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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Die Raubthiere. Marder. -- Javanesischer und kanadischer Marder. Jltis.
man fällt den Baum und erlegt dann den Flüchtenden mit Pfeilen und mit der Flinte. Am beliebtesten
sind diejenigen Fallen, in denen sich die Thiere fangen, ohne ihrem Fell irgendwie Schaden zu thun.
Der Jäger braucht mehrere Tage mit seinen Genossen, um alle die Fallen zurechtzumachen, und oft
genug findet er dann beim Nachsehen, welches er täglich vornehmen muß, daß ein naseweiser
Schneefuchs oder ein anderes Thier die kostbare Beute aufgefressen hat bis auf wenige Fetzen,
welche gleichsam noch daliegen, um ihm sicher zu beweisen, daß er beinahe eine Summe von vierzig,
funfzig, ja sechzig Silberrubel hätte verdienen können! Oder der Arme wird von Ungewitter aller
Art überrascht und muß nun eilig darauf bedacht sein, sein eignes Leben zu retten, ohne weiter an die
Auslösung der möglicherweise gefangenen Thiere zu denken. So ist der Zobelfang eigentlich weiter
Nichts, als eine ununterbrochene Reihe von Mühseligkeiten aller Art. Wenn endlich die Gesellschaften
zurückkehren, stellt es sich häufig heraus, daß kaum mehr als die Kosten, niemals aber die Beschwerden
bezahlt sind. Und hat man dann glücklich seine Beute eingeheimst, dann kommen auch noch die gierigen
Pfaffen oder die nicht minder habsüchtigen Beamten der Krone und fordern jenem Armen mehr als
ein Zehntel seines Erwerbes ab.

Bis jetzt ist es noch nicht oft gelungen, den Zobel zu zähmen. Ein Zobel wurde in dem Palaste
des Erzbischofs von Tobolsk gehalten und war so vollkommen gezähmt, daß er nach eignem Er-
messen in der Stadt lustwandeln durfte. Er verschlief, wie seine Verwandten, den größten Theil des
Tages, war aber bei Nacht um so munterer und lebendiger. Wenn man ihm Futter gereicht hatte,
fraß er sehr gierig, verlangte dann immer Wasser und fiel nun in so einen tiefen Schlaf, daß er
während der ersten Stunden desselben wahrhaft ohne Gefühl zu sein schien. Man konnte ihn zwicken
und stechen, er rührte sich nicht. Um so munterer war er bei Nacht. -- Er war ein arger Feind von
Raubthieren aller Art. Sobald er eine Katze sah, erhob er sich wüthend auf die Hinterfüße und legte
die größte Lust an den Tag, mit ihr einen Kampf zu bestehen.

Andere gezähmte Zobel spielten sehr lustig mit einander, setzten sich oft aufrecht, um so besser
fechten zu können, sprangen munter im Käfig umher, wedelten mit dem Schwanze, wenn sie sich be-
haglich fühlten, und grunzten und knurrten im Zorn, wie junge Hunde.

Jn Java wird der Zobel durch einen nahen Verwandten (Martes melampus) ersetzt. Dieser
ähnelt in der Größe seinem sibirischen Vetter vollkommen, doch ist der Schwanz etwas kürzer. Das
Fell ist fahlgelb, auf dem Rücken und Seiten rostroth, am Schwanze lichter, am Unterleib noch heller,
die Schnauze dunkelbraun, der Augenfleck fast schwarzbraun, die Ohren weißgerandet und ein Fleck
jederseits der Schnauze weißlich. Der Pelz steht weit hinter dem des Zobels zurück und kommt in
der Güte etwa dem unsers Baummarders gleich.

Jn Amerika endlich finden wir unsere Sippe durch den Pekan oder kanadischen Marder
(Martes canadensis) vertreten. Er ist unter seinen Verwandten derjenige, welcher gegenwärtig die
meisten Felle auf den Markt liefert. Jn der Größe übertrifft er unsere Marder; seine Leibeslänge
beträgt zwei Fuß und die des Schwanzes sechzehn Zoll. Die Pelzfärbung ist grau, an den Beinen,
dem Schwanz und der Unterseite mehr braun. Sehr selten werden wohl auch Weißlinge beobachtet.

