ließ es mehrere Tage unangerührt, obgleich es ſehr hungrig war, bis
ich Löcher hinein machte, worauf es den Jnhalt ſchnell ausgetrunken hatte. Friſches Fleiſch von Horn-
vieh nimmt es nicht gern. Es ißt und trinkt mit einem ſchmatzenden Laut, wie wenn junge Hunde
oder Ferkel fangen. Seine Beweglichkeit in der untern Kinnlade iſt bemerkenswerth: wenn es frißt,
gähnt u. ſ. w. ſtellt es ſie beinahe ſenkrecht gegen die Oberkinnlade, wie Schlangen, was unter Anderem
Veranlaſſung gegeben hat, eine Aehnlichkeit zwiſchen ihm und dieſem Thiere zu finden. Beim Freſſen
hält es die Augen faſt geſchloſſen und runzelt Naſe und Lippen ſo auf, daß das ganze Geſicht eine
platte Fläche bildet. Wenn es dann das geringſte Geräuſch hört, wird es aufmerkſam und mordet
oder frißt nicht, ſo lange es ſich beobachtet glaubt. Einen kleinen lebendigen Vogel fällt es gewöhnlich
nicht gleich an, ſondern erſt dann, wenn Alles ſtill iſt und der Vogel aus Furcht wie unbeweglich
daſitzt; dann unterſucht es ihn und, wenn es Zeichen von Leben ſieht, tödtet es denſelben durch Zer-
quetſchen des Kopfes, aber ſelten ſchnell und auf einmal, ſondern läßt ihn faſt immer lange im Todes-
kampfe zappeln, — eine Grauſamkeit, die es auch gegen eine große Wanderratte bewies, die ich
lebendig zu ihm hineinließ. Zuerſt ſprangen beide lange um einander herum, ohne ſich anzufallen;
ſie ſchienen ſich vor einander zu fürchten. Die ungewöhnlich große Ratte war ſehr dreiſt, biß boshaft
in ein durchs Gitter geſtecktes Stäbchen und hatte in wenigen Minuten die Milch des Hermelins
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 554. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/628>, abgerufen am 24.11.2024.
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