Die einmal bestehende Gewohnheit, die alten Sippen unsers Linne zu Familien zu erheben und diese wiederum in eine Menge von Unterabtheilungen zu bringen, berechtigt, den Jltis und einige seiner nächsten Verwandten einer besondern Sippe zuzuzählen. Die Einen verleihen dieser den Namen Foetorius, die Andern Putorius, und beide bezeichnen damit, daß unsere Landleute Recht haben, wenn sie die Vertreter dieser Sippe, den Jltis, Hausmarder oder Ratz (Foetorius putorius) gewöhnlich einfach "Stänker" nennen, denn mit dieser Bezeichnung treffen sie den Nagel auf den Kopf. Der Jltis ist wirklich unser europäisches Stinkthier und versteht die Kunst, eine halbwegs verwöhnte Nase gründlich zu beleidigen. Wäre ich ein Anhänger der so beliebten Zweck- mäßigkeitslehre, so würde ich in dem Glauben glücklich sein, daß der allweise Ordner aller Dinge uns blos einen untergeordneten Stänker und kein echtes Stinkthier gegeben hat, weil wir eben ver- wöhnte Nasen besitzen! Leider kann ich mich dem schönen Glauben nicht hingeben und muß einstweilen noch die Jltisse als Das nehmen, was sie sind, als Marder, welche sich von den übrigen Mit-
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Jltis und Frettchen.
gliedern ihrer Familie durch ein etwas anderes Gebiß -- durch das Fehlen ein paar kleiner Höcker auf den Backzähnen -- durch den einigermaßen verschiedenen Schädelbau und äußerlich dadurch unter- scheiden, daß ihre einfarbige Unterseite dunkler ist, als die Seiten und der Obertheil des Rumpfes Damit wären die wichtigsten Merkmale der Sippe gegeben, und so können wir zu dem haupt- sächlichsten Vertreter derselben, unserm gemeinen Jltis übergehen.
Dieses auf allen Bauergütern wohlbekannte, etwas plump gebaute Thier hat eine Körperlänge von funfzehn und eine Schwanzlänge von sechs Zoll. Der Pelz ist unten einfarbig schwarzbraun, oben und an den Rumpfseiten heller, gewöhnlich dunkelkastanienbraun, an dem Oberhals, den Seiten des Rumpfes aber, wegen des hier besonders durchschimmernden, gelblichen Wollhaars, lichter. Ueber die Mitte des Bauches verläuft eine undeutlich begrenzte, röthlichbraune Binde; Kinn und Schnauzen- spitze, mit Ausnahme der dunklen Nase, sind gelblichweiß. Hinter den Augen steht ein kaum begrenzter gelblichweißer Flecken, welcher mit einer undeutlichen Binde zusammenfließt, die unterhalb der Ohren beginnt. Diese sind braun und gelblichweiß gerändert, die langen Schnurren sind schwarzbraun.
Beſchreibung des Jltis.
Die einmal beſtehende Gewohnheit, die alten Sippen unſers Linné zu Familien zu erheben und dieſe wiederum in eine Menge von Unterabtheilungen zu bringen, berechtigt, den Jltis und einige ſeiner nächſten Verwandten einer beſondern Sippe zuzuzählen. Die Einen verleihen dieſer den Namen Foetorius, die Andern Putorius, und beide bezeichnen damit, daß unſere Landleute Recht haben, wenn ſie die Vertreter dieſer Sippe, den Jltis, Hausmarder oder Ratz (Foetorius putorius) gewöhnlich einfach „Stänker‟ nennen, denn mit dieſer Bezeichnung treffen ſie den Nagel auf den Kopf. Der Jltis iſt wirklich unſer europäiſches Stinkthier und verſteht die Kunſt, eine halbwegs verwöhnte Naſe gründlich zu beleidigen. Wäre ich ein Anhänger der ſo beliebten Zweck- mäßigkeitslehre, ſo würde ich in dem Glauben glücklich ſein, daß der allweiſe Ordner aller Dinge uns blos einen untergeordneten Stänker und kein echtes Stinkthier gegeben hat, weil wir eben ver- wöhnte Naſen beſitzen! Leider kann ich mich dem ſchönen Glauben nicht hingeben und muß einſtweilen noch die Jltiſſe als Das nehmen, was ſie ſind, als Marder, welche ſich von den übrigen Mit-
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Jltis und Frettchen.
gliedern ihrer Familie durch ein etwas anderes Gebiß — durch das Fehlen ein paar kleiner Höcker auf den Backzähnen — durch den einigermaßen verſchiedenen Schädelbau und äußerlich dadurch unter- ſcheiden, daß ihre einfarbige Unterſeite dunkler iſt, als die Seiten und der Obertheil des Rumpfes Damit wären die wichtigſten Merkmale der Sippe gegeben, und ſo können wir zu dem haupt- ſächlichſten Vertreter derſelben, unſerm gemeinen Jltis übergehen.