Das Vaterland des Pekan reicht über den ganzen Norden Amerikas hinweg. Jn der Lebens-
weise ähnelt er bald mehr dem einen, bald mehr dem andern seiner Verwandten. Seine gewöhnlichen
Wohnungen sind Höhlen, welche er sich in der Nähe von Flußufern ausgräbt. Die Nahrung soll
größtentheils aus Fleisch von Vierfüßlern bestehen, welche nahe am Wasser leben. Die Jagd wird
von den jungen Jndianern betrieben, welche in den bissigen Geschöpfen ein Wesen finden, an dem sie
ihren Muth erproben können, während sie sich bei der Jagd noch nicht so großen Gefahren aussetzen,
welche die Männer ihres Stammes zu bestehen haben, wenn sie zum Kampfe mit den grimmigen
Bären hinausziehen.



Die Raubthiere. Marder. — Javaneſiſcher und kanadiſcher Marder. Jltis.
man fällt den Baum und erlegt dann den Flüchtenden mit Pfeilen und mit der Flinte. Am beliebteſten
ſind diejenigen Fallen, in denen ſich die Thiere fangen, ohne ihrem Fell irgendwie Schaden zu thun.
Der Jäger braucht mehrere Tage mit ſeinen Genoſſen, um alle die Fallen zurechtzumachen, und oft
genug findet er dann beim Nachſehen, welches er täglich vornehmen muß, daß ein naſeweiſer
Schneefuchs oder ein anderes Thier die koſtbare Beute aufgefreſſen hat bis auf wenige Fetzen,
welche gleichſam noch daliegen, um ihm ſicher zu beweiſen, daß er beinahe eine Summe von vierzig,
funfzig, ja ſechzig Silberrubel hätte verdienen können! Oder der Arme wird von Ungewitter aller
Art überraſcht und muß nun eilig darauf bedacht ſein, ſein eignes Leben zu retten, ohne weiter an die
Auslöſung der möglicherweiſe gefangenen Thiere zu denken. So iſt der Zobelfang eigentlich weiter
Nichts, als eine ununterbrochene Reihe von Mühſeligkeiten aller Art. Wenn endlich die Geſellſchaften
zurückkehren, ſtellt es ſich häufig heraus, daß kaum mehr als die Koſten, niemals aber die Beſchwerden
bezahlt ſind. Und hat man dann glücklich ſeine Beute eingeheimſt, dann kommen auch noch die gierigen
Pfaffen oder die nicht minder habſüchtigen Beamten der Krone und fordern jenem Armen mehr als
ein Zehntel ſeines Erwerbes ab.

Bis jetzt iſt es noch nicht oft gelungen, den Zobel zu zähmen. Ein Zobel wurde in dem Palaſte
des Erzbiſchofs von Tobolsk gehalten und war ſo vollkommen gezähmt, daß er nach eignem Er-
meſſen in der Stadt luſtwandeln durfte. Er verſchlief, wie ſeine Verwandten, den größten Theil des
Tages, war aber bei Nacht um ſo munterer und lebendiger. Wenn man ihm Futter gereicht hatte,
fraß er ſehr gierig, verlangte dann immer Waſſer und fiel nun in ſo einen tiefen Schlaf, daß er
während der erſten Stunden deſſelben wahrhaft ohne Gefühl zu ſein ſchien. Man konnte ihn zwicken
und ſtechen, er rührte ſich nicht. Um ſo munterer war er bei Nacht. — Er war ein arger Feind von
Raubthieren aller Art. Sobald er eine Katze ſah, erhob er ſich wüthend auf die Hinterfüße und legte
die größte Luſt an den Tag, mit ihr einen Kampf zu beſtehen.

