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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Die Raubthiere. Marder. -- Stinkthiere. Bandiltis.
gereizt worden zu sein. So wurde ein an einem Zaune dahinlaufendes Stinkthier durch eine vor-
beifahrende Kutsche erschreckt, versuchte zu fliehen, kam aber nicht gleich durch den Zaun und spritzte
jetzt seinen ganzen Saft gegen die Kutsche, an welcher unglücklicher Weise die Fenster offen standen.
Eine gehörige Ladung drang in das Jnnere und dort verbreitete sich dann augenblicklich ein so fürchter-
licher Gestank, daß mehrere von den mitfahrenden Damen sofort in Ohnmacht fielen.

Die in Südamerika lebenden Stinkthiere unterscheiden sich, was die Güte ihres Pestsaftes an-
langt, durchaus nicht von den nordamerikanischen. Azara fand ein Stinkthier in Paraguay, wo es
Yaguare, zu deutsch "stinkender Hund" genannt wird, und berichtet, daß es im Freien von Kerfen,
Eiern und Vögeln lebt, und sowohl bei Tage als bei Nacht still umherschleicht. Es ergreift niemals
die Flucht, nicht einmal vor dem Menschen. Sobald es bemerkt, daß man ihm nachstellt, macht es
Halt, sträubt sein Haar, hebt den Schwanz in die Höhe, wartet, bis man nahe gekommen ist, dreht
sich plötzlich um und schießt los. Selbst der Jaguar soll augenblicklich zurückweichen, wenn er eine
gehörige Ladung von dem teuflischen Gestank bekommt, und vor Menschen und Hunden ist das Thier
fast ganz gesichert. Selbst nach zwanzigmaligem Waschen bleibt der Gestank noch so stark, daß er
das ganze Haus erfüllt. Ein Hund, welcher acht Tage vorher bespritzt und mehr als zwanzig Mal
gewaschen und noch öfter mit Sand gerieben worden war, verpestete eine Hütte noch derartig, daß
man es nicht in ihr aushalten konnte. Azara glaubt, daß man den Gestank wohl eine halbe englische
Meile weit riechen könne.

Ungeachtet des abscheulichen Geruches ist das Stinkthier doch nützlich. Aus seinem Pelze machen
sich die Jndianer weiche und schöne Decken, welche man trägt, obgleich sie sehr schlecht riechen. Um
es zu fangen, gebrauchen dieselben eine eigene List. Sie nähern sich ihm mit einer langen Gerte und
reizen es damit, bis es wiederholt seine Drüsen entleert hat; hierauf springen sie plötzlich zu und
heben es beim Schwanze empor. Jn dieser Lage soll es dann nicht weiter spritzen können und somit
ganz gefahrlos sein. Ein einziger Schlag auf die Nase tödtet es augenblicklich. Dann werden die
Drüsen ausgeschnitten und die Jndianer essen das Fleisch ohne Umstände. Aber auch Europäer
nützen das Thier, und zwar das Allerfürchterlichste von ihm, nämlich die stinkende Flüssigkeit selbst.
Sie wird in derselben Weise gebraucht, wie unsere Damen wohlriechende Wässer anwenden, als
nervenstärkendes Mittel. Aber da der Aberglaube in Amerika noch etwas stärker ist, als bei uns in
Deutschland, so glaubt man, wunder welch ein vortreffliches Mittel erhalten zu haben, wenn man
stinkende Flüssigkeit sich vor die Nase hält. Daß dabei Unannehmlichkeiten mancherlei Art vorkommen
können, zumal in Gesellschaft, ist leicht zu erklären. So erzählt man, daß ein Geistlicher einmal
während der Predigt sein Fläschchen herausgezogen habe, um seine Nerven zu stärken, die Riech-
nerven seiner andächtigen Zuhörer dabei aber dergestalt erregte, daß die gesammte Versammlung
augenblicklich aus der Kirche hinausstürmte, gleichsam als wäre der Teufel, den der würdige Diener
Gottes mit ebensoviel Achtung, als Liebe vorher behandelt hatte, leibhaftig zwischen den frommen
Schafen erschienen, und zwar mit allem Pomp und allen höllischen Wohlgerüchen, welche ihm als
Fürsten der Unterwelt zukommen.