Dieſes auf allen Bauergütern wohlbekannte, etwas plump gebaute Thier hat eine Körperlänge von funfzehn und eine Schwanzlänge von ſechs Zoll. Der Pelz iſt unten einfarbig ſchwarzbraun, oben und an den Rumpfſeiten heller, gewöhnlich dunkelkaſtanienbraun, an dem Oberhals, den Seiten des Rumpfes aber, wegen des hier beſonders durchſchimmernden, gelblichen Wollhaars, lichter. Ueber die Mitte des Bauches verläuft eine undeutlich begrenzte, röthlichbraune Binde; Kinn und Schnauzen- ſpitze, mit Ausnahme der dunklen Naſe, ſind gelblichweiß. Hinter den Augen ſteht ein kaum begrenzter gelblichweißer Flecken, welcher mit einer undeutlichen Binde zuſammenfließt, die unterhalb der Ohren beginnt. Dieſe ſind braun und gelblichweiß gerändert, die langen Schnurren ſind ſchwarzbraun.
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Beſchreibung des Jltis.
Die einmal beſtehende Gewohnheit, die alten Sippen unſers Linné zu Familien zu erheben
und dieſe wiederum in eine Menge von Unterabtheilungen zu bringen, berechtigt, den Jltis und
einige ſeiner nächſten Verwandten einer beſondern Sippe zuzuzählen. Die Einen verleihen dieſer
den Namen Foetorius, die Andern Putorius, und beide bezeichnen damit, daß unſere Landleute
Recht haben, wenn ſie die Vertreter dieſer Sippe, den Jltis, Hausmarder oder Ratz (Foetorius
putorius) gewöhnlich einfach „Stänker‟ nennen, denn mit dieſer Bezeichnung treffen ſie den Nagel
auf den Kopf. Der Jltis iſt wirklich unſer europäiſches Stinkthier und verſteht die Kunſt, eine
halbwegs verwöhnte Naſe gründlich zu beleidigen. Wäre ich ein Anhänger der ſo beliebten Zweck-
mäßigkeitslehre, ſo würde ich in dem Glauben glücklich ſein, daß der allweiſe Ordner aller Dinge
uns blos einen untergeordneten Stänker und kein echtes Stinkthier gegeben hat, weil wir eben ver-
wöhnte Naſen beſitzen! Leider kann ich mich dem ſchönen Glauben nicht hingeben und muß einſtweilen
noch die Jltiſſe als Das nehmen, was ſie ſind, als Marder, welche ſich von den übrigen Mit-
[Abbildung Jltis und Frettchen.]
gliedern ihrer Familie durch ein etwas anderes Gebiß — durch das Fehlen ein paar kleiner Höcker
auf den Backzähnen — durch den einigermaßen verſchiedenen Schädelbau und äußerlich dadurch unter-
ſcheiden, daß ihre einfarbige Unterſeite dunkler iſt, als die Seiten und der Obertheil des Rumpfes
Damit wären die wichtigſten Merkmale der Sippe gegeben, und ſo können wir zu dem haupt-
ſächlichſten Vertreter derſelben, unſerm gemeinen Jltis übergehen.
Dieſes auf allen Bauergütern wohlbekannte, etwas plump gebaute Thier hat eine Körperlänge
von funfzehn und eine Schwanzlänge von ſechs Zoll. Der Pelz iſt unten einfarbig ſchwarzbraun, oben
und an den Rumpfſeiten heller, gewöhnlich dunkelkaſtanienbraun, an dem Oberhals, den Seiten des
Rumpfes aber, wegen des hier beſonders durchſchimmernden, gelblichen Wollhaars, lichter. Ueber die
Mitte des Bauches verläuft eine undeutlich begrenzte, röthlichbraune Binde; Kinn und Schnauzen-
ſpitze, mit Ausnahme der dunklen Naſe, ſind gelblichweiß. Hinter den Augen ſteht ein kaum begrenzter
gelblichweißer Flecken, welcher mit einer undeutlichen Binde zuſammenfließt, die unterhalb der Ohren
beginnt. Dieſe ſind braun und gelblichweiß gerändert, die langen Schnurren ſind ſchwarzbraun.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 535. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/609>, abgerufen am 24.11.2024.
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