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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Aeußeres. Große Verbreitung. Leben. Muth.
mit der größten Gewandtheit, klettert vortrefflich und schwimmt unter Umständen rasch und sicher, wie
ein Fischotter über Ströme, ja selbst durch das Meer.

"Ein Bauer" sagt Thompson, "bemerkte, als er mit seinem Boote über den eine englische
Meile breiten Meeresarm fuhr, welcher einen Theil von Jslandmagee von dem nächsten Lande
trennt, ein kleines Thier lustig schwimmend in dem Wasser. Er ruderte auf dasselbe zu und fand,
daß es ein Wiesel war, welches unzweifelhaft das genannte Jnselchen besuchen wollte und bereits das
Viertel einer englischen Meile zurückgelegt hatte."

Mit seiner Leibesgewandtheit stehen die geistigen Eigenschaften des Hermelin vollständig im Ein-
klange. Es besitzt denselben Muth, wie sein kleiner Vetter, und eine nicht zu bändigende Mordlust,
verbunden mit einem Blutdurst ohne Gleichen. Auch das Hermelin kennt keinen Feind, der ihm
wirklich Furcht einflößte; denn selbst auf den Menschen geht es unter Umständen tolldreist los. Man
sollte nicht glauben, daß es dem erwachsenen Manne ein wenigstens lästiger Gegner sein könnte. Und
doch ist Dem so. "Ein Mann," so erzählt Wood, "welcher in der Nähe von Cricklade spazieren ging,

[Abbildung] Hermelin und Wiesel (Mustela Erminea und Mustela vulgarls) im Winterkleid.
bemerkte zwei Wiesel, welche ruhig auf seinem Pfad saßen. Aus Uebermuth ergriff er einen Stein
und warf nach den Thieren und zwar so geschickt, daß er eines von ihnen traf, welches durch den
kräftigen Wurf über und über geschleudert wurde. Jn demselben Augenblicke aber stieß das andere
einen eigenthümlichen, scharfen Schrei aus und sprang sofort gegen den Angreifer seines Gefährten,
kletterte mit einer überraschenden Schnelligkeit an seinen Beinen empor und versuchte, sich in seinem
Hals einzubeißen. Das Kriegsgeschrei war von einer ziemlichen Zahl anderer Wiesel, welche sich in
der Nähe verborgen gehalten hatten, erwidert worden, und auch diese kamen jetzt herbei, um dem
muthigen Vorkämpfer beizustehen. Der Mann raffte zwar schleunigst Steine auf, um die unwill-
kommenen Gäste zu vertreiben, mußte sie aber bald genug fallen lassen, um seine Hände zum Schutze
seines Nackens frei zu bekommen. Er hatte gerade hinlänglich zu thun, denn die gereizten Thierchen
verfolgten ihn mit der größten Ausdauer, und er verdankte es blos seiner dicken Kleidung und einem
warmen Tuche, daß er von den boshaften Geschöpfen nicht verwundet würde. Doch waren seine
Hände, sein Gesicht und ein Theil seines Halses immer noch mit Wunden bedeckt, und er behielt diesen
Angriff in so gutem Andenken, daß er hoch und theuer gelobte, niemals wieder ein Wiesel zu beleidigen.

Aeußeres. Große Verbreitung. Leben. Muth.
mit der größten Gewandtheit, klettert vortrefflich und ſchwimmt unter Umſtänden raſch und ſicher, wie
ein Fiſchotter über Ströme, ja ſelbſt durch das Meer.

„Ein Bauer‟ ſagt Thompſon, „bemerkte, als er mit ſeinem Boote über den eine engliſche
Meile breiten Meeresarm fuhr, welcher einen Theil von Jslandmagee von dem nächſten Lande
trennt, ein kleines Thier luſtig ſchwimmend in dem Waſſer. Er ruderte auf daſſelbe zu und fand,
daß es ein Wieſel war, welches unzweifelhaft das genannte Jnſelchen beſuchen wollte und bereits das
Viertel einer engliſchen Meile zurückgelegt hatte.‟

Mit ſeiner Leibesgewandtheit ſtehen die geiſtigen Eigenſchaften des Hermelin vollſtändig im Ein-
klange. Es beſitzt denſelben Muth, wie ſein kleiner Vetter, und eine nicht zu bändigende Mordluſt,
verbunden mit einem Blutdurſt ohne Gleichen. Auch das Hermelin kennt keinen Feind, der ihm
wirklich Furcht einflößte; denn ſelbſt auf den Menſchen geht es unter Umſtänden tolldreiſt los. Man
ſollte nicht glauben, daß es dem erwachſenen Manne ein wenigſtens läſtiger Gegner ſein könnte. Und
doch iſt Dem ſo. „Ein Mann,‟ ſo erzählt Wood, „welcher in der Nähe von Cricklade ſpazieren ging,