Es ist noch nicht ausgemacht, ob die Stinkthiere auch einander anspritzen, und es wäre jedenfalls
wichtig, Dies genau zu erfahren. Freilich finden wir, daß die Gerüche, welche ein Thier verbreitet,
ihm gewöhnlich durchaus nicht lästig fallen, ja sogar gewissermaßen wohlriechend erscheinen: Dem
ungeachtet wäre es doch möglich, daß ein Stinkthiermännchen durch eine gehörige Ladung Pestsaft
von einem von ihm verfolgten Weibchen hinlänglich abgeschreckt werden könnte.

Jn der Gefangenschaft entleeren die Stinkthiere ihre Drüsen nicht, wahrscheinlich, weil man sich
sorgfältig hütet, sie zu reizen. Sie werden nach kurzer Zeit sehr zahm und gewöhnen sich gewisser-
maßen an ihren Pfleger, obgleich sie anfangs mit dem Hintertheil vorangehen, den Schwanz in die
Höhe gerichtet, um ihr Geschütz zum Losbrennen immer bereit zu halten. Nur durch Schlagen oder
sehr starke Beängstigung sollen sie veranlaßt werden, von ihrem Vertheidigungsmittel Gebrauch zu
machen. Heu ist ihr liebstes Lager. Sie machen sich ein ordentliches Bettchen und rollen sich dann

Die Raubthiere. Marder. — Stinkthiere. Bandiltis.
gereizt worden zu ſein. So wurde ein an einem Zaune dahinlaufendes Stinkthier durch eine vor-
beifahrende Kutſche erſchreckt, verſuchte zu fliehen, kam aber nicht gleich durch den Zaun und ſpritzte
jetzt ſeinen ganzen Saft gegen die Kutſche, an welcher unglücklicher Weiſe die Fenſter offen ſtanden.
Eine gehörige Ladung drang in das Jnnere und dort verbreitete ſich dann augenblicklich ein ſo fürchter-
licher Geſtank, daß mehrere von den mitfahrenden Damen ſofort in Ohnmacht fielen.

Die in Südamerika lebenden Stinkthiere unterſcheiden ſich, was die Güte ihres Peſtſaftes an-
langt, durchaus nicht von den nordamerikaniſchen. Azara fand ein Stinkthier in Paraguay, wo es
Yaguaré, zu deutſch „ſtinkender Hund‟ genannt wird, und berichtet, daß es im Freien von Kerfen,
Eiern und Vögeln lebt, und ſowohl bei Tage als bei Nacht ſtill umherſchleicht. Es ergreift niemals
die Flucht, nicht einmal vor dem Menſchen. Sobald es bemerkt, daß man ihm nachſtellt, macht es
Halt, ſträubt ſein Haar, hebt den Schwanz in die Höhe, wartet, bis man nahe gekommen iſt, dreht
ſich plötzlich um und ſchießt los. Selbſt der Jaguar ſoll augenblicklich zurückweichen, wenn er eine
gehörige Ladung von dem teufliſchen Geſtank bekommt, und vor Menſchen und Hunden iſt das Thier
faſt ganz geſichert. Selbſt nach zwanzigmaligem Waſchen bleibt der Geſtank noch ſo ſtark, daß er
das ganze Haus erfüllt. Ein Hund, welcher acht Tage vorher beſpritzt und mehr als zwanzig Mal
gewaſchen und noch öfter mit Sand gerieben worden war, verpeſtete eine Hütte noch derartig, daß
man es nicht in ihr aushalten konnte. Azara glaubt, daß man den Geſtank wohl eine halbe engliſche
Meile weit riechen könne.