Andere gezähmte Zobel ſpielten ſehr luſtig mit einander, ſetzten ſich oft aufrecht, um ſo beſſer
fechten zu können, ſprangen munter im Käfig umher, wedelten mit dem Schwanze, wenn ſie ſich be-
haglich fühlten, und grunzten und knurrten im Zorn, wie junge Hunde.

Jn Java wird der Zobel durch einen nahen Verwandten (Martes melampus) erſetzt. Dieſer
ähnelt in der Größe ſeinem ſibiriſchen Vetter vollkommen, doch iſt der Schwanz etwas kürzer. Das
Fell iſt fahlgelb, auf dem Rücken und Seiten roſtroth, am Schwanze lichter, am Unterleib noch heller,
die Schnauze dunkelbraun, der Augenfleck faſt ſchwarzbraun, die Ohren weißgerandet und ein Fleck
jederſeits der Schnauze weißlich. Der Pelz ſteht weit hinter dem des Zobels zurück und kommt in
der Güte etwa dem unſers Baummarders gleich.

Jn Amerika endlich finden wir unſere Sippe durch den Pekan oder kanadiſchen Marder
(Martes canadensis) vertreten. Er iſt unter ſeinen Verwandten derjenige, welcher gegenwärtig die
meiſten Felle auf den Markt liefert. Jn der Größe übertrifft er unſere Marder; ſeine Leibeslänge
beträgt zwei Fuß und die des Schwanzes ſechzehn Zoll. Die Pelzfärbung iſt grau, an den Beinen,
dem Schwanz und der Unterſeite mehr braun. Sehr ſelten werden wohl auch Weißlinge beobachtet.

Das Vaterland des Pekan reicht über den ganzen Norden Amerikas hinweg. Jn der Lebens-
weiſe ähnelt er bald mehr dem einen, bald mehr dem andern ſeiner Verwandten. Seine gewöhnlichen
Wohnungen ſind Höhlen, welche er ſich in der Nähe von Flußufern ausgräbt. Die Nahrung ſoll
größtentheils aus Fleiſch von Vierfüßlern beſtehen, welche nahe am Waſſer leben. Die Jagd wird
von den jungen Jndianern betrieben, welche in den biſſigen Geſchöpfen ein Weſen finden, an dem ſie
ihren Muth erproben können, während ſie ſich bei der Jagd noch nicht ſo großen Gefahren ausſetzen,
welche die Männer ihres Stammes zu beſtehen haben, wenn ſie zum Kampfe mit den grimmigen
Bären hinausziehen.