[Abbildung] Hermelin und Wieſel (Mustela Erminea und Mustela vulgarls) im Winterkleid.
bemerkte zwei Wieſel, welche ruhig auf ſeinem Pfad ſaßen. Aus Uebermuth ergriff er einen Stein
und warf nach den Thieren und zwar ſo geſchickt, daß er eines von ihnen traf, welches durch den
kräftigen Wurf über und über geſchleudert wurde. Jn demſelben Augenblicke aber ſtieß das andere
einen eigenthümlichen, ſcharfen Schrei aus und ſprang ſofort gegen den Angreifer ſeines Gefährten,
kletterte mit einer überraſchenden Schnelligkeit an ſeinen Beinen empor und verſuchte, ſich in ſeinem
Hals einzubeißen. Das Kriegsgeſchrei war von einer ziemlichen Zahl anderer Wieſel, welche ſich in
der Nähe verborgen gehalten hatten, erwidert worden, und auch dieſe kamen jetzt herbei, um dem
muthigen Vorkämpfer beizuſtehen. Der Mann raffte zwar ſchleunigſt Steine auf, um die unwill-
kommenen Gäſte zu vertreiben, mußte ſie aber bald genug fallen laſſen, um ſeine Hände zum Schutze
ſeines Nackens frei zu bekommen. Er hatte gerade hinlänglich zu thun, denn die gereizten Thierchen
verfolgten ihn mit der größten Ausdauer, und er verdankte es blos ſeiner dicken Kleidung und einem
warmen Tuche, daß er von den boshaften Geſchöpfen nicht verwundet würde. Doch waren ſeine
Hände, ſein Geſicht und ein Theil ſeines Halſes immer noch mit Wunden bedeckt, und er behielt dieſen
Angriff in ſo gutem Andenken, daß er hoch und theuer gelobte, niemals wieder ein Wieſel zu beleidigen.

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[551/0625] Aeußeres. Große Verbreitung. Leben. Muth. mit der größten Gewandtheit, klettert vortrefflich und ſchwimmt unter Umſtänden raſch und ſicher, wie ein Fiſchotter über Ströme, ja ſelbſt durch das Meer. „Ein Bauer‟ ſagt Thompſon, „bemerkte, als er mit ſeinem Boote über den eine engliſche Meile breiten Meeresarm fuhr, welcher einen Theil von Jslandmagee von dem nächſten Lande trennt, ein kleines Thier luſtig ſchwimmend in dem Waſſer. Er ruderte auf daſſelbe zu und fand, daß es ein Wieſel war, welches unzweifelhaft das genannte Jnſelchen beſuchen wollte und bereits das Viertel einer engliſchen Meile zurückgelegt hatte.‟ Mit ſeiner Leibesgewandtheit ſtehen die geiſtigen Eigenſchaften des Hermelin vollſtändig im Ein- klange. Es beſitzt denſelben Muth, wie ſein kleiner Vetter, und eine nicht zu bändigende Mordluſt, verbunden mit einem Blutdurſt ohne Gleichen. Auch das Hermelin kennt keinen Feind, der ihm wirklich Furcht einflößte; denn ſelbſt auf den Menſchen geht es unter Umſtänden tolldreiſt los. Man ſollte nicht glauben, daß es dem erwachſenen Manne ein wenigſtens läſtiger Gegner ſein könnte. Und doch iſt Dem ſo. „Ein Mann,‟ ſo erzählt Wood, „welcher in der Nähe von Cricklade ſpazieren ging, [Abbildung Hermelin und Wieſel (Mustela Erminea und Mustela vulgarls) im Winterkleid.] bemerkte zwei Wieſel, welche ruhig auf ſeinem Pfad ſaßen. Aus Uebermuth ergriff er einen Stein und warf nach den Thieren und zwar ſo geſchickt, daß er eines von ihnen traf, welches durch den kräftigen Wurf über und über geſchleudert wurde. Jn demſelben Augenblicke aber ſtieß das andere einen eigenthümlichen, ſcharfen Schrei aus und ſprang ſofort gegen den Angreifer ſeines Gefährten, kletterte mit einer überraſchenden Schnelligkeit an ſeinen Beinen empor und verſuchte, ſich in ſeinem Hals einzubeißen. Das Kriegsgeſchrei war von einer ziemlichen Zahl anderer Wieſel, welche ſich in der Nähe verborgen gehalten hatten, erwidert worden, und auch dieſe kamen jetzt herbei, um dem muthigen Vorkämpfer beizuſtehen. Der Mann raffte zwar ſchleunigſt Steine auf, um die unwill- kommenen Gäſte zu vertreiben, mußte ſie aber bald genug fallen laſſen, um ſeine Hände zum Schutze ſeines Nackens frei zu bekommen. Er hatte gerade hinlänglich zu thun, denn die gereizten Thierchen verfolgten ihn mit der größten Ausdauer, und er verdankte es blos ſeiner dicken Kleidung und einem warmen Tuche, daß er von den boshaften Geſchöpfen nicht verwundet würde. Doch waren ſeine Hände, ſein Geſicht und ein Theil ſeines Halſes immer noch mit Wunden bedeckt, und er behielt dieſen Angriff in ſo gutem Andenken, daß er hoch und theuer gelobte, niemals wieder ein Wieſel zu beleidigen.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 551. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/625>, abgerufen am 24.11.2024.