Ungeachtet des abſcheulichen Geruches iſt das Stinkthier doch nützlich. Aus ſeinem Pelze machen
ſich die Jndianer weiche und ſchöne Decken, welche man trägt, obgleich ſie ſehr ſchlecht riechen. Um
es zu fangen, gebrauchen dieſelben eine eigene Liſt. Sie nähern ſich ihm mit einer langen Gerte und
reizen es damit, bis es wiederholt ſeine Drüſen entleert hat; hierauf ſpringen ſie plötzlich zu und
heben es beim Schwanze empor. Jn dieſer Lage ſoll es dann nicht weiter ſpritzen können und ſomit
ganz gefahrlos ſein. Ein einziger Schlag auf die Naſe tödtet es augenblicklich. Dann werden die
Drüſen ausgeſchnitten und die Jndianer eſſen das Fleiſch ohne Umſtände. Aber auch Europäer
nützen das Thier, und zwar das Allerfürchterlichſte von ihm, nämlich die ſtinkende Flüſſigkeit ſelbſt.
Sie wird in derſelben Weiſe gebraucht, wie unſere Damen wohlriechende Wäſſer anwenden, als
nervenſtärkendes Mittel. Aber da der Aberglaube in Amerika noch etwas ſtärker iſt, als bei uns in
Deutſchland, ſo glaubt man, wunder welch ein vortreffliches Mittel erhalten zu haben, wenn man
ſtinkende Flüſſigkeit ſich vor die Naſe hält. Daß dabei Unannehmlichkeiten mancherlei Art vorkommen
können, zumal in Geſellſchaft, iſt leicht zu erklären. So erzählt man, daß ein Geiſtlicher einmal
während der Predigt ſein Fläſchchen herausgezogen habe, um ſeine Nerven zu ſtärken, die Riech-
nerven ſeiner andächtigen Zuhörer dabei aber dergeſtalt erregte, daß die geſammte Verſammlung
augenblicklich aus der Kirche hinausſtürmte, gleichſam als wäre der Teufel, den der würdige Diener
Gottes mit ebenſoviel Achtung, als Liebe vorher behandelt hatte, leibhaftig zwiſchen den frommen
Schafen erſchienen, und zwar mit allem Pomp und allen hölliſchen Wohlgerüchen, welche ihm als
Fürſten der Unterwelt zukommen.

Es iſt noch nicht ausgemacht, ob die Stinkthiere auch einander anſpritzen, und es wäre jedenfalls
wichtig, Dies genau zu erfahren. Freilich finden wir, daß die Gerüche, welche ein Thier verbreitet,
ihm gewöhnlich durchaus nicht läſtig fallen, ja ſogar gewiſſermaßen wohlriechend erſcheinen: Dem
ungeachtet wäre es doch möglich, daß ein Stinkthiermännchen durch eine gehörige Ladung Peſtſaft
von einem von ihm verfolgten Weibchen hinlänglich abgeſchreckt werden könnte.

Jn der Gefangenſchaft entleeren die Stinkthiere ihre Drüſen nicht, wahrſcheinlich, weil man ſich
ſorgfältig hütet, ſie zu reizen. Sie werden nach kurzer Zeit ſehr zahm und gewöhnen ſich gewiſſer-
maßen an ihren Pfleger, obgleich ſie anfangs mit dem Hintertheil vorangehen, den Schwanz in die
Höhe gerichtet, um ihr Geſchütz zum Losbrennen immer bereit zu halten. Nur durch Schlagen oder
ſehr ſtarke Beängſtigung ſollen ſie veranlaßt werden, von ihrem Vertheidigungsmittel Gebrauch zu
machen. Heu iſt ihr liebſtes Lager. Sie machen ſich ein ordentliches Bettchen und rollen ſich dann