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[534/0608] Die Raubthiere. Marder. — Javaneſiſcher und kanadiſcher Marder. Jltis. man fällt den Baum und erlegt dann den Flüchtenden mit Pfeilen und mit der Flinte. Am beliebteſten ſind diejenigen Fallen, in denen ſich die Thiere fangen, ohne ihrem Fell irgendwie Schaden zu thun. Der Jäger braucht mehrere Tage mit ſeinen Genoſſen, um alle die Fallen zurechtzumachen, und oft genug findet er dann beim Nachſehen, welches er täglich vornehmen muß, daß ein naſeweiſer Schneefuchs oder ein anderes Thier die koſtbare Beute aufgefreſſen hat bis auf wenige Fetzen, welche gleichſam noch daliegen, um ihm ſicher zu beweiſen, daß er beinahe eine Summe von vierzig, funfzig, ja ſechzig Silberrubel hätte verdienen können! Oder der Arme wird von Ungewitter aller Art überraſcht und muß nun eilig darauf bedacht ſein, ſein eignes Leben zu retten, ohne weiter an die Auslöſung der möglicherweiſe gefangenen Thiere zu denken. So iſt der Zobelfang eigentlich weiter Nichts, als eine ununterbrochene Reihe von Mühſeligkeiten aller Art. Wenn endlich die Geſellſchaften zurückkehren, ſtellt es ſich häufig heraus, daß kaum mehr als die Koſten, niemals aber die Beſchwerden bezahlt ſind. Und hat man dann glücklich ſeine Beute eingeheimſt, dann kommen auch noch die gierigen Pfaffen oder die nicht minder habſüchtigen Beamten der Krone und fordern jenem Armen mehr als ein Zehntel ſeines Erwerbes ab. Bis jetzt iſt es noch nicht oft gelungen, den Zobel zu zähmen. Ein Zobel wurde in dem Palaſte des Erzbiſchofs von Tobolsk gehalten und war ſo vollkommen gezähmt, daß er nach eignem Er- meſſen in der Stadt luſtwandeln durfte. Er verſchlief, wie ſeine Verwandten, den größten Theil des Tages, war aber bei Nacht um ſo munterer und lebendiger. Wenn man ihm Futter gereicht hatte, fraß er ſehr gierig, verlangte dann immer Waſſer und fiel nun in ſo einen tiefen Schlaf, daß er während der erſten Stunden deſſelben wahrhaft ohne Gefühl zu ſein ſchien. Man konnte ihn zwicken und ſtechen, er rührte ſich nicht. Um ſo munterer war er bei Nacht. — Er war ein arger Feind von Raubthieren aller Art. Sobald er eine Katze ſah, erhob er ſich wüthend auf die Hinterfüße und legte die größte Luſt an den Tag, mit ihr einen Kampf zu beſtehen. Andere gezähmte Zobel ſpielten ſehr luſtig mit einander, ſetzten ſich oft aufrecht, um ſo beſſer fechten zu können, ſprangen munter im Käfig umher, wedelten mit dem Schwanze, wenn ſie ſich be- haglich fühlten, und grunzten und knurrten im Zorn, wie junge Hunde. Jn Java wird der Zobel durch einen nahen Verwandten (Martes melampus) erſetzt. Dieſer ähnelt in der Größe ſeinem ſibiriſchen Vetter vollkommen, doch iſt der Schwanz etwas kürzer. Das Fell iſt fahlgelb, auf dem Rücken und Seiten roſtroth, am Schwanze lichter, am Unterleib noch heller, die Schnauze dunkelbraun, der Augenfleck faſt ſchwarzbraun, die Ohren weißgerandet und ein Fleck jederſeits der Schnauze weißlich. Der Pelz ſteht weit hinter dem des Zobels zurück und kommt in der Güte etwa dem unſers Baummarders gleich. Jn Amerika endlich finden wir unſere Sippe durch den Pekan oder kanadiſchen Marder (Martes canadensis) vertreten. Er iſt unter ſeinen Verwandten derjenige, welcher gegenwärtig die meiſten Felle auf den Markt liefert. Jn der Größe übertrifft er unſere Marder; ſeine Leibeslänge beträgt zwei Fuß und die des Schwanzes ſechzehn Zoll. Die Pelzfärbung iſt grau, an den Beinen, dem Schwanz und der Unterſeite mehr braun. Sehr ſelten werden wohl auch Weißlinge beobachtet. Das Vaterland des Pekan reicht über den ganzen Norden Amerikas hinweg. Jn der Lebens- weiſe ähnelt er bald mehr dem einen, bald mehr dem andern ſeiner Verwandten. Seine gewöhnlichen Wohnungen ſind Höhlen, welche er ſich in der Nähe von Flußufern ausgräbt. Die Nahrung ſoll größtentheils aus Fleiſch von Vierfüßlern beſtehen, welche nahe am Waſſer leben. Die Jagd wird von den jungen Jndianern betrieben, welche in den biſſigen Geſchöpfen ein Weſen finden, an dem ſie ihren Muth erproben können, während ſie ſich bei der Jagd noch nicht ſo großen Gefahren ausſetzen, welche die Männer ihres Stammes zu beſtehen haben, wenn ſie zum Kampfe mit den grimmigen Bären hinausziehen.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 534. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/608>, abgerufen am 24.11.2024.