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[508/0582] Die Raubthiere. Marder. — Stinkthiere. Bandiltis. gereizt worden zu ſein. So wurde ein an einem Zaune dahinlaufendes Stinkthier durch eine vor- beifahrende Kutſche erſchreckt, verſuchte zu fliehen, kam aber nicht gleich durch den Zaun und ſpritzte jetzt ſeinen ganzen Saft gegen die Kutſche, an welcher unglücklicher Weiſe die Fenſter offen ſtanden. Eine gehörige Ladung drang in das Jnnere und dort verbreitete ſich dann augenblicklich ein ſo fürchter- licher Geſtank, daß mehrere von den mitfahrenden Damen ſofort in Ohnmacht fielen. Die in Südamerika lebenden Stinkthiere unterſcheiden ſich, was die Güte ihres Peſtſaftes an- langt, durchaus nicht von den nordamerikaniſchen. Azara fand ein Stinkthier in Paraguay, wo es Yaguaré, zu deutſch „ſtinkender Hund‟ genannt wird, und berichtet, daß es im Freien von Kerfen, Eiern und Vögeln lebt, und ſowohl bei Tage als bei Nacht ſtill umherſchleicht. Es ergreift niemals die Flucht, nicht einmal vor dem Menſchen. Sobald es bemerkt, daß man ihm nachſtellt, macht es Halt, ſträubt ſein Haar, hebt den Schwanz in die Höhe, wartet, bis man nahe gekommen iſt, dreht ſich plötzlich um und ſchießt los. Selbſt der Jaguar ſoll augenblicklich zurückweichen, wenn er eine gehörige Ladung von dem teufliſchen Geſtank bekommt, und vor Menſchen und Hunden iſt das Thier faſt ganz geſichert. Selbſt nach zwanzigmaligem Waſchen bleibt der Geſtank noch ſo ſtark, daß er das ganze Haus erfüllt. Ein Hund, welcher acht Tage vorher beſpritzt und mehr als zwanzig Mal gewaſchen und noch öfter mit Sand gerieben worden war, verpeſtete eine Hütte noch derartig, daß man es nicht in ihr aushalten konnte. Azara glaubt, daß man den Geſtank wohl eine halbe engliſche Meile weit riechen könne. Ungeachtet des abſcheulichen Geruches iſt das Stinkthier doch nützlich. Aus ſeinem Pelze machen ſich die Jndianer weiche und ſchöne Decken, welche man trägt, obgleich ſie ſehr ſchlecht riechen. Um es zu fangen, gebrauchen dieſelben eine eigene Liſt. Sie nähern ſich ihm mit einer langen Gerte und reizen es damit, bis es wiederholt ſeine Drüſen entleert hat; hierauf ſpringen ſie plötzlich zu und heben es beim Schwanze empor. Jn dieſer Lage ſoll es dann nicht weiter ſpritzen können und ſomit ganz gefahrlos ſein. Ein einziger Schlag auf die Naſe tödtet es augenblicklich. Dann werden die Drüſen ausgeſchnitten und die Jndianer eſſen das Fleiſch ohne Umſtände. Aber auch Europäer nützen das Thier, und zwar das Allerfürchterlichſte von ihm, nämlich die ſtinkende Flüſſigkeit ſelbſt. Sie wird in derſelben Weiſe gebraucht, wie unſere Damen wohlriechende Wäſſer anwenden, als nervenſtärkendes Mittel. Aber da der Aberglaube in Amerika noch etwas ſtärker iſt, als bei uns in Deutſchland, ſo glaubt man, wunder welch ein vortreffliches Mittel erhalten zu haben, wenn man ſtinkende Flüſſigkeit ſich vor die Naſe hält. Daß dabei Unannehmlichkeiten mancherlei Art vorkommen können, zumal in Geſellſchaft, iſt leicht zu erklären. So erzählt man, daß ein Geiſtlicher einmal während der Predigt ſein Fläſchchen herausgezogen habe, um ſeine Nerven zu ſtärken, die Riech- nerven ſeiner andächtigen Zuhörer dabei aber dergeſtalt erregte, daß die geſammte Verſammlung augenblicklich aus der Kirche hinausſtürmte, gleichſam als wäre der Teufel, den der würdige Diener Gottes mit ebenſoviel Achtung, als Liebe vorher behandelt hatte, leibhaftig zwiſchen den frommen Schafen erſchienen, und zwar mit allem Pomp und allen hölliſchen Wohlgerüchen, welche ihm als Fürſten der Unterwelt zukommen. Es iſt noch nicht ausgemacht, ob die Stinkthiere auch einander anſpritzen, und es wäre jedenfalls wichtig, Dies genau zu erfahren. Freilich finden wir, daß die Gerüche, welche ein Thier verbreitet, ihm gewöhnlich durchaus nicht läſtig fallen, ja ſogar gewiſſermaßen wohlriechend erſcheinen: Dem ungeachtet wäre es doch möglich, daß ein Stinkthiermännchen durch eine gehörige Ladung Peſtſaft von einem von ihm verfolgten Weibchen hinlänglich abgeſchreckt werden könnte. Jn der Gefangenſchaft entleeren die Stinkthiere ihre Drüſen nicht, wahrſcheinlich, weil man ſich ſorgfältig hütet, ſie zu reizen. Sie werden nach kurzer Zeit ſehr zahm und gewöhnen ſich gewiſſer- maßen an ihren Pfleger, obgleich ſie anfangs mit dem Hintertheil vorangehen, den Schwanz in die Höhe gerichtet, um ihr Geſchütz zum Losbrennen immer bereit zu halten. Nur durch Schlagen oder ſehr ſtarke Beängſtigung ſollen ſie veranlaßt werden, von ihrem Vertheidigungsmittel Gebrauch zu machen. Heu iſt ihr liebſtes Lager. Sie machen ſich ein ordentliches Bettchen und rollen ſich dann

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 508. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/582>, abgerufen am 26.11.2024.